Ich gehöre auch zu denjenigen, die Angst vor Ärzten haben. So selten ist das ja nicht. Arztangst betrifft angeblich bis zu 8 Mio. Menschen in Deutschland, wobei die meisten wohl Zahnarztangst haben. Man findet sich also in bester Gesellschaft
Eine Ursache bei mir kann ich nicht benennen. Ich hatte in der Vergangenheit nie was Schlimmes, hab auch als Kind keine üblen Erfahrungen gemacht. Trotzdem schaff ich den Weg zum Arzt seit mehr als 10 Jahren nicht.
Ich weiß nicht, wie oft ich schon in Hausarztpraxen angerufen habe oder einfach vorbeigefahren bin und hab den Weg über die Schwelle nicht geschafft.
Ich hab dabei aber weder Angst vor Blut, noch davor, dass es weh tun könnte oder was Schlimmes rauskommt. Meine Angst erstreckt sich tatsächlich eher auf die menschliche Begegnung.
Ich kann Ärzte nicht ab.
Ich kann ihre Autorität nicht ab.
Ich bekomme voll den Hass, wenn ich auch nur daran denke, dass die über mich bestimmen wollen, mich anfassen, mich untersuchen, mich messen, wiegen, beurteilen, mich BEWERTEN und damit zwangsläufig ABWERTEN. Das und das fehlt Ihnen. Das klingt schon so nach Defizit und Unzulänglichkeit und ich komm mir wie der letzte Versager vor.
Wie kann man zu jemandem Vertrauen haben, der einen aburteilt. Das ist doch keine Begegnung auf Augenhöhe.
Getoppt wird mein Hass auf Ärzte noch von meinem Hass auf Ärztinnen, Krankenschwestern, Sprechstundenhilfen, also Frauen im Gesundheitsbereich.
Wenn die in so einen Mutti- oder beste Freundin-Modus schlüpfen und sich fürsorglich und allverstehend geben, den Arm tätscheln, die Wange streicheln oder auch nur irgendwelche Kalendersprüche und Mutmach-Foskeln bringen, - gerade dann, wenn sie merken man hat Angst -, dann würde ich denen am liebsten an die Gurgel gehen. Nur ums klar zu stellen: ich bin kein gewaltsamer Mensch, hab sonst eine Engelsgeduld, bin eher ein toleranter und verzeihender Typ, aber da tickts bei mir echt aus.
Weil ich aber nicht offen aggressiv sein kann (wäre ja irgendwie schlecht ), mir das nie erlauben würde, ja nicht mal erlauben würde zu sagen Sorry, aber bitte nicht tätscheln, ich mag das nicht, das hilft mir gerade absolut nicht., reagier ich eher passiv-aggressiv, fange an zu heulen, zu würgen, beiß mir die Fingernägel ab oder kratze mir die Hände blutig oder schleppe mich halt mit Entzündungen oder Zahnschmerzen durch die Gegend und rede mir auch noch ein, das hast du dirverdient, geschieht dir recht.
Ich weiß nicht, ob das möglicherweise einfach mit meinem eher negativen Selbstbild zu tun hat, dass ich mich immer dick, doof, dämlich fühle und denke, dass ich meine Erfolge nicht verdient habe, meine Misserfolge aber immer.
Ich hätte es nichtmal nötig so zu denken. Ich habe in meinem Leben einiges erreicht, einen angesehenen Beruf, der mir eine gewisse Machposition und Autorität verleiht. Ich hab auch kaum Autoritäten über mir, wahrscheinlich sehen sich die Gesundheitsberufler, die mir begegnen nicht einmal als solche. Aber ich sehe sie halt als solche an. Die haben Macht über mich. Ich will mich aber selbst in der Gewalt haben, ich will auf niemanden angewiesen sein oder zeigen, dass ich Hilfe brauche, bitteschön alles selbst unter Kontrolle haben.
Tja, und mir Hilfe bei nem Psychologen holen?
Nö, denn mit denen würde ich sofort in den Wettbewerb treten, versuchen mit ihnen Katz und Maus spielen und ihnen zeigen wollen, dass sie mich nicht knacken können, also dasselbe wie beim Thema Arzt, nur diesmal in grün.
Völlig idiotisch, völlig gestört, weil es ja letztendlich bedeutet, dass ich weiter in meiner selbsterrichteten Mausefalle sitze, beim Blick durch die Gitter nur die paar Katzen da draußen sehe und all das andere, was da ist, gar nicht mehr wahrnehme.
17.05.2014 23:35 •
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