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Hallo .
Trigger

Ich suche hier heute Hilfe in Form von Austausch mit anderen Angehörigen von Mordopfern.

Leider findet man diesbezüglich nicht wirklich Hilfe und ist ziemlich auf sich alleine gestellt . Durch einen wirklich brutalen Mordfall in unserer Familie bin ich psychisch komplett fertig und würde mich freuen darüber freut man sich ja nicht wirklich wenn jemand anderes die selbe Erfahrung machen musste , aber ich hoffe ihr wisst wie ich das meine wenn es jemanden geben würde der vielleicht auch diese schwierige Zeit durchsteht und vielleicht auch darüber reden MÖCHTE .

11.11.2022 14:06 • 14.11.2022 x 2 #1


13 Antworten ↓


Hallo NaNaMi,

das werden nicht so viele erlebt haben, ich selber dachte, dass ich dazu gehöre, doch bei näherem Nachdenken fiel mir ein, dass ich von 1,5 Fällen selbst betroffen bin.
Einmal eine Bekannte, enge Freundin einer damaligen Freundin, mit der ich auch öfter zu tun hatte und die 0,5 beziehen sich auf einen nahen Freund, lange Jahre mein engster Freund, der dann irgendwann nicht mehr da war. Seine Eltern waren der Meinung, es sei Mord, aber vermutlich ist er einfach durch eine Dummheit überfahren worden, so war wohl auch die offizielle Version, ich weiß nicht, was passierte, hatte zu der Zeit etwas weniger Kontakt zu ihm.
Aber die Fragen die auftauchen werden viele nachvollziehen können, es werden vermutlich die nach dem Sinn sein, wenn da nicht einfach nur Schock und dann große Leere ist.
Wie ist es bei Dir?

A


Mordopfer Angehörige, Erfahrungen und Trauma

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Huhu!
Das ist eine ganz schwere Zeit und auch eine sehr lange, denn die Verarbeitung eines solchen Traumas geht nicht von heute auf morgen. Ich wünsche dir ganz ganz viel Kraft es durchzustehen!
Wir sind da inzwischen durch, aber es war eine außergewöhnliche Nervenbelastung. Und natürlich kommen auch später immer mal wieder Flashbacks und Alpträume.
Am Anfang stand da erst mal der Fokus auf irgendwie funktionieren zwischen den Heulkrämpfen.

Vielen lieben Dank euch beiden

Ich setze mal wieder eine triggerwarnung .
Bitte lest nicht weiter wenn euch Grausamkeiten triggern … ich möchte nicht das es jemanden dadurch schlecht geht .
Trigger

das ganze ist bald zwei Jahre her . Mein Stiefvater war kein guter Mensch und ich weiß noch das ich mir als Kind oft gewünscht habe das er einen Unfall oder so hat damit meine Mama und ich wieder ein normales Leben haben können .
Nun vor zwei Jahren war es dann so das er einige Tage vermisst wurde und sich bei niemanden gemeldet hat , er lebte von meiner Mama getrennt in zwei verschiedenen Häusern die ca. 50 Meter. voneinander entfernt sind .
Was passiert ist ..- ich darf halt nur die Sachen wiedergeben die öffentlich bekannt sind da die Ermittlungen weiterhin laufen … -Bekannte von ihm brachen Nachts in seine Firma ein . Zu diesem Zeitpunkt war er alleine und das wussten diese auch . Es war wohl jeder von ihnen bewaffnet und sie bedrohten ihn mit einer Kettensäge , einer Machete und einer Axt . Mein Stiefvater setze sich wohl zu Wehr und wurde dann mit der Axt ins Gesicht geschlagen und hinterher wurde ihm wohl der Kopf mit der Axt eingeschlagen . Man muss dazu sagen , er war Schrotthändler und dementsprechend auch seine Kontakte . Nachdem er tot war packten sie ihn in Folie ein und versteckten ihn in der Firma . Es war ein Raubüberfall . 14 Tage später wurde er dort von der Polizei gefunden . Es war ein ewiges auf und ab … die Täter waren so skrupellos drauf das sie die Tage nach dem auffinden der Leiche zu uns kamen um uns ihr Beileid auszudrücken . Zu dem Zeitpunkt wusste aber noch keiner das diese Leute die Täter waren . Verhaftet wurde einer von denen wohl Ende letzten Jahres und der Rest letzten Monat .
Nun ist es so das meine Psyche seitdem völlig spinnt . Ich war schon von klein auf ein extrem ängstlicher Mensch . Hatte schon immer extreme Panik vor Gewalt durch meinen Stiefvater usw . Mir kommt seitdem alles vor wie in einem Film . Ich hatte keinen einzigen klaren Tag mehr . Dauerhafte derealisation und das Problem ist … das die meisten Psychiater und Psychologen nunmal nicht so viel Erfahrung auf dem Gebiet haben . Ich habe Wahnvorstellungen, Halluzinationen und furchtbare Bilder im Kopf . Es sind richtige Filme . Ich sehe mich an seiner Stelle und spüre die diese Leute mich töten . Ich spüre also quasi das was er durchgemacht hat und sehe das vor mir als wäre ich dabei . Ich bin allerdings wach , kein Traum oder so . Ich spüre alles nurnoch ganz dumpf und nehme meine Umwelt kaum noch wahr … ich wünschte es gäbe irgendwo richtige Hilfe und ein Weg aus diesem Albtraum . Jede Nacht seit zwei Jahren träume ich davon … ich habe einfach Panik vor dieser Gewalt die da stattgefunden hat . Und ich habe Angst vor dem Prozess der vermutlich Mitte nächsten Jahres stattfinden wird …


@NaNaMi

Das ist ja nun auch traumatisch, bist Du dafür denn in Therapie?
Ich weiß gar nicht ob das Wahn ist, die Situation ist ja einigermaßen wahnsinnig und grauenvoll, da sind diese Reaktionen ja nicht unangemessen.
Ein tyrannischer Stiefvater ist ja neben dem Grauen auch eine perverse Sicherheit, wenn der dann so getötet wird, ist das extrem verunsichernd. Lass Dir da mal helfen.

Vielleicht hast du auch ein schlechtes Gewissen, weil du ihm die Krätze an den Hals gewünscht hast.

Aber dessen Leben hatte ja Gewalt als Thema, insofern ist er der eben erlegen. Kannst du drüber nachdenken, was dich dabei so verstört?

Ich könnte mir gut vorstellen, dass dessen Brutalität und dessen Ende dich so aus der Bahn wirft. Jemand, der in deinem Leben eine Rolle gespielt hat, steht nonstop für Gewalt. Bedeutet, du hast das echte Grauen kennengelernt hast.

Aber mal ganz ehrlich, klar, verdient keiner den Tod, allerdings wenn man Bekannte hat, die so drauf sind , dass sie einen Raubmord begehen können, solltest du froh sein........

Vielleicht hilft dir das, ein klein wenig besser mit dem Grauen umgehen zu können.

@Cbrastreifen ich wurde zweimal für mehrere Wochen stationär therapiert . Das Problem ist halt tatsächlich das selbst die Psychologen irgendwann nicht mehr weiter wussten weil die halt normalerweise sowas nicht allzu oft kennenlernen … es ist ja nicht nur die bloße Tat sondern auch alles andere um mich herum was auf mich zukommt und zugekommen ist … jedesmal wenn jemand von der Kriminalpolizei anruft wegen irgendeiner kleinen Frage , das Erbe was ich verwalten muss und tausend andere Dinge . Mehrere Monate nach der Tat wurde unser Haus bei der Flut zerstört . Wir standen vor dem nichts und mussten alles wieder aufbauen , auch dieser Schock sitzt tief . … dann noch ein halbes Jahr nach der Flut starb dann auch meine über alles geliebte Mama in meinen Armen zuhause an Lubhebkrebs … ein Trauma folgt dem anderen und tatsächlich ist es schwierig einen Anfang zu finden was eine Therapie bei mir angeht . Beide stationären Aufenthalte haben mir tatsächlich keinerlei Fortschritt gebracht was so auch in den Entlassungsbericht steht .

Ich bin generell einfach so aus der Bahn geworfen . Ich habe meinen Stiefvater wirklich gehasst aber innerhalb von zwei Jahren ist mein komplettes früheres Leben verloren gegangen … mein Stiefvater weg , mein Elternhaus weg , meine Mama gestorben … verstehst du in etwa es ich meine ? Alles von früher wurde ausradiert und ich weiß mittlerweile vom hin und her reißen garnicht mehr wer ich bin und wo ich im Leben stehe … dazu kommt meine extreme angststörung und die daraus resultierenden heftigen Symptome …

Ich weiß auch nicht .: ein einziges Chaos

@NaNaMi Das klingt wirkich hart. Ich wünsche dir wirklich nur das Beste. Das du da irgendwie durchkommst.
Du kannst dir aber eingestehen, dass das was du durchlebst eine absolute Ausnahmesituation ist und das dein Körper wie auch dein Geist völlig am Limit sind. Wäre das bei all den Dingen die du aufzählst nicht so, dann würde mit Sicherheit auch etwas nicht stimmen. Ich weiß, das ist ein schwacher Trost, aber es ist menschlich und es ist nicht krank wie du auf diese Situation reagierst. Im Gegenteil. Ich lese in deinen Beiträgen viel Stärke.
Alles Gute!

Zitat von NaNaMi:
Ich bin generell einfach so aus der Bahn geworfen . Ich habe meinen Stiefvater wirklich gehasst aber innerhalb von zwei Jahren ist mein komplettes früheres Leben verloren gegangen … mein Stiefvater weg , mein Elternhaus weg , meine Mama gestorben … verstehst du in etwa es ich meine ?

Natürlich, das kann wohl jeder verstehen.
Es ist nur schwer da zu helfen, weil dies ganz objektiv mehrere Katastrophen sind.
Ich würde mit kleinen, überschaubaren Routinen anfangen, die Du bewältigst und dann nach und nach die Kreise größer ziehen.
Hast Du Kinder, eine Beziehung und/oder enge Freunde?
Gehst Du normalerweise einer Arbeit nach, die Du magst? Hobbys, denen Du nachgehst?
Bleibst Du in Deiner Heimat wohnen oder willst Du wegziehen, das wäre für manche vielleicht ein Option.
So ein wenig Normalität, im Sinne eines ritualisierten Funktionierens, an dem Du Dich ausrichten kannst und dazu auf jeden Fall eine längere Therapie, die Dir hilft nach und nach mit all dem klar zu kommen.

Das kann man nicht schön reden, das ist grauenhaft, ich hoffe Du hast oder findest etwas, das Dir ein wenig Kraft gibt. Schreiben ist auch gut, wenn Dich das entlastet.

Welche Symptomen machen Dir die meisten Probleme und was würdest Du gerne als erstes hinter Dir lassen? Kannst Du die Ereignisse trennen oder kommt immer alles gleichzeitig hoch?
Kriegst Du Medikamente, die Dir helfen?
Gibt es irgendwas, von dem Du meinst, dass es Dir gut tun würde?

Zitat von NaNaMi:
Ich sehe mich an seiner Stelle und spüre die diese Leute mich töten . Ich spüre also quasi das was er durchgemacht hat und sehe das vor mir als wäre ich dabei . Ich bin allerdings wach , kein Traum oder so . Ich spüre alles nurnoch ganz dumpf und nehme meine Umwelt kaum noch wahr … ich wünschte es gäbe irgendwo richtige Hilfe und ein Weg aus diesem Albtraum . Jede Nacht seit zwei Jahren träume ich davon … ich habe einfach Panik vor dieser Gewalt die da stattgefunden hat . Und ich habe Angst vor dem Prozess der vermutlich Mitte nächsten Jahres stattfinden wird …

Kannst Du eigentlich aktiv in die Bilder eingreifen oder hast Du mal trainiert Dich aktiv von Bildern (erst mal angenehmen) zu distanzieren.
Manchmal hilft es, sich vorzustellen, das sei eine Kinovorstellung.

Meinst Du, dass Du es schaffst, Dir einen inneren Ort zu schaffen, den Du selbst gestaltest und an dem Du Dich sicher fühlen kannst? Nicht hier und heute, sondern so Schritt für Schritt, inszeniert als Ritual der Ruhe, ein innerer Raum, in dem Du Dich sicher fühlst, in den Du immer wieder innerlich zurückkehren kannst und von dem aus Du Dir dann nach und nach, die Bilder anschauen kannst?

Das ist sehr wirksam, aber es braucht Zeit.
Innerlich einen sicheren Raum, eine äußere Struktur, die Dich nicht überfordert, aber schon auch fordert und bei der Du einfach wieder ein Stück weit Normalität erlebst.
Hast Du Möglichkeiten zum kreativen Ausdruck? Sport ist auch nicht schlecht, zur Abreaktion.

Hast Du wirkliche Traumatherapie bekommen, weißt Du das? Das ist ein spezielles Konzept, aus stützender Therapie, angestlösenden Medikamenten, Abreaktion.

Meine Frau und ich konnten uns gegenseitig stützen, das war soweit ok.
Deine Schilderung klingt so als wärest du alleine. Wenn dem so ist dann ist es viel schwieriger denn ich zumindest brauche in so einer Situation einfach mal jemanden zum Anlehnen. Das geht zwar angeblich auch indem man sich gedanklich einen sicheren Ort vorstellt - so habe ich es in der Tagesklinik gelernt - aber das klappt wohl nicht bei jedem. Bei mir zumindest hat allein der Gedanke einen sicheren Ort suchen zu müssen schon Angstzustände ausgelöst.

Zwei weitere Situationen: In der Tagesklinik sollten wir uns überlegen wie somatische Beschwerden mit Lebensumständen korrelieren, da kam dann sofort alles wieder hoch.

Oder in einer Nacht im August - ich war allein zuhause - hat jemand gegen 1 Uhr Sturm geklingelt und an die Tür gedonnert und gerufen wir wollen rein - Ich bekam eine Panikattacke und hab vor Zittern kaum noch das Telefon bedienen können um die Polizei zu rufen. Und das obwohl der Mord bereits über 10 Jahren zurück liegt.

Ich habe das Gefühl dass man so etwas nie verarbeiten kann, bestenfalls verdrängen, vielleicht dadurch dass einfach in der Gegenwart ein sicherer Hafen existiert auf den sich dann der Geist lieber konzentriert. Daher denke ich dass die Kraft sich auf den Umgang mit dem Erlebten konzentrieren muss anstatt auf Versuche es zu verarbeiten. Und auf die Suche nach einer schönen, sicheren Lebensumgebung sofern es die nicht gerade bereits gibt.

Zitat von JniL:

Ich habe das Gefühl dass man so etwas nie verarbeiten kann, bestenfalls verdrängen, vielleicht dadurch dass einfach in der Gegenwart ein sicherer Hafen existiert auf den sich dann der Geist lieber konzentriert.

Ja.
Diese traumatisierenden Ereignisse bilden sogenannte Spitzenaffekte, die sozusagen Ausreißer aus normalgesunden Beziehungen darstellen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie keine großen emotionalen Ausschläge produzieren. Emotionale Ruhe und Verlässlichkeit bilden die Basis normaler Beziehungen.
Da es im Grunde wurscht ist, ob diese ruhigen Muster innerlich (der imaginierte sichere Ort) oder äußerlich (die Schulter zum Anlehnen, die verlässliche Therapeutin) etabliert werden, kann man ausweichen auf das, was funktioniert, aber auch beides (und mehr) kombinieren.
Diese neuen Muster und Normalitäten die man dort etablieren kann, werden mit der Zeit, im besten Fall, immer stabiler und von dort aus kann es dann auch gelingen alte Traumata anzuschauen, zu verarbeiten und von einer neuen Basis aus wegzupacken, mit ihnen also halbwegs fertig zu werden. Die Ereignisse selbst kann man nicht ungeschehen machen, aber zwischen Trauer und emotionaler Überflutung ist doch ein großer Unterschied.

Zitat von Cbrastreifen:
aber zwischen Trauer und emotionaler Überflutung ist doch ein großer Unterschied.

Das war interessant, aber ich würde sagen Trauer und emotionale Überflutung sind getrennte Dinge. In diesem Fall kommt ja letzteres noch zur Trauer hinzu. Mit der Trauer, z.B. als mein Vater starb kam ich gut zurecht, aber mit dem Emotionscocktail nach dem Vermisstenfall, der dann leider in grausiger Gewissheit endete viel viel schwerer.

Zitat von JniL:
Das war interessant, aber ich würde sagen Trauer und emotionale Überflutung sind getrennte Dinge.

Trauer ist bereits eine Verarbeitung des Geschehens, Überflutung weist eher auf die momentane Unfähigkeit hin, das Geschehen zu verarbeiten.
Therapeutisch ist die Konfrontation in einem geschützten (therapeutischen) Rahmen der entscheidende Punkt, eben kombiniert mit Möglichkeiten der Entspannung, Unterstützung und der Abreaktion.
Auch hier ist Ich-Stärke einer der entscheidenden Punkte, die entwickelt man nicht in drei Wochen, aber über Monate und Jahre ist es möglich und der Kern der Ich-Stärke sind realistische Beziehungen.
Es lohnt sich aber, die Zeit zu investieren und Schritt für Schritt weiter zu gehen. Das wird nicht linear gehen, sondern eher mäandern, aber man hat heute ein immer breiteres und besseres Instrumentarium zur Verfügung, man kann Erkrankungen therapeutisch erreichen und oft sogar heilen, die früher als untherapierbar galten.

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