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Hallo zusammen,

ich bin neu auf dieser Plattform und habe lange überlegt ob und wie ich diesen Beitrag überhaupt verfassen soll.

Zu meiner Person: Ich bin weiblich 23 Jahre alt, habe eine abgeschlossene Berufsausbildung und einen vernünftigen Schulabschluss.

Die Probleme fingen in jungen Jahren bereits an, dass ich Schwierigkeiten hatte mich in Gruppen einzufügen und Freunde zu finden. Ich hatte schon früh mit Ablehnung und dem Gefühl ,,anders zu sein'' zu kämpfen gehabt und dies zieht sich bis ins Erwachsenalter hin.

Als Kind habe ich ausschließlich alleine oder mit Jungs gespielt, konnte dagegen mit Mädchen, Puppen oder weiteren Mädelskram nichts anfangen, von dort an war mir klar, dass bei mir etwas anders sein muss. Häufig habe ich mich mit Lego, Dinosauriern, Gameboys, Landkarten und Fernsehprogrammzeitungen beschäftigt.

In meinen Zeugnissen wurden folgende Vermerke bezüglich des Sozialverhaltens notiert:
-Hat Probleme anderen zu zu hören
-Redet weitschweifig und nicht zum Thema passend
-Arbeitet lieber alleine
-ist häufig sehr verträumt im Unterricht
-Probleme mit Gruppenarbeiten
-verfügt über einen sehr großen Wortschatz
-Interessiert sich besonders für bestimmte Themen (Tiere, Erdkunde, Mystery)
-hat nicht nachvollziehbare Gedankengänge
-achtet nicht auf die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Mitschüler
-hat nur zu sehr wenigen Schülern kontakt

Soweit so gut, die Probleme fingen hinterher auf der weiterführenden Schule erstmal so richtig an.

Ich litt bis zum 12. Lebensjahr an Ticks und Zwangshandlungen (Arme bei Freude flattern, Am Ohr ziehen, Laute von mir geben etc.). Insofern stand ich dort schon als Verrückte da, mit der keiner was zu tun haben wollte.
Mir fiel es schwer Zweideutigkeiten und soziale Regeln zu verstehen und tapte häufig in das ein oder andere Fettnäpchen, manchmal bemerkte ich nicht, wenn jemand genervt oder wütend ist und konnte nicht verstehen warum, dies fällt mir ebenfalls heutzutage hin und wieder schwer.

Mir fiel es im Unterreicht häufig schwer den Gesamtkontext einer Aufgabe zu erkennen (besonders im Deutschunterricht) also stellte ich häufig rethorische Fragen, um sicher zu gehen, ob es auch so gemeint war wie es gesagt wurde.
Daraufhin lachte man mich ewig aus und erklärte mich für schwer bei Begriff und ich soll aufhören so dämliche Fragen zu stellen. Rücksicht oder Hilfe bekam ich keine, es hieß immer ich sei ein schwieriges Kind, was damit nur provozieren wolle.

Geburtstagsfeiern oder Partys fanden weitgehend ohne mich statt, wobei ich mich bemüht hatte mich an zu passen und Anschluss zu finden, vergeblich.
Ich wurde jahrelang stigmatisiert und als komisch abgestempelt, weil ich entweder sehr still und schüchtern war oder sehr aufgedreht und distanzlos, womit ich fielen auf die Nerven ging. Häufig redete ich auch immer über dieselben Sachen, wenn ich mal in einem Gespräch eingebunden wurde und mich somit direkt wieder ins Aus geschossen habe.

Nach der Schulzeit litt ich unter starken Depressionen, Freunde mit denen ich reden konnte hatte ich zu dem Zeitpunkt nicht gehabt eher im Gegenteil ich bekam des öfteren gemeine Nachrichten von ehemaligen Mitschülern auf mein Handy.

Während meiner Berufsausbildung fiel es mir weiterhin schwer Freundschaften zu finden bzw. mich in die Berufsschulklasse einzufügen. Auch hier eckte ich mit meiner besonderen Art an, und bemerkte wie andere mit Blicke kommunizierten, was mir übrignens immer noch ein Rätsel ist. Häufig verbrachte ich die Pausen alleine und habe mir Gedanken gemacht was mit mir nicht stimmen könnte. Jeder hatte in der Klasse Freunde gehabt und es wurde sich immer privat viel grtroffen, ich blieb wieder mal aussenvor. Meinen Humor verstand auch keiner, genauso wenig wie ich den Humor von anderen nicht nachvollziehen kann.

Na gut dachte ich mir, und fing an Akzeptanz für die gesamte Situation aufzubringen.

Nun habe ich trotz abgeschlossener Psychotherapie weiterhin Probleme:
-zu erkennen ob jemand mit oder über mich lacht.
-ob es Ironie war oder Ernst
-Heulattacken bei sozialer Ablehnung oder Kleinigkeiten
-Mit Stress oder Zeitdruck kann ich überhaupt nicht um gehen
-Soziale Phobie

Der Hammer kam dann wo ich mich mit einem sehr guten Psychiater in Verbindung gesetzt hatte und darüber berichtete.
Ich wurde an eine LWL-Klinik verwiesen, da es möglicherweise Autismus (Asperger) sein KÖNNTE.
Diese Vermutung lässt mich nicht mehr los, wieso hat man dies nicht früher gemerkt?
Momentan befinde ich mich mitten in der Diagnostik und muss mich gedulden bis die Testbögen ausgewertet sind, Zeugnisse und klinische Befunde wurden ebenfalls mit einbezogen. Mir steht alles bis oben hin, was wird aus meinem Leben wenn es so ist? Wie soll ich das meiner Familie sagen, glauben die mir das überhaupt? Kann ich unter den Umständen überhaupt eine Familie gründen später?

Ich hoffe Ihr könnt mir Tips geben, vielleicht hat jemand Ahnung von sowas.

Danke im Voraus,

Liebe Grüße Mina

09.03.2021 14:12 • 10.03.2021 x 2 #1


10 Antworten ↓


Zitat von Sugar97:
Diese Vermutung lässt mich nicht mehr los, wieso hat man dies nicht früher gemerkt?


Bei unserem Freund wurde es mit 62 festgestellt.

Deswegen ist es hilfreich, offener damit umzugehen.

Unser Freund ist Architekt, also keine Bange, Du kannst arbeiten, allerdings weiß ich, das Großraumbüros etc nicht gut sind, da Zuviel Lärm ist.

Auf YouTube gibt es ganz viele, die dazu aufklären und selber Asperger haben.

A


Hilfe, ich bin vielleicht Autistin

x 3


Dankeschön, das beruhigt mich etwas.
Nun ja jeder ist wie er ist und ich hoffe, dass ich die potenzielle Diagnose als Chance sehen kann zu mir selbst zu stehen wie ich bin.
Diese Warterei und die Ungewissheit ist aber sehr schlimm, da eine Autismusdiagnose oft mit langen Wartezeiten verbunden ist.

Hab Geduld und ansonsten kannst du dich ja schon mal informieren.
Mir sind dann auch viele Sachen eingefallen, warum er sich in bestimmten Situationen so verhalten hat.

Sei willkommen Mina,

ein Hauptmerkmal von Asperger ist lt. Literatur in der Tat die fehlende Emphatie. Obschon sie gefühlt sowieso immer mehr um sich greift, hört sich Deine Beschreibung schon etwas heftig an und ich gebe zu, der Verdacht ist wohl nicht ganz unbegründet.

Ich hatte in der Realschule einen Freund, den ich aus heutiger Sicht durchaus als Asperger-Patienten bezeichnen würde. Es war sehr schwer, mit ihm warm zu werden. Rumblödeln, sich gegenseitig zum Spaß foppen ging mit ihm gar nicht. Insgesamt wirkte er auf die meisten wie hinter einer unsichtbaren Wand, z. T. auch wie ein gefühlloser Roboter.

Mich hat er irgendwie fasziniert, gerade weil er so anders war: Wir alle wollten in dem Alter cool sein - ER war wirklich cool... Mir tat er aber zunehmend leid und zahlreiche Nachmittage mit ihm waren aus meiner Sicht öde bis verstörend. Nie war ein wirklich
vertrauliches Gespräch zwischen uns zustande gekommen.

Seine Eltern waren, wie meine auch, schon relativ alt im Vergleich zum Durchschnitt. Ich hatte den Eindruck, dass er selten Besuch von Gleichaltrigen bekam, so wie mich seine Eltern behandelten.

Wie sieht es denn mit Deinen Gefühlen DIR gegenüber aus? Sind die deutlich spürbar - Traurigkeit, Freude, Wut etc.? Magst Du Dich leiden?

Dass Dir die Reaktionen der anderen nicht geheuer sind, ist ja nachdem was Du durchgemacht hast völlig nachvollziehbar! Du hast aus Deinem Elterhaus bisher nichts erzählt. Das ist natürlich OK aber das könnte ja auch starke Einflüsse haben. Doch das habt Ihr sicher in der Therapie durchgearbeitet?

Egal, ob und welche Diagnose Du bekommst, könnte ich mir vorstellen, dass das Forum hier Dir guttun könnte. Es ist vielleicht zumindest übergangsweise ein Format, das Deinem Wesen zupasskommt, denn Du wirkst sehr überlegt und treffsicher was Deine obige Bestandsaufnahme betrifft. Ich glaube, Du wärst auch eine Bereicherung für uns. Hier spielt die Mimik, Körperrhetorik etc. keine Rolle. Außerdem hast Du vielleicht etwas andere Perspektiven, die dem ein oder anderen hier den eigenen Blickwinkel gerade rücken oder zumindest in Frage stellen können.

Hey Moo
Danke für deine Antwort.
Gefühle habe ich sehr intensive manchmal fällt es mir schwer vernünftig über meine Gefühle zu sprechen und diese zu verdeutlichen. Mir fällt auf, dass ich meine Gefühle schlecht kontrollieren kann und ich damit mehr schlecht als recht umgehen kann.

Empathie kann ich grundsätzlich aufbringen, insofern die Situation des anderen offensichtlich ist und ich mich hinein versetzen kann.

Schwierigkeiten habe ich mit der Theory of Mind; sprich wie könnte das gesagte von mir auf andere wirken. Oft wirke ich sehr untaktisch im Gespräch und trete manchen auf den Schlips, ohne das zu merken oder vorraus zu schauen.

Zitat von moo:
in der Tat die fehlende Emphatie.


Hier muss ich einwerfen, dass jeder anders ist genauso wie depressive Menschen eine Depression anders empfinden.

Unserer Freund spürt selbst durch Emails, wie ich mich fühle und weiß genau wie er mich dann durch Worte unterstützen kann.
Er war während meiner Depressionsphase derjenige, der mich neben meinem Mann am meisten getragen hat.

Klingt interessant
Ich frage gerne bei Mitmenschen nach ob alles okay ist und wie sie sich fühlen, wenn es für mich nicht offensichtlich ist.

Hat dein Kumpel auch Probleme Gesichter von Bekannten wieder zu erkennen?

Mir ist manchmal aufgefallen, dass mich Leute kennen, die ich nicht auf den ersten Blick wieder erkannt hab. Und dass ich mich Leuten mehr Mals vorstelle, ab dem vierten Mal denken die ich bin bekloppt.

Zitat von Sugar97:
Hat dein Kumpel auch Probleme Gesichter von Bekannten wieder zu erkennen?


Nein. Bei ihm fängt zB der Computer an zu flimmern (was auf dem Bildschirm ist).

Zitat von Sugar97:
Mir ist manchmal aufgefallen, dass mich Leute kennen, die ich nicht auf den ersten Blick wieder erkannt hab. Und dass ich mich Leuten mehr Mals vorstelle, ab dem vierten Mal denken die ich bin bekloppt.


Das hat nichts mit Autismus zu tun. Es ist eine eigenständige Krankheit.

Kann auch eine eigenständige Krankheit sein oder mit den Augen zu tun haben.
Wobei mein Sehtest gut ausgefallen ist für den Führerschein, kann aber auch ein gängiges Defizit sein, wovon wir Menschen ja alle mindestens eins haben.

A


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Dr. Reinhard Pichler
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