Hallo Ihr Lieben,
ich habe Erfahrungen mit EMDR gemacht. Viele Traumatherapeuten sehen EMDR als die beste Behandlungsmethode für Traumatisierungen. Im Detail gehen die fachlichen Meinungen auseinander, sobald es um den Bereich komplexe PTBS geht. Ich weiß, die komplexe PTBS ist aktuell im ICD 10 keine eigene Erkrankung, sondern läuft unter PTBS, aber das wird sich ja mit dem ICD 11 ändern.
Der Grundgedanke ist folgender:
Das Traumagedächtnis funktioniert ganz anders als das normale Gedächtnis, was zur Folge hat, dass traumatische Erinnerungen von unserer Psyche nicht verarbeitet und abgelegt werden können. Die Erinnerungen werden in Fragmenten ungeordnet gespeichert, können aber nicht verarbeitet werden. EMDR hilft der Psyche dabei, diese Fagmente wieder miteinander zu verbinden und in Beziehung zu bringen, dadurch kann die Psyche diese dann verarbeiten und endgültig ablegen, wodurch dann die Traumafolgesymptomatik abnimmt (diese Darstellung ist natürlich stark verkürzt, sorry dafür, aber das Thema ist unglaublich komplex).
Dies geschieht durch bilaterale Stimulation, zumeist über die Augen. Der Therapeut sitz in einem bestimmten Abstand vor einem, hält zwei Finger hoch, die man fokussiert, und bewegt diese dann hin und her, man folgt den Fingern mit den Augen (ca. 30x). Das ist quasi der Kern der EMDR-Behandlung.
Dann macht ma eine kurze Pause, der Therapeut stellt eine oder mehrere Fragen, dann geht es weiter mit dem nächsten Set an Augenbewegungen. Dann wieder Pause, nächsts Set, usw., bis zu einer Stunde lang oder noch länger.
So viel zur reinen Handlungsebene. Das Ziel ist, mit diesen Bewegungen dafür zu sorgen, dass die empfundene Belastung durch eine Erinnerung abnimmt. Gedanklich/emotional passiert Folgendes:
Man wählt eine belastende Erinnerung aus, die man behandeln möchte. Diese Erinnerung ruft man sich ins Gedächtnis, möglichst genau. Man erzählt diese dem Therapeuten, der hört sie sich an, dann bespricht man, wie hoch der empfundene Grad an Belastung ist (dieser soll in der Behandlung sinken). Man leitet daraus eine belastende Grundüberzeugung ab: z.B. Ich bin hilflos, Ich bin ausgeliefert,... und beziffert konkret, wie stark man von diesem Gedanken überzeugt ist (meist ein hoher Wert), dann erarbeitet man eine hilfreiche Gegenüberzeugung, z.B. Ich bin handlungsfähig, Ich kann mich wehren, Ich kann mich schützen,... oder so ähnlich. Auch hierfür wird wieder ein Wert ermittelt, wie stark man an diese Überzeugung glaubt (meist ein sehr geringer Wert). Dann beginnt konkret die Behandlung: man setzt sich in Position, erzählt dem Therapeuten wieder von der Situation, taucht gedanklich und emotional so tief wie möglich in die Szene ein. Dann kommt die Aufforderung Bitte schauen Sie auf meine Finger und das erste Set beginnt. Nach dem Set kommt meistens die Frage Was ist jetzt da? . Man spricht über die aufkommenden Emotionen, beschreibt, wie sich die Szene vor dem inneren Auge verändert oder was auch sonst immer gerade in einem passiert. Das variiert sehr stark. Dann geht es weiter, nächstes Set, nächste Pause, usw., usw.
Der Therapeut erstellt ein Protokoll der Sitzung, welches man im Nachhinein zusammen ansieht. Im Verlauf der Behandlung ist es meistens so, dass die negative Emotion zunächst stark zunimmt, man diese auch da sein lässt, und irgendwann kommt der Punkt, an dem die Belastung zurückgeht. Am Ende schaut man sich nochmal die beiden Überzeugungen an und gibt erneut eine Einschätzung ab. Im Idealfall ist die negative Überzeugung zurückgegangen und die positive Überzeugung hochgegangen.
Die bilaterale Stimulation kann auch über Klopfen des Therapeuten auf die Arme erfolgen, aber der Klassiker sind die Augenbewegungen.
Soweit erstmal zur Durchführung, ich schicke das hier erstmal ab und schreibe dann einen weiteren Post, in welchem ich meine konkreten Erfahrungen schildere.
18.08.2019 00:36 •
x 7 #3