Heilstrom
ich weiß nicht, in welche Kategorie mein Problem gehört. Ich habe ja einige Macken, wovon mich meine Frau schon zum Großteil geheilt hat, aber das mit meiner Einschlafnervosität werde ich wohl nie in den Griff kriegen. Seitdem ich ungefähr 20 war, nerven mich Geräusche oder Bewegungen im Bett, wenn ich gerade am Einschlafen bin. Ganz schlimm sind Bewegungen, die mich treffen. Eine Ehe ist u.a. deshalb schon gescheitert. Vermutlich habe ich diese Empfindlichkeit auch schon länger. Das läuft dann so ab, dass ich einen ziemlichen Schrecken kriege, wie einen Blitz durch das Gehirn, der mich sofort hellwach macht. Und wenn das zwei bis dreimal beim Einschlafen passiert, ist die Nacht dann gelaufen.
Was anderes ist, wenn ich einmal schlafe. Dann stören mich keine Geräusche mehr, kein Gewitterdonnern und auch kein Martinshorn. Und anders ist es auch am Wochenende: Wenn ich weiß, dass ich Ausschlafen kann, können mich fast beliebige Geräuschquellen wecken, ich schlafe immer sofort wieder ein. Vielleicht, weil der Druck weg ist, unbedingt schlafen zu müssen.
Bedingt durch die Geburt meiner Tochter, schlafen meine Frau und ich seit Mai 2010 getrennt. Ich kann es nämlich leider nicht ertragen, wenn ich weiß, dass zwischen uns unser Baby liegt, was keine Rücksicht darauf nimmt, ob ich morgen arbeiten muss oder nicht. Und weil nach zwei gestörten Nächten auch gleich mein Rhytmus für die nächsten sieben Tage zerstört ist, kann ich es mir auch nicht erlauben, am Wochenende neben meiner Frau zu schlafen. Ist das nicht schade? Ich bin schon froh, dass sie Verständnis dafür hat und wir noch regelmäßig miteinander Liebe machen. Und wo? Im Bett meines Sohnes, der nur alle 14 Tage zu uns kommt. Das finde ich auch nicht gerade toll.
Was glaubt ihr, was der Grund dafür ist? Selbst in diesem Kinderzimmer kann ich nur mit Ohrenstöpseln schlafen, weil jedes Auto oder Motorrad, was die 500 m entfernte Landstraße runterkommt, garantiert in den fünf sensiblen Minuten fährt, wo der Einschlafprozess unterbrochen werden kann. Sonst ist es hier sehr ruhig. In den fünf Jahren, wo ich in Frankfurt/M gelebt hat, konnte ich fast nie ohne Gehörschutz schlafen. Oder halt Alk.. Aber das nützte manchmal auch nichts.
Kennt jemand dieses Problem? Ich kenne Frauen, die damit nie umgehen könnten, wenn sie Angst haben müssten, ihren Partner beim Einschlafen aufzuwecken. Aber mich belastet es immer noch und ich würde gerne wissen, was man dagegen tun kann. Tiefenpsychologische Behanldung? Wenn ich genauer drüber nachdenke, komme ich an ein Erlebnis, wo ich ungefähr 10 Jahre alt war und zum letzten Mal im Bett meiner Eltern schlafen wollte. Ich hatte natürlich gemerkt, dass mein Vater davon nicht begeistert war. Und so lag ich die meiste Zeit wach rum und fühlte mich abgelehnt. Ich glaube, das war's. Der hat zwar viel Zeit mit mir verbracht, aber nicht freiwillig, sondern weil ich ihm lange Jahre bei seiner Arbeit geholfen hatte. Von Liebe war da nicht viel zu spüren, eher von guter Zusammenarbeit. Und meine Mutter hatte sowieso ein Problem, nie richtige Nähe zuzulassen. Irgendwann habe ich das gespürt und sie auch abgelehnt.
Habe ich eine Angst, wirklich geliebt zu werden? Eins noch: Vor zwei Jahren, kurz nachdem ich meine Frau kennengelernt hatte, saßen wir im Ikea zum Frühstück. Sie saß mir gegenüber, berührte meine Hand, und ich zog sie instinktiv zurück. Da war sie ziemlich verstört, was man ja verstehen kann. Mittlerweile hat sich das gelegt und ich habe keine Angst mehr vor spontanen Berührungen. Andere Frauen hätten mich da schon für verhaltensgestört erklärt.
Tut mir leid, dass es so lang geworden ist.
Heilstrom
24.07.2011 12:48 • • 27.07.2011 #1