Mich würde interessieren wie es euch in eurer Ausbildung geht, wie ihr diese meistert, wie ihr zur Thematik in der Betreffzeile steht.
Ich weiss nicht, ob ich meine Ausbildung schaffen werde. Gut, das ist vielleicht falsch ausgedrückt.
Ich weiss nicht, ob ich es schaffen werde, meine Ausbildung zu beenden. Sieht da noch jemand anderes einen Unterschied in der Formulierung?
Mein Kopf begann sich in der 5ten Klasse an zu drehen und kam bis heute nicht mehr zum Stillstand. Seit über 10 Jahren ist jeder Tag eine Qual, jede Herausforderung eine Last, jedes Ziel mit einem für mich endlos vorkommenden Weg verbunden. Warscheinlich liegt es daran, dass mir damals wirklich von allen Seiten eingetrichtert wurde, dass ich nie etwas erreichen würde.
Dabei sind meine Noten überdurchschnittlich gut und das waren sie auch immer. Ich habe einen Abschluss an einer höheren Schule gemacht und mir war bewusst, dass ich diesen - auch wenn es etwas eingebildet klingt - locker schaffen würde. Ich weiss eigentlich auch, dass meine Leistungen in der Lehre, die ich momentan absolviere, gut sind. Das weiss ich, weil es mir gesagt wurde.
Mein Problem ist die Angst. Ich kann sie nicht genau in Worte fassen, nicht beschreiben, sie ist einfach da und bedient sich meiner Ressourcen wie Kunden im Walmart.
Die Angst kommt Sonntags, weil ich nicht weiss, was ich am nächsten Tag für Aufgaben bekomme.
Die Angst kommt bei der Arbeit, weil ich im ersten Lehrjahr eigentlich nichts selbstständig machen kann.
Die Angst kommt, wenn ich angepampt werde, ohne dass ich etwas getan habe.
Die Angst kommt noch mehr, wenn ich angepampt werde, weil ich etwas getan habe, was ich doch nicht falsch machen wollte.
Ich komme morgens ohne hilfe kaum aus dem Bett. Manchmal bekomme ich gleich nach dem Aufstehen Weinkrämpfe. Ich schaffe es nicht meine Klamotten zusammenzusuchen. Ich schaffe es nicht, mir Frühstück zu machen. Meistens liege ich so lange im Bett, bis ich realisiere, dass abwarten nichts bringt. Ich habe Bauchschmerzen an der Bushaltestelle. Ich komme im Team an und möchte alleine sein.
Und dann denke ich daran, dass ich noch nicht einmal ein halbes Jahr hinter mir habe und 4 Jahre in Ausbildung sein werde. Gefolgt von dem Gedanken, dass ich am liebsten hinschmeisen würde. Mir wird heiss, ich bekomme einen Tunnenblick, Konzentrationsschwäche, mir wird schlecht und dann geh ich weinen.
Dabei habe ich um diese Lehrstelle gekämpft wie eine Löwin. Ich liebe meine Tätigkeiten, ich mag mein Team, die Thematik ist hochinteressant. Mein Lohn ist angemessen und der Umgang mit mir besser, als ich es von anderen Arbeitsstellen kenne. Ich kann Abends pünktlich nach Hause ohne Überstunden.
Also: Eigentlich kein Grund zur Angst. Ich bringe meine Angst immer mit dem Wort Zeit in Verbindung. Dass ich zu wenig Zeit habe für etwas. Dass eine lange Zeit bevor steht, deren Inhalt ich nicht kontrollieren kann. Dass sich in einer Zeit etwas verändert, was mich zurück werfen könnte. Wisst ihr, was ich meine? Im Moment sitze ich da, es ist bald 8 und mir macht es Angst heute schlafen zu gehen, weil ich morgen schneller wieder Arbeiten muss. Nach den Ferien ist es - natürlich nebst Lehrbeginn - am schlimmsten.
Ich wünsche mir oft, dass ich einfach alles hinschmeissen könnte. Frei sein, die Last weg, für mich selber da sein. Ja - keine Lösung auf dauer, natürlich nicht. Darum bleib ich auch am Ball.
Zu meiner Person: Ich bin 23 Jahre alt und erlerne einen handwerklichen Beruf, der jedoch nicht von Männern dominiert wird. Ich bin seit einigen Jahren in Therapie und habe enorme Fortschritte gemacht. Ich kann mittlerweile soziale Kontakte pflegen, habe meine Depressionen hinter mir gelassen und eigentlich eine riesengrosse Neugierde und Lebenslust. In Notfallsituationen habe ich Clobazam auf Vorrat, dass mir aber nicht wirklich hilft.
Nun, was sagt ihr dazu? Was ist das? Kennt ihr das? Wie geht ihr damit um?
Viele Grüsse
Wurzelgemüse
04.01.2015 20:03 • • 06.04.2021 #1