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Hallo zusammen,

In meinem Leben ist sehr viel schief gegangen, ich wurde unter Menschen immer gemobbt und musste leider auch Gewalt erleben, weil ich mich nie so richtig wehren konnte und sehr unsicher wirke. Ich habe mich mit 19 komplett von der Gesellschaft abgekapselt und hab ein Dasein in der Versenkung geführt. Das habe ich fünf Jahre komplett durchgezogen und einfach keine Entscheidungen mehr getroffen, um in meinem Leben etwas zu verändern. Ich habe wirklich nur noch mein Leben zuhause bei meinen Eltern verbracht, wodurch ich natürlich auch irgendwann mehr psychische Probleme und Ängste bekommen habe. Ich meine, ich habe nur noch in meinem Zimmer gelebt, zwischen durch war ich auch in Kliniken, und bin mit der Zeit voll eingegangen. Ich bin jetzt fast 25 und will einen Neuanfang wagen, doch habe Angst, dass sich das alles wiederholt und ich wieder Mobbing erlebe.

Für mich beginnt bald eine Rhea und ich erwische mich schon dabei, wie ich mir vorstelle, das ich wieder gemobbt werde. Das geht soweit, dass ich am liebsten weiterhin alles so belassen würde und einfach weiterhin im Abseits bleibe. Aber das ist auf Dauer auch kein Weg, weil ich weiss das ich irgendwann auch Geld verdienen muss und mir eine Existenz aufbauen will. Ich habe schließlich auch Träume, die ich um jeden Preis auch Leben will. Nur dieses verdammte Mobbing belastet mich einfach, ich kann einfach nicht locker damit umgehen. Es ist einfach schrecklich, wenn man immer der Loser ist und man deswegen keine Chance bei Frauen hat und nur Ausgrenzung erlebt. Ich kann mich einfach nicht mit diesem dasein Abfinden und will nicht so sterben.
Mir wurde immer nur geraten, dass ich härter werden muss, damit die Leute nicht mehr auf mir herumtrampeln. Oder das es immer einen gibt, der einen mobbt und einen der sich mobben lässt. Oder mir wurde geraten Kampfsport zu machen usw . Aber geholfen hat mir das nie.

Hat jemand eine Idee, wie ich am besten in die Reha gehen kann ohne Angst zu haben ?

19.09.2022 00:40 • 19.09.2022 #1


5 Antworten ↓


Hallo Glückskind,

zunächst einmal tut es mir sehr leid, dass Du noch immer so sehr unter dem Mobbing leidest!

Ich finde es sehr gut, dass Du Dich jetzt wieder in eine Klinik traust und eine Reha machst !
Ich gehe jetzt mal davon aus, dass es eine psychosomatische Reha wird, oder gehst Du in eine andere Form der Reha?

Ich befinde mich in einer ähnlichen Lage wie Du, ich werde auch demnächst einen Klinikaufenthalt antreten und habe auch etwas Angst vor den Mitpatienten. Ich bin sehr ängstlich und zurückhaltend, lebe auch sehr zurückgezogen mit so gut wie keinen Sozialkontakten, habe, neben vielen anderen Diagnosen, eine ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung, die mir die Interaktion mit Menschen sehr erschwert. Es ist nicht mein erster Aufenthalt, darum kann ich zumindest etwas auf meine Erfahrungen zurückgreifen, aber trotzdem habe ich jedes Mal wieder ziemliche Angst.

Zitat von Glückskind3:
zwischen durch war ich auch in Kliniken

Waren das auch psychosomatische Kliniken, Psychiatrien oder andere Krankenhäuser?
Und wie lange warst Du jeweils dort?

Sollte es sich um psychosomatische Kliniken o.ä. gehandelt haben, wirst Du ja schon Erfahrungen gemacht haben, wie es ist, auf Station zu sein und Umgang mit Mitpatienten zu haben. Wie sind diese Aufenthalte denn gelaufen?

Natürlich ist jeder Aufenthalt/ jede Klinik/ jede Station anders, ich kann Dir erstmal nur von meinen Erfahrungen berichten:
In jedem psychischen/ psychosomatischen Krankenhaus-Setting ist man ja sehr viel von Menschen umgeben, die auch schwierige Erfahrungen mit Mitmenschen gemacht haben. Also ganz grundsätzlich habe ich den Umgang der Patienten untereinander eher als sehr verständnisvoll und rücksichtsvoll erlebt. Es gibt ja auf vielen Stationen auch Regeln, die den sozialen Umgang untereinander regeln und ein Verstoß gegen diese führt ja auch nicht selten zum Rauswurf, dadurch habe ich es schon hauptsächlich so erlebt, dass auch schwierigere und angriffslustigere Patienten sich daher sehr zurückgehalten haben.

Es hängt natürlich auch so ein bisschen von der Station ab, auf der man ist, und sicher ist auf einer reinen Depressions-Station weniger Stress zwischen den Patienten als auf Stationen für Persönlichkeitsstörungen.

Ich sehe es als Training. Wenn sich etwas bessern soll, muss man sich den Situationen aussetzen, die einem Angst machen. Angst hat die Tendenz, sich auszudehnen und sich jeden Raum zu nehmen, den man ihr zugesteht, bis man irgendwann nur noch in einem Zimmer leben kann. Darum muss man sich diese Räume zurückerobern, wenn man an seinem Leben etwas verändern möchte.
Ich mache es also, obwohl ich Angst habe. Ich habe in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass es zwar unglaublich anstrengend ist, für eine gewisse Zeit unter so vielen Menschen zu sein, aber ich habe auch erlebt, dass man sich zu einem kleinen Teil daran gewöhnt und es sich aushalten lässt. Es hängt alles von der Dosierung der Sozialkontakte dort ab.
Als Beispiel:
Ich achte auf mich und versuche, meine Grenzen zu schützen. Ich setze mich während des Therapie-Tags ja schon in den Therapien sehr viel mit Mitpatienten auseinander, das sind die Herausforderungen, die ich an mich stelle, da es ja auch ein sehr kontrolliertes Umfeld ist, Therapeuten sind anwesend, um Eskalationen zu verhindern.
Dafür gönne ich es mir aber auch, mich nach dem Therapie-Tag zurückzuziehen und für mich zu bleiben. Auch am Wochenende. Die Abende und die Wochenenden brauche ich für mich alleine, um meine Batterien wieder aufzuladen.
Und da widersetze ich mich auch dem sozialen Druck, an irgendwelchen Sachen teilnehmen zu müssen. Ich sage inzwischen Nein zu irgendwelchen Spieleabenden oder Ausflügen, ich fühle auch nicht mehr ganz so doll wie früher den Zwang, mich im Aufenthaltsraum dazusetzen zu müssen, nur weil da ein paar Mitpatienten sitzen. Und wenn die das doof finden, dann finden die das doof, das ist dann aber deren Problem und nicht meins.
In den ersten Aufenthalten habe ich diese Grenze nicht gezogen und war dann sehr schnell so erschöpft, dass ich kaum noch in der Lage war, an den Therapien teilzunehmen.
Inzwischen versuche ich, selber zu bestimmen, wann ich mit jemandem etwas machen möchte und wann nicht.
Natürlich hängst es von der Patientengruppe ab, die gerade vor Ort ist, und es wird bestimmt immer jemanden geben, der einen Kommentar darüber ablässt, aber damit kann ich inzwischen umgehen. Ich sage mir dann, dass ich nicht mehr in der 8. Klasse bin und ich keinem Gruppenzwang mehr nachgeben muss.
Das war zuerst schwierig, da ich jetzt auch nicht so sonderlich gut darin bin, Grenzen zu setzen, aber in diesem kontrollierten Umfeld konnte ich es stückweise lernen. Da ist noch viel Luft nach oben, aber es ist schon besser geworden.

Und auf diese Art der vorsichtigen Dosierung der Sozialkontakte und des Trainings meines Grenzen-Setzens konnte ich es in den letzten Aufenthalten ganz gut schaffen, mich irgendwie zurechtzufinden.

Natürlich habe ich auch dieses mal wieder Angst, auf eine schwierige Patienten-Gruppe zu treffen, aber ich arbeite bei solchen Dingen inzwischen verstärkt mit Gedanken-Stopps, ich erlaube es mir also nicht mehr, diese Ängste zu groß werden zu lassen. Denn wir haben tatsächlich einen Einfluss darauf, und auch das kann man trainieren.

Ich sage mir, dass ich abwarte und auf mich zukommen lasse, wer dort ist, denn ich kann es eh nicht beeinflussen.
Und was irgendwelche möglichen Probleme angeht, sage ich mir auch, dass ich diese angehe, wenn sie auftauchen, ganz nach dem englischen Sprichwort:
We'll cross that bridge when we come to it.

Ganz grundsätzlich sind, denke ich, sind ein paar Dinge besonders wichtig:
Sich vor Augen zu halten, dass unter den Patienten auf Station sehr viele Menschen sind, die schlimme Gewalterfahrungen gemacht haben und die alle selber davor Angst haben, neue schlechte Erfahrungen mit Menschen zu machen.
Es ist ein kontrolliertes Umfeld, in dem man sich ausprobieren und Kontakt zu Menschen unter kontrollierten Bedingungen trainieren kann.
Wenn man die Angst verkleinern möchte, muss man sich ihr entgegenstellen und sich wieder Raum von ihr zurückerobern.
Oftmals hat die Angst ja sogar gute Absichten, sie möchte uns beschützen, aber sie erweist uns einen Bärendienst und sperrt uns ein und nimmt uns Lebensraum. Dieser Zustand lässt sich umkehren und korrigieren, aber dafür muss man sich der Angst aktiv entgegenstellen, dafür müssen wir aus unserem Schatten der Vergangenheit heraustreten.

Ich wünsche Dir ganz viel Erfolg für Deine Reha!

LG Silver

A


Angst vor Reha Aufenthalt

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Vielen Dank für deine ausführliche Antwort.
Ich warte gerade auch auf meinen Bescheid, wann meine Reha endlich losgeht. Und habe fürchterliche Angst, freue mich aber auch gleichzeitig.
Vor 13 Jahren war ich mal 3 Tage in Rehabilitation und bin geflüchtet weil ich es nicht ausgehalten habe. Hatte fürchterlich Heimweh, Ängste, Panik. Hinzukam, dass ich ein Problem mit vielen Lebensmitteln habe und die Klinik darüber auch Bescheid wusste. Aber die Küche wurde nicht informiert. Es war ein Chaos. Und es gab auch noch einige andere Probleme. Jetzt hoffe ich einfach, dass es diesmal besser läuft.
Und das wünsche ich allen, die gerade vor dem Problem stehen.

Zitat von Glückskind3:
Hallo zusammen, In meinem Leben ist sehr viel schief gegangen, ich wurde unter Menschen immer gemobbt und musste leider auch Gewalt erleben, weil ich ...

Bin im Moment selbst zur Reha.. versuche, nicht allzu verschlossen zu sein und gib dem ganzen eine Chance. Dort kann die durchaus geholfen werden. Du hast mal wieder einen Alltag mit Struktur und triffst auf Gleichgesinnte. Der Austausch ist echt sehr hilfreich.

Zitat von Glückskind3:
Hat jemand eine Idee, wie ich am besten in die Reha gehen kann ohne Angst zu haben ?

Wenn es eine psychosomatische Reha ist, werden da garantiert viele Patienten sein, die selbst Mobbingopfer waren. So war es zumindest bei meiner Reha. Und wenn tatsächlich jemand versuchen sollte, dich zu mobben, meldest du ihn. Dann gibt es harte Konsequenzen, bis zum Rausschmiss.

@glückskind3
Ich kann es nachvollziehen, wie es sich anfühlt, wenn man gemobbt wurde. Hatte es auch zeitweise erlebt.
In einer Reha lernst du, besser damit umzugehen. Dort bist du quasi in einem geschütztem Rahmen mit anderen Patient*innen, die vielleicht ähnliches durchgemacht haben.
Zitat von Glückskind3:
Hat jemand eine Idee, wie ich am besten in die Reha gehen kann ohne Angst zu haben ?

Du darfst dir eingestehen, dir erlauben, dass du Angst hast, es ist ok.
Vielleicht hilft dir die Sichtweise, dass dir dort geholfen werden kann.

Viel Erfolg





Mira Weyer
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