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Ich war nun etwas ratlos, was ich genau schreiben soll... also fange ich mal irgendwie an und der Rest kommt dann von allein. Wenn es etwas chaotisch wirkt... Tut mir Leid. :/

Ich schrieb Angst-Komplex, weil ich relativ viele Ängste habe - die Meisten kann man sicher unter Soziophobie ein ordnen, aber es gibt auch einige... ähm... Ausnahmen.
Egal... ich weiß nicht genau, wo der Ursprung dieser Ängste liegt - ich tippe aber einmal auf meine schwere Schulzeit. Ich war von der ersten Klasse an das typische Opfer. Angefangen von tätlicher Gewalt über Ausgrenzung bis hin zu Diebstahl und Verstecken von Schulmaterialien und teilweise auch Kleidungsstücken war alles dabei. Von Klasse zu Klasse wurde es schlimmer - so waren die Mobbversuche in der ersten Klasse noch recht kindlich, wurden dann mehr handgreiflich und in der Gesamtschule dann verbal.
Ein Schulwechsel nach Umzug brachte keine Besserung und auch in meiner (ersten) Berufsschule ging das Ausgrenzen fröhlich weiter. Erst in meiner jetztigen Ausbildung - wiederum nach Orts-Wechsel - brach das auf. Seit drei Jahren kein einziger Mob-Versuch, auch wenn ich oft Panik habe, dass es noch kommen könnte.
Aber ich greife vor.

Während meiner Grundschulzeit verliefen die an sich krassesten Aktionen, die auf körperlicher Ebene blieben. Verbal kamen die werten Mädels und Jungen nicht ganz klar. Die Lehrer konnten bzw. wollten nichts unternehmen - bzw. einmal wurde ich sogar aus der Klasse geworfen, nachdem ich (und jetzt kommts!) nicht traute mich Weinen auf zu hören.

Die Verhältnisse zu Hause machten es auch nicht gerade besser. Meine Mutter verstand nicht, warum ich mich so unterbuttern ließe und meinte nur,dass ich mich doch mal wehren sollte. In meiner kindlichen Naivität dachte ich dann damals, dass die Schläge aufhören, wenn ich einmal zurück haue. Klappte natürlich nicht, weswegen ich dass dann auch aufgab und es noch zu mehr Diskussion mit Mama führte.
Ein weiteres Problem war, das meine Mutter vor Selbstvertrauen nur so strotzt und auch leichte, cholerische Züge hat. Zudem ist sie eine beeindruckende Gestalt und sie weis, wie man sich den Respekt einhohlt, den einem zu steht. Nicht umsonst wurde einer der schlimmsten Dro. bei ihr zum Lamm und gestand jedes Detail seiner Sucht und seiner Beschaffungswege.
Für sie wäre es einfach gewesen, sich gegen meine Klassenkameraden durch zu setzen - sie hätte sie im Zweifel in Grund und Boden geschrien.
Ich selber habe zwar ihre Stimmengewalt geerbt - sprich ich kann auch richtig laut werden, wenn ich mich will - aber ich traue mich nicht. Was sie wieder nicht verstehen kann.
Irgendwann habe ich aufgehört, mich ihr anzuvertrauen, weil es immer nur auf das Gleiche hinaus lief.

Mit meinen Stiefvater (meinen leiblichen Vater kenne ich nicht) war es noch schlimmer. Wir hegten eine tiefe Abneigung gegeneinander und pflegten diese auch eins A. Ich haute gerne ein paar böse Sachen an den Kopf und war nicht immer einfach, weil ich eigentlich nie das machte, was ich wollte.
Im Gegenzug hat er mich auch nie verstanden und hat auch diverse Aktionen persönlich genommen, die nicht so gedacht waren und aus reinen Unwissen entstanden. Das er da schnell gewalttätig wurde, hat natürlich auch nicht wirklich geholfen.
Ich habe ihn auch während meiner gesamten Schulzeit nicht als Erziehungsberechtigen anerkannt und nahm es mehr als persönlich, als er meine Mutter heiratete (nachdem ich ihr ein Jahr zuvor gesagt habe, dass ih das nicht möchte... keine Ahnung wie sehr ich die Beiden damit verletzt habe).
Eventuell ist hier noch der Hinweis nützlich, dass ich ihn erst kennen lernte, als ich sechs war. Ich wusste auch von Anfang an, dass er nicht mein Vater war und akzeptierte ihn zu beginn auch. Nur der Zusammenzug machte alles kaputt.

Jedenfalls gibt es dann noch den Sohn meines Stiefvaters, der nur ab und zu zu Besuch war. Ich verstand damals nicht warum - aber der wurde weit aus besser behandelt als ich. Machten wir Beide Unsinn, bekam ich schimpfe, er die Kekse. Meine Mutter drehte das dann wieder um (ich bekam Kekse, er die schimpfe) und diskutierte da auch ein paar mal mit meinen Stiefvater, weil diese Zweiklassenbehandlung alles andere als gerecht sei. Er hat es zwar eingesehen - wenn wir beide Mist bauten, gab es jetzt für beide schimpfe - aber schwer fiel es ihm trotzdem. inzwischen denke ich, dass es etwas mit den Konkurrenzdenken wegen seiner ersten Frau um seinen Sohn zu tun hatte.

Später kam dann noch mein kleiner Bruder dazu und damit ein gewisser Grad an Eifersucht. Sicher war mir klar, dass er gerade am Anfang mehr Aufmerksamkeit brauchte, aber darum drehte sich die Eifersucht auch nicht.
Umso größer er wurde, umso mehr fiel mir ins Auge, wie anders mein Stiefvater ihn behandelte. Als ich sieben war, musste ich zum Beispiel im Haushalt mithelfen (einfache Sachen wie mal das eine oder andere in den Kühlschrank stellen, Eier hohlen, etc) und durfte auch nicht vom Tisch aufstehen, bis ich aufgegessen hatte.
Tom - so der Name meines Bruders - durfte bzw musste das alles nicht. Inzwischen ist mir - zumindest beim essen - klar, dass der Unterschied daran lag, dass ich ein sehr sehr sehr sehr schlechter Esser war und auch sehr mäckelig war (und bin). Hätten sie das bei mir zugelassen, hätte ich wahrscheinlich nichts gegessen.

Damals jedoch trug das alles dazu bei, dass ich mit Beginn meiner Pubertät immer weiter Richtung Depression abrutschte und auch diverse Selbstmordgedanken hatte. Damals griffen dann auch die Ängste immer mehr um sich - mit einen Male traute ich mich nicht mehr ins Restaurant in den Mama wartete oder hatte fürchterliche Angst ihr zu sagen, dass ich irgendwo eine Vier hatte.
Bis Ende der Schulzeit war mein Leben dann ein einziger Kampf... ich musste zum Beispiel mit dem Bus zur Schule fahren und hatte gleichzeitig Panik, dass der Bus einen Unfall baute. Jeden Morgen. Jeden Nachmittag.
Ich hatte Angst vor der Klasse und was sie sich nun wieder ausgedacht haben - jeden Tag, jede Stunde, jede Pause.
Ich hatte Angst in der Schule zu versagen und gleichzeitig war ich dank der Depression absolut demotiviert etwas zu tun.
Zwei Monate vor der Abschlussprüfung brach ich dann das erste Mal zu Hause zusammen. Ich wollte einfach nicht mehr zur Schule und sagte das auch meiner Mutter. Es brauchte sie drei Stunden um mich wieder zu beruhigen, sie legte mich dann in ihr Bett und machte ein paar Telefonate (später erfuhr ich, dass sie die Schulleitung rund machte, die das Problem zu ignorieren schien; außerdem das sie mit den Vertrauenslehrern sprach - die das zwar nicht ignorierten, aber ihre Augen eben nicht überall haben konnten - und den Jungen, den ich oben erwähnte... den Dro., der damals die neunte Klasse wiederholte und den Beschützerauftrag für den Rest meiner Schulzeit erhielt - das machte er effektiv einmal, in dem er den Obermeier meiner Klasse an die Wand nagelte, ihm ein paar Takte erzählte und dann wieder ging - das Mobbing ging dann merklich zurück) und ich schaffte es weiterhin zur Schule zu gehen.
Es folgten danach auch zwei oder drei nette Deutschstunden mit unserer Klassenlehrerin, die eine Kurzgeschichte zu einem Jungen lesen lies, der gemobbt wurde und sich letztlich umbrachte. Danach verstand das Mobben fast völlig, es wurden auch einige Entschuldigungen an mich heran getragen und ich konnte in relativer Ruhe meinen Schulabschluss machen.

Mit 16 zog ich dann zu Hause aus, weil meine erste Ausbildung gut 200km weit weg war. Da ging das Mobbing rein verbal dann weiter und meine sozialen Ängste nahmen immer weiter zu. Ich traute mich Beispielsweise lange nicht einzukaufen oder mir Geld von der Sparkasse zu hohlen, weil ich nicht wusste, wie das ging. Um Hilfe bitten konnte ich nicht, weil ich zu große Angst hatte, mich zu blamieren. Irgendwann half mir ein netter Sparkassenangestellter, der mich recht hilflos vor einem der Apparate stehen sah.
Danach traute ich mich aber nicht mehr in diese Filiale und nahm es lieber auf mich zu der zwei Kilometer entfernten anderen Filiale zu laufen, statt die auf meinen Heimweg zu nehmen.
Leider wollte meine rein schulische Ausbildung es dann so, dass ich diverse Praktikas mache. Diese waren in ganz Deutschland verteilt und sorgten dafür, dass sich bestimmte Ängste immer weiter manifestierten. So verlief ich mich in München einmal mitten in einer Menschenmenge auf den Weihnachtsmarkt. Seit dem meide ich nicht nur Weihnachtsmärkte sondern auch Menschenansammlungen. Gerade ich in eine solche werde ich meistens Aggressiv, da ich einen sehr sehr schnellen Gang habe und mir die Menge zu langsam ist. Vorbei drängeln traue ich mich allerdings wiederum nicht, pöpeln erst recht nicht, weswegen ich diese Aggressionen in mich hinein fresse und das meiner Depression und den Ängsten immer mehr Nahrung gibt.
Dann meine Angst vor Bus und örtlichen Schienenverkehr. Einmal so jämmerlich verfahren mit einer Unfall-Panik-Attacke, dass ich seit dem alle Wege laufe. Alle. So hatte ich in Magdeburg täglich zweimal einen 15km-Marsch zu bewältigen - über sechs Wochen.
Angst vor der Bahn habe ich dagegen niemals entwickelt - auch wenn ich dort einige Panikattacken hatte. Ich setze mich immer wieder ohne Probleme rein.
Meine Praktikas waren jedenfalls dadurch gekennzeichnet, dass ich mutterseelenallein in irgendeiner, winzigen Wohnung saß und verzweifelte. Mama anrufen ging nicht, weil ich sie nicht enttäuschen wollte und Angst hatte, dass sie das nicht versteht.
Vor Verwandten habe ich diese Sache mit den weiten Fahrten in völlig fremde Städte auch immer wieder runter gespielt. Bloß nicht zugeben.

Das mit unter schlimmste Erlebnis hatte in jener Zeit in meiner WG. Mit den Leuten habe ich mich nie verstanden - schon allein weil die täglich sauften und ich kein Alk. zu mir nahm. Dazu kamen völlig unterschiedliche Interessen und meine Angst mich ihnen anzunähern. An sich hatte ich auch keine Ahnung, wie ich das tun sollte.
Eines Tages jedoch schlugen sie fast meine Tür in trunkenen Zustand ein - warfen Stühle dagegen und verlangten Einlass (die Tür hatte ich immer abgeschlossen). Ich lag heulend im Bett, weil es doch schon recht spät war und stand Todesängste aus. Am nächstem Tag floh ich dann zu meinen Großeltern.

Nach der Ausbildung landete ich dann in Mannheim im Call-Center. Das war auch Horror - schon am Ersten Tag in der Stadt stand ich drei Stunden im Regen, weil der Mann, der mir die Wohnung vermietete, nicht auftauchte und ich den Schlüssel nicht hatte. man muss dazu sagen: ich hatte da gerade eine 6h Zugfahrt hinter mir. Einfach nach Hause fahren war nicht.
Glücklich wurde ich da nie und zum Glück wurde ich nach einen halben Jahr gekündigt.
So zog ich dann bei meinen Freund ein - wieder weit weit weg von Mannheim und weit weit weg von den elterlichen Heim. Dort ging es mir - auch während meiner noch immer laufenden zweiten Ausbildung - besser. Auch weil mein Freund mir viel Unterstützung anbot und auch auf meine Ängste mehr oder weniger einging.
Das änderte sich dann aber im Mai letzten Jahres - dann machte er Schluss und es wurde ALLES schlimmer. Nervenzusammenbruch, ich traute mich nicht mal mehr aus den Haus am Wochenende, ein Fast-Selbstmordversuch (ich hatte das Messer in der Hand, legte es aber wieder zurück) und traute mich auch nicht zur Nachbarin (die meine Ausbilderin war und echt ein gutes Herz hat) zu gehen oder Mama anzurufen.
Es folgten eine lange Krankschreibung, die ich zu Hause verbrachte, sowie eine Therapie in einer Klinik und bei einer Psychotherapeutin davor und danach. Es ging mir dann zwar kurzweilig besser aber im Januar schrieb mich mein Chef abermals krank (ich arbeite in einer Praxis) und ich ging in die Tagesklinik. Damit wären wir bei heute.
Aktuell ist es nicht mehr ganz so schlimm wie im Juni, da ich durch die Klinik zwei wirklich liebe Leute kennen lernte und mit denen ich seit kurzem wieder etwas mehr Kontakt pflege und die mir nun auch helfen und Unterstützung anbieten, bis ich wieder nach Hause - also zu Mama - kann. Denn das ich wieder nach Brandenburg gehe, steht fest. Ich will nur noch meine Ausbildung beenden.

So, das wäre einmal der grobe Lebenslauf. Dazu kommen noch... mmh... nennen wir es... sexuelle Ängste, die durch meine Entjungferung (blödes Wort) ausgelöst wurden (der Kerl war alles andere als sanft, die Schmerzen wurden mit Mal zu Mal schlimmer) und dafür sorgten, dass meine Libido nicht existent ist. Ein Thema, was natürlich auch meine Beziehungen belastet. Einer meiner Freunde zwang mich mehr oder minder dazu (entweder du machst mit oder ich mache schluss!), was das Ganze nicht besserte. Nach ihm habe ich es nicht mehr versucht, weil ich zu große Angst vor Schmerzen habe und mir auch sehr sehr sehr unsicher bin, was ich dann machen soll. Wirklich stören tut mich das Ganze nicht mal - erst wenn ich an meinen Freund denke, wird es schlimm... da es mir Leid tut, dass er nicht darf. Kompliziert...

Außerdem traue ich mich nicht mehr, mich meiner Mutter anzuvertrauen. Das ich in die Tagesklinik kam, hat sie erst gestern erfahren, weil ich Angst hatte, dass sie schimpft. Weil ich nicht anrufen wollte, konnte ich auch nicht in Erfahrung bringen, wie es meinen Opa geht (wird nach mehreren Schlaganfällen nun operiert und liegt im Krankenhaus) und habe auch IHRE Routine-OP total vergessen. Ich habe sie im Aufwachzimmer erreicht...

Momentan bin wieder leicht am verzweifeln, wenn ich den Berg Probleme beachte, der da vor mir liegt. :/

30.01.2011 00:24 • 08.03.2011 #1


1 Antwort ↓

Hallo,

ich habe mir Deinen Text aufmerksam durchgelesen, Parallelen zu mir sind bzgl. Mobbing in d. Schulzeit da. Bei mir ist das Hauptproblem die Soziophobie, v.a. im Beruf.
Da ich eine Partnerin habe, die mich damit auch annimmt, kann ich eine gute Beziehung führen, obwohl ich relat. schwierig im Umgang bin (depressive Phasen).
Mom. habe ich große Schwierigkeiten im Beruf bzw. in der Berufswahl (an Umschulung und sonst. Weiterbildung ist nicht zu denken, bin dauerhaft krankgeschrieben, muß demnächst zum Gutachtentermin...).
Was findet in der Tagesklinik statt (bin da nicht so informiert)?

Gruß,
Katja





Dr. Reinhard Pichler
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