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Hallo Zusammen,

geht es hier noch welchen so?

Ich habe am Montag ein Probearbeiten und absolute Angst/Panik davor.
Ich bin nicht faul oder unbedingt das, was viele als dumm bezeichnen würden...
ich habe einfach Angst davor, dass ich das nicht packe. Angst vor der Kritik, vor den Menschen- letztendlich doch zu versagen, in jeder Hinsicht.
Jeder im meinem Umfeld erwartet natürlich, dass ich arbeiten gehe, wie es jeder Normale in dieser Leistungsgesellschaft tut- es ist schließlich das normalste auf der Welt...

Das bewerben ist für mich eigentlich kein Problem- beim Probearbeiten fängt es dann an und danach hört es komplett auf... es ist, als ob mich irgendwas völlig blockiert.
Vor allen Dingen stehe ich unter Druck, da wir auch finanziell nicht allzu gut dastehen (meine Frau ist krankgeschrieben, ich bekomme derzeit 140Euro ALG2- wofür ich mich sehr schäme).

Ich möchte arbeiten gehen, aber die Tatsache, dass ich mit vielen Menschen (Kollegen) zutun haben werde, dass die Leute auf mich herabblicken, mich kritisieren, viel erwarten, dass ich 5-6 mal in der Woche für ca. 9 Stunden hin muss, macht mich einfach fertig. Ich weiß, wie absurd und bescheuert das klingen muss... aber für mich ist das wirklich die Hölle.
Ich weiß einfach nicht mehr weiter.

21.04.2018 20:42 • 17.05.2018 #1


9 Antworten ↓


Hallo,

ich habe vor kurzem eine Arbeitsstelle angetreten, nachdem ich arbeitslos war und kann die Ängste absolut nachvollziehen.
Ganz simpel betrachtet: an der äußeren Situation ändert sich zumindest nichts, wenn das Probearbeiten schiefgeht. Muss es aber nicht. Was das mit der Kritik betrifft, von der Du geschrieben hast, würde ich erst mal abwarten, was wirklich passiert.
Ansonsten ist es eine Chance, Dich aus der Abhängigkeit vom Alg 2 zu befreien. Dafür muss man sich zwar nicht schämen, ich habe es aber auch als sehr unangenehm empfunden, schon alleine deshalb, weil ich den Druck, den im Hartz IV - System auf Menschen ausgeübt wird, als unmenschlich empfinde, auch wenn es gute Sachbearbeiter gibt, die den Menschen helfen möchten.

Es ist leicht gesagt, aber ich würde jetzt einfach versuchen, die Sache auf mich zukommen zu lassen, ohne zu wissen, was passieren wird. Vielleicht wird es bei weitem nicht so schwer, wie es jetzt erscheint.

Grüße

pc

A


Angst vor Kritik im Job

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Zitat von Snagoesdown:
geht es hier noch welchen so?


Ich hatte schon als kleines Kind Angst davor, erwachsen zu werden und arbeiten zu müssen. Dann habe ich die große Dummheit gemacht, einen Beruf zu ergreifen, der für mich absolut ungeeignet war (Lehrerin) und jeder Tag war der Horror. Ich habe es aber trotzdem 20 Jahre lang durchgehalten. Dann kam aber der totale psychische Zusammenbruch und nach fast einem Jahr Krankschreibung habe ich in die Verwaltung gewechselt, wo ich außer meinen unmittelbaren Kollegen, kaum mit Menschen zu tun habe. Da mit geht es mir sehr virl besser, aber eine gewisse Grundangst vor der Arbeit ist immer da (hauptsächlich davor, Fehler zu machen, mich zu blamieren oder durch meine Schuld etwas zu versemmeln, wovon andere betroffen sind oder noch weiter reichende Konsequenzen hat).

Es kam aber für mich nie in Frage, nicht zur Arbeit zu gehen. Ich war mein Leben lang alleinstehend und finanziell auf mich allein gestellt. Die Vorstellung, arbeitslos zu sein und von Hartz4 zu leben, war schlimmer als jede Angst vor der Arbeit. So beiße ich die Zähne zusammen und halte bis zur Rente durch.

Zitat von Snagoesdown:
Ich weiß, wie absurd und bescheuert das klingen muss...

Absolut nicht!

Was du als 'normal' beschreibst ist so uneingeschränkt nicht 'normal'. Sondern die Ängste die du beschreibst sind es auch. Die meisten haben mindestens ein mulmiges Gefühl vor Beginn. Bei dir ist es nur stärker ausgeprägt, und das aus guten und nachvollziehbaren Gründen.

Dass du anerkennst dass du weder faul noch dumm bist ist sehr gut und auch ein Ansatz besser damit umgehen zu können.
Du fühlst die Befürchtungen und Ängste, du bist nicht rational zu diesen gekommen.
Die Gefühle als erlerntes Schnellschuss-System mit Handlungsimpulsen/-vorschlägen sind schnell und energiesparend - in diesem Fall aber natürlich nicht hilfreich.

Du kannst sie aber anerkennen, so wie sie sind mal annehmen, und dann aber beiseite tun und rational korrigieren - immer wieder.
Nachdem du dich einmal rational mit dem bevorstehenden auseinander gesetzt hast bringt es auch nichts sich weiter Gedanken darüber zu machen.
Immer wenn du bemerkst dass deine Gedanken und Befürchtungen darüber kreisen gilt es deine Gedanken und Fokus wohlwollend selbst zu korrigieren, und abzuwenden.
Denn sich so weiterhin damit auseinander zu setzen macht es nur schlimmer. Der Termin ist gesetzt, man weiß man wird dort hin gehen, und man weiß man wird es irgendwie schaffen. Und das reicht. Alles andere sind wilde und teils unrealistische Vermutungen und Befürchtungen.

Wenn dich die Arbeit und Arbeitszeit belastet kann es helfen dir vor Augen zu führen dass du es zeitlich begrenzen kannst - auf ein halbes oder zwei Jahre.
Dann ist es absehbar wie lange du durchhalten musst.
Und dann hättest du ja vielleicht die Möglichkeit bis dahin etwas anderes zu suchen, oder anzufragen ob du Arbeitszeit reduzieren kannst.
In jedem Fall lässt es sich besser 'durchhalten' wenn man weiß für wie lange.
Du kannst dir natürlich auch ein 'Neuorientierungsziel' setzen und sagen nach ein/zwei Jahren werde ich überprüfen wie es mir die Zeit über damit ging und ob ich etwas verändern möchte. Ein Beibehalten wäre dann auch eine Option, aber du sicherst dir zu dich damit zu beschäftigen und dich selbst und deine Bedürfnisse ernst zu nehmen.

Wir sind Produkte unserer Veranlagungen, unserer Vergangenheit und Umgebung. Auch wenn 'die Gesellschaft' dir weiß machen will dass du 'Schuld' an deiner Situation bist (was mit Nichten der Fall ist) brauchst du dich für ALG II nicht zu schämen. Schön dass du etwas verändern und tun möchtest, und dass du jetzt die Möglichkeit dazu hast!


Zitat von Snagoesdown:
dass ich mit vielen Menschen (Kollegen) zutun haben werde, dass die Leute auf mich herabblicken, mich kritisieren, viel erwarten, dass ich 5-6 mal in der Woche für ca. 9 Stunden hin muss, macht mich einfach fertig.


Das sind zunächst mal alles reine negative Befürchtungen ohne Realitätsprüfung. Als solche musst du sie auch beiseite tun.
Neue Kollegen heißt neue Kontakte, neue Erfahrungen, vielleicht neue Freunde oder einfach gute Kollegen.
Statt Herabblicken vielleicht eher Kollegialität, Hilfestellung, Heranführen an die Aufgaben, Unterstützung.
Statt Kritik an deiner Person vielleicht eher Verbesserungsvorschläge, Arbeitsoptimierung. Selbst Kritik direkt an deiner Arbeit musst du nicht (unbedingt) persönlich nehmen, sondern als Optimierungsprozess deiner Rolle als Arbeiter. Keiner ist perfekt, insbesondere nicht wenn er etwas neues anfängt, in neuer Umgebung.
All diese Befürchtungen kannst du also durch positive Hoffnungen ersetzen.
Die Befürchtungen werden natürlich immer wieder hervortreten, das sind fest eingefahrene Leiterbahnen des Gehirns da ein vermeintliches Erfolgskonzept, aber immer wenn du diese bemerkst kannst du sie auf Realität prüfen und korrigieren und/oder durch Hoffnungen ersetzen und diese rational mehr Gewicht geben.

Durch das unterbrechen negativer Gedanken kannst du verhindern dass es in dem Moment schlimmer wird.
Auch wenn du das was du dir sagst nicht 'fühlst', keine innere Überzeugung dazu hast.
Und durch ständige Korrektur und Wiederholung und schließlich auch die tatsächliche Erfahrung der Situation kannst du die erlernten Muster auch umlernen.

Gruß
Jan

Das Wichtigste für Dich ist, Deine Denkweise zu ändern.

Wenn Du Dir selber Druck machst (Versagensängste) strahlst Du diese Unsicherheit aus.

Du wirkst verkramft und wer kennt das nicht dass dann eh alles schief geht?!

Deine innere Einstellung sollte sein;
Ich bin ganz gelassen. Ich habe nur was zu gewinnen.
Ich weiß was ich will und was ich wirklich will erreiche ich eh nur, wenn es das Richtige ist!

Man strahlt das aus was man fühlt.

Du hast nichts zu verlieren, versuche es mal.

Das Wichtigste dabei ist, dass Du es wirklich fühlst.
Das kann man lernen.

Lass dein Selbstbewusstsein morgen dein Begleiter sein!
Ps
@jan hat es wunderbar beschrieben,
hab es im Nachhinein erst gelesen.


Ich Danke dir Jan, für deine offene, ehrliche Meinung und die Mühe, welche du dir gemacht hast!

Das rationale Denken klingt natürlich sehr logisch, du hast auch vollkommen recht damit... es fällt mir einfach schwer so zu denken- optimistisch zu denken. Das Ganze hat sich so über die Jahre in meinem Kopf eingebrannt... ich bin ein Versager...

Da kommen dann natürlich noch einige andere Faktoren, die mir zusätzlich zu schaffen machen... manchmal glaube ich, dass ich mir das Leben selbst unnötig schwer mache, aber kann es einfach nicht ändern.
Ich stehe inzwischen einfach so nah am Abgrund, dass alles sinnlos erscheint.

Wir machen uns häufig das Leben schwer, aber aus guten Gründen, und ohne dass wir wirklich selbst Einfluss darauf haben.
Wer überlegt seine Lasten abzulegen muss sich auch fragen: Wer bin ich ohne meine Lasten? Auch das kann Angst machen und einem dann im Weg stehen. Denn Unsicherheit ist was wir intuitiv vermeiden wollen.
Wie du sagst, es hat sich eingebrannt, und es fällt dir schwer anders zu denken. Aber deshalb muss man sich selbst davon überzeugen, und selbst immer wieder korrigieren, bis sich eben die neuen Gedanken immer weiter durchsetzen. Das habe ich versucht darzustellen.
Das ist nicht einfach und nicht schnell erledigt, aber der einzige Weg zur Besserung. Achtsamkeit, Erkennen eigener Bedürfnisse und Belastungen, Frühwarnzeichen wahrnehmen, um dann gegensteuern zu können. Gegensteuern, immer wieder. Und natürlich muss man jedes Mal, wenn man etwas erkennt erneut die Entscheidung treffen, den bekannten, einfachen Weg einzuschlagen, oder den neuen, anstrengenden Weg. Und diese Entscheidung hat immer auch mit eigenem Wohlwollen und Gönnen zu tun, sich auch mal zu verzeihen nicht den anstrengenden Weg gehen zu können, und Selbstverantwortung zu tun, Verantwortung sich selbst gegenüber, für sich selbst und das eigene Wohlbefinden einzustehen und zu sorgen, auch wenn es anstrengend oder ungewohnt oder ungewiss ist. Die alten Wege kennt man schon. Nur durch 'Experimente' kann man neue Wege und deren Auswirkungen erfahren.

Zitat von Snagoesdown:
, dass ich 5-6 mal in der Woche für ca. 9 Stunden hin muss, macht mich einfach fertig. Ich weiß, wie absurd und bescheuert das klingen muss...


Es ist überhaupt nicht bescheuert, was du schreibst. Es geht mir genau so. Es macht mich fertig, dass ich jeden Tag 8 Std. in dieser leistungsorientierten Arbeitswelt bestehen muss und mit Kollegen klarkommen muss, die ich mir nicht ausgesucht habe. Und diese Gedankenspirale ich kann nichts, was denken die anderen von mir usw. macht es auch nicht gerade einfach.

Viel Glück für morgen! Ich drücke dir ganz fest die Daumen. Du wirst das hinbekommen! Bitte berichte uns morgen Abend wie es gelaufen ist.

Zitat von Stefan847:

Es ist überhaupt nicht bescheuert, was du schreibst. Es geht mir genau so. Es macht mich fertig, dass ich jeden Tag 8 Std. in dieser leistungsorientierten Arbeitswelt bestehen muss und mit Kollegen klarkommen muss, die ich mir nicht ausgesucht habe. Und diese Gedankenspirale ich kann nichts, was denken die anderen von mir usw. macht es auch nicht gerade einfach.

Viel Glück für morgen! Ich drücke dir ganz fest die Daumen. Du wirst das hinbekommen! Bitte berichte uns morgen Abend wie es gelaufen ist.




Hallo Zusammen- vielen lieben Dank für eure Nachrichten und ich entschuldige mich vielmals, dass ich mich erst jetzt melde!

Das Probearbeiten lief im Prinzip nicht schlecht, zumindest nicht so schlimm, wie ich Angst davor hatte- ich habe mich allerdings dafür entschieden, erst einmal nur in Teilzeit zu arbeiten, da Vollzeit doch wirklich zu viel war/ist für mich.

Ich hoffe euch geht es soweit ganz gut und wünsche noch eine schöne Restwoche!

A


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Dr. Reinhard Pichler
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