ich bin neu hier, ich habe das Forum gerade durch Zufall gefunden und hoffe, hier vielleicht ein wenig Unterstützung/ Ratschläge bekommen zu können- oder im Zweifelsfall auch mein Seelenblubb einfach nur mal von der Seele schreiben zu können. Ich hoffe, dass ich vielleicht Selbiges dem Ein oder Anderen hier mal zurückgeben kann.
Mir geht es zur Zeit sehr mieserabel und ich möchte mit dem Thema nicht immer wieder meine Freunde volljammern.
Ich schreibe einfach mal drauf los, vermutlich wird es lang (tut mir leid), aber vielleicht (hoffentlich) hilft auch das schon ein bisschen!?
Ich (28) habe vor etwa 5 Monaten bei Tinder jemanden (29) kennengelernt. Ich hatte eine verzweifelte Dating-Phase hinter mir und hatte Tinder zwischenzeitlich gelöscht und nur wieder runtergeladen, um auch meinen Account zu löschen. Als ich die App öffnete, war da eine Nachricht von ihm. Anders als die anderen Nachrichten, da sie sehr lang war und er offensichtlich viel Herz reingesteckt hatte. Er schrieb auf Englisch und beendete die Nachricht mit einem Satz wie wie du an der Entfernung in meinem Profil siehst, bin ich leider schon wieder zurück zu Hause in den USA. Da ich dem Dating eh für's Erste abgeschworen hatte und die Entfernung ein Treffen ja unmöglich gemacht hätte, hab ich das innerlich direkt abgehakt, war aber neugierig, warum er mir schreibt, obwohl er garnicht mehr in Deutschland war und die Nachricht war so süß und persönlich, dass ich trotzdem zurückschrieb und wir schließlich sogar Handynummern ausgetauscht haben. Ich hab Tinder dann gelöscht und er auch. Ein paar Tage lang haben wir hin und her geschrieben und Sprachnachrichten geschickt und schließlich auch das erste Mal telefoniert. Mir war da schon klar, dass dieser Mann irgendwas Besonderes an sich hat, die Gespräche waren irgendwie anders als mit anderen Dates vorher und sehr tiefgründig und vertraut irgendwie. So kam es, dass wir irgendwann jeden Tag mindestens 3 Stunden telefoniert haben, meist auch mit Video Call (immer sehr früh morgens bei mir, da das spät abends bei ihm war), oft sogar länger. Irgendwann wurden die Gespräche auch romantischer und es war klar, dass da irgendwie mehr ist- von beiden Seiten. Wir haben über Treffen gesprochen und waren tatsächlich schon kurz davor, einen Flug zu buchen, damit er mich im Mai besuchen kann. Corona hat dem Ganzen dann leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er hatte aber (schon bevor wir uns kannten) geplant, nach Deutschland zu ziehen und wollte das Ende des Sommers auch in die Tat umsetzen. Wir haben da oft drüber gesprochen und er hat auch einen Online-Kurs gemacht, in dem er Englisch als Fremdsprache zu unterrichten gelernt hat.
Mir war durchaus klar, dass das alles nicht heißt, dass wir ein Paar werden, wir hatten uns ja noch nichtmal persönlich getroffen, aber er schien sich da irgendwie sehr sicher zu sein und hat meine Zweifel und Sorgen immer sehr schnell beruhigt.
Das waren wirklich tolle und sehr intensive 5 Monate. Ich habe mich selten einem Mann so nah gefühlt (lustig, da keiner bisher so weit entfernt war), keiner hat auch bisher so viel investiert wie er (Gott. wochenlang ist er mit nur 4 Stunden Schlaf Vollzeit arbeiten gegangen und hat es sich nicht nehmen lassen, die nächste Nacht wieder lange wach zu bleiben, um mit mir reden zu können). Wir haben Spieleabende gemacht, über Gott und die Welt geredet, zusammen geschwiegen, Spaziergänge gemacht und den anderen am Handy mitgenommen, zusammen geweint und gelacht und uns furchtbar vermisst, obwohl wir uns noch nie getroffen haben. Absurd, aber besonders. Und ja, sehr intensiv. Ich hab mich trotz aller Bedenken und Vorsicht Hals über Kopf in ihn verliebt, wie mir das seit Jahren nicht passiert ist. Immer wieder hat er mir gesagt, dass das etwas Besonderes ist und es wert ist, zu warten, bis wir uns im Sommer sehen können.
Nun fiel mir die letzten Wochen auf, dass er plötzlich nicht mehr so sehr daran interessiert war, Deutsch zu lernen (das hatte er vorher täglich mit Duolingo gemacht und wir haben auch zusammen ein paar Deutsch-Stunden gemacht, was großen Spaß gemacht hat. Ausserdem sprach er auch nicht mehr wirklich darüber, was seine Pläne waren für den Sommer.
Nach ein paar Wochen hab ich ihn dann drauf angesprochen und nach mehreren Bohr-Versuchen meinerseits hat er mir dann erzählt, dass er überlegt, im Sommer nach LA zu ziehen und dort nochmal auf's College zu gehen und zu studieren, bevor er nach Deutschland zieht, da er mit seinem Job hier nicht wirklich Fuß fassen kann (er hat vor 5 Jahren sein Psychologie Studium abgeschlossen, aber danach nicht in dem Beruf gearbeitet, sondern in der Firma seines Vaters gearbeitet). Ich bin natürlich aus allen Wolken gefallen. Klar, macht das Sinn und ist sicher vernünftiger so, aber alles, was wir in den vergangen Monaten hatten, baute ja darauf auf, dass ich dachte, er würde im Sommer hier wohnen. Vermutlich hätte ich mich sonst viel eher distanziert. Ich hab ihm gesagt, dass das vieles ändert, weil es noch mindestens zwei Jahre sind, bis er fertig ist und überhaupt war ich geschockt, dass er mir davon garnichts erzählt hatte, sondern ich ihm das aus der Nase ziehen musste. Er meinte dann, dass wir es auch schaffen können, noch zwei Jahre zu warten und wir könnten uns ja besuchen. Wobei er auch meinte, dass er im Sommer dann nicht herkommen kann, weil er sich um den Umzug kümmern muss und wegen Corona ist natürlich auch alles ziemlich unsicher. Meine Traumblase ist dadurch natürlich ziemlich zerplatzt und obwohl ich versucht habe, möglichst wenig naiv an die Sache ranzugehen, tat es weh, plötzlich auf dem Boden der Realität aufzuprallen. Nach vielen emotionalen Gesprächen, habe ich ihm dann gestern am Telefon gesagt, dass ich so nicht weitermachen kann und dass ich nicht in dieser riesen Ungewissheit sein kann. Er hat das natürlich verstanden. Er versteht ja immer. Nimmt sich immer Zeit, wenn ich reden will und überhaupt ist er einfach ein so toll.
Jetzt sitze ich hier schon den ganzen Tag und fühle mich wie ein Teenager, der bei Knuddels verlassen wurde. Heule zwischendurch, kriege dann Panikanfälle und dann bin ich wütend. Auf ihn. Und auf die Situation. Und auf mich. Und auf alles.
Wir haben gesagt, dass wir weiterhin in Kontakt bleiben wollen und er meinte, dass er sich wünscht, dass wir trotzdem noch hin und wieder telefonieren und wenn er das nächste mal in Deutschland ist (er hat Freunde hier, die er ab und an besucht), will er mich auch treffen. Es ist also nichts verloren, aber ich fühle mich so. Es wird eben nicht mehr so sein wie vorher und erstrecht nicht so, wie ich es gehofft hatte.
Ich komme mir albern vor, ich hatte selbst schon viele reale Trennungen, habe auch da schlimm gelitten und denke nun, dass es doch verrückt ist, wegen etwas zu heulen, was nichtmal echt war. Aber ich tu's. Die Traurigkeit ist trotzdem echt. Ich vermiss ihn, so blöd das klingt und eigentlich würde ich gerade am Liebsten ihn anrufen und mit ihm darüber sprechen, er war die letzten Monate immer die erste Person, mit der ich über alles geredet hab. Aber es gibt zu diesem Thema ja nicht mehr viel zu diskutieren und ihm vorzujammern, wie traurig ich darüber bin, bringt ja auch nichts. Das weiß er ja.
Ach Mann. jetzt bin ich traurig. Aber ein wenig befreiend war es schon, das mal rauszutippen.
Danke, falls ihr euch die Zeit genommen habt, das durchzulesen!
Alles Liebe!
07.06.2020 18:19 • • 09.06.2020 x 2 #1