ich bin männlich, 19 Jahre alt und glaube, dass ich an einer sozialen Angststörung leide, welche mich mittlerweile immer mehr belastet und mein Leben Stück für Stück vereinnahmt. (Ich entschuldige mich im Vorraus, es wird ein halber Roman.)
Zur Vorgeschichte:
Ich bin in einem gut behüteten Elternhaus aufgewachsen, hatte eine Kindheit wie man sie sich nur wünschen kann, habe liebevolle und tolle Eltern, einen kleinen, dafür umso schöneren Freundeskreis und seit einem halben Jahr eine wunderbare Freundin.
Die Angststörung fing meiner Meinung nach an einem bestimmten Tag an:
Es war vor ca. 3 Jahren an einem milden Sommerabend. Ich war mit 2 guten Freunden und einer Freundin in einer Kneipe und wir tranken dort ein wenig (ich war leicht angeheitert, aber keineswegs betrunken.). Im Anschluss wollten wir in einem chinesischen Restaurant in unserem Ort essen gehen. Wir sind also zu besagten Restaurant gegangen und da mein bester Freund (welcher auch heute noch mein bester Freund ist) und ich kein Bargeld dabei hatten, entschieden wir uns noch kurz zur Bank zu gehen um etwas abzuheben. In unserer angeheiterten laune ''sangen'' wir irgendwelche sinnlosen Rap Texte herum, obwohl wir die Musik so noch nie wirklich gemocht haben.
Jetzt zum entscheidenden Punkt der mein Leben veränderte:
Uns kam eine kleine Familie entgegen. Anscheinend 2 Mütter, mit mehreren kleinen Kindern und einem älteren Sohn so um die 20 Jahre alt, schätze ich. Anscheinend fühlte sich eine der Mütter durch unser Verhalten provoziert und ich gebe zu, durch unsere Körpersprache kann es wirklich provozierend rübergekommen sein, auch wenn wir keine der Personen beleidigt haben.
Wir setzten unseren Weg zur Bank fort, bis uns auffiel, dass uns besagter Sohn verfolgte. Als er uns erreichte ist er vollkommen ausgerastet und wollte mit uns in eine dunkle Ecke gehen und uns zusammenschlagen. Dazu kam es nicht, da ein netter Herr es schaffte ihn zu besänftigen, so dass mein Kumpel mit einer Ohrfeige davonkam und mir nichts weiter passierte.
So weit so gut, ich habe nicht mehr über den Vorfall nachgedacht, bis ich ca. eine Woche später mit ein paar Freunden auf dem Weg zum Bahnhof war und dort von einem dubiosen Mann angehalten wurde, welcher mich fragte, ob ich nicht die Mutter von einem seiner Kollegen beleidigt hätte. Ich habe versucht es ihm zu erklären und er meinte, wenn ich ihn anlügen würde, würde ich es bereuen.
Einige Wochen zogen nach dem Vorfall in's Land und auch da dachte ich mir nichts weiter dabei.
Dann, an einem Abend war ich auf dem Weg zur Arbeit (ich bin Schichtarbeiter) und da ich zu der Zeit noch mit der Bahn zur Arbeit gefahren bin musste ich den Weg zum Bahnhof laufen. Kurz vor dem Ziel begegnete ich aber besagtem Sohn, welcher sofort aggressiv auf mich zukam und mich fragte, ob ich nicht der Kerl sei, der seine Mutter beleidigt hat. Ich habe versucht die Situation friedlich anzugehen und ihm zu erklären, dass er das falsch aufgefasst hat, bis er mit unvermittelt ins Gesicht schlug. Wir starrten uns dann noch kurz an, er meinte wir seinen nun quitt und er zog von dannen.
Seit dem Tag nahm es immer stärker zu, dass ich Angst hatte zum Bahnhof zu gehen, da ich wirklich Angst hatte ihm nochmal zu begegnen. Das wurde irgendwann so krass, dass ich meine Mutter immer unter irgendwelchen Vorwänden darum bat, mich zum Bahnhof zu fahren. Diese Angst wurde immer stärker, so dass ich mich irgendwann ausserhalb meines Arbeitsweges in meinem Ort nicht mehr vor die Tür traute, aus Angst diesem Menschen zu begegnen.
Vor ca. einem Jahr habe ich dann meine Führerscheinprüfung bestanden und habe mir ein Auto gekauft. Seit diesem Tag fühlte ich mich wieder super und auch die Ängste waren mehr oder weniger stark abgeschwächt, da ich nun mit dem Auto zur Arbeit fahren konnte, und nirgendwo mehr zu Fuß hin musste.
An einem Tag jedoch, fuhr (ich bin mir da nicht sicher, glaube es aber schon.) besagter Kerl mit seinem Auto hinter mir. Ich dachte bis zu diesem Tage, dass ich im Auto sicher sei, doch nun waren alle Ängste schlagartig wieder da. Er bemerkte mich zum Glück nicht.
Seit diesem Tag hat meine Krankheit (ich nenne es einfach mal so, da ich denke und mir eigentlich auch ziemlich sicher bin, dass ich krank bin.) neue Außmaße angenommen. Ich habe seitdem wirklich immer und überall Angst, abgesehen von der Arbeit und bei mir oder meinen Freunden oder meiner Freundin Zuhause.
Ich habe beim Autofahren immer das Auto dieses Mannes im Kopf und wenn ich ein Auto sehe oder hinter mir habe was so, oder so ähnlich aussieht wie seines, kriege ich fast schon Todesangst. Zu Fuß irgendwo hin gehen oder die normalsten Sachen wie zur Bank gehen, in's Kino oder essen gehen sind schlicht und ergreifend nicht mehr möglich, da ich einfach mit den Nerven am Ende bin und sowas garnicht mehr hinbekommen würde.
Das geht schon so weit, dass ich meinen Arbeitsweg auf eine andere Route umgelegt habe, die ein gutes Stück länger ist als die vorherige, weil ich dem Typen mal an einer Kreuzung auf der ersten Route begegnet bin.
Auch der Weg zum Gitarrenunterricht macht mich fertig, obwohl es nicht mal 5 Minuten Fahrt bis zu meiner Musikschule sind und Auto waschen in meinem Ort geht überhaupt nicht. Das mache ich in einem Ort, in der Nähe meiner Arbeitsstelle, welcher mehr als 30 km von meinem Heimatort entfernt ist.
Ich habe jeden Abend schon Angst am nächsten Tag für die Arbeit aus dem Haus zu müssen. Selbst der Weg von meiner Haustür bis zu meinem Auto macht mich fertig, obwohl es nur ein paar Meter sind.
Ich versuche im Alltag damit umzugehen und mich in den wichtigsten Bereichen wie der Arbeit, meiner Freundin und meinen Hobbys nicht beschneiden zu lassen, was mir mittlerweile immer schwerer fällt. Ich war schon einige Male kurz davor schon festgelegte Gitarrenstunden abzusagen, einfach nur weil ich Angst vor dem Weg dorthin hatte. Dies versuche ich aber tunlichst zu vermieden. Ich sehe nicht ein, mir von diesem Mist alles was mir Spass macht kaputt machen zu lassen.
Ich würde mir wirklich gerne Hilfe holen, am liebsten in einer psychiatrischen Klinik. Das kommt für mich aber momentan nicht in Frage. Ich habe nur noch etwas weniger als ein Jahr Ausbildung vor mir und diese möchte ich erst beenden. Ich habe sowieso geplant, sobald ich eine feste Arbeitsstelle habe in einen anderen Ort in der Nähe meiner Arbeit zu ziehen und habe die Hoffnung, dass sich die Ängste dann von selbst lösen, da ich mir ja fast sicher sein kann bzw. die Wahrscheinlichkeit dem Kerl zu begegnen sehr gering ist.
Ein weiterer Punkt, warum ich noch nicht in Behandlung möchte ist, dass meine Mutter auch vor kurzem einige Wochen in der Psychiatrie aufgrund einer Angststörung behandelt wurde. Bei ihr war es aber nicht die Angst vor bestimmten Personen, sondern war sie der Meinung verfolgt zu werden und dass über sie im Internet Lügen verbreitet werden und alle fremden Leute über sie lachen würden.
Das war für meinen Vater eine schwere Zeit und ich habe mir extra Urlaub genommen um in der Zeit den Haushalt zu schmeissen um meinen Vater zu entlasten, welcher auch den ganzen Tag arbeitet und damit ich meine Mutter oft besuchen kann.
Ich möchte meinen Vater diese Zeit nicht in so kurzem Abstand nocheinmal durchleben lassen und auch meiner Mutter würde das bei ihrer Krankheit sicher nicht helfen.
Nun, ich weiß auch garnicht was ich mir von diesem Thread erwarte. Schreibt doch bitte, was ihr von dem ganzen haltet, wie ihr die Situation beurteilt und wie ich mir helfen kann, bis meine Lebensumstände eine Therapie zulassen.
Um dies direkt aus dem Weg zu räumen : Ich bin nicht suizidgefährdet. Ich bin ein absolut lebensfroher Mensch, betreibe meine Hobbys mit Leidenschaft, schmeisse mich bei der Arbeit sehr ins Zeug und bin ein guter Freund sowohl für meine Freunde als auch für meine Freundin. Für nichts in der Welt würde ich den Freitod wählen.
Auch so habe ich eine sehr gefestigte Persönlichkeit, lache viel und gerne und bin recht selbstbewusst. Ein generelles Problem mit Menschen habe ich absolut nicht und auch auf Fremde gehe ich offenherzig und vorurteilsfrei zu, doch nur diese eine Sache schafft es, meine Lebensqualität so sehr in den Keller zu ziehen.
Nun, das war es eigentlich auch. Danke für's lesen.
Ryuk
24.03.2014 16:27 • • 24.03.2014 #1