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Hallo zusammen,

ich hätte mal eine Frage an euch. Würdet ihr zu einem Therapeuten gehen, der sich selbst jahrelang in Therapie befand und diese erfolgreich abgeschlossen hat. Die Frage, die dahinter steckt und mich bewegt, ist, ob nicht jemand der selbst eine Angststörung, Depression, PTSD oder ähnliches hatte und diese erfolgreich überwunden hat, auch ein sehr guter Therapeut wäre, da er viele Dinge besser nachvollziehen kann. Dinge, wie bspw. Derealisationen oder Depersonalisationen. Diese Begriffe sind für normale Therapeuten wahrscheinlich nur Fachbegriffe und schwer nachvollziehbar. Ist damit ein Therapeut mit ehemaliger eigener Erkrankung besser geeignet? Ich weiß, dass sich hier die Geister scheiden und viele Menschen sagen, so jemand sollte nie selbst Therapeut werden und dass dies fahrlässig sei usw.
Wenn man aber mal an andere beratende Berufe denkt, so wird oft die eigene Erfahrung als positiv gewertet oder ist sogar Voraussetzung, bspw. Unternehmensberatungen, in denen oft ehemalige Führungskräfte tätig sind.

Also, was denkt ihr? Würdet ihr zu einem solchen Therapeuten gehen oder ihn sogar bevorzugen oder komplett ablehnen?
Ich bin gespannt auf eure Antworten.

LG

30.12.2014 11:58 • 04.01.2015 #1


13 Antworten ↓


Zitat von Madame:
Die Frage, die dahinter steckt und mich bewegt, ist, ob nicht jemand der selbst eine Angststörung, Depression, PTSD oder ähnliches hatte und diese erfolgreich überwunden hat, auch ein sehr guter Therapeut wäre, da er viele Dinge besser nachvollziehen kann.


Die Frage würde ich persönlich mit ja beantworten. Ich bin der Meinung, dass nur jemand, der Dasselbe oder sehr Ähnliches durchgemacht hat, sich in einen Betroffenen so gut hineinversetzen kann, dass er wirklich kapiert, was mit ihm los ist und was ihm hilft.

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Eure Meinung ist gefragt

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Im Zweifelsfall ist es doch völlig unerheblich ob und warum er selbst in Therapie war oder nicht als Patient bzw. Klient erfährst du da eh nichts von. Denn wenn er von seiner jahrelangen eigenen Therapieerfahrung anfängt zu berichten ist er sicherlich im falschen Beruf. Ein Therapeut muss sich distanzieren können von den persönlichen Schicksalen seiner Klienten nur so kann er, aus meiner Sicht, vernünftig therapieren wenn eben keine persönlichen Befindlichkeiten mit in die Therapie einfliessen, wenn er nicht von sich auf andere schließt, wenn er nicht davon aus geht dass was bei ihm funktioniert hat auch bei anderen funktioniert.
Warum soll er eine PTBS nach z.b. Einem Gewaltverbrechen besser verstehen können nur weil er selbst eine nach dem Verlust des Partners hatte? Warum soll er besser eine GAS therapieren können weil er selbst Angst vor Spinnen hat ?
Er soll das Beste für MICH machen nicht das was ihm am besten geholfen hat.

Von daher für mich ein klares NEIN ein solcher Therapeut käme für mich, sofern ich es wüsste, nicht infrage da ich davon ausgehe das ihm die notwendige professionelle Distanz zu meinem Fall fehlt erst recht wenn er versucht seine Therapieerfahrung in meine Therapie einfliessen zu lassen.

Eine Hebamme ist nicht qualifizierter weil sie selbst Kinder hat. Ein Chirurg kann auch ohne eigenes Erleben ein hervorragender Operateur sein. Erzieher sind nicht qualifizierter wenn sie Kinder haben.

@ nicowersonst:

Denn wenn er von seiner jahrelangen eigenen Therapieerfahrung anfängt zu berichten ist er sicherlich im falschen Beruf. Ein Therapeut muss sich distanzieren können von den persönlichen Schicksalen seiner Klienten...

--Gehst du also davon aus, dass jemand mit einer eigenen Geschichte sich nicht distanzieren kann nur aufgrund seiner Erfahrungen?

Ich würde dir auch recht geben, dass die eigene Geschichte des Therapeuten nichts in MEINER eigenen Therapie zu suchen hat. Allerdings könnte bspw. die bloße Erwähnung einer solchen Erkrankung auch nicht stören bzw. ggf das Gefühl von Verstanden-werden fördern. Nach dem Motto: ich kenne das Gefühl.

Ich gehe davon aus, dass die persönliche Lebensgeschichte eines Therapeuten NICHTS in der Therapie zu suchen hat.
Würde ich es wollen wenn mein Therapeut mir von seiner persönlichen Erfahrung als schlagender Ehemann berichtet wenn ich geschlagene Ehefrau bin ? Nein. Will ich das mit der Onkologe sagt wissen sie ich hab meine Frau am selben Hirntumor verloren den ihre Frau grade hat? Nein.
Von daher ja ich denke in dem Moment wo ich von der persönlichen Lebensgeschichte meines Therapeuten erfahren würde ( was auch immer aus dem persönlichen Bereich ) wäre er nicht mehr mein Therapeut. Denn ICH habe für mich klar dass, grade in diesem Bereich, der Therapeut ein absolutes Neutrum sein sollte. Wir reden ja nicht nur von Angst würde es einem Sexualstraftäter nutzen wenn die Therapeutin Opfer eines Übergriffes war? Würde er sich öffnen können? Eine Freundin von mir arbeitet als Psych.
Was ich meine ist dass persönliche Ansichten eines Therapeuten in der Therapie nichts zu suchen haben

Ich verstehe worauf du hinaus willst und kann das verstehen.

Aber mal ganz allgemein: Meinst du ein Therapeut kann seine Lebensgeschichte außen vor lassen, egal ob der Therapeut eine eigene Diagnose hat oder nicht? Er ist ja schließlich auch nur ein Mensch und ich glaube kaum, dass ein Mensch ein Neutrum sein kann, denn jeder hat seine Erfahrungen, egal wie die aussehen. Unbewusst schwingt ja ohnehin ganz viel mit, was auch schlecht kontrollierbar ist. Zudem lebt ja eine Therapie, gerade tiefenpsychologische, von der Beziehung zwischen Therapeut und Klient/Patient.

Ja das tut sie. Und ja ein Therapeut MUSS seine Persönlichkeit in der Therapie außen vor lassen. Ein guter Therapeut kann das auch. Um eben keine persönlichen Befindlichkeiten rein zu bringen gibt es ja u.a. Das Mittel der Supervision.
Als Beispiel eine Freundin ist Psychologin und arbeitet mit forensischen Straftätern. Was wäre wenn sie nicht neutral im Job wäre sondern ihre privaten Ansichten zum Thema Kinderschänder, Muttermördern oder Vergewaltigern in irgendeiner Firm Einfluss auf ihre Arbeit nehmen lassen würde ?

Zitat von nicowersonst:
Ja das tut sie. Und ja ein Therapeut MUSS seine Persönlichkeit in der Therapie außen vor lassen. Ein guter Therapeut kann das auch. Um eben keine persönlichen Befindlichkeiten rein zu bringen gibt es ja u.a. Das Mittel der Supervision.
Als Beispiel eine Freundin ist Psychologin und arbeitet mit forensischen Straftätern. Was wäre wenn sie nicht neutral im Job wäre sondern ihre privaten Ansichten zum Thema Kinderschänder, Muttermördern oder Vergewaltigern in irgendeiner Firm Einfluss auf ihre Arbeit nehmen lassen würde ?


du kannst so ein beispiel nicht benutzen...sei nicht so...ich brauch eine umarmung, bitte ):

Ich glaube, viele Therapeuten hatten selbst psychische Probleme und sind erst dadurch dazu gekommen, diesen Beruf zu ergreifen. In meinem sehr kleinen Bekanntenkreis kenne ich mehrere Personen, deren Kinder erst etwas anderes anfingen zu studieren und nach ihrer Erkrankung und Psychotherapie auf das Psychologiestudium umgesattelt haben.

Ich persönlich fand es sehr hilfreich, als mir mein letzter Therapeut erzählte, dass er mit 50 eine, wie er es nannte, Lebenskrise bekam und in dem Alter seinen Beruf als Internist samt Praxis an den Nagel hängte und eine Ausbildung zum Psychotherapeuten machte. Da ich zu dem Zeitpunkt genauso so alt war und mich mein Beruf auch psychisch fertig gemacht hat und ich am liebsten alles hinwerfen wollte, aber Angst hatte, in meinem Alter nichts Neues mehr anfangen zu können, hat mich das sehr zuversichtlich gemacht und ich habe es durchgezogen.

Ein Arzt, der nicht trinkt und raucht, ein Therapeut, der nicht selber psychische Probleme hat. Ein Mensch, der keine Leichen im Keller hat, muss wohl erst noch geboren werden.

So lange der Therapeut nicht sich als Mittelpunkt bei der Therapie des Patienten sieht, sehe ich da keine Probleme. Problematisch wäre es nur, wenn er sich selbst reinbringt. Das ist aber wie überall. Wenn mein Arzt direkt vor mir im Arztzimmer qualmen würde, während er mir was über Raucherbein erzählen würde, würde ich ihn ein wenig befremdlich anschauen und hätte wohl kein Vertrauen mehr zu ihm.

Ich hätte auch kein Problem damit, zu einem Therapeuten zu gehen, der selbst mal psychische Probleme hatte. Im Gegenteil. Er würde wahrscheinlich wesentlich besser nachvollziehen können, wovon ich spreche und sich besser in mich hineinversetzen können, weil er sein Wissen nicht nur aus der Theorie hat. Und wer weiß schon, wie viele von unseren Therapeuten/Psychiatern selbst mal ähnliche Probleme hatten, wovon wir aber gar nix wissen?!

Das kommt sicher auch auf den Therapeuten an, ob er etwas Persönliches erzählt oder nicht.
Bei manchen kann das mit Sicherheit auch sehr sympathisch rüber kommen. Von meiner Therapeutin weiß ich auch nicht soviel. Nur, dass sie einen Mann, Kinder und eine Katze hat
Aber der Hypnotiseur, bei dem ich mal war, hat schon was über sich erzählt. Der war aber kein Psychotherapeut, sondern ausgebildeter Heilpraktiker. Deshalb aber nicht weniger gut. Das war ein richtig cooler Typ.

Vielen Dank an euch für eure Antworten.
Ich wäre gerne an noch mehr Meinungen interessiert. Vielleicht hat noch jemand was dazu zu sagen.

Also meine Therapeutin erzählt auch manchmal Dinge aus ihrem Leben, wenn sie eine Situation, von der ich berichte, mit einem Erlebnis oder einer anderen Person vergleicht. Ich weiß auch, dass sie im Winter manchmal Probleme mit leichten Winterdepressionen hat. Aber sie kann sehr gut differenzieren und würde mir nie etwas aufquatschen, weil sie damit eine gute oder schlechte Erfahrung gemacht hat.
Ich denke aber nicht, dass ein Therapeut, der keine eigene psychische Erkrankung hat, nicht nachvollziehen kann, wie so eine Erkrankung ist. Im Psychologiestudium lernt man über viele Jahre sehr professionell und durch die Ausübung des Berufs wird man schließlich mit individuellen Fällen konfrontiert und kann diese dann gut therapieren.
Ein wenig skeptisch bin ich ehrlich gesagt bei Heilpraktikern für Psychotherapie, ich würde immer zu einem normalen Therapeuten gehen.

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