Seit kurzem habe ich nach einer erfolgreichen Kurzzeittherapie (wegen PTBS) wieder eine Kurzzeittherapie bei meinem Therapeuten begonnen. Nicht wegen - wie die Überschrift vermuten lässt - sozialer Probleme sondern eigentlich wegen einer Impulskontrollstörung namens Trichotillomanie. Bei mir betrifft es das zwangsweise Ausreißen der Wimpern und Augenbrauen. Seit meinem 12. LJ leide ich darunter.
Ich hatte gehofft, dass ich von meinem Thera Tipps erhalte, wie ich am besten die Zupferei in den Griff bekomme, stattdessen interessiert es ihn anscheinend mehr, wie ich damit umgehe, wenn ich unter Leuten bin. Natürlich schäme ich mich sehr für mein Verhalten. Ich gehe nicht ungeschminkt vor die Tür, weil ich zum einen ungeschminkt hässlich aussehe und zum anderen natürlich meine Störung verstecken will, weil es mir einfach nur peinlich ist. Ich mag es auch nicht, wenn man mir zu nahe kommt und mich lange ansieht, aus scham, dass man trotz Schminke die kahlen Stellen entdeckt. Trotz allem kommt es jedoch auch mal vor (wenn auch sehr selten), dass ich tatsächlich angesprochen werde, warum ich denn keine Wimpern habe. Vor ein paar Jahren habe ich einfach gelogen. Es wäre eine Krankheit oder sowas. Mitlerweile gehe ich aber offen damit um. Es fällt mir aber nicht leicht.
Jetzt zum Kernproblem:
Mein Thera meinte erst, ich hätte zusätzlich zur Trichotillomanie noch eine soziale Phobie. Ich war etwas irritiert, als er das sagte. Gut, ich in Verbindung mit meiner Impulskontrollstörung spielt Scham und Angst schon eine Rolle, aber nicht in dem Maße, dass es mich arg beeinträchtigen würde.
Soziale Kontakte sind bei mir sowieso ein Ding für sich. Ich kann zwar unter Leute gehen, kann sie auch ansprechen usw. Aber nur, wenn ich will oder muss. Seit meiner Kindheit bin ich eher introvertiert und schüchtern. Wobei sich das mit der Schüchternheit im Laufe der Jahre gebessert hat. Ich meide aber eher soziale Kontakte, weil sie mich einfach nur anstrengen. Ich interessiere mich auch nicht besonders für meine Mitmenschen. Ich tede auch nicht viel. Selbst meinen Thetapeuten nervt es hin und wieder, dass ich so maulfaul bin.
Ich habe auch seit über 10 Jahren keine Freunde mehr. Ich lebe besser und entspannter ohne sie, was mein Thera gar nicht nachvollziehen kann. Ich habe nur meinen Mann und meine Verwandten und ein paar Bekannte. Mir reicht das völlig.
Mein Thera war erstaunt, dass ich überhaupt eine Partnerschaft pflege und noch erstaunter, dass ich ohne großartige sozialen Kontakte, überhaupt einen Partner gefunden habe.
Jetzt meint mein Thera, dass ich wohl eher eine ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung hätte und weniger eine soziale Phobie. Aber ich frage mich, wie zum Teufel er darauf kommt? Wenn ich mir Beschreibungen dazu durchlese, finde ich mich überhaupt nicht darin wieder. Ich habe das Gefühl, dass er auf Krampf nach einer Diagnose sucht. Warum muss man alles gleich pathologisieten? Oder habe ich doch mehr Probleme, als nur die Impulskontrollstörung? Wie seht ihr das?
Auf jeden Fall scheint mein Verhalten bezüglich sozialer Kontakte nicht normal zu sein. Zumindest ist mein Thera der Meinung dies behandeln zu müssen. Ich möchte es nicht behandeln lassen. Warum auch?
17.08.2016 22:42 • • 15.09.2016 x 1 #1