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Zitat von Lex6543:
Wie kann ich diese (unbewusste) Manipulation denn abstellen?


Unbewusstes Verhalten kann man nicht abstellen, sonst wäre es nicht unbewusst. Man kann sich aber Verhaltensweisen bewusst machen und daran arbeiten, wenn einem das sinnvoll erscheint.

Zitat von Lex6543:
Soll ich direkter/ehrlicher sein und Leuten Sachen sagen, auch wenn ich weiß, sie sind verletzend?


Nicht übertrieben zurückhaltend sein ist nicht gleichbedeutend damit, verletzend zu sein. Dass du das befürchtest könnte aber ein Hinweis auf deine Erfahrungen sein, aus denen möglicherweise Ängste resultieren. Wenn du selbst verletzenden Äußerungen ausgesetzt warst, wäre es naheliegend, dass du nach Strategien suchst, solche zukünftig zu vermeiden.

Möglicherweise war es für dein Seelenheil mal enorm wichtig, dich so angepasst zu verhalten, dass du deinem Gegenüber keinen Anlass liefern konntest, dich anzugreifen. Kinder von Al.koholikern und Menschen mit psychischen Störungen lernen oft sehr früh dadurch zu überleben, dass sie die Stimmungen des anderen erkennen und frühzeitig entsprechend auf Anzeichen bedrohlicher Veränderung reagieren können, bevor es sie trifft.

Wenn das sehr früh in der Kindheit passiert, laufen diese Prozesse oft noch außerhalb der bewussten Wahrnehmung ab, werden aber deswegen nicht minder im Gehirn verankert. Das könnte auch einen Ansatz dafür liefern, dass du diese Rücksichtnahme als normales Verhalten aus Überzeugung erlebst.

Zitat von Lex6543:
Wäre ich dann nicht mehr manipulativ?


Wir alle manipulieren unsere Umgebung auf die eine oder andere Weise. Wenn man aber immer wieder Rückmeldung über das eigene Verhalten bekommt, die einem nicht angenehm sind oder die man selbst nicht für zutreffend hält, kann es hilfreich sein, seine Kommunikationsweisen zu überprüfen. Dann kann man sich immer noch entscheiden, ob man sich weiterhin so verhalten möchte, weil man z.B. erkennt, dass es einem Nutzen in Form von Schutz bringt, ist aber dem eigenen Unterbewusstsein nicht mehr ausgeliefert.

Zitat von Lex6543:
Ich habe wirklich das Gefühl, dass es mir darum geht, den ANDEREN nicht zu stören/verletzen/traumatisieren und ihm ein gutes Gefühl zu geben

Wenn es dir gelingt, dem anderen ein gutes Gefühl zu geben, senkst du damit automatisch die Gefahr, dass er sich dir gegenüber feindlich verhält.

Nur ein paar Ideen

Hallo, ich hab den Thread hier gelesen und meine Gedanken von vor einigen Monaten wieder gefunden. Bin selbst eine eher introvertierte Person die viel Rücksicht nimmt und sehr sensibel mit Menschen ist, bisschen der People Pleaser. Hinter meiner Art und Weise stecken aber zu 99% Ängste, da ich auch mal anders war. Es gab eine Zeit da war ich locker und spontan, ohne dass es unhöflich wirkte. Die starke Fixierung darauf, nicht in fremde Fettnäpfchen zu treten, wirkt hingegen oft arrogant und ängstlich. Da ich das seit Jahren tue ist es automatisiert und ich hab angefangen ähnlich wie T/E mich damit zu identifizieren. Vorrausgegangen sind Erfahrungen im familiären Bereich, dass man über Probleme nicht sprechen darf und keine negativen Emotionen zeigt etc etc. Es sitzt also extrem fest, doch ich arbeite daran.

Aus dem sozialen Bereich kommend kann ich nur sagen, dass eine höfliche, zurückhaltende Umgangsweise mit anderen Menschen automatisch kommt, und nicht aus Grübeleien und Überlegungen heraus. Wenn man dem Schlag angehört weniger zu reden und mehr zu beobachten, so ist das keine Angstreaktion. Doch! Wenn dahinter die Motivation steckt, oweh ich darf bloß nix falsches sagen/machen/jemanden verärgern ist es imE. mit der sozialen Phobie verbunden.

Ich will hier niemanden entmutigen, der ruhig und zurückhaltend ist und es genießt so zu leben. Doch in meinem Fall sehe ich die Connection: Vermeidungsverhalten. Ich frag mich oft, wenn ich etwas tue, warum? Meist kommt die Antwort schnell: Ich hab Angst, etwas falsches zu tun. Ich hab Angst, unhöflich zu sein. Ich hab Angst, dass jemand unhöflich zu mir wird. - keine gesunden Ausgangspunkte.
Es ist ganz und gar nicht unhöflich jemanden auf dem Balkon zu grüßen selbst wenn es ein mürrischer alter Onkel ist der nie spricht. Menschen mögen es idR. gesehen und freundlich behandelt zu werden. Seine Ruhe hat man doch sowieso wenn man wieder rein geht. Unhöflich wäre dem ins Fenster zu quatschen etc. Hat man jetzt die Erfahrung gemacht der Nachbar ist ein Miesepeter und schnauzt einen an, dann lässt man es halt. Doch ohne negative Erfahrung ist es eine Generalisierung, von sich auf andere übertragen, was für eine Angststörung spricht. Aber ich rede nur aus Erfahrung, das ist Laien-Latein hier!

Mir ist nur die Reaktion meines unmittelbaren Umfeldes wichtig, ob mich sonst z.B. jemand für arrogant hält, ist mir vollkommen gleichgültig.

Wäre ich diejenige die auf dem Balkon säße wäre es mir lästig gegrüßt zu werden weil ich dadurch aus meinen Gedanken gerissen werde und ich selber grüße nur wenn ich jemand kenne und unmittelbar an ihm vorbeigehe, sonst ist es mir auch lästig.

Bekannte und Freunde sind mir sehr wichtig, das übrige Umfeld eben nicht und die üblichen Höflichkeitsphrasen langweilen mich nur.





Dr. Reinhard Pichler
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