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Hallo,

wollte mal kurz was zu mir schreiben. Ich habe schon, seit ich denken kann, mit sozialer Phobie zu tun, also die üblichen Merkmale: Angst, vor Gruppen zu reden; Angst, andere zu enttäuschen oder zu langweilen; ziemlich still und verschlossen...

Alerdings habe ich auch das Gefühl, dass das alles ein Wesenszug von mir ist, sodass ich eher von einer ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung reden würde.

Meine Gedanken und Ängste bestimmen folglich auch mein gesamtes Leben; habe nur sehr wenige oberflächliche soziale Kontakte und war auch noch nie in einer Beziehung; könnte mir das auch gar nicht vorstellen.

Ich habe ein sehr geringes Selbstwertgefühl und halte mich grundsätzlich anderen gegenüber für unterlegen. Das äußerst sich dann - wie oben bereits geschrieben - darin, dass ich, wenn ich mal mit anderen zusammen bin, immer extreme Angst habe, diese zu langweilen und zu enttäuschen.

Es ist aber auch so, dass ich ein sehr passiver Mensch mit sehr wenig Antrieb bin, und bin daher manchmal auch froh, wenn ich meine Ruhe habe. Viel zu tun zu haben (vor allem mit anderen Menschen) überfordert mich schnell.

Mir ist auch aufgefallen, dass es sehr schwierig ist, anderen dies alles zu erklären. Andere scheinen immer zu glauben, das alles ließe sich mit einer Therapie oder ein paar Tabletten schon ändern. Ich denke aber vielmehr, dass meine Ängste, meine Unsicherheit, meine Passivität, meine ständige Besorgtheit, zu meinem Charakter, meiner Person, dazugehören. Schließlich bin ich schon immer so gewesen und kenne es auch nicht anders. Und wie soll man seinen Charakter ändern?

Natürlich denke ich, dass man schon Dinge in seinem alltäglichen Leben verändern und verbessern kann, was ich ja auch schon versucht, bzw. gemacht habe.

Aber letztendlich wird sich, denke ich, an meiner Art nichts ändern, da ich anscheinend einfach so bin. Ich kann nur versuchen, so gut es geht damit zu leben.

Ich würde mich freuen, wenn mir jemand schreibt, dem es ähnlich geht.

22.05.2012 20:00 • 23.10.2012 #1


6 Antworten ↓


Hallo und guten Tag, Nachtmahr,

Mir ist bei Deinem Thread aufgefallen, daß Du Angst hast, andere zu enttäuschen.

Woher kommt dieser Gedanke ?

Hast Du schonmal jemanden sehr enttäuscht, jemanden , der oder die Dich sehr mochte etwa ? Hast Du deswegen Angst davor, andere wieder zu verletzen und zu verlieren ?
Auf welche Art solltest Du denn jemanden verletzen oder enttäuschen ? Weil Du beziehungsunfähig bist ?

Selbst das hat seinen Ursprung!

Aber hast Du mal darüber nachgedacht, daß Du den Spieß umdrehen könntest , bzw. die Seiten wechselst ?

Was ist mit Deinen Gefühlen, Deiner Enttäuschung ?
Ist darauf Rücksicht genommen worden ?


Nicht alle Menschen können sich als Rampensau bezeichnen, was für ein Glück.

Ich denke, selbst Menschen, die eine vermeidende Persönlichkeitsstörung haben, werden andere Menschen finden, die sie verstehen und sich auf sie ( und auf Dich ) einstellen können .

Vielleicht solche, die ähnlich ticken


Ich wünsche Dir alles Gute, viele Grüße



Cocoon951

A


Ängslich-vermeidende Persönlichkeitsstörung

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Hallo,

erstmal vielen Dank für deinen Beitrag. Das hat mich sehr gefreut.

Es stimmt, die Angst, andere zu enttäuschen, ist bei mir sehr stark ausgeprägt. Wo das herrührt, kann ich nicht so einfach sagen. Es gibt jedenfalls keine äußere Ursache, kein traumatisches Erlebnis oder so. Ich weiß auch nicht, ob der Begriff „Enttäuschung“ der richtige ist. Wenn ich mich bpsw. mit einer anderen Person gut verstehe, habe ich Angst, dass sich dieses positive Gefühl bei einem intensiveren Kontakt in etwas Negatives wie Gleichgültigkeit oder Ablehnung mir gegenüber verwandelt.

Auch habe ich Angst, den Erwartungen, die jemand an mich stellt, nicht gerecht zu werden. Wenn mich z. B. auf der Arbeit jemand lobt oder ich ein freundliches Gespräch mit jemandem führe, entsteht bei mir gleichzeitig die Angst, dass die Person durch mein künftiges Verhalten sauer auf mich wird.

Der Grund für diese Denkweise liegt wahrscheinlich in meinem geringen Selbstbewusstsein, der hohen Sensibilität und den mangelnden sozialen Erfahrungen. In den letzten 1-2 Jahren hatte ich etwas mehr soziale Kontakte als früher, an den beschriebenen Angstgefühlen hat sich aber noch nicht viel verändert.

Ja, ich versuche halt die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und mich mehr darauf zu konzentrieren, was ich möchte und was ich für Erwartungen habe. Das macht die Sache schon manchmal etwas leichter. Ich denke, es ist halt eine Übungssache. Es ist jedoch auch schwer, seine festgefahrenen Denkmuster zu verändern.

Nabend, Nachtmahr,

hast Du schonmal eine Therapie gemacht ?

Auch wenn Dir das im Moment nicht bewußt ist, wird es bestimmt irgendein Erlebniss in der Vergangneheit gegeben haben, woher Deine Ängste rühren .
Wie haben Deine Eltern Dich denn erzogen ? Eher so in Richtung Selbstbewußtsein oder sind aucheher ängstlich ?


Sicherlich liegt auch vieles am Charakter und daran kann man nichts ändern, aber bestimmte Verhaltensweisen und Denkmuster lassen sich durch eine Verhaltenstherapie durchbrechen.

Das mit dem geringen Selbstbewußtsein kenne ich auch nur zu genüge. Aber ich weiß , woher das kommt,

Es ist ein langer und oft ein scheinbar nie endender Weg zum gesunden Selbstbewußtsein, aber der Weg ist auch das Ziel. Und Du hast den Vorteil, daß Du noch sehr jung bist, ich würde nicht zu lange mit der Therapie warten, falls Du noch keine gemacht hast.

Fang mit kleinen Schritten an und beantworte ganz alleine für Dich die Fragen, was Dich an Dir so sehr stört, daß Du Dich nicht wert genug findest und überleg mal , ob das wirklich alles so ist, wie DU es emfpfindest.
Ich habe mich in einer Gruppentherapie genau über diese Dinge ausgetauscht und viel positives gehört , also, daß andere dennoch ein ganz anderes Bild von einem haben.

Wie gesagt, ich kann solche Therapien nur empfehlen, sie hat einiges zum guten bewirkt.



LG,


Cocoon951

Früher war das bei mir stark verbreitet. Heute durch Lebenserfahrung drehe ich den Spieß um, wer mich enttäuscht den streiche ich aus dem Leben. ,mmmmeinen eignen Bruder hat es schon erwischt. Ich hatte irgendwie früher den nice-guy status also immer lieb und nett. Das resultat: von nahezu jedem bin ich dominiert worden oder bevormundet worden. Aber eine Langzeit- Gesprächstherapie und eine Behandlung mit opipramol haben Wunder gewirkt. Heute bin ich geradezu agressiv gegenüber früher. Ich meckere wenn es nicht passt und bestehe auf meinem Recht. Überall klappt das nicht, bei meiner Vermieterin bin ich vorsichtig jedenfalls bis ich etwas neues in Aussicht habe. Im Job war das ergebnis am besten. Wer mich nicht wertschätzt hat bei mir verspielt, das habe ich mir zum Motto gemacht.

@ der andere,

diese Agressivität kenne ich ( leider ) auch.
Obwohl mir das garnicht gefällt, das ich meiner Familie gegenüber hauptsächlich aggressiv bin, die mich ja eigentlich lieben ( glaube ich zumindestens).
Ich glaube, das liegt daran, daß man oder ich immer in diese Rollen gepresst worden bin, der sich immer um andere kümmernde Personen in der Familie oder Verwandtschaft, bis hin zur Selbstaufgabe.

Nun setze ich Grenzen und das wird so garnicht gerne gesehen.

Mir fällts auch immer schwerer, irgendwas zu schlucken, was mir nicht bekommt, ich kann meinen Mund nicht mehr halten und muss das loswerden.

Und ich glaube, wenn man diese Aggressivität nicht mehr verspürt, mit sich selbst und dem anderem im Reinen ist !


Genau da will ich hin !

Die Ängstlickeit, andere zu verletzen habe ich deswegen verloren, weil ich selbst schon oft verletzt vworden bin.

Irgendwann ist der Ofen aus .


Viele Grüße,


Cocoon951

Ja, ich habe schon eine Verhaltenstherapie gemacht. Seitdem hat sich ja auch schon einiges verbessert im Vergleich zu früher. Ich denke halt, dass es vor allem auch eine Übungssache ist. Je mehr ich mit anderen Leuten zusammen bin, desto leichter fällt es mir auch und die Ängste nehmen ab.

Woher mein geringes Selbstbewusstsein kommt, weiß ich nicht. Allein von der Erziehung kann es jedenfalls nicht kommen. Ich bin sehr locker erzogen worden und durfte eigentlich immer alles machen, was ich wollte. Trotzdem bin ich nur zuhause rumgesessen. Ich hatte auch überhaupt keinen Druck von meinen Eltern bekommen, was Noten und so anbelangt. Der Druck kam eher von mir selbst. Schon alles sehr komisch halt.





Dr. Reinhard Pichler
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