Ich bin 26 Jahre alt, männlich und leide unter Redeangst, die sich meiner Meinung nach stetig verstärkt.
Leider kann ich nicht mehr genau sagen, wann diese Angst angefangen hat. Möglicherweise vor ca. 5 Jahren, als jemand einen dummen Kommentar äusserte, während ich mich vor der Klasse vorstellte. Jedenfalls ist mir diese Erinnerung geblieben.
Dann mischten sich natürlich verschiedenste Erlebnisse, die mein Selbstbewusstsein minderten, mit ein. Ich kann dazu sagen, dass ich enorm oft ein schlechtes Gewissen hatte, wenn ich bspw. mit jemandem gestritten hatte oder etwas Dummes angestellt hatte. Weiter hat sich die Angst denke ich durch die Trennung mit meiner Freundin und durch exzessiven Alk. (nicht täglich, aber an Wochenenden) ein ganzes Stück verstärkt.
Die Angst äussert sich indem ich enorm nervös werde, wenn ich weiss, dass ich bald an die Reihe komme, was ja meistens bei Vorstellungsrunden in Seminaren oder in der Schule der Fall ist. Symptome wie starkes Herzklopfen, Unkonzentriertheit und leichtes Zittern sind beim mir der Standard und trotzdem treten sie immer und immer wieder auf, wenn ich kurz davor bin, mich beispielsweise vorstellen zu müssen. Was mich am meisten stört und beängstigt ist das Zittern, das auftaucht, nachdem ich meine bescheidene und mit bedrückter Stimme gehaltene Rede abgeschlossen habe und den Blickkontakt zum Lehrer halten sollte. Das ist der schlimmste Moment und mein Kopf zittert enorm, ich weiss jedoch nicht, ob man es wirklich sieht. Ich nicke dann immer zu dem was der Lehrer bzw. Coach noch sagt, obwohl ich es meist nicht mitbekomme, so unkonzentriert bin ich dann. Manchmal fasse ich mir auch an den Hinterkopf/Nacken, als ob ich damit meinen Kopf stabilisieren und das Zittern unterdrücken könnte, wenn ich gesprochen habe. Ich denke das Zittern kommt von der enormen Anspannung.
Im Grunde weiss ich selbstverständlich, dass ich mich da in was reingesteigert habe. Trotzdem hatte ich bisher keine Besserung gesehen, obwohl man ja sagt, wie öfters man etwas tut, desto sicherer wird man oder gewöhnt sich daran. Das stimmt in diesem Fall überhaupt nicht.
Die letzten drei Jahre habe ich studiert und hab mir vor ca. einem Jahr Betablocker beim Hausarzt geholt. Zur gleichen Zeit ging ich zum Psychologen, der eine Soziale Phobie mit leichter Depression festgestellt hat. Da er „nur“ eine Gesprächstherapie durchführen wollte und die Krankenkasse die enormen Kosten nicht übernehmen wollte, brach ich dann die Therapie ab.
Wann immer ich das Gefühl hatte, eine solche Vorstellungsrunde würde auf dem Programm stehen, warf ich kurzerhand den Betablocker ein. Vor allem das Zittern konnte ich dadurch fast vollständig wegmachen, auch das Herzklopfen wurde schwächer. Der Betablocker hat sehr gut geholfen. Zum Teil nahm ich dann auch nur eine halbe Tablette, da ich sicher war, nicht zu zittern etc.
Was mich im Moment am meisten stört, ist, dass ich bereits Wochen im Voraus an mögliche Vorstellungsrunden oder Situationen, in denen ich vor Publikum reden sollte, ausmale und daran immer wieder rumgrüble. Meist schlafe ich dann am Vorabend oder bereits zwei Nächte davor sehr schlecht. Ich weiss nicht wie oft ich schon mit nur 1-2 Stunden Schlaf irgendwo hin bin. Ganz vermieden habe ich solche Situationen zum Glück noch nie. Doch ich kann sagen, dass diese Redeangst und der spürbare und krasse Mangel an Selbstbewusstsein meine Lebensqualität enorm vermindert hat. Ich schäme mich, vor so etwas Banalem und Trivialem so Schiss zu haben, es ist im Grunde einfach lächerlich, doch könnte es nun mein Berufsleben gefährden.
Hat jemand ähnliche Beschwerden? Kennt jemand einen Weg diese Angst auf natürliche Weise zu überwinden?
Besten Dank und lieben Gruss
18.10.2014 20:01 • • 15.09.2020 x 1 #1