Die Auswirkungen des Traumas sind bei mir vielfältig. Ich habe durchgehend leichte Depression. Zwischendurch auch sehr schlimme Phasen mit extremer Antriebslosigkeit. Ich kann meine Gefühle sehr schlecht spüren. Die meiste Zeit nehme ich wenig wahr, fühle mich nicht ganz da. Bei Krisen (zB Tod eines Angehörigen, Trennung vom Freund. ) reagiere ich nicht normal. Zunächst fühle ich gar nichts, nach einiger Zeit beginne ich zu dissoziieren. Ich kann dann meinen Körper nicht mehr spüren, sehe verschwommen, höre ein Rauschen. Die Dissoziationen können zu schweren Panikattacken führen. Wenn ich extrem überlastet bin habe ich Phasen, in denen ich von der Dissoziationen in die Panik, von der Panik in die völlige Gefühkstaubheit und dann wieder in die Dissoziation falle. Wie so ein Kreislauf. Ich bin übrigens 30.
Das erste Mal habe ich soweit es mir bewusst ist mit 22 nach einer Trennung dissoziiert. Es kam dann recht lange nicht mehr vor. Mit 27 war ich dann tagelang im oben beschriebenen Kreislauf gefangen, sodass ich 6 Wochen krank geschrieben wurde. Der Psychiater damals hat eine generalisierte Angst- und Panikstörung festgestellt. Leider hat er nicht bemerkt, dass ich dissoziiere. Wahrscheinlich konnte ich das nicht richtig beschreiben. Ich weiß noch dass ich damals oft gesagt habe sich wie betrunken fühlen. Dass ich meinen Körper dann nicht spüre und Rauschen höre aber sicherlich auch. Ich hab eine Verhaltenstherapie begonnen und würde auf ein SSRI eingestellt. Ging eine Zeit lang gut.
Die Therapie hat mir aber leider nichts gebracht. Wie ich heute weiß lösen alternative Handlungen und/oder veränderte Gedankengänge meine Probleme nicht. Naja. Aber es ging ja jetzt wieder, also weiter gemacht. Depressiv war ich ja e irgendwie immer, nix Neues. Im Sommer 2019 wieder so eine Episode. War bei einem Facharzt, wollte eine Diagnose. Er meinte ich sei wohl eine etwas unsichere Persönlichkeit. Erschreckend finde ich dass ich ihm die Dissoziation sehr sehr genau beschrieben habe und er nicht auf die Idee kam, was es sein könnte. Meinte ich sei halt depressiv, da fühle man sich schon mal etwas abgeschnitten. Ich habe es mit einer anderen Therapieform versucht. Funktioniert hab ich wieder (dieses mal war ich nicht im Krankenstand), also weiter. Der Therapeut war sehr nett, aber es hat leider wieder nichts gebracht.
Im Herbst 2020 Jahres hatte ich eine massive Belastungsphase. Am Schluss davon gab es einen Todesfall in der Familie und gleichzeitig hab ich mich von meinem langjährigen Partner getrennt. Der war leider ein Missbrauchen. Hauptsächlich psychisch, gelegentlich auch körperlich. Das wäre jetzt wieder eine eigene Geschichte. Jedenfalls erlebte ich die stärkste und längste Dissoziation die ich je hatte. Beim Begräbnis wechselte ich im Minutentakt zwischen Fühlen und Dissoziation. Es war schrecklich. Danach war ich fertig. Ich hab tagelang nicht geschlafen, dissoziierte, hatte Flashbags und zitterte obwohl mir gar nicht kalt sein konnte, objektiv gesehen.
Ich hab mich wieder gefangen, bin um gezogen. Und war dann eigentlich wegen meiner Missbrauchsbeziehung bei einer Therapeutin die auch auf Traumata spezialisiert ist. Die Beschreibung passt einfach. Es erklärt auch warum ich so einen Panzerrücken habe, warum ich nie zur Ruhe komme, warum ich so depressiv bin immer wieder, warum ich oft Dinge nicht zu Ende bringe, warum ich ganz schwer vertrauen fasse und und und. Ich mag hier nicht erzählen was als Kind und Jugendliche in meiner Familie los war. Aber rückblickend gesehen erscheint es logisch. Gibt es hier auch andere mit der Problematik die sich darüber austauschen wollen? Gerne auch per PN
14.05.2021 07:07 • • 01.01.2022 x 1 #1