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Liebes Forum,

Seit nun zwei Jahren leide ich zeitweise an Panikattacken und relativ chronisch an unspezifischen Schmerzen und Unwohlsein im Brust und Halsbereich.
Lange hat die medizinische Abklärung und die Erkenntnis gedauert, dass es sich um eine psychosomatische Problematik handelt. Mit dem Start der Therapie war ich immer noch überzeugt, ein wunderbares Leben zu führen, wären da nicht diese tausend Wehwehchen und Attacken. Ob ich Stress hätte? Verneinte ich. Ich beschrieb mich als Anfang 30, perfekter Berufsstart, keine Probleme mit Beziehung, Familie oder Geld. Alles lief. Freiberufler mit angesehenen Beruf. Der Stress dort immer positiv und motivierend.
Nun krempelt man langsam alles um und die seltsamen, oft dissoziativen Zustände lassen mich zweifeln. Ich habe seit vier Jahren eine feste Beziehung. Wir haben uns etwas chaotisch kennengelernt. Mussten beide unsere Expartner absägen und konnten dies wohl nie verarbeiten. Aber damals war es egal. Es war erstmal eine Zeit lang eine Affäre ohne Verbindlichkeiten. Leider kam dann sehr schnell eine gewaltige Entscheidung in unser Leben: Eine ungewollte Schwangerschaft. Und es gab einen weiteren Vaterkanditaten. Das hat uns schwer zu gesetzt und die Entscheidung zu einem Abbruch tat sehr weh. Es bewirkte aber ein Zusammenschweißen unserer Seelen. Wir haben viel geweint und am Ende Ja zu uns gesagt. Wir wollten das alles besser machen. So verging die Zeit und die Lebensziele wurden immer konträrer. Ich wollte aufs Land, sie zur Promotion. Wir stritten viel über den Ort zum Leben. Was mir in der Betrachtung der letzten Zeit aufgefallen ist: Ich mag es sehr, dass unser gesamtes Umfeld uns für ein Powerpaar hält. Das Feedback ist immer super. Aber ich habe auch irgendwie fast alle meine Hobbies aufgegeben, weil Sie vieles davon nicht mag/ erträgt. Zum Beispiel Gitarre üben. Zu dem zeigen ich bei ihr immer mehr Zweifel in Form von Autoaggressionen. Nägel kauen, exzessiv Pickel ausdrücken und sich dann dafür hassen. Obwohl die Haut rein ist. Usw. Darauf angesprochen wirkt Sie gereizt. Insgesamt unterstützt Sie mich aber auch wahnsinnig in der Therapie und hält mich mit meinen Attacken aus. Trotzdem reden wir immer weniger. Das Liebesleben ist gleich null. Ich empfinde auch keine ero. mehr.
Oft denke ich über Trennung nach, aber dann halten mich all die positiven Argumente zurück. Heute habe ich erstmals die Bedeutung von emotionaler Abhängigkeit gelesen und bin nun extrem verunsichert. Ist das vielleicht alles der Grund für meine Probleme? Warum komme ich nicht mal gedanklich weiter als bis zu dem Punkt Trennung. Ich kann mir nicht vorstellen wie ich dass alles auflösen soll? Ich will auch nicht verletzen weil ich durch die vielen Ängste die mich begleiten im Urteil getrübt werde. Ich musste dass heute mal runter schreiben. Vermutlich ist es nur bedingt nachvollziehbar. Falls es jemand bis zu Ende liest und auch noch Rückfragen hat. Beantworte ich diese gerne. Über Tipps wie Ihr vielleicht etwas ähnliches gelöst habt bin ich dankbar.
Als Angst Mensch sind Entscheidungen immer furchtbar kompliziert.

03.11.2020 21:06 • 05.11.2020 #1


4 Antworten ↓


Entscheidungen sind im Prinzip überhaupt nicht kompliziert.
Wenn man sich zur Zeit nicht für oder gegen etwas entscheiden kann,entscheidet man sich beispielsweise dafür,die Situation zunächst weiter zu beobachten.

Das ist dann eine bewusst getroffene Entscheidung,darauf kommt es an.
Denn dann ist man nicht mehr hilflos ausgeliefert und hat eine andere Position eingenommen.
Das nimmt schonmal viel Druck raus.

Dass man als Paar in Krisen gerät ist normal.

Was ich persönlich schwierig finde ist,dass Du Hobbies,die Dir viel wert waren für sie aufgegeben hast.
Man kann und muss sicherlich in Beziehungen Kompromisse schliessen und auch mal (!) zurückstecken aber langsfristig braucht jeder Mensch für sich Quellen,an denen er die eigenen Akkus wieder aufladen kann.
Es ist also kein echter Liebesdienst,wenn man seine eigenen Bedürfnisse zu sehr zurückstellt.

Und ein wirklich liebender Partner fordert auch nicht vom anderen,Dinge aufzugeben,die ihm wichtig und wertvoll sind.

Ist ja löblich,dass sie Deine Attacken erträgt aber das müsste sie vielleicht gar nicht,wenn sie Dir ein bisschen mehr Freiraum erlauben könnte.

Emotionale Abhängigkeit ist ein schwieriger Begriff.
Ich finde es ganz natürlich,dass sich die Emotionen in einer Beziehung gegenseitig bedingen.
Das ist eben das Wechselspiel zwischen den Partnern.

Emotional abhängig wärst Du,wenn Du glauben würdest,ohne den Partner nicht mehr leben zu können.

Ich hab aber eher den Eindruck,dass Du trotz einer krisenhaften Situation weiter an der Beziehung festhältst,was doch im Grunde nur zeigt,dass Dir noch was an ihr liegt und Du die Hoffnung noch nicht endgültig aufgegeben hast.
Das ist doch was sehr Schönes!

Ihr seid zwar beide überfordert aber das muss ja noch lange nicht das Ende bedeuten.

Was ich im Laufe der Jahre gelernt habe ist,dass es ganz wichtig ist ,offen zu sein mit dem Partner.
Damit meine ich keine Vorwurfshaltung sondern offen zu sagen,wie es einem geht,was einem fehlt und was man sich wünscht.
Und dies gleichzeitig auch vom Partner zu erfragen.

Und dann gemeinsam zu überlegen,wie man da hingelangen könnte,ohne dass einer der beiden Partner zu sehr zurück stecken muss.

Wenn das alleine nicht gelingt und man sich im Gespräch ewig im Kreis dreht,kann eine Paartherapie helfen.

A


Zweifel an langjähriger Beziehung - denke oft an Trennung

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Zitat von OELE:
Ich mag es sehr, dass unser gesamtes Umfeld uns für ein Powerpaar hält


Jeep, hier wird das Problem liegen. Ist aber viel tiefer, als du das zugeben möchtest. Es ist die Fassade, die man liebt. Es geht gar nicht um deine Partnerin, sondern um deine Lebenseinstellung, die dir suggeriert, alles sollte bestens sein, (oberflächlich ist es das auch), und gaaaanz tief merkst du aber, dass Schein und Sein nicht stimmen.
Reiner Stress.

Probleme der Ängste sind meistens diese wirklich unbewussten Lebenslügen, von denen wir meinen, wir wollen das. Es geht ums Aussen, das Innere wollen wir nicht spüren, und was passiert? Stress, Angst, Panik, der ganze Mist.

Es geht nicht darum, dass wir erfolgreich, geliebt, glücklich etc. sein wollen, es geht darum, wie wir uns dafür verbiegen müssen. Und dieses nicht wahrgenommen Verbiegen führt auf Dauer zu Problemen.

Wenn ich von Verbiegen schreibe, meine ich diese etwas schwärzere Wolke, die schon lange im Inneren hängt und bei Misserfolgen, Missständen, Stresssituationen ganz heftig am Ego rüttelt. Naja, irgendwann entlädt sie sich eben und die Seele weint.

Es ist sehr schwer, sich der eigenen Realität zu stellen, besonders wenn man eigentlich viel lieber auf der Überholspur ist.

Zitat von OELE:
Ich mag es sehr, dass unser gesamtes Umfeld uns für ein Powerpaar hält.

Die Fassade die andere wahrnehmen ist nicht euer gelebtes Miteinander.
Du gibst deine Hobbies auf weil sie es nicht mag
Ihr seid euch uneinig über die Wohnsituation. Du willst aufs Land sie in die Stadt.
Die Autoaggressivität deinerseits und das zunehmende genervt-sein ihrerseits
Wenig Kommuniation, kein Liebesleben.

Da bleibt bei näherer Betrachtung vom Powerpaar nicht mehr viel über.

Zitat von OELE:
aber dann halten mich all die positiven Argumente zurück

Was sind denn die positiven Argumente? Ich habe keines davon in deinem Text gelesen. Ich finde, die negativ empfundenen Aufzählungen mehr als ausreichend um die Beziehungsqualität genauer unter die Lupe zu nehmen.

Kan es sein, dass bei eurem Beziehungsstart die Bauchgefühle maßgeblich waren? Diese verblassen mit der Zeit oft. Dann braucht man eine tragfähige seelisch-freundschaftliche Beziehung, basierend z.B. auf gemeinsamen Interessen oder einer gemeinsamen geistigen Ausrichtung. Ob ihr hier gemeinsame Grundlagen habt, weiß ich nicht.

Es wäre sicher auch wichtig, die vergangenen abgebrochenen Beziehungen aufzuarbeiten und die abgebrochene Schwangerschaft. Das könnte man vielleicht in einer Paartherapie tun.

Kann es sein, dass du bei Schwierigkeiten generell eher lieber wieder nach was Neuem suchst?





Dr. Reinhard Pichler
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