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Hallo,
ich versuche gerade, da meine psychosomatischen Beschwerden in der Gegenwart anderer Menschen, mit denen ich mich direkt unterhalte, fast immer verschwinden, Freundschaften aufzubauen. Ich habe derzeit nur einen Freund, den ich nun schon seit 14 Jahren kenne und mit dem ich es schaffe ohne nachzudenken über alles zu reden. Allerdings sehe ich selbst ihn nie nach Feierabend, da wir bereits 8 Stunden zusammen im Büro sitzen.

Mein Problem ist, dass Gespräche für mich anstrengend sind, mir keine Freude bereiten und ich immer insgeheim hoffe, dass das Gespräch bald vorbei sein wird. Lediglich bei meinen Eltern und meinem besten Freund ist dies nicht so.

Ich kann mich zwar gut artikulieren und auch auch meistens etwas zum Gespräch beitragen, doch ist es für mich sehr anstrengend ein Gespräch in Gang oder im Fluss zu halten - und selbst wenn mir das nach außen hin gelingt, strengt es mich innerlich irgendwie an.
Wird das durch Training besser?

Das bringt mich insofern in eine Zwickmühle, als das mir Gespräche ja anscheinend gut tun (auf Grund diverser Traumata kann ich Gefühle leider fast nur noch über Körperempfindungen wahrnehmen) - sonst würden ja meine psychosomatischen Beschwerden nicht nachlassen - ich auch irgendwie, wie andere auch, gern Zeit mit Freunden verbringen würde, aber genau das ja schwer für mich zu sein scheint.

Ich lebe in der Hoffnung, dass sich diese Probleme von allein lösen, wenn ich nur die richtige Person gefunden habe, allerdings bin ich mir mittlerweile da auch nicht mehr so sicher. Ich weiß auch nicht, ob ich mit jemandem besser zurecht komme, der selbst ruhig ist, oder gerade viel redet, jemand der intelligent ist oder der nur über Belanglosigkeiten redet.

Ich denke auch viel zu viel nach. Was könnte man jetzt als nächstes antworten? Welches Gesprächsthema könnte ich wählen?

Aber vielleicht ist es mit Gesprächen wie mit Ängsten. Einfach machen und dran bleiben. In der Hoffnung, dass es dadurch besser wird.

23.07.2022 20:02 • 24.07.2022 x 3 #1


2 Antworten ↓


Das Leben ist ab und an ziemlich anstrengend und es schadet nicht, wenn man weiss, ob sich die Anstrengung für sich lohnt. So lange man im Wunschdenken verharrt, im hätten gerne, oder ich wünsche mir, solange ändert sich gar nichts.

Insofern wäre es wichtig, dass du dir eher Gedanken darüber machst, warum du Gespräche so schwierig findest, warum du meinst, das Gegenüber unterhalten zu müssen, oder dir über den Gesprächsverlauf so viele Gedanken machst.

Wenn man mal weiss, warum man so oder so reagiert, ist es viel einfacher, Änderungen vorzunehmen, als wenn man null Ahnung hat, wer man eigentlich ist, oder warum man so geworden ist.

Vielleicht könnte es helfen, Freundschaft generell nicht unbedingt auf der verbal-kommunikativen Ebene zu begreifen.

Beispiel: Nimm Dir einen Menschen, der Dich im Alltag irgendwie anspricht und stelle Dir diesen Menschen als Freund(in) vor. Lebe in Deiner Vorstellung mit ihm/ihr und teile Dich ihm in Deiner bevorzugten Art und Weise mit - z. B. nur durch eine Berührung seiner Hand, durch einen Blick in seine Augen, durch ein Herankuscheln, durch ein gemeinsames Schweigen.

Es geht um die Gemeinsamkeit. Um das geistige Erleben von Gemeinsamkeit. Das hat nichts mit einer Idealisierung oder Tagträumen zu tun, sondern mit Kontaktaufnahme mit Deiner eigenen Ausdrucksweise. Du lernst dabei, Dich zu verstehen, ohne Dich dabei zu bewerten. Wenn Du bei dieser Übung auch Worte wählst, sprich sie auch wirklich aus - egal wie leise. Höre Dich sprechen, sprich Dich aus...

Wer generell eher Angst vor Gesprächen hat, traut idR den eigenen Worten nicht. Er bangt darum, richtig verstanden zu werden. Die o. g. Übung soll zeigen, dass Worte an sich neutral sind. Sie bewirken jedoch bemerkenswerterweise mehr für den Sprechenden, als für den Hörenden. Das aber nur, wenn man bewusst spricht. Wenn man sich wirklich in die Sprache reinlegt, sich damit befördert. So wird Sprache erst Verständigung und wirkt dadurch sowohl befreiend als auch bereichernd.





Dr. Reinhard Pichler
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