Hallo Leute!
Die Angst kann die eigenen Möglichkeiten ganz schön blockieren.
Bei mir fing das mit der sozialen Phobie so mit 17 an, und damals hatte ich noch keine Ahnung, daß das eine Krankheit ist. Ich dachte halt, ich sei einfach extrem schüchtern. Damals entdeckte ich die enthemmende Wirkung des Alk., leider. Dummerweise arbeitete ich auch noch in einer Brauerei, da gabs quasi B. umsonst. Es dauerte nicht lange, und ich trank jeden Tag meine Biere. Und bevor ich ausging (Disco etc.) musste ich mir erstmal Mut antrinken. Das wurde immer schlimmer. Ich ging dann mal testweise nüchtern aus, doch als ich in der Disco nüchtern zwischen all den anderen Leuten stand, überkam mich das *beep* Grauen, und ich musste mir sofort die Angst wegtrinken, auf Ex! Danach war ich wieder cool.
Ich wills mal kurz machen, obwohl die ganze Geschichte über zehn Jahre gedauert hat. Ich fing auch noch zu *beep* an und nahm auch andere Dro., hatte nie eine Arbeit, stürzte immer tiefer ab, rutschte sogar auf die schiefe Bahn und kam auf Bewährung. Zu guter letzt konnte ich nüchtern die Wohnung nicht mehr verlassen. Wenn ich keinen Alk. im Haus hatte und mir welchen im Supermarkt kaufen musste (nüchtern), war das das Schlimmste, was ich mir vorstellen konnte. Da stand ich an der Kasse, die Biere auf dem Fließband, und fing an zu zittern und wollte am liebsten einfach rauslaufen. Aber was hätten die Leute gesagt? Die Angst wurde so stark, daß ich befürchtete mitten vor den ganzen Leuten vor Angst in die Hose zu pinkeln. Mann, ich kann euch ein Lied von Panikattacken und sozialer Phobie singen.
Ich traute mich über Jahre hinweg auch nicht mehr nüchtern Essen zu gehen, sprich überhaupt nüchtern zwischen vielen Menschen zu sein. Das wurde sogar so schlimm, daß ich, wenn es bei mir klingelte und ich nüchtern war, Schweißausbrüche bekam und sich mir der Magen umdrehte. Also wirklich ne klassische soziale Phobie in Verbindung mit Alk. und Dro. at its best!
Ich fing dann auch an psychologische Bücher zu lesen und fand endlich heraus, daß ich an einer Krankheit litt. Nur wurde es mit dem Wissen nicht wirklich besser.
Inzwischen war ich ja auf Bewährung, und durch meinen Dro. und Alkohlkonsum kam es dann doch wieder mal vor, daß ich in gewissen Zuständen schei. baute, sowas wie Beamtenbeleidigung, randalieren und so. Und dadurch hätte ich beinahe meine Bewährung verloren. Ich musste eine Alk. machen, sonst wäre ich für zwei Jahre in den Knast gewandert. Und im Knast mit sozialer Phobie - naja!
Als ich auf Therapie war fing ich endlich damit an, mich mit meiner Angst konstruktiv auseinander zu setzen. Meine Psychologin lehrte mich, mich meinen Ängsten zu stellen. Sie sagte, wenn man der Angst ausweicht, dann zementiert man sie. Man muss die Angst aushalten, um sie unter Kontrolle kriegen zu können. Das machte ich dann auch. Anfangs war es schwer, doch ich fing an auch kleinere Erfolge zu feiern.
Ich meine, daß mit der Angst ging ja schon wieder am ersten Tag meiner Therapie los, als ich mich vor 60 Leuten vorstellen musste. Aber ich schaffte es. Und die Angst war auch da, als ich mit einem Tablett in der Hand im Speisesaal zwischen 120 Leuten stand und mir ein Menü aussuchen durfte. Panikattacken hoch drei. Aber ich hielt durch. Und mir fielen mit der Zeit andere Leute auf, denen es ähnlich ging, und als ich die sah, dachte ich mir, mensch, diese Angst ist sowas von unnötig. Es tut einem doch keiner was.
So, ich muss jetzt zum Schluß kommen. Ich wollte nur mal vor Augen führen, wie tief man durch seine eigene Angst sinken kann, aber daß es auch immer einen Weg gibt, aus seiner ANGSTWELT wieder heraus zu finden.
Inzwischen wohne ich in München und lebe absolut nüchtern. Ich traue mich wieder nüchtern unter Leute, es tut mir sogar richtig gut. Ich fahre U-Bahn, gehe ins Kino, gehe Essen, gehe ganz normal einkaufen, und das ohne jegliche Mittel oder Alk., einfach nüchtern. Das hätte ich mir noch vor einem Jahr nicht mal zu träumen gewagt.
1. Stellt euch eurer Angst, das ist wichtig. Immer wieder, jeden Tag.
2. Nehmt eure Angstkrankheit mit Humor und redet mit anderen Leuten darüber. Vielleicht könnt ihr über manche eurer Aussetzer einfach mal lachen. Das entkrampft die ganze Geschichte.
3. Ihr müsst euch ständig selbst beobachten, d.h. ihr müsst verstehen, was in euch vorgeht, was in euch Angst auslöst. Wenn ihr wisst, was euch Angst macht, könnt ihr anfangen, euch bewusst diesen Ängsten zu stellen, jeden Tag aufacute;s neue, bis ihr gar nicht mehr versteht, warum ihr mal Angst davor hattet.
Zum Thema Schüßler Salze und Antidepressiva:
Naja, bei mir hat B. geholfen. Ich weiß, es ist nicht zu vergleichen, aber wenn ich lese: dann nahm ich Nr.7 und Nr. sowieso alle paar Minuten. Also das kommt mir bekannt vor, nur daß es bei mir dann halt B. Nr. 7 war, nichts für ungut!
Und während meiner Therapie und noch danach, insgesamt ein Jahr lang, hab ich Cypralex genommen, das ist ein Antidepressiva. Ich hab mir immer eingebildet, das es was geholfen hat, und deshalb hatte ich natürlich Angst, das Mittel abzusetzen. Aber ich habacute;s dann durchgezogen und seit ein paar Wochen brauch ich auch das nicht mehr. Ich glaub schon, daß es mir für den Start in die Therapie geholfen hat, aber ich bin auch froh, daß ich es nicht mein Leben lang nehmen muss. Und das muss niemand. Man kann die Angst auch ohne Medikament überwinden, es kommt auch viel darauf an, wie man denkt.
Und zu starker Kaffee is nix für soziale Phobie-Kandidaten!
Jedem, der das liest und auch an sozialer Phobie leidet, dem wünsche ich nicht nur viel Glück, sondern auch ganz viel Kraft und Durchhaltevermögen. Lasst euch nicht hängen sondern stellt euch der Angst! Es lohnt sich!
25.09.2007 01:17 •
#8