Ich habe derzeit das Gefühl, in meinem Leben mehr oder weniger auf der Stelle zu treten und festzustecken und weiß nicht, wo ich anfangen soll, etwas zu verändern.
Ich bin seit 3 Jahren in Therapie, derzeit seit ca. 1,5 Jahren Gesprächstherapie, und die Veränderungen gehen mir viel zu langsam, ich habe zwar Erkenntnisse über mich selbst aber es fällt mir total schwer, irgendetwas im Alltag umzusetzen.
Laut meiner Therapeutin sei ich ein sehr sensibler, offener und freundlicher Mensch, äußerst friedfertig und sehr verständnisvoll.
Dabei fällt es mir total schwer, Forderungen zu stellen. Auf Druck reagiere ich schnell mit starker Vergesslichkeit und Verwirrung.
Ich bin in verschiedenen Bereichen in meinem Leben sehr unglücklich:
Beruf: Ich arbeite seit fast einem Jahr als Lehrerin an einer Grundschule, aber nur 50%. Wie vielen jungen Lehrern fällt es mir schwer mich durchzusetzen, und ich bin bei der Arbeit in der Klasse eigentlich oft sehr unglücklich. Die Kinder können phasenweise so zugewandt und charmant sein wie sie wollen, bei mir ist dieses erfreute, fürsorgliche Gefühl, dass ich einmal im Umgang mit Kindern hatte, nicht mehr da. Ich gehe an kaum einem Tag in die Schule, ohne etwas vergessen zu haben. Ich habe große innere Wiederstände gegen die Unterrichtsvorbereitung, was den Kraftakt noch größer macht und meine Unorganisiertheit verschlimmert. Ich weine viel im Zusammenhang mit der Unterrichtsvorbereitung. Ich arbeite unter viel innerem Druck. Meine Therapeutin sagte mir mal während meines Referendariats, ich komme ihr vor wie ein pazifistischer König, der in den Krieg zieht. So komme ich mir auch vor.. und ich mag nicht mehr immer in den Krieg ziehen. Gleichzeitig bestärkt sie mich, im Beruf zu bleiben. Ich bin verwirrt, weil ich nicht weiß, was ich machen soll..
Wohnsituation: Ich bin vor 5 Jahren zusammen mit Freunden in eine WG gezogen, die gut funktioniert hat. Inzwischen sind meine beiden Freunde weitergezogen (wir sind immer noch gut befreundet) und die zwei neuen Mitbewohner habe ich über Anzeigen kennengelernt. Meine derzeitige Mitbewohnerin hat vor 2 Jahren schonmal hier gewohnt und ist nach einem Auslandsaufenthalt zurück. Sie ist ein sehr fröhlicher und sozialer Mensch, sie hat regelmäßig viele Freunde zu Besuch. Sie ist mir gegenüber zugewandt, fragt wie es mir geht und versucht, zu meiner Arbeitssituation was Konstruktives zu sagen. Es freut mich einerseits, dass sie eine positive Stimmung in die WG bringt. Andererseits fühle ich mich regelmäßig von ihr „überrollt“. Sie und ihre Freunde sind laut, sie lässt Müll herumstehen. Ihr Besuch raucht in ihrem Zimmer, obwohl sie mir gegenüber versichert hat, berücksichtigen zu wollen, dass wir eine Nichtraucher-WG sind (sie selbst ist Raucherin). Wir hatten mehrere Abende zusammen, an denen wir gemeinsam Wein getrunken haben, auch ihren. Heute nimmt sie nun einfach eine Flasche von mir und leert sie gemeinsam mit ihren Freunden. Habe das Gefühl, sie kratzt die ganze Zeit an Grenzen. Lasse ich mich verarschen, sollte ich die Gelegenheit nutzen und an ihr lernen, mich durchzusetzen, sollte ich mir alleine eine Wohnung suchen?
Ich fühle mich trotz vorhandener Kontakte derzeit sehr einsam. Würde mir eine Beziehung wünschen aber kann mich kaum für andere Menschen öffnen, da ich mir entweder keine Beziehung vorstellen kann oder mich schnell angegriffen fühle.
Meine Therapeutin vermutete angesichts meiner anhaltenden Unglücklichkeit mit dem Beruf und den Ängsten, die ich regelmäßig zum Ferienende aufbaue, dass ich mit viel Kraft und Anstrengung eine Fassade hochhalte, hinter der z.T. nichts ist. Aber ich weiß mal wieder nicht, was ich mit dieser Einschätzung von ihr anfangen soll, was nützt mir das im täglichen Leben?
Ich frage mich, ob ich weiter durchhalten und versuchen sollte, an meinem inneren Erleben der Situation und an meinen Beziehungen etwas zu verändern (was ich seit Jahren tue), oder ob ich an meinem äußeren Leben etwas ändern sollte (nach einer beruflichen Veränderung Ausschau halten, umziehen?)
Ich wäre dankbar für Anregungen oder Einschätzungen..
Liebe Grüße, M.
28.10.2014 22:51 • • 04.11.2014 #1