Danke @moo, dass Du mir einen Moment in meinem Leben ins Gedächtnis gerufen hast, den ich trotz größter Mühe nie vollständig verdrängen konnte.
Ich war 17, 18, als ich den Freund einer Freundin meiner Ex-Freundin kennenlernte. Der Typ war schon Anfang 30 und arbeitete in einem Zweitjob als DJ, unter anderem in einer Disco-Kneipe namens Quatsch, die damals neben dem Celler Bahnhof gelegen war.
Eines Tages suchte er einen Ersatz für einen Gig (oder wie auch immer das bei einfachen Plattenauflegern heißt) im Quatsch, da er verhindert war. Er wusste, dass ich gut mit Technik umgehen kann und fragte mich, ob ich mir das zutraue, da es ja nur ein bisschen CDs, Platten und Songs wechseln ist. Bisschen mulmig sagte ich zu, weil ich das Geld ganz gut gebrauchen konnte. Aber DJ? Ich? Braucht man da nicht coole Party-Boys und lockere Animateur-Typen für?
Jedenfalls ging ich abends hin und stellte mich dem Besitzer als Ersatz vor. Der war zwar schon eingeweiht, wusste aber wohl auch nicht so recht, was er mit diesem langhaarigen Gothic-Typen anfangen soll, der ich damals war. Das Quatsch war ein ganz normaler Laden mit ganz normalen Leuten und ganz normaler Musik - Charts rauf, Charts runter, die üblichen Evergreens, geradezu klischeehaft normal. Dem entsprechend legte ich gelangweilt ganz normale Mucke auf.
Zwischendurch kam der Besitzer und meinte, ich solle mal ein bisschen mehr Stimmung machen, mal was sagen oder so. Ich? Was sagen? Öhmm…
Ich geriet ganz schön ins Schwitzen und erkannte plötzlich, Ok, das mit DJ war wohl doch keine so gute Idee. Ein paar Songs später, fiel mit etwas ein, also drehte ich die Musik runter, das Mikrofon rauf und sagte: Ähhhm, wusstet ihr eigentlich dass, ... irgendein Faktum über die/den Sänger/in Ich weit nicht mehr, was genau ich sagte. Irgendeine Information, die Bücherwürmer, Nerds, Geeks, Trivial Pursuit-Fans, etc. wissen, die aber ansonsten kein Schwein interessiert.
Der Laden war gut gefühlt und alles drehte sich zu mir um und starrte mich mit dieser Mischung aus Was will er denn?!, Wasn das für einer?! und Das war wohl nichts, Junge! an. Natürlich wurde ich knall-rot. Nach endlosen Sekunden des gegenseitigen Anstarrens drehte sich das Publikum wieder ihren Unterhaltungen zu und ich versteckte mich den Rest des Abends hinter der Technik.
Seit diesem Tag weiß ich, welche Superkraft ich mir wünschen würde, wäre ich ein Superheld: Unsichtbarkeit!
Es erübrigt sich wohl zu erwähnen, dass dies mein einziger Ausflug in diese Szene und diese Tätigkeit war. Ich bin auch nie wieder in dem Laden gewesen (war ohnehin nicht meine Szene).
Es war einer der peinlichsten Momente meines Lebens, aber heute kann ich darüber lachen. Die Vorstellung von DJ Spacy, dem coolen Party-Boy, hat eine humoristische Komponente ersten Ranges.
09.05.2022 19:22 •
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