@agneserich deine Symptome decken so ziemlich das ab, wie ich mich gefühlt habe und mich oft auch heute noch fühle.
Morgens oft Durchfall und Tagsüber hin und wieder Bauchkrampfattacken und abends meist Blähungen.
Bei mir ist die soziale Phobie eines der Kernursachen. Sobald ich vor einem Menschen stehe und mit ihm/ihr kommuniziere, bekomme ich Angst. Die Angst vor den Erwartungen anderer und wie lange ich wohl im Gespräch gefangen bleibe. Und dann eben die Angst, ausgerechnet dann aufs Klo rennen zu müssen.
Das löst einen immensen inneren Stress aus und der darm reagiert auch auf die physiologischen Prozesse. Als ich das verstanden hatte, konnte ich Strategien entwickeln, mich für solche Situationen zu trainieren. Sprich Konfrontationsübungen. Das klappt ganz gut, aber ich bin nach etwa 3 Jahren immer noch am üben. Aber vor 3 Jahren ging es mir wesentlich schlechter als jetzt, da konnte ich nicht mal einkaufen gehen, geschweige denn mal das Haus freiwillig verlassen. Angefangen habe ich die Übungen mit spazieren. Erst 5 Minuten, dann 10 usw... Zur Not einfach Runden um das Haus laufen, sodass man jederzeit aufs Klo rennen kann. Ironischerweise musste ich dann doch nicht, als ich wieder im Haus war.
Darüber hinaus praktiziere ich Achtsamkeitstraining. Ich meditiere täglich 10-15 Minuten (meist nach Feierabend) und versuche mich dabei nicht in meinen Angstvorstellungen (Kopfkino mit sozialen Interaktionen) zu verlieren, sondern ich konzentriere mich nur auf die Atmung. Auch im Alltag integriere ich immer wieder das Achtsamkeitstraining. Mit etwas Übung erwischt man sich, dass man wieder im Schattenkind verfangen ist (was ein Trigger ist) und dann fokussieren ich mit einem Schnipps schnell auf das hier und jetzt. Entweder zähle ich die Autos und merke mir Nummernschilder oder suche ich den absoluten Fokus auf meine Aufgaben. Manchmal hilft auch abklopfen, oder mal kaltes Wasser in den Nacken laufen lassen. Oder mit dem Haargummi am Handgelenk schnippsen. Die typischen Übungen bei Panikattacken sozusagen.
Also notfalls hilft immer Ablenkung.
Bisher habe ich mich relativ normal ernährt. Aber ich will aus langfristiger Sicht, aus gesundheitlichen Gründen, weg vom Fleisch. Daher bin ich gerade dabei, meine Ernährung umzustellen. Mittlerweile habe ich eine Woche hinter mir und es ist bessert sich allmählich. Als nächstes taste ich mich an Hülsenfrüchten und Vollkornbrot heran. Stück für Stück lasse ich dem Darm Zeit, sich an die zahlreichen Ballaststoffe zu gewöhnen und damit baut sich die Darmflora auf. Ich habe ein bisschen Hoffnung, dass ich dadurch den Reizdarm vielleicht etwas heilen kann, wenn die Darmflora vielfältiger ist. Wenn nicht, kann ich den aktuellen Stand aber gut verkraften und ich muss mich in 20 Jahren nicht zusätzlich um andere Erkrankungen bangen.
Meist habe ich abends noch ordentlich Blähungen, aber ich zocke dabei intensiv und das lenkt mich sehr gut ab. Serien gucken ist auch gut. So oder so bewältige ich meine Alltag ganz gut, auch wenn ich Meetings oder größere soziale Interaktionen noch meide.
Ich bin mittlerweile ziemlich überzeugt, dass Reizdarm (so wie ziemlich viele andere Erkrankungen) so die modernen Erkrankungen sind. Wenn man das ganzheitlich (Psyche, Ernährung, Bewegung) angeht, ist da schon viel gewonnen. Mein Tipp wäre auch, nicht den ganzen Berg an Hürden zu betrachten. Sondern nur den nächsten Schritt. Das nimmt einem immens viel Druck weg
24.11.2023 18:07 •
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