Hallo,
ich hoffe, ich trete niemandem zu nahe, wenn ich nicht als Betroffener, sondern als Angehöriger schreibe, aber da es hier kein reines Angehörigen-Forum gibt, könnt ihr mir vielleicht trotzdem helfen. Ich bin auch nicht sicher, ob dieses Forum das richtige ist, weil von dem was ich bisher gelesen habe, passen die Symptome des Betroffenen (mein Mitbewohner, mittlerweile auch ganz guter Freund) in viele Kategorien - aber hier vielleicht am besten zusammengefasst.
Mein Mitbewohner ist Spanier, seit einem guten Jahr in Deutschland, spricht schon ziemlich gut deutsch, hat aber noch kein wirklich soziales Netz - was die Situation so schwierig macht. Als ich ihn kennengelernt habe, war er in einer Beziehung, die jetzt in einer handfesten Krise ist, und bei ihm brechen glaube ich ziemlich viele psychischen Probleme dadurch wieder aus. Mittlerweile geht es mir damit auch nicht mehr gut, weil ich ihm helfen will, aber ich gerade das GEfühl habe, mein eigenes Leben nicht mehr weiterführen zu können, weil ich ständig an dieses Problem denke oder ihn beruhigen muss.
Der Betroffene hatte schon in seiner Jugend häufig Panikattacken, hat diese in Spanien in den Griff bekommen, sie aber wieder in paar Mal gehabt seit er in Deutschland lebt. Dazu kommt, dass er eine deutsche Freundin hat, aber eine etwas andere Vorstellung von Beziehung. So ging es ihm immer schlecht, sobald sie nicht da war, sobald sie mal einen Abend alleine etwas machen wollte und das ist auch der Grund, warum sie jetzt um eine Pause gebeten hat. Seitdem ist natürlich alles noch schilmer, mein Mitbwohner fragt mich ständig, für wie wahrscheinlich ich es halte, dass die Beziehung halten kann. Auf der einen Seite ist er sehr rational, weiß, dass er sich falsch verhalten hat, dass er zuviel geklammert hat, nach zuviel Bestätigung gesucht hat, auf der anderen kann er die emotionale Seite nicht kontrollieren, hält diese Zeit der Pausen nicht aus, ist ständig nervös, hat Angst vor Panikattacken und sagt, dass er nicht weiß was er tun soll.
Problem ist, dass neben seiner Freundin ich in Deutschland der einzige bin/war, der das so wirklich mitbekommt und ihm helfen will. Er hat zwar noch andere Leute, die er kennt und ist auch kein typischer Einzelgänger, aber sagt auch immer, dass die Situation in seiner Heimat natürlich einfacher wäre. Insofern sehe ich mich etwas unter Druck gesetzt ihm helfen zu müssen, weil er nicht auch noch seinen einzigen Freund verlieren soll, aber momentan kann ich das nicht mehr. Wenn er nervös wird und verzweifelt ist und ständig nur über dieses eine Thema reden kann (was passiert wenn seine Beziehung nicht zu retten ist), dann kann ich ihm einfach nicht mehr helfen, und auch wenn er das eigentlihc versteht, schreibt er mir SMS oder ruft mich an, nur um mir nochmal zu erklären, wie furchtbar alles ist. Ich verstehe das natürlich total, aber mittlerweile habe ich auch keine ruhige Minute mehr, weil ich ständig mit einem Anruf rechne, sich die Gespräche im Kreis drehen und ich das Gefühl habe, bald selbst ein psychologisches Gespräch zu benötigen.
Das alles soll nicht nach Gejammere klingen, er hat heute eine Therapie mit einer Psychotherapeutin/Psychiaterin begonnen, die wohl von der Caritas kostenfrei als psychologischer Dienst für Ausländer angeboten wird, in seiner Muttersprache. Das Problem ist, dass ich nicht weiß, ob diese in die richtige Richtung geht. Eigentlich vertraue ich darauf, dass ein professioneller Dienst das alles viel besser einschätzen kann als ein Laie wie ich, aber von dem was er mir erzählt hat, wurde er sehr in seiner Hoffnung bestärkt, dass das mit der Beziehung funktionieren wird. Natürlich hoffe ich das auch unglaublich für ihn, aber ich fände viel wichtiger ihm klarzumachen, dass es auch weitergehen muss, wenn das nciht klappt. Am Samstag haben die beiden ein klärendes Gespräch und ich habe das Gefühl, er steckt alle Hoffnung und Energie in diesen Samstag und erwartet, dass danach alles gut ist oder zum Teufel geht. Ich habe jetzt ziemlich Angst, dass falls es am Samstag schiefgeht alles noch viel schlimmer wird bzw. erst richtig losgeht.
Ihm wurde jedenfalls vorgeschlagen sich erstmal viele Pläne zu machen, um die Gedanken gar nciht an sich rankommen zu lassen, während ich immer instinktiv eher gesagt habe, dass er auch wieder lernen muss, allein zu sein und damit zurechtzukommen. Vielleicht war das sogar ein bisschen Selbstschutz, weil so wie er Angst hat allein zu sein, habe ich gerade etwas Angst, nicht mehr allein sein zu können als einer der wenigen Menschen, mit denen er überhaupt Pläne machen kann. Die Therapeutin hat wohl auch gesagt, dass er nicht wirklich unter einer psychischen Krankheit leidet, sondern für Ausländer eine solche Situation normal ist, weil viele Sicherheiten, die man sonst hat, im Ausland nicht mehr gegeben sind (Familie, Sprache etc). Deswegen solle er versuchen, bestimmte Sicherheiten zu suchen, während ich wiederum in unseren Gesprächen eher immer versucht habe zu sagen, dass man - glaube ich - lernen muss, auch mit Unsicherheit zu leben. Und so extrem und kontrollwütig wie er sich in diese Beziehung gestürzt hat, so unglaublich nervös wie er ist sobald er allein ist und schlimme Gedanken hat weiß ich nicht, ob es das richtige ist, ihm zu erklären wie normal das alles ist - auch wenn ich selbst weiß, dass seine Status als immer noch Fremder etwas ganz entscheidendes sind.
So, das war jetzt ganz schön lang. Ich glaube, ich bin weder ein eigennütziger Mensch, der von solchen Dingen in Ruhe gelassen werden will noch ein Engel, der allen immer nur helfen will. Dass ich das alles so nah an mich herankommen lasse, hat auch mit meiner Persönlichkeit zu tun und ich kenne sein Problem etwas, weil ich auch einmal eine schwere Hypochonder-Phase hatte. Ich habe wohl glaube ich nur Angst vor der Verantwortung, der einzige Freund für jemanden zu sein, der Hilfe braucht ohne dass ich ihm eine wirkliche Hilfe sein kann bzw. nur unter der Bedingung, dass ich selbst nicht mehr so leben kann wie ich es will. Und ich will ihm auch nicht sagen Du musst mehr Freunde finden, weil ich weiß dass das nicht von heute auf morgen geht, sondern langsam. Und ich habe Angst davor, dass die einzige wirkliche Hilfe, die er bekommt - die Therapie - am Ziel vorbeiläuft, wenn sie zu einer Beziehungsberatung wird und ihm Mut macht, dass das schon klappen wird und es ihm bald viel besser geht. Wobei so eine Beziehung zu retten natürlich auch ein Ansporn sein kann, um wirklich etwas zu ändern. Einerseits habe ich immer das Gefühl, er hat verstanden, dass das Hauptproblem sein Zustand ist, andererseits redet er mit mir immer wieder nur über seine Zukunftsangst bezüglich der Beziehung - wo ich ihm nicht mit helfen kann, sondern nur den Supergau und die Konsequenzen fürchte.
Das wars jetzt aber. Würde mich über jeden Kommentar freuen, vielleicht hat jemand ähnliche Erfahrungen oder weiß sogar eher mir zu helfen als ihm, weil auch meine Angst beginnt irrational zu werden und es ja vielleicht tatsächlich so ist, dass er keine ernsthafte Panikstörung hat, sondern nur eine schwierige Phase durchmacht - und ich googel mich verrückt. Er selbst sagt ständig, dass er keine Belastung für mich sein will, ich weiß auch, dass er nicht wirklich schlimm krank oder selbstmordgefährdet ist und trotzdem spüre ich eine Verantwortung/Angst, die mir selbst manchmal die Kehle zuschnürt und mich meinen Tag nicht mehr so erleben lässt wie vorher. Und damit ist dieser Beitrag in gewisser Weise doch von einem Betroffenen, auch wenn ich weiß, dass ich mich - rational gesehen - mit einem Luxusproblem beschäftige. Vielleicht gibt es trotzdem Gedanken zu diesem Thema.
ich hoffe, ich trete niemandem zu nahe, wenn ich nicht als Betroffener, sondern als Angehöriger schreibe, aber da es hier kein reines Angehörigen-Forum gibt, könnt ihr mir vielleicht trotzdem helfen. Ich bin auch nicht sicher, ob dieses Forum das richtige ist, weil von dem was ich bisher gelesen habe, passen die Symptome des Betroffenen (mein Mitbewohner, mittlerweile auch ganz guter Freund) in viele Kategorien - aber hier vielleicht am besten zusammengefasst.
Mein Mitbewohner ist Spanier, seit einem guten Jahr in Deutschland, spricht schon ziemlich gut deutsch, hat aber noch kein wirklich soziales Netz - was die Situation so schwierig macht. Als ich ihn kennengelernt habe, war er in einer Beziehung, die jetzt in einer handfesten Krise ist, und bei ihm brechen glaube ich ziemlich viele psychischen Probleme dadurch wieder aus. Mittlerweile geht es mir damit auch nicht mehr gut, weil ich ihm helfen will, aber ich gerade das GEfühl habe, mein eigenes Leben nicht mehr weiterführen zu können, weil ich ständig an dieses Problem denke oder ihn beruhigen muss.
Der Betroffene hatte schon in seiner Jugend häufig Panikattacken, hat diese in Spanien in den Griff bekommen, sie aber wieder in paar Mal gehabt seit er in Deutschland lebt. Dazu kommt, dass er eine deutsche Freundin hat, aber eine etwas andere Vorstellung von Beziehung. So ging es ihm immer schlecht, sobald sie nicht da war, sobald sie mal einen Abend alleine etwas machen wollte und das ist auch der Grund, warum sie jetzt um eine Pause gebeten hat. Seitdem ist natürlich alles noch schilmer, mein Mitbwohner fragt mich ständig, für wie wahrscheinlich ich es halte, dass die Beziehung halten kann. Auf der einen Seite ist er sehr rational, weiß, dass er sich falsch verhalten hat, dass er zuviel geklammert hat, nach zuviel Bestätigung gesucht hat, auf der anderen kann er die emotionale Seite nicht kontrollieren, hält diese Zeit der Pausen nicht aus, ist ständig nervös, hat Angst vor Panikattacken und sagt, dass er nicht weiß was er tun soll.
Problem ist, dass neben seiner Freundin ich in Deutschland der einzige bin/war, der das so wirklich mitbekommt und ihm helfen will. Er hat zwar noch andere Leute, die er kennt und ist auch kein typischer Einzelgänger, aber sagt auch immer, dass die Situation in seiner Heimat natürlich einfacher wäre. Insofern sehe ich mich etwas unter Druck gesetzt ihm helfen zu müssen, weil er nicht auch noch seinen einzigen Freund verlieren soll, aber momentan kann ich das nicht mehr. Wenn er nervös wird und verzweifelt ist und ständig nur über dieses eine Thema reden kann (was passiert wenn seine Beziehung nicht zu retten ist), dann kann ich ihm einfach nicht mehr helfen, und auch wenn er das eigentlihc versteht, schreibt er mir SMS oder ruft mich an, nur um mir nochmal zu erklären, wie furchtbar alles ist. Ich verstehe das natürlich total, aber mittlerweile habe ich auch keine ruhige Minute mehr, weil ich ständig mit einem Anruf rechne, sich die Gespräche im Kreis drehen und ich das Gefühl habe, bald selbst ein psychologisches Gespräch zu benötigen.
Das alles soll nicht nach Gejammere klingen, er hat heute eine Therapie mit einer Psychotherapeutin/Psychiaterin begonnen, die wohl von der Caritas kostenfrei als psychologischer Dienst für Ausländer angeboten wird, in seiner Muttersprache. Das Problem ist, dass ich nicht weiß, ob diese in die richtige Richtung geht. Eigentlich vertraue ich darauf, dass ein professioneller Dienst das alles viel besser einschätzen kann als ein Laie wie ich, aber von dem was er mir erzählt hat, wurde er sehr in seiner Hoffnung bestärkt, dass das mit der Beziehung funktionieren wird. Natürlich hoffe ich das auch unglaublich für ihn, aber ich fände viel wichtiger ihm klarzumachen, dass es auch weitergehen muss, wenn das nciht klappt. Am Samstag haben die beiden ein klärendes Gespräch und ich habe das Gefühl, er steckt alle Hoffnung und Energie in diesen Samstag und erwartet, dass danach alles gut ist oder zum Teufel geht. Ich habe jetzt ziemlich Angst, dass falls es am Samstag schiefgeht alles noch viel schlimmer wird bzw. erst richtig losgeht.
Ihm wurde jedenfalls vorgeschlagen sich erstmal viele Pläne zu machen, um die Gedanken gar nciht an sich rankommen zu lassen, während ich immer instinktiv eher gesagt habe, dass er auch wieder lernen muss, allein zu sein und damit zurechtzukommen. Vielleicht war das sogar ein bisschen Selbstschutz, weil so wie er Angst hat allein zu sein, habe ich gerade etwas Angst, nicht mehr allein sein zu können als einer der wenigen Menschen, mit denen er überhaupt Pläne machen kann. Die Therapeutin hat wohl auch gesagt, dass er nicht wirklich unter einer psychischen Krankheit leidet, sondern für Ausländer eine solche Situation normal ist, weil viele Sicherheiten, die man sonst hat, im Ausland nicht mehr gegeben sind (Familie, Sprache etc). Deswegen solle er versuchen, bestimmte Sicherheiten zu suchen, während ich wiederum in unseren Gesprächen eher immer versucht habe zu sagen, dass man - glaube ich - lernen muss, auch mit Unsicherheit zu leben. Und so extrem und kontrollwütig wie er sich in diese Beziehung gestürzt hat, so unglaublich nervös wie er ist sobald er allein ist und schlimme Gedanken hat weiß ich nicht, ob es das richtige ist, ihm zu erklären wie normal das alles ist - auch wenn ich selbst weiß, dass seine Status als immer noch Fremder etwas ganz entscheidendes sind.
So, das war jetzt ganz schön lang. Ich glaube, ich bin weder ein eigennütziger Mensch, der von solchen Dingen in Ruhe gelassen werden will noch ein Engel, der allen immer nur helfen will. Dass ich das alles so nah an mich herankommen lasse, hat auch mit meiner Persönlichkeit zu tun und ich kenne sein Problem etwas, weil ich auch einmal eine schwere Hypochonder-Phase hatte. Ich habe wohl glaube ich nur Angst vor der Verantwortung, der einzige Freund für jemanden zu sein, der Hilfe braucht ohne dass ich ihm eine wirkliche Hilfe sein kann bzw. nur unter der Bedingung, dass ich selbst nicht mehr so leben kann wie ich es will. Und ich will ihm auch nicht sagen Du musst mehr Freunde finden, weil ich weiß dass das nicht von heute auf morgen geht, sondern langsam. Und ich habe Angst davor, dass die einzige wirkliche Hilfe, die er bekommt - die Therapie - am Ziel vorbeiläuft, wenn sie zu einer Beziehungsberatung wird und ihm Mut macht, dass das schon klappen wird und es ihm bald viel besser geht. Wobei so eine Beziehung zu retten natürlich auch ein Ansporn sein kann, um wirklich etwas zu ändern. Einerseits habe ich immer das Gefühl, er hat verstanden, dass das Hauptproblem sein Zustand ist, andererseits redet er mit mir immer wieder nur über seine Zukunftsangst bezüglich der Beziehung - wo ich ihm nicht mit helfen kann, sondern nur den Supergau und die Konsequenzen fürchte.
Das wars jetzt aber. Würde mich über jeden Kommentar freuen, vielleicht hat jemand ähnliche Erfahrungen oder weiß sogar eher mir zu helfen als ihm, weil auch meine Angst beginnt irrational zu werden und es ja vielleicht tatsächlich so ist, dass er keine ernsthafte Panikstörung hat, sondern nur eine schwierige Phase durchmacht - und ich googel mich verrückt. Er selbst sagt ständig, dass er keine Belastung für mich sein will, ich weiß auch, dass er nicht wirklich schlimm krank oder selbstmordgefährdet ist und trotzdem spüre ich eine Verantwortung/Angst, die mir selbst manchmal die Kehle zuschnürt und mich meinen Tag nicht mehr so erleben lässt wie vorher. Und damit ist dieser Beitrag in gewisser Weise doch von einem Betroffenen, auch wenn ich weiß, dass ich mich - rational gesehen - mit einem Luxusproblem beschäftige. Vielleicht gibt es trotzdem Gedanken zu diesem Thema.
13.12.2010 20:57 • • 22.12.2010 #1
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