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Hallo zusammen,

zuerst einmal würde ich mich als einen introvertierten aber durchaus selbstbewussten Menschen bezeichnen, der im Allgemeinen nicht sonderlich ängstlich ist und gerne was unternimmt, wenn es da nicht etwas gäbe, was mir jegliche soziale Interaktion mit anderen Menschen erschwert:

Mein Problem ist das Sprechen, also die Kommunikation mit anderen Menschen. Sobald ich mit anderen Menschen rede, ganz gleich, ob Familie, Freunde oder Fremde, verspanne ich innerlich. Ich empfinde eine starke Nervosität bevor und während ich mit Anderen spreche. Mein Herz fängt an zu pochen und meine Atmung wird flacher. Ich überlege mir auch etliche mögliche Formulierungen bevor ich meinen Satz sage, den ich dann aber oftmals noch während dem Sprechen umstelle, so dass der Satz am Ende häufig grammatikalisch unkorrekt ist. Ich empfinde das Konstruieren und Aussprechen von Sätzen immer als ungeheure geistige Anstrengung, sofern sie an meine Mitmenschen gerichtet sind. Ich muss mich sehr stark darauf konzentrieren, deutlich zu sprechen, da ich sonst zum leichten lallen oder verschlucken von Wortendungen neige. Zuweilen hab ich dann auch Stimmausreißer also meine Stimme hört sich kurzzeitig heller oder heiser an. Wenn ich jedoch versuche, einfach loszureden und mir den Satz nicht im Vorhinein zurechtlege, kommt es häufig zu Wortfindungsstörungen. Oftmals fallen mir sogar eher Fachbegriffe ein, als die umgangssprachlichen Entsprechungen (z.b Adäquat statt Entsprechend). Allgemein fühlt sich mein Wortschatz in der Situation des Sprechens arg limitiert an.
Wenn mir dann eine Satzkonstruktion misslungen ist, empfinde ich sofort eine Niedergeschmettertheit und Wut gegen mich. Innerlich sage ich mir dann ständig Jetzt hast du es schon wieder vergeigt.
Zudem studiere ich regelrecht die Rhetorik anderer Menschen, also meiner Gesprächspartner oder auch gänzlich fremder Menschen. Wenn ich Fremde reden höre, achte ich akribisch darauf, wie sie ihre Sätze formulieren, der Inhalt interessiert mich hingegen nur sehr wenig.

Wenn mich jemand unerwartet anspricht um mich beispielsweise nach der Uhrzeit zu fragen, fühle ich mich komplett aus dem Konzept gebracht und ich brauch dann immer erst einige Sekunden, bevor ich antworten kann.

Nachdem ich dann in einer Situation war, in der ich viel reden musste, z.B bei einem Geburtstag von einem Familienmitglied oder wenn ich mit Freunden unterwegs war. Fühle ich mich sehr abgeschlagen und erschöpft.Innerlich lass ich dann den Tag noch sehr lange vor meinem geistigen Auge rekapitulieren und versuche mich an meine Sprachfehler zu erinnern, überlege mir bessere Formulierungen und ärgere mich erneut über mich selbst. Ich empfinde danach auch immer so ein brennen in den Augen und ich bekomme das Verlangen zu schlafen.

Ich sollte noch erwähnen, dass ich mich, wenn ich monologisiere, völlig problemlos, klar, deutlich, schnell oder langsam, weitestgehend ohne Wortfindungsstörungen, lallen o.Ä ausdrücken kann. Ich würde sogar behaupten, dass ich mich dann schon fast eloquent mit mir selbst unterhalten kann.


Es ist für mich ein unerklärliches Phänomen, das mich nun schon seit einigen Jahren (ich glaube seit meiner Pubertät) verfolgt, da ich ja im Grunde ein unternehmenfreudiger, aktiver, selbstbewusster und grundlegend eher positiv gestimmter Mensch bin.


Vielleicht weiß ja jemand einen Rat.


Viele Grüße

10.09.2016 19:01 • 13.09.2016 #1


6 Antworten ↓


Was würde denn passieren wenn du etwas Falsches sagst? Was ist für dich schlimm daran, grammatikalisch nicht immer einwandfrei zu sprechen?
Was ist denn dein Worst-Case-Szenario? Was war denn vor deiner Pubertät, war es da mal anders, gab es einen Auslöser?

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Unterhaltungen - eine Qual

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Einen Rat habe ich für dich leider nicht. Ich kann nur sagen, dass ich absolut das gleiche Problem habe. Ich habe mich einfach damit abgefunden, dass es so ist und mache mich deswegen nicht mehr verrückt.

Zitat von FeuerWasser:
Was würde denn passieren wenn du etwas Falsches sagst? Was ist für dich schlimm daran, grammatikalisch nicht immer einwandfrei zu sprechen?
Was ist denn dein Worst-Case-Szenario? Was war denn vor deiner Pubertät, war es da mal anders, gab es einen Auslöser?


Nichts. Es ist ja auch keine rational begründbare respektive konkretisierbare Angst. Es ist ein allgemeines Gefühl der Beklommenheit, des sich unter Druck gesetzt fühlens, der zu dem extremen Herzschlag, den Wortfindungsstörungen, den Stimmausreißern etc. führt.

Es geht weniger darum, dass mir ab und an mal ein grammatikalischer Fehler passieren würde, sondern darum, dass das Reden eine enorme Anstrengung für mich bedeutet, welche auch nicht auf eine falsche Atemtechnik zurückzuführen ist.

Ja, vor meiner Pubertät bzw. bis zum Anfang dieser war es anders, soweit ich mich erinnern kann funktionierte das Sprechen einwandfrei bis ich etwa 14-15 war. Als Kind konnte ich einfach drauflosreden, wie wohl die meisten anderen Menschen auch. Gänzlich ohne extreme Aufgeregtheit, Wortfindungsstörungen und die anderen Symptome. Ich glaube aber nicht, dass es dafür einen kausalen Auslöser gab. Ich merkte einfach, wie mir die Worte sukzessive immer schwerer über die Lippen gingen. Dass ich anfing, mehr zu berechnen, wie das Gesagte bei meinem Gegenüber ankommt, wie er darauf reagiert usw.

Es geht weniger um rational begründet sondern Angst greifbar zu machen, an irgendwas festzumachen, zu gucken wo das herkommt, wie willst du sonst ein Problem angehen und beheben?
Eventuell wäre aber auch ein Psychotherapeut ein guter Ansprechpartner.

Hallo,
mich strengen Gespräche ähnlich heftig an. Zum Teil haben Gespräche für mich auch etwas von 'Überflüssig'. Sprache ist eine Form der Mitteilung an andere Menschen. Aber etwas genau wörtlich an jemanden zu richten und dann auch noch nichts falsches zu sagen, es so mitzuteilen, daß die Information auch exakt ankommt, ist mir zum Teil völlig schleierhaft. Dabei wird man gerne falsch verstanden oder jemand interpretiert in mein Gesagtes etwas hinein, was ich gar nicht gesagt habe. Ich erwische mich selbst dabei, wie ich von anderen Gesagtes wörtlich nehme, obwohl eine Wortmetapher ja etwas ganz anderes meinen kann. Auch haben viele Worte Mehrfachbedeutungen, bei der mir die Auswahl nicht leicht fällt. Manchmal bastel ich auch ein Wort zusammen, was es eigentlich gar nicht gibt. Klar, das heitert ein Gespräch sehr auf. Ich denke oft noch Tage später über Gesagtes nach und ärger mich manchmal auch.
Wenn ich richtig wütend bin, kann ich besser sprechen und dann höre ich auch nicht mehr auf. Dann ist mir alles egal und das sitzt - jedes Wort ein Treffer.

Zitat von Reenchen:
Hallo,
mich strengen Gespräche ähnlich heftig an. Zum Teil haben Gespräche für mich auch etwas von 'Überflüssig'. Sprache ist eine Form der Mitteilung an andere Menschen. Aber etwas genau wörtlich an jemanden zu richten und dann auch noch nichts falsches zu sagen, es so mitzuteilen, daß die Information auch exakt ankommt, ist mir zum Teil völlig schleierhaft. Dabei wird man gerne falsch verstanden oder jemand interpretiert in mein Gesagtes etwas hinein, was ich gar nicht gesagt habe. Ich erwische mich selbst dabei, wie ich von anderen Gesagtes wörtlich nehme, obwohl eine Wortmetapher ja etwas ganz anderes meinen kann. Auch haben viele Worte Mehrfachbedeutungen, bei der mir die Auswahl nicht leicht fällt. Manchmal bastel ich auch ein Wort zusammen, was es eigentlich gar nicht gibt. Klar, das heitert ein Gespräch sehr auf. Ich denke oft noch Tage später über Gesagtes nach und ärger mich manchmal auch.
Wenn ich richtig wütend bin, kann ich besser sprechen und dann höre ich auch nicht mehr auf. Dann ist mir alles egal und das sitzt - jedes Wort ein Treffer.


Letzteres ist mir auch schon aufgefallen! Wenn ich mich über etwas aufrege oder aggressiv bin, was glücklicherweise sehr selten vorkommt, dann habe ich diese Probleme nicht. Dann sprudeln die Worte so aus mir raus, wie ich sie mir in diesem Affekt gedanklich zurechtlege.





Dr. Reinhard Pichler
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