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Ich zittere seit ca. 25 Jahren mit den Händen und seit etwa 4 Jahren auch vermehrt mit dem Kopf.

Wann kam die Angst?
- War es in der 1.-2. Klasse, als mich die Lieblingslehrerin meiner großen Schwester als Enttäuschung sah und mich damit auf dem Kieker hatte und ich so viel Angst vor ihr/vor der Schule hatte, dass ich mich häufig habe abholen lassen müssen, weil ich mir auf der Schultoilette die Seele aus dem Leib gekotzt und geweint habe?
- War es schon damals die Angst zu spät in die Schule zu kommen und damit einen Eintrag im Schulbuch zu erhalten, und vom Sicherheitsdienst der Schule dafür gefaltet zu werden?
- War es als ich in der 3. Klasse von meinem Lehrer angebrüllt wurde und Angst davor hatte, dass er wieder das große 1-Meter Linial auf den Tisch donnert um sich Gehör zu verschaffen?
- War es meine dickliche Körperstatur mit Sommersprossen, wegen derer ich nicht nur einmal gehänselt wurde?
- War es damals schon die Angst beim an die Tafel gehen und ausgelacht zu werden?
- War es die Angst in der 5. Klasse wieder von den anderen Klassenkameraden gehänselt zu werden weil ich nicht die richtigen Klamotten und Schuhe hatte und ruhig und introvertiert war und lieber Klassik als Rap und Hiphop gehört habe und nicht im Bus in die letzte Reihe bin oder in der Mittagspause in die Disko wollte um Musik zu hören?
- War es als ich als Träumerle einen irren Kampf mit einer Lehrerin hatte, die es bedauerte mir keine 5 geben zu können, und stattdessen mir eine 4 geben musste?
- War es, als ich mit einem anderen Lehrer einen Kampf hatte, weil ich entweder nicht geschrieben habe, wenn ich es sollte, oder geschrieben habe wenn ich es nicht sollte? - jeweils ankacken inklusive
- War es als ich mit noch nem anderen Lehrer einen Kampf hatte, weil ich immer wieder meine Unterlagen oder Hausaufgaben vergessen habe? Und er mich letztendlich zum Hofkehren verdonnert hat?
- War es in der 7.-8. Klasse als mich meine Mitschüler geärgert haben und mich in den Papiermülleimer gesteckt haben und mir kein Schwein geholfen hat?
- War es im Winter als mich die Mitschüler einen Eis-Schneehang runtergeschubst haben und ich kaum mehr Kraft hatte, als ich doch wieder oben war (heulend)
- War es als sich die Klasse über meine P. lustig gemacht hat? Ein Freund, mit dem ich hin und wieder Schwimmen war, der selbst ein Außenseiter war wollte sich wohl vor den Coolen profilieren und hat nicht dicht gehalten. Er war halt bekannt dafür - war wohl sein einziger Coolness-Faktor, dass er den Längsten hatte
- War es im Alter von 14 Jahren die Erkenntnis und Geheimniskrämerei eines Gendefekts, den ich bis heute Geheim gehalten habe, der als Symptom eben letzten Punkt vorhält? (nur meine Eltern, Geschwister und meine bisherigen Partnerinnen wissen davon)
- War es in der Zeit das heimliche Rauchen, das ich vor meinen Eltern verheimlichen wollte (und vermutlich auch geschafft habe)
- War es in der Zeit die heimlichen Gelddiebstähle aus dem Geldbeutel meiner Mutter?
- War es weiterhin die irre Furcht nach vorne gerufen zu werden an die Tafel und Falsches zu schreiben?
- War es der irre Wille nicht gesehen zu werden und ja nicht aufzufallen?
- War es die Angst davor, vor der Klasse gerügt zu werden, dass ich schon wieder nicht meine Hausaufgaben gemacht oder vergessen habe?
- War es immer das beklemmende Gefühl in der Umkleidekabine blank ziehen zu müssen nach dem Sport mit der Gefahr wieder gehänselt zu werden? Letztendlich habe ich es vorgezogen zu stinken (mitten in der Pubertät, wo sowieso alles krass ist), und als Stinker abgetan zu werden.
- War es wiederum im Kunstunterricht, wo ich es abgelehnt habe alle 10 Minuten zum Lehrer zu gehen, um zu fragen, ob das gut ist, wie ich etwas male, nur um ihm zu gefallen?
- War es letztendlich immer die Angst davor, etwas zu machen, zu kreieren, etwas zu schreiben, zu rechnen und damit bloßgestellt und ausgelacht zu werden?
- War es die Angst davor, dass bei Klassenarbeiten der Lehrer herumlief und möglicherweise etwas von meinem Geschreibsel sieht und sich denkt oh wie blöd ist der denn,... das ist doch Quatsch und falsch
= Zusammenfassend, war es seit jeher die Furcht vor und von anderen bewertet und kritisiert zu werden? - deshalb das Nichtauffallen, das Vermeiden, das NurnichtimMittelpunktstehen, das Introvertiertsein, das low profile?

Ich denke, dass viele alltägliche Ängste zusammengekommen sind, die letztendlich zu einer Dauerspannung führten und sich zunächst langsam, dann vermehrt im Zittern der Hände zeigten. Nachdem ich diese Ängste nie verarbeitet habe, konnte auch die Dauerspannung nicht aufgegeben werden. Stattdessen wurde sie schlimmer, so kam vor etwa 17 Jahren die Depersonalisation dazu, in der ich noch immer stecke. Erklären muss ich vermutlich nicht, warum ich nie darüber mit einem Arzt gesprochen habe. Ich hatte einfach panische Angst davor, dass es eine Krankheit/Krebs/etc. ist, und ich das garnicht genau wissen wollte. Deshalb, - akzeptiert und mit gelebt.
Seit nun etwa 4 Jahren kam noch das Kopfzittern hinzu, weil ich auch in meinem Berufsleben immer wieder mit der obigen Hauptursache (Zusammenfassung) zu kämpfen habe - ich habe Angst davor, etwas zu tun oder zu sagen, was falsch ist oder noch schlimmer falsch verstanden wird und ich negative Kritik erfahren würde und mich nicht entsprechend wehren kann (dahingestellt wie irrational dieser Gedanke/diese Angst ist)

Zuletzt kam dann vor ein paar Monaten meine scheinbar erste Panikattacke mit Beinahe-Kollabieren am Bahnhof + Rettungswagen. Seitdem bin ich nun aktiv und nun mit diesem Forum endlich fündig geworden, was bei mir nicht stimmt.
So. wunderbar, dass ich das loswerden konnte, wo ich sonst nicht weiß, wem und ob ich davon erzählen soll.
Die ersten Schritte sind gemacht. Jetzt wird es toll. Der Freiheit ein Stückchen näher.

08.11.2017 22:11 • 13.11.2017 x 1 #1


8 Antworten ↓


Zitat von ptrsptrs:

- War es als ich in der 3. Klasse von meinem Lehrer angebrüllt wurde und Angst davor hatte, dass er wieder das große 1-Meter Linial auf den Tisch donnert um sich Gehör zu verschaffen?

Die ersten Schritte sind gemacht. Jetzt wird es toll. Der Freiheit ein Stückchen näher.

Cool, bei uns hat ein Lehrer sein Schlüsselbund direkt an die Rübe geschleudert, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Soviel ich weiß, hat keiner einen Langzeitschaden davon getragen.
Wieso suchst du krampfhaft nach Gründen in der Schulzeit?

A


Zittern und Angstursachenanalyse

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Jup, Schlüsselbund kenne ich auch...
Tja, warum Gründe in der Schulzeit? Das war so das, was mir beim Stöbern in meinen Erinnerungen quasi entgegengesprungen kam. Ist sicherlich noch viel mehr in anderen Bereichen zu holen. Habe mit diesem Post auch begonnen mein eigenes Archiv aufzubauen, um weiter zu graben und weitere Situationen hochzubefördern, diese zu analysieren, anders und wach zu bewerten und zu archivieren oder noch besser, zu verwerfen.

Zitat von ptrsptrs:
Jup, Schlüsselbund kenne ich auch...
Tja, warum Gründe in der Schulzeit? Das war so das, was mir beim Stöbern in meinen Erinnerungen quasi entgegengesprungen kam. Ist sicherlich noch viel mehr in anderen Bereichen zu holen. Habe mit diesem Post auch begonnen mein eigenes Archiv aufzubauen, um weiter zu graben und weitere Situationen hochzubefördern, diese zu analysieren, anders und wach zu bewerten und zu archivieren oder noch besser, zu verwerfen.

Warum machst du dann nicht gleich ein eigenes Tagebuch auf?

Ich würde noch von einer anderen Seite das Problem angehen. Versuch die aktuell verlaufende Angst der Gegenwart zu analysieren und nicht die aktuell verlaufende Angst in der Vergangenheit zu suchen.
Beispiel: klar war es ein unschönes kindliches Erlebnis an der Tafel ausgelacht zu werden. Aber jetzt mußt du ja kaum noch an eine Tafel (oder machst noch Schule?) Was hat also eine aktuelle Angst-Situation heute, die du nicht bewältigen kannst. Wie läuft das ab?

Machst du Therapie?

In Therapie bin ich (noch) nicht. Ich bin erst ganz am Anfang meiner Lösungsfindung. Daher die Suche in der Vergangenheit um ähnliches Empfinden in der Gegenwart zu erkennen und zu analysieren, und Vermeidung zu vermeiden und den unsichereren Weg zu nehmen, um Neues auszuprobieren und alte, negativ behaftete Verhalten mit guten Gefühlen auszutauschen.
Hört sich nach einer guten Anfangsstrategie an.

Beschäftige mich seit einigen Jahren schon mit NLP, das mir Techniken beigebracht hat, die ich jetzt anwenden kann.

Ich habe jetzt schon angefangen, die Welt ein wenig anders wahr zu nehmen, freier, und bewusst den Alarmlevel zu erniedrigen.

Ich bin voller Freude und gespannt wie es mit mir weiter geht.

Find ich gut was du machst. Als Kind ist man halt besonders anfällig für Kritik und Verurteilungen, vor allem von Seiten der Erwachsenen. Da sieht man immer die Schuld bei sich. Wenn man die Ereignisse daher nie durchgeht und abarbeitet, nagen sie ewig an einem.
Ich finde man sollte zuerst schauen, wer hat sich daneben benommen? Was habe ich vielleicht wirklich nicht ideal gemacht als Kind, aber inwieweit haben die Erwachsenen bzw. die anderen falsch darauf reagiert? Wieso haben die anderen so reagiert? Zum einen ist wichtig, dass du dir deine Fehler von damals eingestehst und verzeihst, warst ja bloss ein Kind und wusstest es nicht besser bzw. du bist nach wie vor bloss ein Mensch und wir alle machen ständig Fehler. Und zum anderen ist auch wichtig zu verstehen, warum haben sich die anderen dir gegenüber so benommen? Meist steckt halt das Ego dahinter, dass sich andere vielleicht angegriffen gefühlt haben oder selber Minderwertigkeitsgefühle hatten und diese so kompensieren wollten.

Manchmal kann es aber auch sein, dass wir eine Situation als persönlichen Angriff gewertet haben, der eigentlich gar nicht so gemeint war. Aber ich denke meistens ist es eben doch das Ego.

Zitat von TomTomson:
Manchmal kann es aber auch sein, dass wir eine Situation als persönlichen Angriff gewertet haben, der eigentlich gar nicht so gemeint war.

oh, da hab ich so meine Eigenheit und Schwierigkeiten mit - zu häufig reagiere ich über, wenn ich gefühlt angegriffen werde. Leider bin ich aber noch mit anderen Themen beschäftigt, bevor ich mich darum kümmere
Absolut faszinierend, was in den letzten Tagen alles passiert ist, welche Ängste ich schon bearbeitet habe, und dass ich es letzte Nacht genossen habe, 4 Stunden wach zu liegen und einfach zu grübeln. Ich freue mich sehr darauf, mehr und mehr neu zu denken.
Seit ein paar Tagen schaffe ich es auch, besser und aufmerksamer zuzuhören, und beschäftige mich nicht mehr krampfhaft damit zu versuchen nicht zu zittern. Welch Freiheitsgefühl!

Cool das freut mich, ich finde ohnehin die Arbeit die man zuhause an sich verrichtet ist wichtiger als jede Therapie. Ich meine wenn man es richtig anstellt, kriegt man es auch ohne jegliche Therapie hin. Vor allem wenn die Leute das Gefühl haben sie schleppen sich jetzt einmal wöchentlich in die Therapie und der Therapeut soll dann Wunder vollbringen. Es ist viel mehr eine kontinuierliche Arbeit an sich selber, so ähnlich wie beim Krafttraining, das geht nunmal nicht von heute auf Morgen und die Therapeuten können auch nicht zaubern, die können dir zwar gewisse Dinge erzählen aber wenn du dann den Rest der Woche wieder in deinem üblichen Trott bist ist das auch für die Katz. Viel effektiver ist es wenn man Tag für Tag an seinen Glaubenssätzen arbeitet und die faulen Eier rauspickt und durch neue gesündere und auch realistischere ersetzt. Das braucht Zeit und Wiederholung, aber irgendwann ist es drin und du wirst an Selbstvertrauen gewinnen.
Manchmal ist es halt nur ein bisschen schwer, weil viele nicht wissen wie sie genau vorgehen müssen oder zu sehr in ihrem Vermeidungsverhalten verharren. Aber man muss sich ja nicht überfordern, wenn man Höhenangst hat klettert man auch nicht gleich auf den höchsten Turm, sondern geht Schritt für Schritt immer höher bis man sich daran gewöhnt hat. Ich denke du wirst deine Ängste locker überwinden können, das sehe ich nur schon an deiner Haltung an, du hast dich von der Opferrolle gelöst und erkannt, dass du selbst den Schlüssel für deine Gedanken in der Hand hältst und was ändern kannst.

Musste Dir jetzt einfach nochmal schreiben Danke für Deine bestätigenden Worte.
Ich fühle mich derzeit, als würde ich aufwachen. Ich nehme meine Umgebung ganz anders war, nachdem mein Fokus nicht mehr auf das in-mich-hineinhören gesetzt ist, sondern Freiraum erhält, die Welt um mich herum neu zu sehen. Ein Irre Gefühl. Verrückt auch, wie schnell das geht, wie schnell ich Situationen aus meiner Kindheit (s.o.), die immer schlechte Angstgefühle erbrachten auf einmal nur noch schwammige Erinnerungen sind.
Irgendwie bonn ich ungeduldig, freue mich aber auch auf einen langen Aufwachprozess, vergleichbar mit einem schönen Sonntagmorgen, an dem ich nur langsam, genüsslich und ohne Eile aufwache, mich recke und strecke und irgendwann dann wach und glücklich in den Tag starte





Dr. Reinhard Pichler
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