Hallo,
Ich habe vor 3 Monaten eine Therapie angefangen, nachdem ich gemerkt habe, dass in meinem bisherigen Leben etwas schief gelaufen sein muss. Mir kamen plötzlich mehr und mehr Erinnerungen an meine Kindheit, die ich zuvor immer verdrängt habe. Vor allen Dingen wurde mir bewusst, dass meine Mutter, die ich immer für ein schützenswertes Opfer gehalten habe, mir in meiner Kindheit viel Unrecht angetan hat. Eine schmerzliche Erkenntnis. Bewusst wurde es mir in Gesprächen mit meinem Freund, der erste, der sich wirklich für mich interessiert, mich wirklich liebt und mir zur Seite steht. Meine Kindheit war im Grunde genommen sehr traurig, da ich als Blitzableiter für meinen cholerischen Vater herhalten musste, den meine Mutter nicht verlassen wollte, obgleich er auch sie nie wirklich liebte.
Stattdessen kam es im Zuge der viel zu späten Scheidung dazu, dass sich meine Mutter als krasses Opfer wahrgenommen hat. Dies wohl auch schon früher tat, aber erst nachdem ihre Unterwürfigkeit scheiterte, es so wirklich auslebte. Als ihr Kind war ich natürlich von ihr abhängig und tat alles um sie zu schützen. Außerdem hatte ich wahnsinniges Mitleid mit ihr. Erst jetzt mit Ende Zwanzig und im Laufe der Therapie wird mir bewusst, wie sehr mich nicht nur mein grauenhafter Vater emotional und auch (gelegentlich) körperlich misshandelte, sondern wie groß vor allen Dingen der Einfluss meiner Mutter war. Für sie war ich nur eine Stütze, auf die sie sich lehnen konnte, um selbst die häusliche Situation so gut wie möglich zu verkraften.
Sie war und ist immer noch ängstlich und weist alle Schuld von sich, wenn man sie damit konfrontiert, dass auch sie verletzend war und ist. Eine Therapie hat sie nie ernsthaft in Erwägung gezogen, denn es war natürlich nie sie selbst, die etwas falsch gemacht hat. Wenn ich als Kind und Teenie emotional am Ende war, lag es ihrer Meinung nach ganz alleine an mir. Ich hingegen bin bereits seit über zehn Jahren immer wieder in Therapie, weil ich mit den Spuren, die meine Eltern in mir gezogen haben nicht klar komme.
Einerseits zeugt es sicher von einem emanzipatorischen Streben meinerseits, mich in Therapie zu begeben, andererseits ist es wohl auch so etwas wie die Verinnerlichung der Schuld, dass alles in mir begründet sein muss und ich diejenige sein muss, die unter den Ängsten und Depressionen leiden muss, nicht glücklich sein darf und gleichzeitig stark genug sein muss, um die Welt auf meinen Schultern zu tragen. Auch in meinen bisherigen Beziehungen und in meinem Umgang mit mir selbst zeigt sich dieses Muster der verinnerlichten Schuld.
So habe ich mir immer wieder Männer ausgesucht, die mich nur ausgenutzt haben, denen ich nichts bedeutet habe oder Freundinnen gehabt, die, wie meine Mutter, nur mit sich selbst beschäftigt waren oder Außenseiter waren, mit denen ich Mitleid empfand. Kehrte mir ein solcher Mann oder eine solche Freundin den Rücken, konnte ich es kaum verstehen, da ich mich doch für denjenigen oder diejenige aufgeopfert hatte. Böse konnte ich denjenigen jedoch nie wirklich sein. Auch litt ich lange, lange Zeit immer wieder unter der Angst ernsthaft erkrankt zu sein. Die Krankheitsangst war jedoch nur ein Kanal für mein wahres Problem, nämlich meine traurige Kindheit und Jugend. Außerdem hatte ich immer und immer wieder das Gefühl keine Luft zu bekommen so wie viele hier im Forum.
Erst vor kurzem hat sich dieses Problem gelöst, nachdem wir klar wurde, dass die Atemnot nur die Reaktion auf ein Gefühl der Ohnmacht war, dem ich zum ersten Mal in meiner Kindheit ausgesetzt wurde. Mein Vater konnte es damals nicht ertragen wenn ich weinen musste, weil er laut wurde. Deshalb schrie er mich nur noch mehr an. Das brachte mich damals dazu zu hyperventilieren und weil ihn das noch mehr in Rage versetzte, hielt ich als Kind den Atem an. So ließ er irgendwann von mir ab. Grauenhafte Erinnerung. Kein Wunder, dass ich sie so lange verdrängt hatte. Heutzutage bekam ich Atemnot immer dann, wenn ich unter Druck stand und mich hilflos wie ein Kind fühlte.
Seitdem mir das bewusst ist, kommt es kaum noch zur Atemnot und wenn, dann kann ich mich damit beruhigen, dass ich nicht mehr in der Situation von damals stecke, ich erwachsen bin und die heutigen Probleme keinesfalls mehr so bedrohlich, ja gar lebensbedrohlich sind. Auch die Krankheitsangst hat sich zum Großteil verflüchtigt. Zumindest traue ich meinem Körper jetzt wieder Dinge zu, denn da war ja nie etwas das mich schwächer gemacht hätte als andere. Das waren nur meine Gedanken. Gestern hatte ich nach dem Sport Kopfschmerzen und ganz kurz Panik, dass ich plötzlich sterben könnte, aber nein. Das stimmt nunmal nicht. Ich bin natürlich nicht unverwundbar, aber ich bin nunmal auch nicht akut von irgendwas tatsächlichem betroffen. Mir Gedanken darüber zu machen wie es mir im Falle einer Krankheit geht, kann ich auch, falls sowas mal wirklich eintreffen sollte.
Krankheitsangst ist einfach sinnlos und nur ein Ausdruck von etwas anderem, etwas das vielleicht so schmerzhaft ist, dass man lieber diese Angst vorschiebt, anstatt die wahre Ursache zu ergründen. Dennoch ist der Weg hin zu diesem Verborgenen es wert gegangen zu werden, auch wenn dadurch furchtbares Aufgewühlt wird, vielleicht sogar die eigene Welt auf den Kopf gestellt wird. Wieso die Mühe es wert ist? Weil man sich nicht mit dem Status Quo abgeben muss und Heilung bei psychischen Problemen wohl eher ein Verstehen und im zweiten Schritt Umgehen mit den Ursachen bedeutet.
Viel Erfolg auf eurem Weg!
Ich habe vor 3 Monaten eine Therapie angefangen, nachdem ich gemerkt habe, dass in meinem bisherigen Leben etwas schief gelaufen sein muss. Mir kamen plötzlich mehr und mehr Erinnerungen an meine Kindheit, die ich zuvor immer verdrängt habe. Vor allen Dingen wurde mir bewusst, dass meine Mutter, die ich immer für ein schützenswertes Opfer gehalten habe, mir in meiner Kindheit viel Unrecht angetan hat. Eine schmerzliche Erkenntnis. Bewusst wurde es mir in Gesprächen mit meinem Freund, der erste, der sich wirklich für mich interessiert, mich wirklich liebt und mir zur Seite steht. Meine Kindheit war im Grunde genommen sehr traurig, da ich als Blitzableiter für meinen cholerischen Vater herhalten musste, den meine Mutter nicht verlassen wollte, obgleich er auch sie nie wirklich liebte.
Stattdessen kam es im Zuge der viel zu späten Scheidung dazu, dass sich meine Mutter als krasses Opfer wahrgenommen hat. Dies wohl auch schon früher tat, aber erst nachdem ihre Unterwürfigkeit scheiterte, es so wirklich auslebte. Als ihr Kind war ich natürlich von ihr abhängig und tat alles um sie zu schützen. Außerdem hatte ich wahnsinniges Mitleid mit ihr. Erst jetzt mit Ende Zwanzig und im Laufe der Therapie wird mir bewusst, wie sehr mich nicht nur mein grauenhafter Vater emotional und auch (gelegentlich) körperlich misshandelte, sondern wie groß vor allen Dingen der Einfluss meiner Mutter war. Für sie war ich nur eine Stütze, auf die sie sich lehnen konnte, um selbst die häusliche Situation so gut wie möglich zu verkraften.
Sie war und ist immer noch ängstlich und weist alle Schuld von sich, wenn man sie damit konfrontiert, dass auch sie verletzend war und ist. Eine Therapie hat sie nie ernsthaft in Erwägung gezogen, denn es war natürlich nie sie selbst, die etwas falsch gemacht hat. Wenn ich als Kind und Teenie emotional am Ende war, lag es ihrer Meinung nach ganz alleine an mir. Ich hingegen bin bereits seit über zehn Jahren immer wieder in Therapie, weil ich mit den Spuren, die meine Eltern in mir gezogen haben nicht klar komme.
Einerseits zeugt es sicher von einem emanzipatorischen Streben meinerseits, mich in Therapie zu begeben, andererseits ist es wohl auch so etwas wie die Verinnerlichung der Schuld, dass alles in mir begründet sein muss und ich diejenige sein muss, die unter den Ängsten und Depressionen leiden muss, nicht glücklich sein darf und gleichzeitig stark genug sein muss, um die Welt auf meinen Schultern zu tragen. Auch in meinen bisherigen Beziehungen und in meinem Umgang mit mir selbst zeigt sich dieses Muster der verinnerlichten Schuld.
So habe ich mir immer wieder Männer ausgesucht, die mich nur ausgenutzt haben, denen ich nichts bedeutet habe oder Freundinnen gehabt, die, wie meine Mutter, nur mit sich selbst beschäftigt waren oder Außenseiter waren, mit denen ich Mitleid empfand. Kehrte mir ein solcher Mann oder eine solche Freundin den Rücken, konnte ich es kaum verstehen, da ich mich doch für denjenigen oder diejenige aufgeopfert hatte. Böse konnte ich denjenigen jedoch nie wirklich sein. Auch litt ich lange, lange Zeit immer wieder unter der Angst ernsthaft erkrankt zu sein. Die Krankheitsangst war jedoch nur ein Kanal für mein wahres Problem, nämlich meine traurige Kindheit und Jugend. Außerdem hatte ich immer und immer wieder das Gefühl keine Luft zu bekommen so wie viele hier im Forum.
Erst vor kurzem hat sich dieses Problem gelöst, nachdem wir klar wurde, dass die Atemnot nur die Reaktion auf ein Gefühl der Ohnmacht war, dem ich zum ersten Mal in meiner Kindheit ausgesetzt wurde. Mein Vater konnte es damals nicht ertragen wenn ich weinen musste, weil er laut wurde. Deshalb schrie er mich nur noch mehr an. Das brachte mich damals dazu zu hyperventilieren und weil ihn das noch mehr in Rage versetzte, hielt ich als Kind den Atem an. So ließ er irgendwann von mir ab. Grauenhafte Erinnerung. Kein Wunder, dass ich sie so lange verdrängt hatte. Heutzutage bekam ich Atemnot immer dann, wenn ich unter Druck stand und mich hilflos wie ein Kind fühlte.
Seitdem mir das bewusst ist, kommt es kaum noch zur Atemnot und wenn, dann kann ich mich damit beruhigen, dass ich nicht mehr in der Situation von damals stecke, ich erwachsen bin und die heutigen Probleme keinesfalls mehr so bedrohlich, ja gar lebensbedrohlich sind. Auch die Krankheitsangst hat sich zum Großteil verflüchtigt. Zumindest traue ich meinem Körper jetzt wieder Dinge zu, denn da war ja nie etwas das mich schwächer gemacht hätte als andere. Das waren nur meine Gedanken. Gestern hatte ich nach dem Sport Kopfschmerzen und ganz kurz Panik, dass ich plötzlich sterben könnte, aber nein. Das stimmt nunmal nicht. Ich bin natürlich nicht unverwundbar, aber ich bin nunmal auch nicht akut von irgendwas tatsächlichem betroffen. Mir Gedanken darüber zu machen wie es mir im Falle einer Krankheit geht, kann ich auch, falls sowas mal wirklich eintreffen sollte.
Krankheitsangst ist einfach sinnlos und nur ein Ausdruck von etwas anderem, etwas das vielleicht so schmerzhaft ist, dass man lieber diese Angst vorschiebt, anstatt die wahre Ursache zu ergründen. Dennoch ist der Weg hin zu diesem Verborgenen es wert gegangen zu werden, auch wenn dadurch furchtbares Aufgewühlt wird, vielleicht sogar die eigene Welt auf den Kopf gestellt wird. Wieso die Mühe es wert ist? Weil man sich nicht mit dem Status Quo abgeben muss und Heilung bei psychischen Problemen wohl eher ein Verstehen und im zweiten Schritt Umgehen mit den Ursachen bedeutet.
Viel Erfolg auf eurem Weg!
08.09.2017 17:52 • • 07.10.2017 x 1 #1
3 Antworten ↓