Zitat von hillibaer: Wie kann ich diesen Neid oder das Gefühl von Ungerechtigkeit behandeln, wie gehe ich damit um?
Zuerst mal indem Du dir klarmachst, wie Dein Erleben als blind Geborener wäre. Der Sehsinn ist nur eines der fünf bzw. sechs Sinnestore des menschlichen Geistes. Die (vermeintliche)
Schönheit der Sehobjekte wäre dann nicht nur unerheblich, sondern stünde gar nicht zur Debatte.
Im Sehen
liefert der Geist viel Subjektives
in die Welt (= nach außen).
Im Hören hingegen
empfängt der Geist viel Objektives
von der Welt (= von außen).
Das bedeutet, dass wir
im Gesehenen mehr (nonverbale!) Interpretation betreiben als z. B. im Hören
von Gesagtem. Doch unser Erleben gestaltet sich genau andersrum: Wir meinen, Gesehenes ist mehr real (= objektiv wahr) als Gehörtes. Wir neigen zu der Ansicht, Worte seien Schall und Rauch (= objektiv unzuverlässig), Bilder dagegen seien die Wahrheit.
Dies führt zwangsläufig dazu, dass wir Gesehenem mehr vertrauen, als z. B. Gehörtem, Geschriebenem, Gedachten.
Wir trauen dem Vertrautem. Und was wäre vertrauter als
wir selber?
Warum belastet Dich also nun die (vermeintliche) Schönheit eines Gegenübers? Darauf gibt es nur eine Antwort: Weil Du
Dich selber eben nicht schön findest, aber gerne schön wärst. Das Spiegelbild (= Dein Gegenüber) entspricht nicht dem, der hineinblickt (= Dein Selbst-Bild). Da entgegen jeglicher pseudopsychologischer Behauptung jedes Ego
sich selbst am meisten mag (ja, sogar mögen muss!), erlebt es diese
Diskrepanz als schmerzhaft.
Nun über das (letztendlich Ego-geschaffene)
Objekt (z. B. die schöne Frau) zu klagen gehört zur Grundverblendung des Menschen und ist zudem Teil des dem Menschsein inhärenten Leidens. Weder eine gesellschaftliche noch irgendwie andersgeartete Diskussion über Aspekte und Effekte von Schönheit kann zu einer Minderung des o. g. Schmerzes führen.
Jeder blinde Hund wird bezüglich der Schönheit oder Nicht-Schönheit eines Menschen eine weitaus treffendere
Aussage machen können als jeder Mensch: Wau! (statt Wow!)...
