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Servus Tex,

zu Punkt 1): Die subjektiv auf 20 erweiterte Skalenspreizung runter auf 9 zu drücken klappt bei Dir wahrscheinlich nicht. Das wäre klassische Verhaltenstherapie und dafür bist Du m. E. zu emotional intelligent. Damit will ich nicht sagen, dass KVT nur bei Dummies funktioniert sondern ich habe festgestellt, je detaillierter und tiefgründiger jemand tickt, umso weniger fruchtet diese Therapieform.
Aus meiner Sicht geht es hier nicht um den Grad der Bewertung sondern um Bewertung insgesamt. Es geht um tiefes Verständnis, wie fehlerhaft in sich Bewertung eigentlich ist.

Zu Punkt 2:
Zitat von Sinnsucher:
Meine Vermutung ist diese Vermeinung und dieses nicht nur als Gegenstand sehen wollen.

Ganz richtig.
Zitat von Sinnsucher:
Nun hänge ich in dem Dilemma. Wenn ich es nur als Gegenstand sehe, geht das schöne verloren, das ich mir erhofft habe. Wenn ich es aber nicht nur als Gegenstand sehe, sondern es auch diese emotionale Seite hat, dann hängt da nun dieses Problem mit dran.

Correctamente! Davon handelt im Grunde ja schon lange mein o. a. Gelaber... Und hier solltest Du nun endlich auch den entscheidenden Schritt schaffen, diese Einsicht dergestalt in die Tat umzusetzen, indem Du Dich Deiner (unheilsam etablierten) Be-Wertung enthältst.

Die oft als geistige Freiheit empfundene Gabe (=Dualisierungsangewohnheit) des Menschen, sich seine eigene Welt mit ihren jeweiligen Entitäten und Funktionen zu schaffen, geht hier nämlich sehr schmerzhaft nach hinten los und gerade deshalb besteht hier die Chance, dieser geistigen Trägheit mal auf den Zahn zu fühlen: indem man sie loslässt. Wenn man endlich mal NICHT folgt sobald der Geist bewertet, lässt man los, was im Grunde immer schon lose ist. Man nimmt sich raus, man ent-meint. DAS ist dann echte Freiheit, da nicht Ego-behaftet.

Erst, wenn dann Dein Motorrad wieder das ist, was es ist (nämlich: nur so, kannst Du frei ausschreiten und bist unbefangen.

Gib also meiner bisher geschilderten Arbeitshypothese endlich mal den notwendigen Vertrauensvorschuss und tue es (indem Du eben nichts tust....!).

Das mit dem Vertrauen ist nämlich eine große Barriere für den analytischen Geist, das gebe ich zu...

Zitat von Sinnsucher:
Man muss es dann als Gegenstand sehen aber dann geht das emotionale ja gerade verloren. Ich muss irgendwie schaffen, dass ich das negative da weg lasse und das positive in der emotionalen Seite hervorhebe. Nur wie?

Wenn ich jetzt so nachdenke, dann kann ein Gegenstand zweierlei positive Emotionen haben.
1. Der Gegenstand selbst bringt mir gute Gefühle. Z. B. Das Motorrad, die Vorstellung wie ich in der Kurve liege, wie der Wind mit entgegen weht, wie die Bäume an mir vorbeirauschen, das ganze Fahrgefühl, die Freiheit.....
Die Möbel: die Vorstellung wie ich dort sitze und die Sonnenstrahlen genieße und ein Gläschen Wein trinke oder Tasse Kaffee. Die Ruhe..... usw. Man kann also durchaus bei Gegenständen einige positive Vorstellung haben und sie somit mit positiven Gefühlen verbinden.
2. Der Gegenstand erinnert mich an eine positive Erfahrung. Ein guter Freund, mit dem ich gerne zusammen bin, der gute Gefühle in mir weckt, schenkt mir etwas. Das Geschenk, egal ob ich es ausgesucht habe oder nicht, wird nun verbunden mit den positiven Gefühlen dieses Momentes der Wertschätzung, der Beachtung, des Wichtig sein oder überhaupt mit der Person, die das Leben bereichert. Somit geht es nicht um den Gegenstand an sich, sondern um die Gefühle, die man mit der Person hat. Wenn man jetzt gemeinsam CDs hört und sich das einfach gut anfühlt, dann kann man es damit verbinden.
Dann geht es aber im Grunde genommen nicht um die Gegenstände an sich sondern nur um die Erinnerung an schöne Gefühle. Fällt diese Person jetzt weg, dann tun die schönen Erinnerungen weh, weil sie nicht mehr wiederholt werden können. Allerdings gibt es noch die Möglichkeit sich trotzdem deshalb zu freuen, weil man das Glück hatte so schöne Momente erleben zu dürfen.

So und wenn ich das so betrachte, dann ist 1. die Zukunft und 2. die Vergangenheit
Vielleicht hilft es dir zu sagen, was war war, aber jetzt schaue ich in die Zukunft und suche mir da wieder schöne Momente? Nur weil mich jetzt jemand enttäuscht hat bedeutet das nicht, dass ich nicht mehr glücklich sein darf.


Zitat von Sinnsucher:
Das hat sowas von: Ach naja, war ja nicht so schlimm aber das war es, zumindest für mich.

Ja, es war schlimm für mich, aber ich bin stark. Ich komme darüber hinweg. Er schafft es nicht mir mein ganzes Leben zu versauen. Nein, das lasse ich nicht zu. Ich finde wieder Möglichkeiten positiv in die Zukunft zu blicken. Ich finde wieder jemanden, der mein Vertrauen verdient. Irgendwann werde ich erkennen, dass auch dieses Erlebnis gut und wichtig für mich war, damit ich mich weiter entwickeln konnte.

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Assoziationen mit Gegenständen - Was ist das?

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Zitat von Sinnsucher:
Man muss es dann als Gegenstand sehen aber dann geht das emotionale ja gerade verloren. Ich muss irgendwie schaffen, dass ich das negative da weg lasse und das positive in der emotionalen Seite hervorhebe. Nur wie?


Du kannst dich in Gegenwart des Gegenstandes ja bewusst an die positiven Emotionen erinnern, die du mit dem Gegenstand verbindest.

Emotionen sind öfter einer Veränderung auf rationalem Weg nicht so leicht zugänglich. Bei Zwangsgedanken etc. dominiert das Unterbewusstsein , also das Irrationale den Verstand und die Logik.

Daher sind irrationale Emotionen - die man ja letztlich selbst erschaffen hat - im homöopatischen Sinn, dass Gleiches mit dem gleichen Prinzip geheilt werden kann, eher (scheinbar) irrationalen Methoden zugänglich.
Wenn sich dein emotionales Denken auf der Bilderebene befindet, wie es auch die Träume zeigen, eben im Unterbewusstsein, dann hilft dir vielleicht etwas, das diese irrationalen Gefühle kultiviert. Das Ritual ist z.B. eine Möglichkeit, auf die Gefühlsebene bewusst einzuwirken. Längerfristig könntest du auch irgendeine Kunst pflegen: Musik, Literatur, Malerei,Schauspiel. So gewinnst du mit der Zeit mehr Einfluss auf dein Unterbewusstsein und es kann in deinem Alltag nicht mehr so leicht sein Unwesen treiben, sorry. Du kannst deine Gefühle zunehmend kultivieren und beeinflussen.
Du lernst dich selbst kennen, auch deine Untiefen.
Vielleicht bist du im Alltag ja ein eher rationaler,analytisch denkender Mensch. Also verhilft sich die Gegenseite zu ihrem Recht und narrt dich, um so auf sich aufmerksam zu machen. Hm.

Hallo hallo,

vielen Dank mal wieder für all Eure Antworten. Ich habe das nun lange wirken lassen und mir auch viel zu Hause aufgeschrieben. Und ich glaube, ich bin einen Schritt weitergekommen. Es ist nämlich ein Teufelskreis, in dem ich mich bewege.

Mal kurz dargestellt, wie ich es mir nun erkläre:

1) Es tritt ein Ereignis ein (bspw. die Art, wie mein Bekannter mit mir umgegangen ist)
2) Ich bewerte dieses Ereignis bzw. verurteile es sogar. Hier lege ich sehr starke und harte Regeln an: Wieso? Sie geben mir Sicherheit!
3) Diese Bewertung kann aber ggf. Angst auslösen, weil ich es dadurch als schlimm einschätze, was passiert ist, denn es hat ja gegen die sehr harten Regeln verstoßen.
4) Jetzt fange ich an, diese Angst in den Griff zu bekommen. D.h. nun versuche ich Kontrolle zu erlangen. Auf zwei Arten:

a) ich versuche jeden Grund, der ggf. die Angst befeuert zu finden und diesen zu widerlegen. Das ist das Spannende: Ich suche nicht nach Gründen, die die Angst widerlegen. Ich versuche alles, was FÜR die Angst spricht zu finden und hierfür Gegenbeweise zu finden. Nach dem Motto: Es ist nur so lange 100% sicher, so lange ich alles, was für die Angst spricht, widerlegen konnte. Und das geht natürlich voll nach hinten los. Weil ich finde immer eine Eventualität, dass dies oder jenes ja doch so interpretiert werden könnte und das befeuert die Angst. Ich suche 100% Sicherheit.

b) Alles, was damit verbunden ist, versuche ich aus meinem Leben zu drängen, um wieder die Kontrolle zu erlangen. D.h. diese Kontamination, von der ich vorab gesprochen habe, ist nichts anderes als eine Besetzung von Gegenständen mit Angst / Unsicherheit. Es betrifft vor allem Gegenstände, die neu sind (noch nicht bewiesen, dass sie mir keine Angst machen) und die mir nahe sind, d.h. mit denen ich mich identifiziere (weil Nähe = Gefahr!).

5) Dadurch rückt aber nun nicht das in den Fokus, was mich beruhigt, sondern ich beschäftige mich immer mehr mit den Punkten, die ja die Angst begründen, weil ich hierfür ja einen Beleg suche, dass die auf gar keinen Fall eintreten. Und damit komme ich wieder zu (3) weil ich immer mehr finde, was die Angst begründet. Und so komm ick in eine Endlosschleife.

Und um die Sicherheit zu erhalten werden auch die Regeln für (2) immer strenger, d.h. zukünftige Dinge werden auch immer strenger beurteilt und lösen dafür dann noch wahrscheinlicher Angst aus.

Meine Baustelle ist somit Angst und ein extreeeeeem hoher Anspruch nach Sicherheit.

Tatsächlich fängt also alles mit der Bewertung an, die moo ja auch schon angesprochen hat. Es gibt daher nur folgende Lösung: a) Bewertung runterfahren und nicht alles auf die Goldwaage legen und b) die Angst aushalten wenn sie eintritt, damit man sieht, dass alles in Ordnung ist. Und wenn man Monate damit erstmal leben.

Deswegen hat es auch das Motorrad erwischt. Es ist noch nicht da. Ich habe noch keinen Beweis, dass es mir keine Angst machen wird, weil es noch nicht da ist. Und die Assoziation mit dem Bekannten macht mir Angst, weil er mir Angst macht. Das Motorrad loszuwerden war der Versuch die Kontrolle zu erhalten. D.h. neues Motorrad, alles gut. Das kann schon funktionieren, führt aber immer weiter in den Teufelskreis, wie ihr ja auch schon gesagt habt.

Daher so wie auch hereingeschneit geschrieben hat: Ich mach mir einfach Mut, dass ich das durchstehe. Und Hoffnungsblick: Ja, ich bin sehr analytisch. Das ist das Problem, weshalb ich 100% Sicherheit dadurch suche, in dem die Regel gilt: Ein Gegenbeweis reicht aus, um die 100% Sicherheit kaputt zu machen. Daher muss ich jeden möglichen Gegenbeweis eliminieren.

So, also nun habe ich tatsächlich das Gefühl, dass ich es mit Eurer Hilfe verstanden habe. Ich bin wahnsinnig glücklich darüber, vielen vielen Dank! Nun heißt es für mich, meine Angst aushalten zu lernen. Nicht mehr Sicherheit verzweifelt zu suchen, sondern die Angst auszuhalten und vorab von der Bewertung wegzukommen.

Das muss ich nun irgendwie üben

Dankeeeeeeeeeeeeeeeeeeee!

Tex

Servus Tex,

Respekt - starke Analyse und ich kann da nur applaudieren. Ich bin mir sicher, viele würden nach den ersten 20 Beiträgen dieses Threads das Handtuch werfen aber gerade weil Du so ein liebenswerter (Achtung - Ironie:) Korinthenkacker bist, hattest Du den Anspruch, den Weg bis zur Quelle zu gehen - bravo!

Ich hoffe für Dich, dass Du Deine Einsichten auf einen praktikablen Nenner bringst. D.h., die z. T. vordergründig komplex anmutenden Aspekte in ihrer letztendlich schlichten Abhängigkeit von der Bewertung des Geistes zu sehen.

Alles steht und fällt mit der Dualisierung und somit Bewertungsneigung des menschlichen Geistes. Dass er sich dabei stets unterjocht und das Dasein mitunter extrem verkompliziert, sehen die meisten Menschen nicht, die sich über so etwas nie Gedanken machen mussten (wollten?). Hier liegt m. E. auch der potenzielle Wert einer sogenannten psychischen Erkrankung (ich nenne sie niemals so): Den Sinn des Lebens ernsthaft auf´s Korn zu nehmen.

Mach´s gut und vielleicht bis neulich

Vielen lieben Dank, das freut mich sehr! Du bringst es wirklich sehr gut auf den Punkt. Die schlichte Abhängigkeit von der Bewertung des Geistes. Diese Formulierung hat mich direkt begeistert!

Tatsächlich fange ich nun an zum ersten Mal ein Gefühl von Dankbarkeit zu verspüren. Ich habe gerade den Eindruck, dass ich etwas gefunden habe, das mich seit Jahren beschäftigt und mir mein Leben erschwert. Nun habe ich endlich die Notwendigkeit gehabt, mich damit zu beschäftigen. Es gab keine andere Möglichkeit mehr. Ich hoffe, diese Erkenntnis und das dazugehörige Gefühl bleiben und sich nun ausbauen.

Ich bin Dir und Euch wirklich sehr dankbar für all die Hilfe!

Tex

Zitat von Sinnsucher:
Ich habe gerade den Eindruck, dass ich etwas gefunden habe, das mich seit Jahren beschäftigt und mir mein Leben erschwert.

Ja, den Eindruck habe ich auch. Freue mich gerade auch grandios mit Dir





Mira Weyer
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