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Erwartungen & Manipulation in der Beziehung
Ein Aspekt, der in Partnerschaften in unterschiedlichen Ausprägungen in Erscheinung tritt ist die Projektion. Davor ist kein Mensch tatsächlich wirklich geschützt und Menschen welche diesbezüglich „zusammen passen“ finden sich auch meist attraktiv. Projektion geschieht unbewusst und eine Partnerschaft auf gleichwertiger Basis bietet so die wichtige Möglichkeit sich über seine Erwartungen auszutauschen, Erfahrungen zu machen, sich selbst zu reflektieren und dadurch weiter zu entwickeln.
Das Wesen der Projektion kann aber auch eine überzogene Ausprägung annehmen. Nämlich wenn Betroffene ihre eigenen Ängste (z.B. Beziehungsangst, Angst vor Veränderung, Angst vor Krankheiten, Angst vor Verlust u.ä.) unbewusst auf den anderen übertragen, um diesen dann ihre „Hilfe“ bei der Bewältigung dieser, im Grunde seiner, Probleme anzubieten. Der Betroffene teilt quasi seine eigenen Ängste und Schwächen auf andere, bevorzugt seinen Partner, auf.
Die Anzeichen – Wie zeigt sich das?
Die Betroffenen sind meist intelligent, redegewandt und belesen, so dass sie einerseits mit Überzeugungskunst und scheinbarem Einfühlungsvermögen und auf liebevolle Art ihre Forderungen und Erwartungen an ihren Partner herantragen, aber auch mit bewusst kontrolliert vorgezeigten Schwächen spielen. Andererseits auch stur auf der Richtigkeit ihrer Wünsche beharrend und mit massivem Nachdruck den Eindruck vermittelnd, dass alleine sie wissen, was der Maßstab der Dinge ist.
Der Partner gerät immer mehr ins zweifeln und erliegt diesem Glauben irgendwann selbst. Er bekommt ein immer schlechteres Gewissen, stellt seine eigenen Überzeugungen in Frage und gibt immer mehr eigene Überzeugungen zum Erhalt der Partnerschaft auf. Dieses Entfernen von seinen eigenen Interessen eröffnet Möglichkeiten für Abhängigkeit, Kontrolle und Manipulation. Er spürt zwar den inneren Widerstand und versucht seine Wünsche und Argumente anzubringen, macht aber immer wieder die Erfahrung, dass seine Anliegen im Grunde abgetan, als absurd dargestellt oder einfach völlig ignoriert werden. So stellt der Betroffene auch gerne die Liebe des Partners zu ihm in Frage.
Ursachen der Manipulation & Abhängigkeit
Die Ursachen dieser ständig vorhandenen Ängste in den Betroffenen können sehr vielgestaltig sein. Es sind dies z.B. andauerndes niedermachen und abwerten in der Kindheit, ständige und unerfüllbare Überforderung durch die Eltern, emotionaler Missbrauch durch ein Elternteil, Misshandlung und/oder Missbrauch, die Erfahrung von Verlusten in der Kindheit u.a.m.. Um weiterhin sein Leben und seinen Alltag bewältigen zu können, verdrängen die Betroffenen diese in ihrem Leben gemachten Erfahrungen. Es ist ein Abwehrmechanismus, ein Schutzmechanismus unserer Psyche. Man kann die Dinge nicht so betrachten, wie sie passiert sind, weil man im schlimmsten Falle einfach verrückt werden würde. So bauen sich immer gewaltigere Ängste auf, die ständig unter Kontrolle gehalten werden müssen.
Werden solche Erinnerungen auch später nicht verarbeitet oder geheilt, kommt es dadurch zu einer immer stärker verschobenen Eigenwahrnehmung und der des Gegenüber. Die Verstrickungen und die Perfektion sich in diesem Abwehrmechanismus zu bewegen und zu leben können so ausgeprägt sein, dass der Betroffene diesen selbst gar nicht mehr als das wahrnimmt. Im Grunde drängt der Betroffene mit seinem Verhalten ausgelöst z.B. durch Verlustangst, das was er sich so sehr wünscht, z.B. eine Partnerschaft, von sich selbst weg. Der Partner spürt die ständige Erwartungshaltung und zieht sich gefühlsmäßig immer mehr zurück, was ihm dann seinerseits als Beziehungsunfähigkeit vorgeworfen wird. So schließt sich der Kreis.
Folgen von Beziehungsproblemen
Dass dies auf Dauer zu umfangreichen Beziehungsproblemen und unglücklichem Beziehungserleben führt steht außer Frage.
Letztendlich bleibt meist nur der Weg der Trennung, da die Weigerung und die Angst des Hinschauens beim Betroffenen so groß ist und sich durch das ständige „sich unter Kontrolle haben müssen“ so sich viel Anspannung, Ungeliebtes und Unverarbeitetes in ihm aufgestaut hat, dass es sehr schwierig ist, dies überhaupt anzusprechen. Man würde damit ja auch die gestörte Selbstwahrnehmung des Betroffenen anrühren und diese gilt es für ihn ja mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen.
Dass er eigentlich Hilfe in therapeutischer Form benötigt, um aus diesem selbst gebauten „Gefängnis“ aus Kontrolle, Verdrängung und Manipulation heraustreten zu können ist meist nicht vermittelbar. Wenn jemand in seinem Umfeld Probleme hat, dann sind es die anderen oder der Partner, aber gewiss nicht er selbst. Eine Eigenreflektion ist für ihn nicht möglich bzw. muss er ausschließen, um den Schein/Schutz zu wahren.
Um eine Beziehung kämpfen
Und doch ist noch zu erwähnen, dass immer zwei Menschen ein solches Gefüge in der Partnerschaft aufrecht erhalten.
Die Aufgabe des Partners ist es bei sich zu bleiben, seine Überzeugungen immer wieder zu vertreten und für seine Werte einzustehen. Im Zweifel und bei immer deutlicher zu Tage tretender Aussichtslosigkeit hier etwas bewegen zu können ist es die Verantwortung und die bittere Erkenntnis, sich aus einer solchen Partnerschaft herauszunehmen, sprich sich zu trennen, was ohne Zweifel keine leichte Aufgabe ist, da man den anderen Menschen ja trotz allem liebt.
Die Hoffnung hier selbst durch Verständnis und immer größere Anpassung an die Erwartungen des Betroffenen eine Veränderung seines Verhaltens zu bewirken, sollte man rechtzeitig aufgeben. Man gerät nur immer tiefer mit in den Strudel der Selbstaufgabe und der Selbstentwertung was sich bis zur Depression fortsetzen kann. Dem Betroffenen ist ausschließlich durch eine fachlich qualifizierte therapeutische Maßnahme aus seiner völlig verschobenen Wahrnehmung zu verhelfen, aber hierfür muss bei ihm die entsprechende Erkenntnis und dazugehörige Bereitschaft vorhanden sein.