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So gerne würde ich mal meine Gedankengänge zum Thema Diagnosen nieder schreiben.

Ich finde schon das eine Diagnose von Relevanz ist, zum Beispiel um eine Symptomatik einzuordnen, denn letztendlich ist eine Diagnose nichts anderes als eine Ansammlung von Symptomen, aber auch damit der Patient / Klient etwas mitbekommt, womit er arbeiten kann. So ganz egal ist es also nicht wie man das Kind jetzt nennt, außerdem kann eine Fehldiagnose zur Folge haben, dass man das falsche Medikament bekommt oder eine Therapie macht, die nicht für einen geeignet ist.

Ich kenne viele Leute die eine regelrechte Odyssee in Sachen Diagnosen hinter sich haben, nicht nur 2 oder 3 Diagnosen, sondern gleich 20 Diagnosen erhalten haben. Sowas irriert den Betroffenen natürlich, dass damit keinem geholfen versteht sich von alleine. Sehe das so, gibt immer eine Haupterkrankung, daneben kann es auch komorbide Störungsbilder geben, aber es macht absolut keinen Sinn jemanden unzählige Diagnosen anzudichten.

Desweiteren ist es ja so, selbst wenn jemand die gleiche Diagnose (z.B eine BPS) erhält wie jemand anderes, beide vollkommen verschiedene Individuen sind, sie haben halt nur die emotionale Instabilität gemein.

Dennoch auch wenn ich finde das eine Diagnose wichtig ist, sollte man dieser nicht zuviel Bedeutung beimessen, sich nicht über diese definieren, schließlich ist man viel mehr als ein ICD-Code. Ganz gleich wie die Diagnose jetzt auch heißen mag, viel wichtiger ist doch immer, wie jemand mit seiner Symptomatik umgeht, Strategien entwickelt, wieder eine gewisse Lebensqualität erlangt.

Das waren jetzt meine Gedanken zu dem Thema, doch jetzt würde mich eure Meinung interessieren. Wie steht ihr zu Diagnosen, ist euch ein Label wichtig oder ist es euch egal welches Etikett ihr vom Psychologen oder Arzt erhaltet?

06.10.2019 19:17 • 10.10.2019 x 3 #1


17 Antworten ↓


Auf jeden Fall.
Vor allem die gesicherten Diagnosen.
Darauf baut ja die Therapie auf.
Und die Chance der objektiven Einschätzung was sich entwickeln kann.

A


Sind euch Diagnosen wichtig?

x 3


Diagnosen finde ich schon wichtig, aber wenn man schon gut 20 Jahre erkrankt ist und oft in der Klinik war, dann kriegt man schon mal falsche Diagnosen. Da ist es wichtig sich selbst zu kennen.

Ich finde z.B. dass ich ziemlich unter Zwängen leider, aber die Ärzte meinen, dass es nicht zur Diagnose ausreicht, was jedoch völlig irrelevant für mich ist.

Sich nicht über die Diagnose zu definieren, finde ich definitv wichtig, aber eine zu haben auch, um irgendwie besser mit sich umzugehen udn sich besser zu verstehen.

@Cloudsinthesky
Ja, ganz genauso sehe ich das auch.

Das was mich verunsicherte war, dass ich früher eine Diagnose bekam, aber daneben noch ganz andere Symptome hatte, die nicht in dieses Krankheitsbild passten. Retrospektiv weiß ich heute definitiv was ich habe, es gibt da eine Haupterkrankung, aber daneben hatte ich auch Symptome wie soziale Ängste, Gedankenkreisen und überwertige Ideen etc.

Meine Grunderkrankung habe ich immer noch, aber früher hatte ich auch andere Symptome, unter denen ich heute nicht mehr leide.

Ein ewiger Spagat Kenne ich vor allem in Bezug auf mein Rheuma und Übergewicht.

Gibt auch Diagnosen die sind heute zum Glück nicht mehr in ICD vorzufinden, z.B Gleichgeschlechtlichkeit, die ja bis in den 80ern noch als Krankheit angesehen wurde. Das freut mich das sich in dieser Richtung etwas getan hat. Möchte gar nicht wissen wie viele Menschen damals darunter gelitten haben, durch sowas erst recht krank geworden sind.

Die Definition von Borderline ist heute auch eine ganz andere als früher. Glaube in den 80ern sagte man noch, dass es sich bei dem Borderline-Syndrom, um eine Störung zwischen Neurose und Psychose handelt. Heute versteht man unter dem Begriff Borderline eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung, einer Störung im Selbstbild. Und im ICD wird bei der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung ja auch zwischen 2 Subtypen unterschieden.

Wir sind nicht unsere Diagnosen.
Das ist etwas sehr wichtiges.

Allerdings kann es sehr hilfreich sein Diagnosen zu haben, um geeignete Hilfe zu bekommen. Denn das geht nur so.
Zudem kann man sich dafür besser verstehen.

Letztendlich sind wir trotzdem alle individuell. Wenn man sich das bewusst macht, sollte die Diagnose nicht im Sinne der Diagnose selber das Leben bestimmen.

Aber mal als Beispiel.
Hätte ich nicht die Diagnose einer Hörschädigung, hätte ich kein Hörgerät bekommen.
Hatte mein Bruder nicht die Diagnose bekommen eines Armbruchs, hätte er keine OP bekommen.

Man sieht, ohne Diagnostik keine geeignete Hilfe.

Manchmal lebt man leichter und unbeschwerter, wenn man gewisse Diagnosen nicht weiß.
Überhaupt wenn es um harmlose Sachen geht. Nicht immer ist eine Diagnose, eine Diagnose.
Zum einen können sich Ärzte irren. Zum anderen, wenn es mir gut geht und ich eine Diagnose
zugeteilt bekomme, geht es mir (grade wir Ängstler) schlecht. Also, warum dann die Diagnose?
Ich überlege schon ob ich am Donnerstag zu einer bestimmten Untersuchung gehe.
Wenn sie gut ausfällt, was ich erhoffe, ist es gut. Wenn nicht? Was dann?
Lasse ich mich verrückt machen? Mit meinen Gedanken und Gefühlen bin ich dann alleine,
Ärzte stellen Diagnosen, aber sind sie auch für die anderen Dinge da? Für Geist und Seele?
Wohl kaum, dafür haben sie dann keine Zeit mehr. Deswegen überlege ich genau, was ich tue.
Ich möchte so stark sein, das ich auch mit einer nicht schöne Diagnose, gut umgehen kann,
weil es mir jetzt gut geht.

@Abendschein
Zuerst einmal, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

Kann ich verstehen. Und ja, Ärzte können sich irren. Ich habe bereits auch schon eine Fehldiagnose erhalten. Seitdem ich mich aber ausgiebig mit den unterschiedlichen Krankheitsbildern beschäftigt habe, selbstreflektierter bin, mir meine Ärztin alles sehr anschaulich erklärt hat, kenne ich mich besser denn je.

Meine Ärztin sagte mal zu mir, dass für sie die Symptome viel wichtiger sind, als der Name der Diagnose, dass kann ich nur unterstreichen.

Ich finde es wichtig Diagnosen zu haben, damit man auch die richtige Hilfe und Therapie bekommt.
Wenn ich weiß woher meine Beschwerden kommen, habe ich auch weniger Angst und mache mich nicht verrückt.

Fehldiagnosen hatte ich auch schon aber ich hab mich viel mit meinen Krankheitsbild beschäftigt und kenne mich da mittlerweile sehr gut aus.

Gutes, interessantes Thema, Soul.

Dass Diagnosen absolut notwendig sind, gilt m. E. vor allem für unser (sogenanntes) Gesundheitssystem. Die mit Sicherheit hohe Anzahl von Fehldiagnosen erfordert jedoch ein gerütteltes Maß an Eigenverantwortung und Recherche seitens des Patienten. Ich finde das alles für die - eh schon geschwächten - Betroffenen furchtbar schwierig.

Wenn dann die hoffentlich richtige Diagnose gestellt ist, liegt es wieder am Patienten, zu entscheiden, was er damit macht. Nach meinen bisherigen Erfahrungen, haben Diejenigen, die sich selber intensiv mit ihrer Krankheit auseinandersetzen, die besten Chancen auf eine individuell passende Therapie.

ICD-Tabellen und Behandlungsleitlinien sind schon eine wertvolle Orientierungsmöglichkeit für die Ärzte und Therapeuten, aber ich fürchte, dass aufgrund des häufig vorliegenden Zeitmangels und der weitverbreiteten Spezialisierung der Ärzteschaft eine ganzheitliche Behandlung selten durchgeführt wird. Hier haben oft Privatpatienten einen Vorteil, was ich sehr schade finde. Ich verurteile aber das System nicht per se. Im Gegenteil, wir liegen ganz oben auf der Pyramide in Sachen Gesundheitssorge. Aber es könnte viel Leid und Geld erspart werden, wenn ein wenig mehr Wert auf Symptomatik als auf Laborwerte gelegt würde.

Deshalb finde ich Foren gut. Sie bieten einen Einstieg in die Eigenverantwortung, wenn man sie richtig und mit Augenmaß nutzt. Man findet oft wertvolle Links und Tipps zur Beschäftigung mit den komplexen Zusammenhängen insbesondere unserer Krankheitsbilder.

Also wenn wir ganz oben auf der Pyramide in Sachen Gesundheitssorge stehen, ist das wirklich mehr als traurig. Die Versorgung ist nämlich ziemlich schlecht.

Zum Thema Diagnosen: Die sind mir extrem wichtig und geben mir einen Orientierungspunkt dafür, wer ich eigentlich bin.

Mich interessieren keine Diagnosen. Jeder Arzt gibt dir eine andere Diagnose. Auf das Kuddelmuddel kann ich verzichten.

Inwiefern gibt jeder Arzt eine andere Diagnose?
Bei mir noch nie vorgekommen.
Klar kann das passieren. Vor allem wenn es um psychische Erkrankungen gibt.
Letztendlich ist es aber so, nur mit Diagnose die richtige Hilfe.
Außerdem können Diagnosen tatsächlich wirklich helfen sich und andere zu verstehen.
Vor allem sollte es generell bei einfacheren Diagnosen leichter sein diese zu vergeben, wohingegen sehr komplexe die richtige Diagnostik benötigen, die man nicht immer bekommt. Da sollte man eher ansetzen.

Jetzt ist es so, dass die Diagnosen und Kriterien auch weiter entwickelt werden. Es gibt neue Erkenntnisse, Forschungen etc.
Und wenn man sich in einer Diagnose nicht sieht die man bekommt, sollte man dies ansprechen.
Das Ding bei den psychischen ist, dass Ärzte natürlich nur das beurteilen können, was man von sich gibt.
Sie sind keine Hellseher und kennen uns nicht jeden Tag, nicht von Anfang an, kennen nicht jedes Erlebnis etc.

Diagnosen sind vor allem wichtig um eine Behandlung zu bekommen und um sich ggf zu verstehen -will man dies.

Wen man das nicht möchte: Schön und gut. Eigene Entscheidung würde ich sagen.

Aber ob Diagnosen wichtig sind oder nicht... Ich finde eigentlich kann man das nicht diskutieren.
Wie gesagt, ohne Diagnose keine Behandlung.
Klar kann es immer Fehler geben. Ärzte sind auch nur Menschen. Sowohl bei psychischen als auch körperlichen Erkrankungen.
Aber da muss man als Patient auch ehrlich sagen können, wenn man etwas nicht versteht oder passend findet, sowie man zb in der Therapie nicht über sich lügen sollte -so entstehen ja auch falsche Diagnosen.

Zitat von christian17:
Ich finde es wichtig Diagnosen zu haben, damit man auch die richtige Hilfe und Therapie bekommt.
Wenn ich weiß woher meine Beschwerden kommen, habe ich auch weniger Angst und mache mich nicht verrückt.


Für mich war die letzte Diagnose (ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung), die ich vor 8 Jahren bekam, äußerst wichtig. Endlich wusste ich, warum ich so bin wie ich bin und es nicht meine schuld ist, dass ich bestimmte Dinge nicht machen kann. Ich habe viel darüber gelesen und mich in den Beschreibungen voll wiedererkannt. Das hat mir eine richtige Befreiung bereitet.

Zum Glück sind die Ärzte bzgl. meiner Diagnose alle d'accord. Dieses hü und hott würde mir nur schaden. Sicher gab es auch schon Ärzte die mir etwas neues angedichtet haben, vorallem in den ersten Jahren, aber die haben dann auch zum ersten Mal mit mir gesprochen, im Nachhinein haben sie ihre Meinung dann revidiert. Dazu muss ich sagen, dass ich heute nur noch mit meiner behandelnden Ärztin spreche, weil sie mich am besten kennt.

Seitdem ich weiß welche Diagnose ich habe, kann ich viel besser mit meinen Gefühlen und Depressionen umgehen, verstehe mich besser, habe Skills, kann etwas dagegen setzen, anstatt dem Ganzen hilflos ausgeliefert zu sein.

So wie ich bereits geschrieben habe, können manche Diagnosen im Laufe der Jahre aber auch aus dem ICD oder dem DSM verschwinden oder eine andere Bezeichnungen erhalten. Die schizotype Störung nannte man früher z.B Borderline Schizophrenie oder latente Schizophrenie, heute sagen viele Psychiater das Krankheitsbild wäre umstritten, manche sagen sogar, dass es keine Schizotypien gibt. Auch die Bezeichnung Asperger Syndrom existiert im ICD und DSM nicht mehr, heute fasst man alle autistischen Erscheinungsformen in ein Spektrum zusammen. Dennoch haben viele Diagnosen ihre Berechtigung und beschreiben sehr genau eine Symptomatik, schließlich klassifizieren sie Krankheitsbilder und das ist wichtig, damit der Patient die richtige Behandlung erhält.

Das Problem an der Sache ist nur, dass man psychische Krankheiten nicht von außen sehen kann. Der Arzt kann also nur auf sein Wissen zurückgreifen, den Patient analysieren, wie er sich verhält, was er sagt, zu seiner Biographie Fragen stellen, dass war es dann aber auch schon. Soviel ich weiß kann man sogenannte Biomarker, Hirnanomalien, sowie die Gehirnaktivität, nur aufspüren, wenn man ein MRT und EEG miteinander verknüpft. Dann kann nicht jeder Patient beschreiben was in ihm vorgeht. Das alles kann zu Fehldiagnosen führen.
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Passt nicht ganz hierher aber bei Deinen Gedanken zu Neuformulierungen von ICDs kam mir dieser Spruch in Erinnerung:

Wissenschaft ist der aktuelle Stand der Unkenntnis.

A


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Prof. Dr. med. Thomas Hillemacher
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