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Hallo,

ich bin seit Ewigkeiten nicht mehr in diesem Forum gewesen - viel Arbeit an mir selbst hat mich schon ein gutes Stück weitergebracht und ich kann nun sagen, dass meine Eifersucht, die mich schon seit ich denken kann begleitet, weniger qualvoll geworden ist. Wo ich früher gleich in die Luft gegangen bin, kann ich heute gelassener reagieren. Keine Kontrollzwänge mehr, ich traue mich mit meinem Mann in Menschenmassen und die gelegentlichen Stiche, wenn ich glaube, dass er nach einer anderen Frau schaut, kann ich verschwinden lassen, indem ich im Geiste einen Rollentausch vollziehe, und mich frage, wie ich wohl reagieren würde, wenn er mich nun dauernd fragen würde, ob ich gerade diesem oder jenem Typen hinterhergeschaut habe...

Naja, trotzdem gibt es einen Grund, weswegen ich schreibe und einen Rat brauche... So ganz, ganz, ganz ist die Eifersucht nun nicht weg und es kann, zwar selten, aber eben immer noch möglich, an manchen Tagen, wenn ich mit dem falschen Fuß aufgestanden bin, dazu kommen, dass ich eben doch verunsichert bin und ihn mit meiner Eifersucht konfrontiere. Niemals Vorwürfe, aber eben so etwas wie die Frage Fandest du die gerade hübsch?.

Das Problem an der ganzen Sache ist, dass er absolut kein Verständnis für dieses Problem meinerseits hat. Für ihn ist Eifersucht einfach das Zeichen, dass ich ihm nicht vertraue - basta! Und dementsprechend reagiert er auch meistens... Ich habe schon oft darüber nachgedacht und bin zu dem paradoxen Ergebnis gekommen, dass ich nicht einmal Angst habe, dass er mich betrügt, da bin ich mir 100% sicher! Nein, ich habe einfach angst, dass er andere attraktiv findet und im Geiste dann sonstwas für ein Kopfkino hat... dabei gibt er mir wirklich keinen Grund dazu, was die ganze Sache umso absurder macht.

Was mich quält, ist einerseits mein Verstand, der sich sehr wohl all dessen bewusst ist und einfach WEISS, dass ich mir da was einbilde, was nichts mit der Realität zu tun hat. Meine impulsiven Gefühlsausbrüche machen mir da nur immer einen Strich durch die Rechnung - ich kann mich an manchen Tagen einfach nicht beherrschen!! Sogar Depressionen stellen sich bisweilen ein, sodass ich mir nur noch die Decke über den Kopf ziehe und nur noch schlafen will... ich weiß dann echt nicht mehr, was mit mir abgeht - Verstand und Gefühle im absoluten Zwist! Das ist unerträglich...

Andererseits quält mich seine Art und Weise damit umzugehen... Er kann es nämlich nicht! Selbst bei den berühmten, ach so narrensicheren Ich-Botschaften rastet er aus. Das kann in harmloser Form so aussehen, dass er mich einfach auf offener Straße stehen lässt und nur noch sagt Das wird ein Nachspiel haben, in schlimmer Form nimmt er die Wohnung auseinander... Oftmals weiß ich am Ende gar nicht mehr, weswegen eigentlich alles eskaliert ist und genauso oft kann ich mich schon gar nicht mehr richtig ausdrücken, finde keine Worte, um meine Sorgen auszudrücken, weil ich angst habe, dass er dann wieder austickt.

Jeder hier würde wahrscheinlich jetzt sagen Trenne dich von ihm! oder Tu dir das nicht länger an!, und ich weiß, dass ich mich hier anstelle wie das typische Opfer häuslicher Gewalt: vor drei Tagen hat er mich nach zwei Jahren Beziehung zum ersten Mal angegriffen (ich bin mit Handy ins Bad gerannt, weil ich seine Mutter anrufen wollte, weil er sich immer weiter in seine Wut hineinsteigerte - er brüllte herum, machte einen Tisch kaputt, warf mit Gegenständen; er kam mir hinterher und hat mir den Arm verdreht, um das Handy zu bekommen. Dann hat er mein Gesicht gepackt und was gesagt, was ich nicht mehr weiß. Jedenfalls laufe ich nun mit einer blauen Wange durch die Gegend. Danach ist er heulend zusammengebrochen und seitdem schaut er mich nur noch vorsichtig an und sagt tausendmal am Tag, wie sehr es ihm leid tut. Wenn er den blauen Fleck sieht, fängt er wieder an zu heulen.)
Er will eine Therapie machen, macht mich aber genauso verantwortlich für alles, wegen meiner gelegentlichen Eifersucht... Dann denke ich mir immer: Eifersucht schön und gut, aber zwischen der verunsicherten Frage, ob er nach dieser Frau geschaut hat, und seiner Gewalt und Wut besteht meiner Meinung nach keinerlei Relation! Ich traue mich aber nicht, das zu sagen...

WAS SOLL ICH TUN?! Ich weiß, es klingt bescheuert, aber ich liebe ihn tatsächlich, als wir uns kennen lernten, war ich zum ersten Mal in meinem Leben richtig, richtig, verliebt, mit knapp 27 Jahren... Mit Eifersucht hatte ich auch schon in vorigen Beziehungen Probleme, aber ich arbeite jeden Tag an mir und hatte so tolle Durchbrüche, aber jedesmal, wenn er ausrastet, falle ich wieder in ein Loch und kann wieder von vorn anfangen. Ich dachte am Anfang, dass seine Ausraster nur wegen der EIfersucht entstehen, aber dann passierte es auch wegen Kleinigkeiten... z.B. weil ich an einem Tag mal gesagt habe, dass ich meine Ruhe haben will (sein Bruder wollte uns besuchen). Da warf er mir vor, ich würde ihm seine Freiheit stehlen und tickte total aus. Wenn er so wütend wird, dreht er alles so, dass ich mich nur noch fühle, wie das letzte Stück Dreck auf Erden - ich bin dann alles schuld, ich bin ein Opfer, ich würde ihn so weit treiben, die schlimmen Dinge will ich hier nicht wiederholen.

Fakt ist, ich kann mit niemandem mehr darüber reden. Wir hatten uns einmal kurzzeitig getrennt, meine Eltern wollen ihn nicht mehr sehen und hielten mich natürlich für verrückt, dass ich wieder zurückging. Er versprach sich zu verändern, hat lange geklappt, dann knickte es wieder ein. Jetzt will er mit mir eine Therapie machen. Nützt da noch eine Paartherapie oder ist es sinnvoller, wenn erstmal jeder eine für sich macht?
Es ärgert mich so maßlos weil ich ein Mensch bin, der sonst ALLES im Griff hast! Es ist lächerlich - ich bin Chefin, meine Mitarbeiter schätzen mich, meine Freunde lieben mich, meine Familie liebt mich, alle sagen Mensch, die hat so viel Selbstbewusstsein, wenn einer etwas schafft, dann sie! und wie sieht es wirklich aus? Ich liebe einen Mann, der mich nun sogar physisch verletzt, wobei das psychische mich wirklich schon so weit getrieben hat, dass ich nicht mehr leben wollte, und ich verzeihe immer wieder... und das will ich ja auch... ich will, dass er seine Probleme in den Griff bekommt, dass wir immer glücklich sein können... denn die glücklichen Zeiten sind die schönsten meines Lebens...

Und ich denke, dass auch ich die Therapie dringend nötig habe, wahrscheinlich mittlerweile weniger wegen der Eifersucht, obwohl die immernoch eine Rolle spielt, vielmehr weil ich kaum noch Kraft habe. Unsere Beziehung ist einerseits so krank, andererseits so schön. Und ich stehe mitten drin und schaue in den Spiegel und weiß nicht mehr, wer ich bin.

Es tut mir leid, dass das hier so ein Roman geworden ist, aber ich habe gemerkt, dass das Schreiben echt gut tut, ich habe wirklich niemanden, mit dem ich reden kann... der blaue Fleck kam natürlich daher, dass wir einen Schrank getragen haben und ich mich an der Kante gestoßen habe.... als ich die Geschichte einem Kollegen aufs Auge drückte, der mich ansprach, schwirrte mein Kopf vor Geschichten von anderen Frauen aus dem Fernsehen, aus dem eigenen Bekanntenkreis und wie blöd ich sie früher immer gefunden hatte... ich hatte mich immer gefragt, wie man sich als Frau nur so etwas antun kann und habe es nicht nachvollziehen können. Jetzt bin ich die, die ihren heulenden Mann im Arm hält, dem alles so leid tut, weil er sich nicht beherrschen kann und danach lege ich mir Eis auf Handgelenk und Wange und schweige...

15.12.2012 09:58 • 15.12.2012 #1


1 Antwort ↓

Zitat von Jess83:
Unsere Beziehung ist einerseits so krank, andererseits so schön. Und ich stehe mitten drin und schaue in den Spiegel und weiß nicht mehr, wer ich bin.

Deine vorherige Geschichte kenne ich nicht, aber es gibt auch Beziehungen, in denen Eifersuchtsgedanken überflüssig sind und es seltenst dazu kommt, dass einer den anderen beschuldigt etwas unrechtes getan zu haben, weil Vertrauen und Zuversicht sich spontan entwickelt haben. Deshalb meine Frage: Wenn du einen Mann hast, der cholerisch ist, dir Schuld für seine eigene Unzulänglichkeiten in die Schuhe schiebt, gewalttätig ist und in deiner Gegenwart fremden Damen nachschaut - warum hältst du an der Beziehung fest und suchst sogar eine Therapie für dich? Gehört nicht eher er in eine Therapie oder vielleicht auch davon gejagt?

Es gibt da eine Regel, die oft vergessen wird. Viel zu schnell bezichtigt man sich selbst ein schlechter Mensch zu sein, jedoch - man zweifelt i. d. R. nur an Menschen, deren Verhaltensweisen uns fragwürdig erscheinen. Das können auch Kleinigkeiten sein wie die Art, wie jemand mit seinen Sachen umgeht, eine kleine Geste beim Gespräch, ein Seitenblick, die man nicht versteht. Und das können Hinweise darauf sein, wie der andere tatsächlich tickt. Wenn man in der Situation verharrt, ohne Vertrauen, reagiert die Psyche darauf - man wird misstrauisch. Dann wird der andere auch noch aggressiv - und das ist definitiv kein guter Zustand.

Dass du in deinen früheren Beziehungen auch nicht glücklich gewesen bist, könnte man durch die Tatsache erklären, dass sich viele Menschen ihre Partner nach einem bestimmten Muster suchen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass einmal verlorenes Vertrauen nicht zurück kommt. Die Situation kann sich zwar in der Art verändern, dass man irgendwann abstumpft, aber im Hintergrund wird die alte Software weiter laufen und für schlechte Gefühle sorgen. Manche Menschen haben es drauf, manche sind unreif und beziehungsunfähig. Frauen geben sich oft damit zufrieden und betreuen ihr Leben lang diese Männer - ok, wenn das jemanden glücklich macht. Dir scheint es dabei aber nicht besonders gut zu gehen.

Jetzt habe ich einen Roman geschrieben, aber vielleicht kannst du etwas davon verwerten. Vor allem sollte man sich selbst nicht unter Druck setzen. Es reicht wenn man sich entscheidet irgendwann, wenn der richtige Moment da ist, zu handeln. In einer Therapie trifft man leichter Entscheidungen - es ist jemand da, man macht das gemeinsam. Und das schafft Abstand von der Beziehung, weil man zusammen mit einem anderen Menschen die Probleme löst, die man mit einem anderen hat, was eigentlich schon fast ein Zeichen für das Scheitern der Beziehung sein kann.

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Prof. Dr. med. Thomas Hillemacher
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