Danke, @Woldan, für die Rückmeldung,
Zitat von Woldan: 1. Durch die Lockdowns und Kontaktbeschränkungen ist es ihm sogar besser gegangen und uns ist dabei nicht aufgefallen, wie sehr er sich eingeigelt hat. Erst als er versucht hat wieder zu arbeiten, haben wir gemerkt, dass es in Wirklichkeit eigentlich nur schlimmer geworden ist.
Das zeigt mal wieder, wie unabhängig voneinander Symptomatik und Angststörungs
entwicklung oft sein können. Jede Angststörung ist in ihrer individuellen Herkunft und Ausprägung stark vom Charakter des Betroffenen abhängig.
Zitat von Woldan: 2.+3. Die PA hat er wohl schon lange, nur wussten wir nicht was es ist, da sie sich bei ihm fast ausschließlich körperlich bemerkbar gemacht haben. Sie Körper hat dicht gemacht (Schwindel, Schlappheit, Zittern etc. Und das bei völlig gesunden Vitalwerten), aber er hatte keine bewusste Angst im Kopf. Wir haben erst Schritt für Schritt durch diverse auch für unsere Tochter traumatische Erlebnisse rausgefunden, was es ist und die genaue Diagnose Generalisierte Angststörung haben wir erst seit der Tagesklinik.
Bzgl. der traumatischen Erlebnisse möchte ich Dir nicht zu nahe treten aber es stellt sich hier schon die Frage, ob diese Erlebnisse nicht auch zur
Entwicklung der GAS beitrugen. PAs sind nicht zwingend die Folge von GAS sondern die GAS ist ihrerseits oft die unmittelbare Folge von einer (ersten) PA bzw. auch von Traumen. Hierzu zählen übrigens auch körperliche Traumen wie z. B. ein Schleudertrauma, Knalltrauma etc.
Zu 4.:
Zitat von Woldan: Das glaube ich erst jetzt. Ich hatte den besseren Job und er wollte immer lieber Hausmann sein.
4.1 Wie kam seine Tendenz zum Hausmann insgesamt bei
Dir an? Ich frage das in rein emotionaler, nicht in finanzieller Hinsicht. Natürlich erscheint es objektiv angemessen, dass die Finanzstarke weiterarbeitet und der Finanzschwächere zuhause bleibt, aber wie ging es Dir insgesamt damit, was Eure
Beziehung (nicht Euer
Familienmanagement) angeht?
Zitat von Woldan: Die zwei waren immer ein super Team und haben oft von 20 Uhr bis ca. Mittags geschlafen.
4.2 Du erwähnst explizit die lange Schlafdauer, warum?
4.3 Könnte es sein, dass Dein Mann in diesem Jahr irgendwas bekommen hat, das ihm bis dahin irgendwie lebenslang gefehlt hat?
Zitat von Woldan: Mein Mann sagt immer: warum tut die das, sie sollte doch mittlerweile verstehen, dass das so und so ist?! Sie lässt ihren Gefühlen freien Lauf und das macht es ihm schwer, weil er es nicht versteht und auch selbst nicht fühlt.
Rein hypothetisch könnte ich mir vorstellen, dass der Beginn der Trotzphasen für Deinen Mann eine Zäsur waren. Das o. g. Superteam gab es so nicht mehr und ein ADHSler könnte darin (s)ein Versagen sehen.
Zu 5.:
Zitat von Woldan: Verantwortung ist aktuell etwas Schreckliches für ihn.
Kenne ich gut...das bringt m. E. eine Angststörung irgendwann mit sich.
Aber:
Zitat von Woldan: Das war nicht immer so. Ich habe immer geliebt, dass er mich hat stark sein lassen ohne selbst schwach zu wirken.
5.1 So! Hier würde ich gerne einhaken und darum bitten, Dich zu fragen, was Dich zur Bewertung stark und schwach veranlasst(e)?
Zitat von Woldan: Jetzt sitzt er oft da, wie ein Häufchen Elend und pustet und stöhnt vor sich hin, was ich verstehen kann, aber mir ehrlich gesagt schwer fällt es zu ertragen, weil ich eher der Typ Sonnenschein bin und es mich runterzieht.
5.2 Achtung, Hypothese: Könnte es sein, dass für Dich nun der kongeniale Freund wegfällt, indem er gerade eine gewisse Stärke, die er Dir früher gab, quasi latent zurückfordert - und zwar eruptiv, nicht so wohl dosiert, wie seinerzeit in die andere Richtung?
Zitat von Woldan: Deswegen fällt es mir auch schwer aktuell mit ihm Zeit zu verbringen. Ich will meine positive Energie nicht verlieren und am Ende auch depressiv werden und ausfallen, da meine Familie von mir anhängig ist.
Vorschlag:
Die Familie, nicht
Deine Familie . Energie, egal ob positiv oder negativ (wer bestimmt schon diesen Wert?) ist nicht lagerfähig. Es verhält sich mit ihr nicht wie auf einem Bankkonto mit Soll, Haben und Jahresabschluss. Energie ist
Leben an sich.
Wenn einen etwas runterzieht bedeutet das, dass einem etwas
zuwiderläuft. Beginne damit, Dich zu fragen:
5.3 Was genau läuft mir da zuwider und
warum?
5.4 Gerät durch die aktuelle Situation evtl. ein von mir gehegter
Plan ins Wanken?
5.5 Falls 5.4 zutrifft,
weiß mein Partner überhaupt vollumfänglich von diesem Plan?
Zitat von Woldan: Er ist mein bester Freund und ich hasse es, dass er sich so fühlt.
Hass ist in diesem Kontext m. E. ein sehr starker Begriff.
5.6 Wieder eine Hypothese: Hasse ich wirklich seine Lage oder eher das, was es für mich bzw. die Familie bedeuten könnte?
Zitat von Woldan: Wir haben immer über seine Therapie gesprochen. Es hat mir geholfen vieles zu verstehen, aber ich kann irgendwie nicht mehr mit ihm umgehen, da ich das Gefühl bekomme alles falsch zu machen.
5.7 Bedeutet das im Umkehrschluss, dass die Einsichten, die sich aus Euren Gesprächen über die Therapieinhalte ergaben, zu diesen Gefühlen (alles falsch zu machen)
führten?
Wenn dem so ist, dann rate ich dazu, Dich mal in ein Therapiegespräch
in persona mit einzubeziehen, also daran teilzunehmen - nach Rücksprache mit dem Therapeuten. Das kann der aktuellen (gefühlten?) Stagnation entgegenwirken.
Die Bewertung falsch oder richtig impliziert immer auch - zumindest unterschwellig - eine
Schuldzuweisung. Das ganze findet idR emotional statt. Da Du offenbar die Emotionsfähigere bist, leidest Du nicht nur sondern läufst auch Gefahr, Dich selbst für irgendwas zu verurteilen. Hier kommt der vielzitierte Unterschied zwischen
Mitleid und
Mitgefühl ins Spiel. Mitgefühl kann Dir akut tatsächlich Energie
geben, Mitleid jedoch
nimmt sie Dir (sofern man das Zu- und Ablaufprinzip bemühen möchte).
Wenn ich es richtig verstehe, habt ihr wohl auf absehbare Zeit keine finanzielle Notlage und es handelt sich vorwiegend (oder gar ausschließlich) um die mentale Belastung, die
Du erlebst. Vielleicht hilft die Beantwortung der o. g. Punkte ein Stück weit, diese Krise als eine Art substanzielle Beziehungsarbeit zu begreifen. Denn das sind die meisten Krisen: Chancen auf Einsichten und Weisheiten, die man ohne sie nie entwickeln würde.