Hallo liebe Forums-Mitglieder,
ich arbeite seit einem halben Jahr in einem Pflegeheim am Empfang, weil ich in meinem gelernten Beruf keine Stelle finden konnte. Am Empfang spielt die Betreuung der Bewohner eine große Rolle und ich fühle mich dem nicht gewachsen. Eine an Schizophrenie erkrankte Bewohnerin kommt fast jeden Tag an den Empfang, sie redet permanent auf mich ein, beschwert sich in großer Aufregung lautstark über Dinge, die nicht der Realität entsprechen oder was nicht zu ändern ist. Ich fühle mich dann hilflos, ihr enormes seelisches Leid geht mir sehr stark an die Substanz. Dann kommt die nächste Bewohnerin und klagt darüber, dass sie nicht mehr lesen, nicht mehr schreiben, nichts mehr hören kann. Sie sagt, niemand würde sich mit ihr beschäftigen. Sie sagt, ihr Leben sei nicht mehr lebenswert und sie möchte am liebsten so schnell wie möglich sterben. An den sehr betreuungsintensiven Tagen bin ich durch diese geballte Ladung an seelischem Leid dermaßen emotional überwältigt, dass ich mich sehr zusammenreißen muss, um am Arbeisplatz nicht loszuheulen. Ich nehme die Klagen der Bewohner sehr ernst, ich höre ihnen zu, ich versuche, sie zu trösten. Dennoch habe ich das Gefühl, dass ich im Bereich Sozialkompetenz starke Defizite habe und meine sozialen Fähigkeiten -wo es um positive Zuwendung für die Bewohner geht- nicht ausreichen, um hier wirklich gute Arbeit leisten zu können! Ich glaube in diesem Bereich besteht bei mir kaum Entwicklungspotential.
Meine Kindheit war gekennzeichnet durch emotionale und körperliche Mißhandlungen, soziale Verwahrlosung. Ich habe eine authoritäre, frauenfeindliche Erziehung erhalten. Ich durfte meine Gefühle nicht zum Ausdruck bringen, ich wurde von den Eltern sehr stark abgewertet, mir wurde eingeredet, dass ich nichts kann, nichts wert bin, meine Gefühle und Gedanken hatten keine Berechtigung. Meine Mutter war immer sehr gereizt, dominant, aggressiv, abweisend, respektlos, nicht emphatisch.
Aufgrund meiner gestörten Bindungserfahrungen im Elternhaus hat sich bei mir eine Gefühlswelt und ein Charakter herausgebildet, der geprägt ist von starker Schüchternheit, Ängstlichkeit, Unsicherheit, wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, schnelle nervliche Übererregung und Erschöpfbarkeit, starke Gefühle von Verlassensein, Verlorensein, Hilflosigkeit und Ohnmacht.
Aufgrund dieser Problematik bin ich generell wenig belastbar. Wenn es darum geht, von außen gesetzte Leistungs-Anforderungen erfüllen zu müssen, insbesondere im Bereich soziale Beziehungen, fühle ich mich sehr schnell überfordert, unfähig, inkompetent, neige dazu, schnell aufzugeben, habe generell Insuffizienzgefühle. Ich empfinde eine massive innere Anspannung, Unruhe, Panik, innere Lähmung, ja massive innere Widerstände, alles in mir sträubt sich gegen die Arbeitswelt mit ihren Anforderungen und Erwartungen.
Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, bin ich so extrem erschöpft, innerlich total aufgedreht, unruhig, zittrig und muss mich erstmal für 2-3 Stunden hinlegen. Ich fühle mich innerlich wie ausgehöhlt. Für Freizeitaktivitäten habe ich gar keine Kraft mehr. Ich bin chronisch müde, antriebslos, fühle mich einsam und verlassen.
Ich habe meiner Therapeutin ausführlich geschildert, wie es mir mit dieser Arbeit geht. Sie ist der Meinung, auch wenn mich die Betreuung der Bewohner emotional so stark belastet, sollte ich daran denken, dass es den Bewohnern hilft und gut tut, wenn sie mir ihr Leid klagen können und sich ihre schwierige Situation im Heim durch mein Zuhören verbessert. Das stimmt, die Bewohner sagen mir, dass sie sich sehr gerne mit mir unterhalten, dass ich sehr freundlich bin und bedanken sich sogar bei mir. Es ist aber eindeutig so, dass mir der Umgang mit den Bewohnern alles andere als gut tut. Wenn ich die Bewohner betreuuen muss, fühle ich mich emotional ausgesaugt, ich nehme ihr Leid in mich auf und habe das Gefühl, ich ersticke daran, weil ihr Leid so ungeheuerlich ist!
Es hilft mir nicht weiter, gesagt zu bekommen, immer nur an die anderen zu denken und das Seelenheil darin zu suchen, mich für andere Menschen aufzuopfern. Ich verbringe doch mein ganzes Leben damit, es allen Leuten um mich herum recht zu machen, mich zu verleugnen, zu dienen, meine Pflicht zu erfüllen und meine Gefühle zu unterdrücken und mich selbst unsichtbar zu machen! Ich bin in sozialen Interaktionen ständig darauf bedacht, herauszufinden, was ich tun muss, um anderen Leuten zu gefallen, es fällt mir sehr schwer, anderen Menschen Grenzen zu setzten.
Gibt es unter euch Sozialphobikern auch welche, die durch ihre Angst am Arbeitsplatz stark beeinträchtigt und gestresst sind?
Würde mich sehr freuen, wenn mir jemand was zu diesem Thema schreibt!
Kalliope
ich arbeite seit einem halben Jahr in einem Pflegeheim am Empfang, weil ich in meinem gelernten Beruf keine Stelle finden konnte. Am Empfang spielt die Betreuung der Bewohner eine große Rolle und ich fühle mich dem nicht gewachsen. Eine an Schizophrenie erkrankte Bewohnerin kommt fast jeden Tag an den Empfang, sie redet permanent auf mich ein, beschwert sich in großer Aufregung lautstark über Dinge, die nicht der Realität entsprechen oder was nicht zu ändern ist. Ich fühle mich dann hilflos, ihr enormes seelisches Leid geht mir sehr stark an die Substanz. Dann kommt die nächste Bewohnerin und klagt darüber, dass sie nicht mehr lesen, nicht mehr schreiben, nichts mehr hören kann. Sie sagt, niemand würde sich mit ihr beschäftigen. Sie sagt, ihr Leben sei nicht mehr lebenswert und sie möchte am liebsten so schnell wie möglich sterben. An den sehr betreuungsintensiven Tagen bin ich durch diese geballte Ladung an seelischem Leid dermaßen emotional überwältigt, dass ich mich sehr zusammenreißen muss, um am Arbeisplatz nicht loszuheulen. Ich nehme die Klagen der Bewohner sehr ernst, ich höre ihnen zu, ich versuche, sie zu trösten. Dennoch habe ich das Gefühl, dass ich im Bereich Sozialkompetenz starke Defizite habe und meine sozialen Fähigkeiten -wo es um positive Zuwendung für die Bewohner geht- nicht ausreichen, um hier wirklich gute Arbeit leisten zu können! Ich glaube in diesem Bereich besteht bei mir kaum Entwicklungspotential.
Meine Kindheit war gekennzeichnet durch emotionale und körperliche Mißhandlungen, soziale Verwahrlosung. Ich habe eine authoritäre, frauenfeindliche Erziehung erhalten. Ich durfte meine Gefühle nicht zum Ausdruck bringen, ich wurde von den Eltern sehr stark abgewertet, mir wurde eingeredet, dass ich nichts kann, nichts wert bin, meine Gefühle und Gedanken hatten keine Berechtigung. Meine Mutter war immer sehr gereizt, dominant, aggressiv, abweisend, respektlos, nicht emphatisch.
Aufgrund meiner gestörten Bindungserfahrungen im Elternhaus hat sich bei mir eine Gefühlswelt und ein Charakter herausgebildet, der geprägt ist von starker Schüchternheit, Ängstlichkeit, Unsicherheit, wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, schnelle nervliche Übererregung und Erschöpfbarkeit, starke Gefühle von Verlassensein, Verlorensein, Hilflosigkeit und Ohnmacht.
Aufgrund dieser Problematik bin ich generell wenig belastbar. Wenn es darum geht, von außen gesetzte Leistungs-Anforderungen erfüllen zu müssen, insbesondere im Bereich soziale Beziehungen, fühle ich mich sehr schnell überfordert, unfähig, inkompetent, neige dazu, schnell aufzugeben, habe generell Insuffizienzgefühle. Ich empfinde eine massive innere Anspannung, Unruhe, Panik, innere Lähmung, ja massive innere Widerstände, alles in mir sträubt sich gegen die Arbeitswelt mit ihren Anforderungen und Erwartungen.
Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, bin ich so extrem erschöpft, innerlich total aufgedreht, unruhig, zittrig und muss mich erstmal für 2-3 Stunden hinlegen. Ich fühle mich innerlich wie ausgehöhlt. Für Freizeitaktivitäten habe ich gar keine Kraft mehr. Ich bin chronisch müde, antriebslos, fühle mich einsam und verlassen.
Ich habe meiner Therapeutin ausführlich geschildert, wie es mir mit dieser Arbeit geht. Sie ist der Meinung, auch wenn mich die Betreuung der Bewohner emotional so stark belastet, sollte ich daran denken, dass es den Bewohnern hilft und gut tut, wenn sie mir ihr Leid klagen können und sich ihre schwierige Situation im Heim durch mein Zuhören verbessert. Das stimmt, die Bewohner sagen mir, dass sie sich sehr gerne mit mir unterhalten, dass ich sehr freundlich bin und bedanken sich sogar bei mir. Es ist aber eindeutig so, dass mir der Umgang mit den Bewohnern alles andere als gut tut. Wenn ich die Bewohner betreuuen muss, fühle ich mich emotional ausgesaugt, ich nehme ihr Leid in mich auf und habe das Gefühl, ich ersticke daran, weil ihr Leid so ungeheuerlich ist!
Es hilft mir nicht weiter, gesagt zu bekommen, immer nur an die anderen zu denken und das Seelenheil darin zu suchen, mich für andere Menschen aufzuopfern. Ich verbringe doch mein ganzes Leben damit, es allen Leuten um mich herum recht zu machen, mich zu verleugnen, zu dienen, meine Pflicht zu erfüllen und meine Gefühle zu unterdrücken und mich selbst unsichtbar zu machen! Ich bin in sozialen Interaktionen ständig darauf bedacht, herauszufinden, was ich tun muss, um anderen Leuten zu gefallen, es fällt mir sehr schwer, anderen Menschen Grenzen zu setzten.
Gibt es unter euch Sozialphobikern auch welche, die durch ihre Angst am Arbeitsplatz stark beeinträchtigt und gestresst sind?
Würde mich sehr freuen, wenn mir jemand was zu diesem Thema schreibt!
Kalliope
03.05.2007 13:48 • • 04.05.2007 #1
1 Antwort ↓