Es fängt schon damit an, dass ich Leute wie zBsp. meine Kommilitonen garnicht grüßen kann, da ich Angst habe, dass meine Stimme versagt oder sich überschlägt. Aus Angst vor Abweisung setze ich mich immer in eine Reihe, die noch leer ist - was mein Unwohlbefinden verstärkt ist dann, dass die Reihe außer mir auch leer bleibt. Dann denke ich mir natürlich: Was habe ich nur an mir, dass von 450 Leuten keiner neben mir sitzen möchte? Eine Vermutung dazu habe ich aber; meine Freundin - die im Übrigen vor sozialer Kompetenz nur so strotzt und der aufgeschlossenste und kontaktfreudigste Mensch ist, den ich kenne, meint es liegt daran, dass ich keinen Augenkontakt halte (halten kann), so gut wie nie lächle und dadurch den Leuten Desinteresse vermittle. Mehrere Tage mit einstudiertem Lächeln haben mich übrigens auch nicht weitergebracht Beim Augenkontakt in einem Gespräch merke ich, wie sich mein Nacken versteift und die Muskeln zucken - ist der Abstand zur Person weit genug, habe ich es noch im Griff, ist mein Gesprächspartner direkt vor mir, muss ich den Augenkontakt abbrechen und auf Distanz gehen. In großen Menschenmengen wie im Hörsaal an der Uni habe ich immer das Gefühl beobachtet zu werden - wieder bin ich angespannt und versuche nichts zu machen, was die Aufmerksamkeit auf mich lenken könnte. Ich empfinde es auch als unangenehm, wenn ich nicht einmal selber derjenige bin, der die Aufmerksamkeit auf sich zieht: zBsp. wenn meine Freundin ein spielendes Kind mit seinen Eltern sieht und irgendetwas dazu sagt, während ich dabei bin. Ich kann es nicht ertragen, wenn jemand in meinen persönlichen Bereich eindringt und ich nicht dazu bereit bin, auch nicht bei meiner Freundin. Da ich mit dem Zug pendeln muss, werde ich jeden Tag aufs neue auf die Probe gestellt. Zum einen muss ich neben anderen Leuten sitzen, die mich eventuell angucken oder sogar ansprechen und mir auf die Pelle rücken (auch wenn sie das Platzangebot der Bahn vielleicht auch nicht so prickelnd finden..) - zum anderen habe ich eine extreme Abneigung gegen jegliche Geräusche die von anderen Menschen kommen, sei es schweres Atmen, Schnaufen, ein Tick, Kinder, alles was Laut ist, natürlich Schmatzen, Kauen und Schniefen.. wenn andere Leute husten, bilde ich mir ein, die Bazillen in der Luft sehen zu können. Ich habe keine Angst davor, dass sie mich anstecken könnten, es ist einfach nur Ekel. Außerdem stören mich die Gerüche, sodass ich nicht einatmen kann, wenn Leute an mir vorbeilaufen.
Was das Studium betrifft, so habe ich feststellen müssen, dass ich, obwohl dies meine zweite Chance ist, nämlich das zweite Semester an einer anderen Uni, keinen Anschluss gefunden habe. Die einzigen Leute, mit denen ich Wortwechsel hatte, waren Teammitglieder in Projekten. Ich rede mir oft ein, dass ich garkein Interesse habe, meine Kommilitonen kennenzulernen und ohne narzistisch klingen zu wollen, eigentlich habe ich auch keins. Ich habe nicht das Gefühl, dass die Bekanntschaften eine Bereicherung für mich wären. Es ist so, als würde ich danach entscheiden, wer für mich von Nutzen sein kann. Tief im Innern möchte ich aber nicht meine Mitmenschen nach solchen Kritierien aussortieren. Wenn ich Präsentationen halten muss und quasi ins kalte Wasser geschubst werde, kann ich meine Ängste im Griff halten - ich weiß, ich kann mich ihnen stellen, wenn es unbedingt sein muss - nur gibt es oft genug Situationen, aus denen ich mich entziehen kann. Klausuren sind für mich kein Problem, da ich weiß - meine Benotung hängt davon ab, wie gut ich lerne. Habe ich mich ausreichend vorbereitet, so befürchte ich auch nicht, versagen zu können.
Was mich aber aktuell am meisten belastet ist, dass die Familie meiner Freundin unheimlich groß ist und ich immer wieder neue Familienmitglieder kennenlerne, die mich aufgrund meiner Zurückhaltung und abweisenden Art (da ich den Gesprächen aus dem Weg gehe) nicht ganz akzeptieren. Ich weiß, es gibt Ausnahmen, manche erkennen, was für ein Mensch hinter der Fassade steckt, aber der Großteil hat durch mich das Gefühl, dass ich mich bei ihnen nicht wohl fühle und kein Interesse an der Familie habe.
Zur Fassade kann ich sagen - oft überspiele ich meine Ängste, das ist die Masche, die ich mir über die Jahre angeeignet habe. Ich verstärke durch mein Auftreten sogar noch den Eindruck, dass ich zufrieden bin, wenn ich alleine bin und dass ich keine Mitmenschen brauche; ich spiele den coolen, entspannten, der alles auf sich zukommen lässt; und ich spiele eine Person, die vor nichts Angst hat. Eigentlich will ich das natürlich nicht.
Ich möchte mich entschuldigen für diese Wand von Text die gleichzeitig mein erster Beitrag ist. Unter den Menschen, die mich sehr gut kennen, hatte ich noch nie große Ängste und entsprechend schwierig wäre es für mich, über so etwas mit ihnen zu reden. Ich wollte erst einmal diese Last loswerden.
Ich würde mich über Kommentare freuen, insbesondere im Bezug auf ähnliche Ängste im Studium oder wie Ihr es geschafft habt, Kontakte zu knüpfen. Und natürlich über jegliche andere Beiträge auch
13.07.2010 12:28 • • 23.10.2010 #1