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Hallo

Ich bin 27, lebe seit einem Jahr alleine in einer 37 qm Wohnung, es ist eine 1-Zimmer Wohnung, aber groß genug für mich, ich finde es total toll hier.

Bloß habe ich täglich diesen Drang, meine Wohnung zu putzen und aufzuräumen, jeden Tag greife ich zum Wischer, wische die Böden, jeden Tag putze ich die komplette Wohnung, jeden Schrank, jedes Regal und Dekoteil, ich sauge jeden Tag, wische jeden Tag nass über die Schränke, langsam macht es mich selbst verrückt.
Ich empfinde meine Wohnung als dreckig, wenn ich mal einen Tag nichts mache, obwohl es hier eigentlich definitiv nicht dreckig ist, aber alleine der Gedanke, mal nichts getan zu haben, der lässt mich dann den ganzen Tag nicht in Ruhe und ich fühle mich hier super unwohl. Ganz schlimm ist es, wenn Freunde und Bekannte spontan zu Besuch kommen wollen, das mag ich überhaupt nicht, den meisten habe ich schon gesagt, dass sie ein paar Stunden vorher schreiben sollen, bevor ich hier so spontan Besuch reinlasse, muss ich erstmal wieder alles putzen, alles ordentlich hinstellen, obwohl es gar nichts zu putzen und aufräumen gibt, das ist mir immer selbst bewusst, aber ich habe einfach diesen Dran/Zwang.
Mittlerweile ist es noch schlimmer, sobald ich fertig bin, fühle ich mich noch immer etwas unwohl, weil ich noch immer denke, es ist nicht richtig sauber, ich könnte ja etwas vergessen haben. Gestern habe ich 4 Stunden geputzt und aufgeräumt, jetzt bin ich wieder seit 3 Stunden dabei.

Ich muss dazu sagen, dass meine Eltern ziemlich pingelig waren, alles musste perfekt aussehen, super sauber sein, überall wurde mir sofort hinterhergegangen und geputzt, ich durfte nichtmal selbst etwas kochen, da ich ja alles schmutzig machte, selbst in meinem Zimmer wurde jeden Tag alles kontrolliert und aufgeräumt, nichts durfte stehen bleiben und so sein, wie ich es wollte.
Ich hätte nicht gedacht, dass auch ich mal pingelig werde, als ich bei meinen Eltern lebte, war ich es nämlich absolut nicht, ganz im Gegenteil, ich beschwerte mich eher darüber und fand es total albern.
Nun bin ich selbst pingelig, aber noch lange nicht so schlimm wie meine Eltern, Gott sei Dank! Mir macht es nichts aus, wenn Besuch mal etwas unordentlich oder schmutzig macht, damit habe ich komischerweise gar keine Probleme, nur mich belastet dieser Zwang danach, sofort alles erledigen zu müssen, sobald ich wieder alleine bin. Direkt wieder ein paar Stunden putzen zu müssen, obwohl es in der gesamten Wohnung doch gar nicht nötig wäre, es eigentlich nur eine Sache von wenigen Minuten wäre.

Geht es hier wem ähnlich? Wie stellt man sowas ab? Ist sowas schon krankhaft?

28.03.2021 17:51 • 12.06.2021 x 1 #1


6 Antworten ↓


Krankhaft ist es glaub ich nur, wenn das Putzen Dein Leben negativ beeinträchtigt heißt, wenn Du selber merkst, das ist zuviel und Du kannst einfach nicht aufhören und Dich entspannen.

Macht das Sinn?

A


Drang und Zwang täglich zu putzen

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@Shania
Da können wir uns die Hand geben. Ich mache es schon über 20 Jahre.
Ich weiß, dass es mit dem Tod meiner Großmutter begann (Demenz, Pflege zu Hause - sie schmierte öfter mal ein wenig herum und spuckte Essenreste einfach aus als Beispiel).
Aber ich komme gut damit klar, weil ich mich danach immer besser fühle, nie schlechter.
Mir macht es teilweise sogar Spaß. Es ist eine Art Sport und dazu wird's noch sauber. Aber wie du schon beschreibst, ist es eigentlich nicht dreckig, da ich ja fast jeden Tag etwas mache.
Besonders das Badezimmer und die Toilette, obwohl ich allein lebe, wäre das nicht nötig.
Womit ich mich gar nicht anfreunden kann, ist Staub. Ich empfange keinen Besuch, hatte es aber mehrmals als eine Art Test für mich angenommen und lud Leute ein. Als sie weg waren, es war bereits ziemlich spät in der Nacht, begann ich sofort, alles weg zu räumen, aufzuwaschen und das Nötigste zu putzen. Nachts Staub zu saugen wäre keine gute Idee gewesen.
Aber wie gesagt, ich weiß, woher es kommt.
Das Putzen und der Ordnungszwang wurde zwar schon mal als Diagnose unter Zwangsstörung erwähnt, aber ich muss sagen, dass es mir eher schlecht geht, wenn ich es nicht mache. Vielleicht sitzt da doch noch etwas tiefer in der Seele.

Dass es mir schlecht geht, weil Staub liegt oder Unordnung herrscht, kann unter vernünftigem Sauberkeitsbedürfnis verbucht werden.
Dass es mir schlecht geht, wenn ich nicht alle paar Stunden für eine gewisse Zeit putze (!), deutet hingegen zumindest auf den Übergang zur Zwangshandlung hin. Der Kontrollverlust ist gerade dabei, sich zu festigen.

Die Ursache ist zu ergründen. Oft sind Zwangsgedanken die nahe Ursache aber meist liegen ferne Ursachen im Unterbewusstsein.

Hier kann Kontemplation helfen (s. dazu mein Sammelthread).

Wie @portugal richtig bemerkt, ist die Frage, ob man darunter leidet, wichtig. In der Übergangsphase jedoch spürst Du kein Leid, sondern eine gewisse Befriedigung. Diese verliert erst ihre Wirkung, wenn der Zwang voll manifestiert ist und Dein Leben maßgeblich bestimmt.

Wenn wir in den Urlaub fahren, putze ich zuerst die Dusche, die Toilette und das Waschbecken, ich fühle mich sonst nicht gut, wenn ich weiß, dass vor uns fremde Menschen ins Waschbecken gespuckt haben und eben auf der Toilette waren usw. Klar, sind die Wohnungen vom Reinigungsteam gereinigt worden, aber ob das im Badezimmer gründlich gemacht wird, weiß ich ja nicht.
Aber in meiner Wohnung bin ich sehr viel pingeliger, was mit dem Tod meiner Omi zusammenhängt. Deshalb wollte ich schon gern mal umziehen um zu sehen, ob ich es dann dort auch machen würde, wenn ich in einer anderen Wohnung leben würde.

Hi
bei mir ist es gerade umgekehrt!
Ich würde gerne die ganze Wohnung täglich putzen, alles rauswerfen und im Minimalismus leben, aber ich habe nicht die nötige Energie dazu.
Ausserdem ist mein Mann Sammler und das macht mich fertig.
Haustiere haben wir auch.
Sobald ich mal die Kraft habe und putze geht es mir sehr gut und ich bin stolz auf das bisserl was ich geleistet habe.
Schon als Kind habe ich gerne geputz und mein Zimmer aufgeräumt.
warum das mit den Jahren nachgelassen hat kann ich nicht verstehen.
Ich fühle mich in meiner Wohnung absolut unwohl!

Zitat von Lunatica:
alles rauswerfen und im Minimalismus leben


Guten Morgen,

so habe ich schon mal gelebt - quasi wie ein Karthäusermönch in seiner Zelle - und nebenher gearbeitet...kurz darauf kam es zum ersten Zusammenbruch nebst Depression.

Vielleicht färbt das andere Extrem (Dein Mann) regulierend auf Dich ab?

Ich lebe inzwischen in einem angenehmen Halb-Chaos (für meine Verhältnisse) und fühle mich sehr wohl dabei. (Haus-)Tiere können auch sehr heilsam auf Putzzwänge einwirken. Denn sie machen uns vor, wie ein sehr zufriedenes Dasein ohne jegliches Eingreifen funktioniert.

Das Eingreifen ist ein menschliches Übel - zumindest wenn es mit dem dahinterliegenden Triebfluss, das Ego (die Ich-Illusion) zu stärken und zu festigen, einhergeht.

Denn letzteres ist eines der Grundübel und Hauptursache für das menschliche (empfundene) Leiden.




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