dieser Thread passt nicht so ganz zu dem Thema dieses Unterforums, da es hierbei meiner Einschätzung nach nicht um Liebeskummer geht, es sei denn man legt einen sehr sehr breiten Liebesbegriff an. Aber zu den anderen Themen passt mein Anliegen halt noch weniger.
Der Grund für meine Anmeldung hier ist eine tiefe Verzweiflung, aus der ich unbedingt einen Weg herausfinden muss, gleichwohl ich keine Ahnung habe, was ich tun soll. Das Problem ist dabei so komplex und so unnachzuvollziehbar für die meisten Leute, dass ich gar nicht recht weiß, wie ich es in Worte fassen soll.
Es geht um eine Person, eine Frau namens E., die seit nunmehr 14 Jahren eine zentrale und dabei absolut verheerende Rolle in meinem Leben spielt. (Randinfo: Ich bin Anfang 30. E. ist Ende 20.) Die außergewöhnliche Bedeutung, die diese Frau für mich hat, muss um jeden Preis nullifiziert werden, wenn ich nicht in seelischem Elend ertrinken will. - Da E. gestern den Kontakt zu mir endgültig abgebrochen hat und wir auch keinerlei Berührungspunkte durch Arbeit, Studium oder Freunde haben, könnte man nun fälschlicherweise meinen, dass sich diese Neuorientierung bzw. Fokusänderung eigentlich nicht allzu schwer gestalten dürfte. Menschen kommen, Menschen gehen. Das ist halt so. - Warum das in diesem speziellen Fall aber ganz und gar nicht so ist und weshalb erst jetzt für mich wieder eine Zeit voller Unglück und Leid beginnt, will ich im Folgenden versuchen zu erläutern.
Ich beginne mit dem Erklärungsversuch, welche Bedeutung diese Frau überhaupt für mich hat: E. hat mich in der Vergangenheit so enorm stark geprägt, dass sie mich in vielerlei Hinsicht zu dem gemacht hat, was ich heute bin und wie ich mich selber verstehe. Ihre Meinung von mir und ihr Urteil über mich haben ein enormes Gewicht. In einer gewissen Weise ist sie sozusagen der allerwichtigste Mensch in meinem Leben - nur dass die real existierende E. ab jetzt halt kein wirklicher Teil meines Lebens mehr ist. (Ein kurzer Einschub, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es läge mir nichts ferner als sie zu stalken oder mit Nachrichten zu bombardieren. Allein der Gedanke daran, den Kontakt zu ihr zu suchen lässt mich vor Schrecken erschaudern.) Tatsächlich geht es hier gar nicht mehr so sehr um die reale Person E., sondern vielmehr um eine extrem mächtige mentale Repräsentation von ihr in meinem Kopf, mit der ich häufig innere Dialoge führe. Man könnte auch sagen: Es sind ihre imaginären Augen, durch die ich mich selber sehe, selbst wenn die wirkliche Person E. gar nicht mehr da ist. Selbst jetzt gerade stelle ich mir vor, dass SIE vielleicht in diesem Forum Mitglied sein könnte und irgendwann diese Zeilen liest. Was würde sie dann denken?! Und die Realisation, dass ich so fest in ihrem Würgegriff stecke, treibt mir schon wieder die Tränen in die Augen.
Aber wie ist es überhaupt zu dieser prekären Situation gekommen?
Es beginnt tatsächlich mit einer katastrophalen Liebesgeschichte. E. war damals, als ich noch ein Teenager war, meine erste Partnerin und es war eine reine Chaosbeziehung.
Ich muss hier noch eines vorwegschicken: Ich bin in dieser Geschichte nicht der Gute und E. ist nicht die Böse. Wir haben uns gegenseitig schreckliches Leid zugefügt, das nicht gegeneinander aufgewogen werden kann.
Wir waren insgesamt drei Mal von 2006 bis 2010 liiert, wobei wir die ersten beiden Male eine Fernbeziehung führten und beim dritten Mal dann zusammen gewohnt haben. Kennengelernt habe ich E. in einem Internetforum, das diesem hier thematisch sehr ähnlich ist. Ein Platz, wo Leute über ihre Sorgen reden.
Ich verfluche den Tag, an dem ich auf einen extrem dramatischen Thread von ihr geantwortet habe und sie daraufhin den Kontakt zu mir gesucht hat.
Trigger
Sie fing dann an, mir grauenvolle Geschichten darüber zu erzählen, dass ihr fürchterliches Unrecht angetan worden war und dass sie körperlich und seelisch so massiv geschädigt worden sei, dass sie nach aller Voraussicht nur ein kurzes qualvolles Leben vor sich hätte. Ich bin mir gerade nicht sicher, ob ich wegen diesem Part eine Triggerwarnung setzen sollte. Na ja. Better safe, than sorry. Jedenfalls haben wir uns dann durch diesen intensiven Kontakt ineinander verliebt, wobei die Beziehung hauptsächlich daraus bestand, dass sie mir von all den erschreckenden Dingen erzählt, die sie tagtäglich erträgt. Es war so extrem, dass ich selber darunter massiv zu leiden begann, da ich tatsächlich glaubte, dass das Mädchen, das ich mehr als alles andere liebte, eine kurze höllische Existenz führt. Ich hatte ständig das Bild vor Augen, dass ich irgendwann vor ihrem Grab stehen würde.
Allerdings stellte sich am Ende heraus, dass diese ganzen Horrorgeschichten reine Lügen gewesen sind, die ich nur deshalb geglaubt habe, weil ich jung und naiv war. Sie hatte sich diese ganzen Stories nur ausgedacht und teilweise sogar regelrechte Events inszeniert, weil sie gerne schauspielerte und weil ihr langweilig war.
Dieser Zusammenbruch ihres Lügengebäudes markiert das Ende meiner ersten Beziehung mit E. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich mir selber nichts vorzuwerfen. Allerdings ist durch dieses Drama etwas in mir kaputtgegangen.
Wir sind dann nach einer Weile wieder zusammengekommen und diesmal war es anders. Das Vertrauen war vollkommen kaputt und ich hatte das Gefühl, dass ich E. die Stirn bieten müsste, indem ich sie ebenfalls manipulativ und rücksichtslos behandle. Meine Gefühle für sie waren zwiespältig. Einerseits habe ich sie nach wie vor geliebt, weil sie eine unleugbare Besonderheit ist. Andererseits hielt ich sie (zu einem gewissen Grade) auch für einen schlechten und verdorbenen Menschen. Wie sonst hätte sie es mir diesen grausamen Unsinn antun können? All die Unsicherheit, die sie mir zugemutet hatte, wollte ich auf sie zurückspiegeln, sodass ich schließlich zu Taktiken gegriffen habe, die man wohl am besten als Gaslighting bezeichnen könnte. (E. selbst hatte mein Verhalten rückblickend so bezeichnet.)
Trigger
Ich habe ihr beispielsweise gesagt, dass ich mir das Recht vorbehalte, ihr Fallen zu stellen, um ihre Treue und Ehrlichkeit auf die Probe zu stellen. Ich habe sie andauernd für banale Kleinigkeiten kritisiert, indem ich mir absurde Regeln und Werte ausgedacht habe, an die sie sich zu halten hätte. Es ist sehr schwer, diesen Psychoterror, den ich damals betrieben habe, mit einigen wenigen Worten zu beschreiben, da diese Techniken der Manipulation mehr oder weniger subtil sind. Ich schäme mich zutiefst für all das, was ich ihr damals angetan habe, denn ich habe es mit diesen soziopathischen Psychospielen tatsächlich geschafft, bei E. einen mindestens so schweren psychischen Schaden anzurichten, wie sie zuvor bei mir.
Unsere zweite Partnerschaft hatte sie dann von sich aus beendet und unsere dritte Partnerschaft verlief im Wesentlichen identisch zur zweiten, nur dass wir halt zusammen gewohnt haben und sie dadurch noch mehr meinem zerstörerischen Einfluss ausgesetzt war. 2010 hat sie dann auch die dritte Beziehung mit mir beendet und den Kontakt radikal abgebrochen.
Diese Entscheidung habe ich respektiert und sechs Jahre sind ins Land gezogen. Aber in dieser ganzen Zeit ist E. für mich stets präsent geblieben. Auch wenn wir nicht miteinander gesprochen haben und nichts voneinander wussten, war sie ständig da und ihre letzten Worte hingen wie ein finsterer Schatten über dieser Zeit: Ich glaube nicht, dass ich mit dir befreundet sein will. - Für mich war klar, dass ich für sie nun eine Persona Non Grata geworden war. In dieser Zeit ist mir aber auch klar geworden, dass das, was ich für E. empfinde, keine Liebe ist, denn ich habe seitdem mehrere Liebesbeziehungen geführt, die normal (oder zumindest normalER) verliefen. Die Bedeutung, die E. für mich hat, habe ich ja oben bereits zu beschreiben versucht. Und nun war in der Situation, dass mich der Mensch, der mir am meisten bedeutet, mit wohlverdienter Verachtung straft.
Ich war seit 2010 übrigens in zwei Therapien, in denen auch E. zu einem zentralen Gegenstand gemacht worden war. Aber auch diese professionelle Hilfe war nicht dazu in der Lage, dieses E.-Gespenst in meinem Kopf zu beseitigen.
2016 habe ich dann all meinen Mut zusammengekratzt, um E. eine Mail zu schreiben. Ich habe sie noch einmal gefragt, ob sie mit 6 Jahren Abstand nicht vielleicht Interesse hätte, wieder mit mir zu reden. Und sie hat eingewilligt. Ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr ich mich darüber gefreut habe.
Nachdem ich 6 Jahre lang in Albträumen und fürchterlichen Tagträumen von der imaginären E. immer wieder verurteilt und als unwertig abgestempelt worden war, dachte ich, dass ich eine echte Chance bekommen hatte, der REALEN E. zu beweisen, dass ich mich geändert habe und dass ich dazu eine wertvolle Bereicherung für sie sein kann.
Tatsächlich hatten wir dann drei Jahre lang einen sehr regelmäßigen und auch intensiven Kontakt gehabt, sofern es sich zeitlich ergab. Allerdings haben wir die ganze Zeit über nur gechattet. Dabei haben wir zwar auch gelegentlich über die Vergangenheit gesprochen, aber meistens ging es um aktuelle Dinge und oftmals um triviales Zeug. Ich war mit diesem Status Quo vollkommen glücklich und ich hatte geglaubt, dass der Albtraum nun ENDLICH vorbei wäre; dass E. und ich eine Basis gefunden hätten, die für uns beide erbaulich ist.
Dann schlug E. allerdings vor, dass wir uns einmal treffen sollten, da sie mittlerweile durch einen reinen Zufall gar nicht weit von mir entfernt wohnt. Ich habe eingewilligt und wir haben uns für mehrere Stunden getroffen und ein Gespräch geführt, das ich für unproblematisch und unverfänglich hielt.
Nach diesem Treffen hat E. mich allerdings völlig ignoriert. Ich hatte ihr eine Nachricht geschrieben, als ich wieder bei mir zu Hause angekommen war, weil ich das so üblich finde. Es kam nichts. Wochen später habe ich sie gefragt, ob alles ok sei. Es kam nur eine nichtssagende lakonische Antwort. Wieder einige Wochen später habe ich ihr zum Geburtstag gratuliert. Keine Antwort. Einige Zeit darauf habe ich sie gefragt, ob sie sauer auf mich sei bzw. ob ich etwas falsch gemacht habe. Keine Antwort. Ich hatte Geburtstag. Von ihr kam nichts.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits die Vermutung, dass irendetwas ganz fürchterlich im Argen liegen musste. Ich habe ihr dann vorgestern eine längere Mail geschickt, in der ich noch einmal zum Ausdruck brachte, dass ich mich über ein Lebenszeichen von ihr freuen würde und dass ich keine Ahnung habe, was los ist.
Darauf kam dann tatsächlich die Antwort, dass sie nach dem Treffen mit mir denkt, dass sie nun endlich mit mir abschließen will.
In Wahrheit war nämlich die ganzen drei Jahre hindurch, in denen wir geschrieben haben, überhaupt nichts in Ordnung. Sie sagt, dass es sie massivem Druck aussetzt, mit mir in Kontakt zu stehen stehen. Obwohl ich die ganze Zeit nichts Schlimmes oder Belastendes geschrieben habe, befürchtete sie bei jeder Nachricht, dass irgendein schmerzhafter Angriff auf sie käme. Sie hat alles, was ich gesagt habe, stets auf die Goldwaage gelegt. Und bei jeder ihrer eigenen Äußerungen habe sie sich den Kopf darüber zerbrochen, wie ich das Gesagte wohl auffassen würde.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich während dieser drei Jahre NICHT gewusst habe, dass sie sich so schlecht fühlt. Die ganze Zeit über hat sie das SO auch definitiv nicht kommuniziert. Vielleicht hätte ich darauf kommen können, wenn ich wie früher jede verborgene Wahrheit aus ihr herausgequetscht hätte. Ich habe wirklich geglaubt, dass sie mir vertraut. Sie hatte mir sogar einen Scan von ihrem Personalausweis geschickt, nur weil sie mir das angeblich hässliche Photo darauf zeigen wollte.
Lange Rede, kurzer Sinn: E. hat den Kontakt zu mir wieder abgebrochen. Und wie es scheint ist es diesmal noch endgültiger als 2010.
Und mich verschlägt sie dadurch zurück in die erste Häfte der 2010er Jahre. Es ist wieder alles so wie damals. Die Rastlosigkeit, die Schuldgefühle, das Dasein als Persona Non Grata, . Es heißt, man kann Geschehenes nicht Ungeschehen machen. Man kann nicht in die Vergangenheit zurück. Aber E.s Macht über mein Leben ist so groß, dass sie meine Uhren sehr wohl zurückzudrehen vermag.
Das war's also.
Ihr versteht nun vielleicht, weshalb ich in meinem Leben etwas fundamental ändern muss. E. ist weg. Und dieses Gespenst der Vergangenheit, das ihren Namen trägt, muss auch verschwinden. Ich kann nicht wieder Jahre oder gar Jahrzehnte damit verbringen, meinen Mut zusammenzukratzen, nur um sie dann 2030 oder 2040 zu fragen, ob sie vielleicht doch wieder mit mir reden will. Wobei ich es nach dem, was sie gestern/vorgestern geschrieben hat, sowieso für unmöglich halte, dass ich diesen Mut überhaupt je wieder aufbringen könnte. Es brennt zwar nach wie vor die winzige Hoffnungsflamme, dass sie sich in ferner Zukunft wieder bei mir meldet, aber darauf kann ich kein Leben aufbauen.
Meine Frage ist nun (und ich habe keine große Hoffnung, dass es darauf überhaupt eine goldene Antwort gibt):
Was kann ich tun, um sie nun endlich ein für alle mal loszuwerden?
(Bedenkt bitte, dass ich bereits 6 Jahre ohne sie allerlei andere Dinge getrieben habe, inklusive mehrerer Partnerschaften und zweier Psychotherapien.)
20.07.2020 12:40 • • 25.07.2020 #1