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Hallo, ich weiß es gibt bereits einige Threads zum Thema ÄVPS, trotzdem wollte ich auch mal meine Geschichte dazu erzählen und mich mit anderen Betroffenen austauschen. Bin aktuell 26.

Ich habe seit ich denken kann ein immerwährendes Gefühl der Minderwertigkeit. Ich fühle mich einfach schlecht. Meistens sind diese Gedanken unterbewusst, sodass ich nicht einmal mal weiß, warum ich mich jetzt gerade nicht gut fühle. Das führt dazu, dass ich den Kontakt mit anderen Menschen nicht aushalte, andererseits aber sehr gerne gute Beziehungen hätte. Dieses Dilemma zwischen Bindungsangst und Bindungssehnsucht zeigt sich natürlich am stärksten beim Thema Freundin.

Aktuell bin ich in der Übergangsphase zwischen Studium und Referendariat. Ich habe Jura studiert und fange jetzt im Oktober mein Ref an. Das belastet mich sehr, da ich glaube, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein. Insbesondere was den zwischenmenschlichen Teil angeht.

Ich war bereits 3 Jahre lang in psychotherapeutischer Behandlung. Offiziell wegen einer sozialen Phobie. Meine Therapeutin meinte aber auch, dass die Ängste schon sehr tief sitzen würden und es wohl mehr sei. Die Therapie hat mir auf jeden Fall geholfen (konnte damals nicht mal Bus fahren, ohne mir Gedanken zu machen, was andere jetzt von mir denken könnten), aber die tiefsitzenden negativen Gefühle habe ich immer noch. Mittlerweile wurde auch eine Dysthymie bei mir diagnostiziert. Wenn ich kann, liege ich den ganzen Tag (0-20 h) im Bett und komme überhaupt nicht raus. Das Bett ist der einzige Ort, an dem ich mich sicher und geborgen fühle. Ein Alltag ist damit unmöglich.

Ich versuche gerade, einen zweiten Behandlungsversuch ins Rollen zu bringen. Das erweist sich leider als gar nicht so einfach. Die Psychiatrische Institutsambulanz, bei der ich zuerst angerufen hatte, meinte sie behandelten hauptsächlich Depressionen. Jetzt werde ich es nochmal mit einem Termin bei einem niedergelassenen Psychiater probieren. Ich würde mir vor allem eine Abklärung wünschen, ob das nicht auch körperliche Ursachen haben kann. Für mich fühlt es sich so an, als sei da mit dem Neurotransmitter-Haushalt noch nie alles in Ordnung gewesen. Aktuell nehme ich Johanniskrautextrakt. Das hilft mir tatsächlich etwas.

Eine chronische Suizidalität habe ich auch. Damit meine ich, dass mehrmals wöchentliche Vorhandensein abstrakter Suizidgedanken. Bei schweren Krisen können diese aber leider auch akut werden. So erst letztens, wenn ich sehe, wie die Frau, die ich gerne mag, ganz unbeschwert mit anderen Typen flirtet und ich es nicht mal schaffe, normal mit ihr zu reden, geschweige denn zu tanzen, etc. Ich fühle mich ihr gegenüber fast wie ein kleines Kind und dabei ist sie 6 Jahre jünger als ich.

Ich habe schon unzählige Bücher zu dem Thema gelesen, aber wirklich weitergebracht, haben die mich auch nicht. Das quälendste an dieser Krankheit, ist der chronische Verlauf. Das nimmt einem jede Hoffnung. Außerdem der Druck, dass man funktionieren muss wie ein Gesunder. Man muss jeden Tag eine Maske tragen und selbst den Personen, die einem am wichtigsten sind, etwas vormachen.


Ich würde mich über eure Erfahrungsberichte mit dieser Krankheit freuen.

14.04.2022 09:38 • 15.04.2022 x 1 #1


6 Antworten ↓


Gleich mal vorweg, meinst du nicht, dass dir ein Antidepressiva helfen würde?

A


Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung

x 3


Ohne Arzt zu sein, erinnert das, was du schreibst an eine schwere Depression insbesondere im Bett liegen, nichts auf die Reihe kriegen sowie Suizidgedanken. Ich würde dir dringend raten dich noch einmal an die Ambulanz zu wenden oder zu erwägen stationär zu gehen.

Zitat von Canelloni:
Ich würde mich über eure Erfahrungsberichte mit dieser Krankheit freuen.

Ich kann dir nur aus eigener leidvoller Erfahrung raten, nicht den Beruf des Anwalts zu ergreifen.
Ich habe den Fehler gemacht, Lehrerin zu werden, wobei ich damals nicht wusste, dass ich ÄVPS habe. Ich hatte einfach nur von Anfang an Angst davor, aber ich dachte, mit der Zeit und mit Übung wird das vergehen. Tat es aber nicht, im Gegenteil, wurde immer schlimmer. Die Diagnose bekam ich erst nachdem ich 20 Jahre im Schuldienst war und die Hölle durchlebt habe und nur noch daran dachte, mich umzubringen oder mir wünschte einfach so zu sterben, um dem zu entkommen. Letzendlich hat mir nur ein Berufswechsel in die Verwaltung geholfen.

Danke für die schnellen Antworten. Es mit Antidepressiva zu versuchen, da komme ich wohl tatsächlich nicht drumherum. Habe natürlich Angst, vor den negativen Folgen für den Beruf. Eine Verbeamtung ist dann wohl ausgeschlossen. Dabei ist aufgrund dessen was @Schlaflose schreibt, es wohl meine letzte Möglichkeit in die Innenverwaltung zu gehen. Da hat man noch am wenigsten Kontakt.

20 Jahre Schuldienst und das auch noch ohne Diagnose, stelle ich mir wirklich wie die Hölle vor. Für mich war es als Schüler schon extrem schlimm. Ständiges Mobbing usw. Und wenn man keine Diagonose hat und nicht weiß, was mit einem nicht stimmt, umso mehr.

Zitat von Canelloni:
es wohl meine letzte Möglichkeit in die Innenverwaltung zu gehen. Da hat man noch am wenigsten Kontakt.

Wenn das mit dem Jurastudium möglich ist, wäre das die ideale Lösung.

Zitat von Canelloni:
. Für mich war es als Schüler schon extrem schlimm. Ständiges Mobbing usw.

Damit hatte ich nie ein Problem. Ich bin sehr gerne in die Schule gegangen und auch dss Studium war die schönste Zeit meines Lebens. Mein Problem besteht darin, derjenige zu sein, der das Sagen hat, den Boss spielen und für Disziplin zu sorgen, vorne zu stehen und zu reden, mich mit Eltern abzugeben u.ä.

Zitat von Canelloni:
, vor den negativen Folgen für den Beruf


Als Jurist hast du doch viele Möglichkeiten und bevor du verbeamtet werden solltest, brauchst du doch erstmals nen Job. Jetzt ist eben die Frage, ob mit einem Antidepressivum die Jobbewältigung überhaupt erst möglich wird, oder ob du ohne klar kommen kannst.





Dr. Reinhard Pichler
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