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Hallo in die Runde.
Ich versuche einmal mein Problem kurz zu beschreiben und hoffe, dass ich in dieser Rubrik richtig bin.
Aufgrund einer traumatischen Kindheit leide ich an einer komplexen PTBS mit Borderlinetendenzen ec.
Beziehungen waren bei mir somit leider recht zahlreich vorhanden und dabei gab es zwei Grundarten. Ich verlor bei zuviel Nähe meist nach 2-4 Jahren meine Gefühle und türmte sozialverträglich oder aber ich suchte mir ähnlich Betroffene und führte über mehrere Jahre On / Off Geschichten mit Überschneidungen. Zu beinahe allen Beziehungspartnerinnen habe ich heute noch einen lockeren, freundschaftlichen Kontakt. Mal ne Nachricht zum Geburtstag, Smalltalk oder nen Kaffee trinken. Für mich ist es angenehm, da ich so weiß, dass diese Menschen noch da sind und ich meine Verlustängste austricksen kann.
Ich bin seit Jahren in Therapie und mein größter Fluch / Segen ist das Spalten. Einerseits schütze ich mich dadurch unbewusst vor negativen Gefühlen, andererseits spalte ich auch ganz gerne mal alle negativen und positiven Gefühle für eine Person weg und wieder hin und wieder weg.

Nun mein momentanes Problem. Ich stecke seit zwei Jahren in einer On / Off Beziehung zu einer Frau, die große Überschneidungen mit meinen Problemen hat. Ähnliche Probleme in der Kindheit, beinahe identische Diagnosen allerdings unterschiedliche Bewältigungsstrategien. Die Beziehung war bis zum April stabil instabil. Beidseitig Projektion, Übertragung, mal der eine ne Pause von 1-2 Monaten eingelegt, mal der andere. Kurz... es hat so funktioniert das jeder seinen Raum hatte und wir uns nicht zu sehr mit unserem Verhalten verstärkt haben.

Im April trennte sie sich aus nen Impuls heraus nach einer Phase von Innerer Leere. Danach folgten 6 Wochen Funkstille und dann die für uns typischen Morsezeichen.
Facebook likes durch sie. Zufälliges Treffen bei einem angemeldeten Lauf von uns beiden und schließlich Kontaktaufnahme über Whats App.
Ähnliche Phasen gab es schon mehrmals in diesen zwei Jahren sowohl von meiner als auch von ihrer Seite. In Konfliktsituationen sind wir beide wie zwei kleine Kinder, die sich im Sandkasten zornig mit Sand bewerfen.
Wir haben beide unsere Dämonen (Panikattacken, Flashbacks, Dissoziation...) jeder mit seinen persönlichen Abgründen verbunden. Wir haben nach solchen Ereignissen darüber gesprochen, ohne in Details zu gehen oder den Anderen in die Akutsituationen einzubinden. Das war wie eine stille Vereinbarung.
Allerdings hat sich das Verhalten von ihr seit 6 Wochen verändert. Sie meldet sich über Facebook oder Whats App teils mitten in der Nacht und schickt mir Fahndungsaufrufe der Polizei über Vergewaltigung oder Raubüberfälle auf Personen, die in ihrem Wohnumfeld stattfanden.
Sie steigert sich mit Kommentaren in diese Vorfälle als hätte sie selbst das Opfer sein können. Ich spüre, dass sie in den Situationen Angst und Panik hat.
Da ich nachts das Handy aus habe, antworte ich ihr tags darauf und beruhige sie. Danach haben wir momentan keinen Kontakt mehr bis zur nächsten ähnlichen Situation.

Dieses Verhalten kenne ich bisher nicht von ihr und es verwirrt mich, da ich mich gerade eher fühle wie ein Vater dessen Tochter, wenn sie Nachts Angst bekommt, plötzlich Schutz sucht.
Verstehen kann ich es irgendwie, da ich solche Akutsituationen und die Angst selbst kenne. Ich igle mich dabei ein und versuche das durchzustehen. Weiß allerdings auch, dass es bei ihr stärker ausgeprägt ist.

Ich bin durch diese Verhaltensänderung nach fast zwei Jahren iritiert und merke wie ich anfange hin und her zu spalten. Eine Kommunikation darüber kommt momentan nicht zustande.
Gibt es vielleicht jemanden, der eine solche Änderung des Verhaltens kennt? Was kann dahinter stecken und wieso ändert sich scheinbar meine Bezugsrolle bei ihr?
Für mich ist es bei diesen Diagnosen eher untypisch und ich kenne es von mir selbst oder aus vergangenen Beziehungen ebenfalls nicht.

Mir ist bewusst, dass sich mein Problem recht kurios anhört und bedanke mich schonmal fürs Lesen.

Herzliche Grüße

13.10.2017 22:28 • 14.10.2017 #1


4 Antworten ↓


Darf ich fragen, was du mit Spalten von Gefühlen meinst?

A


Verhaltensänderung? Beziehung zwischen zwei Betroffenen

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Guten Morgen.
@StubenTigerin
Ich spalte in dem Moment, in dem ich Gefühle über ein bestimmtes Limit bekomme diese unbewusst ab. Davon sind sowohl negative als auch positive betroffen.
In diesen Momenten werde ich sozusagen gefühlskalt und funktioniere im Autopilotenmodus. Bin dann für Aussenstehende emotional kaum noch zu erreichen.
Mein Selbst schaut wie durch einen Nebel der Situation und den Abläufen zu, ohne eingreifen zu können. Die Dauer ist unterschiedlich, geht aber nicht mehr als ein paar Minuten oder Stunden.
Danach habe ich tagelang Gefühls- und Gedankenchaos im Kopf.
Dieser Mechanismus ist allerdings nicht auf eine Person bezogen sondern eher auf Situationen. Daher nicht nur Fluch sondern auch Segen. Ich funktioniere z.B. in schwierigen oder gefährlichen Situationen wie ein Uhrwerk ohne direkten bezug zu meiner Angst oder Wut oder Trauer zu haben. Die abgespaltenen Gefühle schiebe ich schlussendlich in einen fragmentierten Teil meiner Persönlichkeit (struckturelle Dissoziation)... so die Theorie.

Anders ist bei mir das Spalten von Personen. Ich spalte sie nicht wirklich in Gut und Böse sondern in Gefühle an und Gefühle aus. Das belastet mich teils massiv, da ich es merke aber nicht fassen oder ändern kann. Selbst nach Jahren voller Gefühle und Erfahrungen zu einem Menschen kann dieser von jetzt auf gleich für mich völlig gleichgültig und neutral werden. Dabei gehen die Erinnerungen an die Zeit mit ihm ebenfalls zum großen Teil flöten. Ein emotinales Gedächtnis ist bei mir ohnehin schwierig. Ich erinnere mich eigentlich nur über Flashbacks an Emotionen aus meiner Vergangenheit.
Daraus entsteht bei mir ein innerer Druck an dessen Ende ich entweder wieder zurück spalte oder ziemlich zügig eine neue Bezugsperson suche. Was bleibt sind dann lockere Kontakte zu den dauerhaft abgespaltenen Personen um zu wissen, dass sie noch da sind. (auf dieser Welt)

Herzliche Grüße

Es ist erschreckend, denn ich erkenne mich in Teilen selbst wieder.

Letzte Woche hatte ich eine Therapiesitzung in einer depressiven Episode. Ich konnte mich in dem Gespräch zwar an den Tag erinnern, an dem ich hineingerutscht bin, aber den Tag zuvor konnte ich überhaupt nicht rekonstruieren. Es ist so, als hätte er nie existiert. Vermutlich ist etwas vorgefallen, das ich nur mithilfe des Vergessens verarbeiten oder ertragen konnte. Am nachfolgenden Tag bin ich eben in die Depression gerutscht.

Ich erinnere mich insgesamt nur sehr schwer bis gar nicht an Ereignisse in meinem Leben. Ich dachte lange Zeit, das betrifft nur Erinnerungen an meine Kindheit. Aber seit letzter Woche ist mir klar geworden, dass es sich wie ein roter Faden durch mein Leben zieht. Vermutlich setzt das Vergessen immer dann ein, wenn ich mich unwohl fühle?!?!

Nach der Erkenntnis stellt sich mir nicht nur die Frage, ob ein Leben ohne Freude lebenswert ist, sondern auch, ob ein Leben ohne Erinnerungen lebenswert ist.

Ich spüre Verzweiflung aufkommen.

Ob ich mich morgen wohl daran erinnern oder aber vergessen und stattdessen in eine Depression verfallen werde?

Wie behandelt man das?

@StubenTigerin
Auch wenn ich von meinen Fragen abschweife, habe ich mich mit der Frage wie man sowas behandeln kann schon einige Zeit beschäftigt.
Einen Königsweg gibt es nicht und komplett weg geht es auch nicht. Ich denke wir sind so wie wir sind und bestimmte Entwicklungen wurden in unserer Vergangenheit abgeschlossen.
Grundlegend bei mir sind meine Traumata in der Kindheit bzw. die Reinszenierungen im späteren Leben.
Ich habe neben meiner Alltagspersönlichkeit Fragmente, sogenannten emotionale Persönlichkeiten(EP), als Antwort auf meine Vergangenheit entwickelt.
Ich nenne mal eine davon liebevoll meinen Gefühlsmisthaufen. Da kommen alle zu intensiven Gefühle drauf, die meine Alltagspersönlichkeit (AP) bedrohen. Schlägt so ein Gefühl auf spalte ich es aus meiner AP ab und schmeiße es auf den Misthaufen (EP). Der befindet sich im Unterbewusstsein und vergisst nichts! Er wird auch immer größer je mehr ich drauf werfe und drückt an die Oberfläche. (Flashbacks, Depri Phasen, PA usw. sind die Folge)
Ich wache zum Beispiel mitten in der Nacht auf und mir schießt ein total bekanntes Gefühl aus meiner Vergangenheit in den Kopf. Ich kann es in diesem Moment konkret einem Erinnerungsfragment zuordnen und das ganze ist so intensiv, dass es sich für mich so anfühlt als würde ich es gerade erleben. Nach kurzer Zeit ist es vorbei... keinerlei Bezug mehr und ich fühle mich morgens wie gerädert.

Meiner Meinung nach ist der einzige Weg dauerhaft da dran zu arbeiten der, an die traumatischen Erinnerungen ran zu kommen. Das ist wirklich wirklich fies und bedarf erstmal einen großen Leidensdruck, um sich daran zu wagen.
Ich habe es in einer ambulanten Traumatherapie mit Klopftechnik probiert. Ich kann mich selbst mitlerweile recht gut in diese EP triggern, dass hat meine Therapeutin sehr gut vermittelt.
Für mich war es für ca. 20 Sekunden eine Hölle voller extremer Gefühle und Reaktionen und zugleich das seltsamste Erlebnis in meinem Leben. Nach 20 Sekunden habe ich komplett auf null gespalten und war danach drei Tage krank. Selbst meine Therapeutin hat mir nach dieser Erfahrung abgeraten es selbst zu Hause auszuprobieren und ich merkte, dass sie dieses Ereignis ebenfalls sehr erschreckend fand.
Insofern bleibt mir die Erkenntnis, dass für mich nur eine stationäre Traumatherapie in Frage kommt und der Weg wird steinig. Wenn es mit der Konfrontation und Desensibilisierung dieser Traumata gelingt, die Alltagspersönlichkeit nahe an die emotionalen Persönlichkeiten zu bringen ( Das Puzzle meiner Persönlichkeit zusammenzusetzen) dann ist sehr viel Chance auf Verbesserung.

Auf diesen Misthaufen liegen nicht nur alle negativen Erfahrungen sondern auch die Positiven. Wenn ich die Negativen verarbeiten und integrieren kann, werden auch die Positiven befreit.
Ob ein Leben ohne dies lebenswert ist denke ich für mich schon. Ich sehe es als Aufgabe und immer währenden Lebensprozess diese Dinge ans Licht zu bringen. Ich lebe mit meinen Struckturen im Moment des Hier und Jetzt. Da kann ich auch begrenzt Freude und Leid empfinden.
Viele, die in ihrer Vergangenheit oder in der Zukunft leben wünschen sich genau diese Fähigkeit. Ich wünsche mir eben ein bisschen vom Gegenteil.

Herzliche Grüße




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