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Hallo,
Vielleicht kann mir von euch ja jemand einen Rat geben.
Mein Papa ist letztes Jahr plötzlich verstorben und ich hab das nach außen hin sehr gut weggesteckt.
Nach innen hin hab ich es einfach verdrängt. Ich war einen Tag nicht Arbeiten, 2 nicht in der Schule und am Tag der Beerdigung gings abends noch zu unserem Karnevalswagen und die drei Tage danach Karneval feiern.

Ich war einige Monate später bei einer Heilpraktikerin, die meinte, ich solle anfangen zu trauern, dann könnte ich auch wieder besser schlafen. Ich hab mir ihr dann eine Session quasi gemacht und konnte erstmal wieder Schlafen.
Also alles wie vorher. Das Buch was sie mir mitgegeben hat konnte ich nicht lesen.

Ich bin jetzt über 1 Jahr später zu einer Psychotherapeutin gegangen, die mir wieder sagte ich muss anfangen zu trauern, sonst wird es nur schlimmer.

Jetzt war ich heute auf einer Beerdigung und zum ersten Mal glaub ich das sie vielleicht recht hat.

Mir ist aber jetzt gar nicht klar was ich tun soll. Normalerweise hätte man mit seinen Freunden und seiner Familie darüber sprechen sollen nehme ich an. Aber das hab ich nicht.
Aber mich hat nach dieser ersten Woche auch niemand mehr so wirklich drauf angesprochen oder ich hab es nicht wahrgenommen.

Mit meiner Familie zu sprechen so weit bin ich glaub ich bei weitem noch nicht. Aber mit Freunden vielleicht?
Ich weiß es nicht.
Ich hab nach dieser (langen) Zeit nicht mehr das Gefühl das einzufordern und weiß auch gar nicht wie ich irgendwas ansprechen soll.

Vielleicht hat ja jemand einen Rat wie er damit umgegangen ist.

Viele Grüße

17.07.2020 12:29 • 07.09.2020 #1


13 Antworten ↓


Grüße dich, jeder geht mit seiner Trauer anders um,es ist natürlich besser wenn man Trauerarbeit leistet.
Du könntest für dich selber einen Brief oder ein Tagebuch schreiben in das du alles hineinschreibst was du deinem Papa noch alles sagen wolltest und ihm deine Gedanken mitteilst.
Das ist auch eine gute Form der Trauerarbeit, natürlich kannst du es aber auch mit Freunden besprechen...wenn es die richtigen sind.
Hier in diesem Forum gibt es auch einen Thread,,was ich dir sagen möchte,, vielleicht wäre dies auch etwas für dich und du bekommst eventuell Feedback. Egal wie du es machst,es wird dir Erleichterung bringen. Liebe Grüße

A


Trauer um Papa

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Man sagt nicht umsonst Trauer-Arbeit, es ist tatsächlich Arbeit. Und wie bei anderer Arbeit, liegen lassen oder hier verdrängen bringt nichts. Am Ende kommt da Ganze zurück und äußert sich dann mit Symptomen die man erstmal gar nicht damit in Verbindung bringt.

Aufschreiben ist eine gute Idee, wenn darüber sprechen schwierig ist. Für mich ist zum Beispiel die Grabpflege auch Trauerarbeit und wenn ich die Blumen gieße und eine Kerze anstecke, dann ist das für mich mit Erinnern verbunden. Es gibt viele Möglichkeiten, sich damit zu befassen.

Mein Gefühl ist, wenn über den Verstorbenen in der Familie oder mit Freunden immer mal wieder geredet wird, dann ist es einfacher, weil dann derjeniger immer noch irgendwie vorhandenen ist, wenn auch nur in liebevoller Erinnerung. Bei uns wird immer mal wieder erzählt von bestimmten Dingen, an die man sich gerade erinnert. Das sind keine traurigen Geschichten, nur so Erinnerungen aus dem Alltag.

Wenn du mit Religion etwas anfangen kannst, kannst du auch mal in einer Kirche eine Kerze anzünden für deinen Papa, in dem meisten Kirchen (zumindest in den katholischen, in den evangelischen weiß ich es nicht) stehen Teelichter oder kleine Grablichter auf einem Ständer, die man anzünden kann. Schon mit so einer kleinen symbolischen Handlung gehst du einen kleinen Schritt. Oder du besuchst mal einen Ort, mit dem du gute Erinnerungen an deinen Papa verbindest.

Danke für eure Ideen, ich werde mich mal daran versuchen...
Irgendwie ist das wie eine Schranke in meinem Kopf die zu ist ujd ich steh hilflos davor.
Aber das beste ist vermutlich einfach irgendwas zu machen.

@ MissSo lasse dir einfach Zeit,es wird dir schon gelingen...es sollte auch nur eine Hilfestellung sein.
Liebe Grüße

Ich kann da nur von mir reden, ich habe von Anfang an, die Trauer zugelassen. Am Anfang wollte ich gar nicht viel
reden, habe nur geweint. Tränen waren und sind für mich wichtig. Ich lasse die Trauer zu. Mein Papa ist 2004 verstorben,
meine Mama 2017. Ich weine Heute noch und bin noch nicht soweit, das ich mich (bei meiner Mama) an Erinnerungen,
erinnern möchte. Das ist noch weit weg. Trauer verändert, Trauer dauert ein Leben lang.
Verdrängen ist nicht gut, weil die Trauer uns einholt. Laß sie zu, die Trauer, ich glaube, Deine Seele weiß was sie
machen wird. Manche können nicht weinen, das hat nichts damit zu tun, das sie nicht trauern. Jeder macht
das für sich, jeder auf seine Art und Weise. Du wirst es spüren. Ich drück Dich mal ganz lieb. @MissSo

Zitat von Abendschein:
Trauer dauert ein Leben lang.

Das kann ich so nicht bestätigen. Meine Mutter ist 2015 gestorben, der Tod war eine Erlösung für sie. Trotzdem war das Loslassen traurig und schmerzhaft.

Meine Tochter, die ihre Omi ebenfalls sehr liebte und ich haben geweint und getrauert, aber auch immer positiv gedacht und gehandelt. So haben wir beim Trauergottesdienst einen großen Korb voller kleiner Elefanten und Eulen, die meine Mutter gesammelt hatte, mit in die Kirche genommen.

Sie war immer ein Mensch gewesen, der aus vollem Herzen gegeben hat, und so haben wir an die Trauergemeinde ihre gesammelten Tierchen verteilt. Wer wollte, durfte sich eines zur Erinnerung an sie mitnehmen, und es war ein wunderbar tröstendes Erlebnis zu sehen, wie schnell der Korb sich leerte. Zu wissen, dass nun in über 100 Wohnungen ein Andenken an meine Mom stehen würde, hat mich froh gemacht.

Wir haben von Anfang an nur an schöne Dinge gedacht, wenn wir über sie sprachen.

Wir haben an Weihnachten ihre Plätzchenrezepte nachgebacken und die Verwandtschaft damit beschenkt. Wir sind an ihrem Geburtstag Essen gegangen und haben auf sie angestoßen in der Erinnerung, dass sie immer niesen musste, wenn sie den ersten Schluck Rotwein trank

Dafür haben wir nie ihren Todestag begangen. Das hat dazu geführt, dass ich ihn tatsächlich nachschauen muss, wenn ich das Datum brauche. Er ist nicht wichtig, wichtig ist die Erinnerung an das Leben mit ihr.

Und ja: Sie fehlt in meinem Leben, aber ich bin ihr nah. Die Trauer ist längst den vielen warmen, liebevollen Gedanken an sie gewichen.

Vielleicht sollte ich es anders sagen. Vermissen dauert ein Leben lang. Ich vermisse meine Eltern sehr. Da ist eine Lücke im Leben die nie wieder zu füllen ist. Nie wieder. Ja vermissen hört sich besser an. In dem vermissen liegt aber auch die Traurigkeit das sie nicht mehr da sind. Es gibt mehrere Stufen der Trauer. Ich durchlebe sie und bin noch nicht bei der liebevollen Erinnerung angekommen.

Zitat von MissSo:
Mir ist aber jetzt gar nicht klar was ich tun soll. Normalerweise hätte man mit seinen Freunden und seiner Familie darüber sprechen sollen nehme ich an. Aber das hab ich nicht.
Aber mich hat nach dieser ersten Woche auch niemand mehr so wirklich drauf angesprochen oder ich hab es nicht wahrgenommen.

Mit meiner Familie zu sprechen so weit bin ich glaub ich bei weitem noch nicht. Aber mit Freunden vielleicht?
Ich weiß es nicht.
Ich hab nach dieser (langen) Zeit nicht mehr das Gefühl das einzufordern und weiß auch gar nicht wie ich irgendwas ansprechen soll.

Ich habe um meine Mutter auch nicht wirklich offen getrauert. Geweint habe, ich als sie noch lebte und im Krankenhaus lag. Als sie ein paar Tage später ziemlich unerwartet starb, konnte ich nicht weinen und später auch selten. Ich habe auch nur ganz wenig darüber geredet, hatte einfach kein Bedürfnis. Dazu muss ich sagen, dass ich völlig alleine bin, nur noch entfernte Verwandte und keine eigene Familie. Was ich gemacht habe und nach 4,5 Jahren immer noch hin und wieder mache, ist mit ihr zu reden als wäre sie noch da. Auf die Art hatte ich keine Probleme ihren Tod psychisch zu verkraften, obwohl wir uns sehr nahe standen und ich sonst niemanden habe.

Danke für eure Antworten.
Ich hab mich die letzten Tage mal etwas intensiver damit beschäftigt und jetzt geht es mir erstmal gut. Ich hatte immer Angst wenn ich mal anfange zu weinen, dass ich nie wieder aufhöre und hab dann immer dagegen angekämpft. Ich hab auch sehr wenig um Papa geweint, nach den ersten Wochen... Ich hab dann in meinem Freund, mittlerweile Ex-Freund immer eine schöne Ausrede gefunden falls mir doch zum heulen war, dann drehte sich das nur um ihn.
Die Ausrede stehe ich mir jetzt nicht mehr zu und es fühlt sich an als würden meine Gefühle sich beruhigen.

Das ist ein schönes Gefühl, sich Zeit zu nehmen um traurig zu sein und dafür aber auch den Rest des Tages Ruhe davor zu haben.

Ich hab mir jetzt auch ein Buch gekauft.

Einen geliebten Menschen verlieren - von Doris Wolf.

Da bist du auf einem guten Weg, denke ich. Die Bücher von Doris Wolf haben schon vielen Menschen geholfen.

Ich habe meinen Vater 2008 verloren, er ist mit 49 Jahren ohne Vorwarnung ganz plötzlich verstorben. Ich war 21 mein Bruder 11, dass war sehr hart für uns alle. Ich kann dir dazu nur sagen, dass man es irgendwann verarbeitet, wenn man die Trauer zulässt. Suche dir einen lieben Menschen, dem du dich anvertrauen kannst. Egal ob es familie oder freunde ist. Und natürlich ist es ok auch erst an einem späteren Zeitpunkt zu trauern. Wenn du es erst jetzt oder in 4 Wochen kannst, dann ist das total in Ordnung, jeder geht anders mit Trauer um. Ich hatte auch immer wieder unterschiedliche Phasen. Und jetzt nach 12 Jahren, kann ich wirklich liebevoll an ihn denken, ohne den Groll gegen das Universum, das mir meinen heiß geliebten Vater genommen hat. Natürlich gibt es nach wie vor sentimental Momente, bei besonderen Anlässen oder als unsere Tochter geboren wurde, da kommt dann eben das Vermissen der geliebten Person hoch. Aber tatsächlich ist es wichtig sich damit auseinander zu setzen, auch wenn es hart ist. Ich habe Stunden lang die Lieblings Musik meines Vaters gehört und rotz und Wasser geheult, aber da muss jeder seinen ganz persönlichen Weg finden. Natürlich kann auch ein Buch helfen und heulen, gaaaaanz viel heulen

Ich glaube ich war noch nie so betrunkenn wie jetzt und es tat noch nie so weh jetzt.

Zitat von Luna70:
Man sagt nicht umsonst Trauer-Arbeit, es ist tatsächlich Arbeit. Und wie bei anderer Arbeit, liegen lassen oder hier verdrängen bringt nichts. Am Ende kommt da Ganze zurück und äußert sich dann mit Symptomen die man erstmal gar nicht damit in Verbindung bringt. Aufschreiben ist eine gute Idee, wenn darüber sprechen schwierig ist. Für mich ist zum Beispiel die Grabpflege auch Trauerarbeit und wenn ich die Blumen gieße und eine Kerze anstecke, dann ist das für mich mit Erinnern verbunden. Es gibt viele Möglichkeiten, sich damit zu befassen. ...


Das sind wahre Worte, mir ergings so als meine Mutter gestorben ist. Das war damals eine sehr stressige Zeit für mich und ich hab mir einfach keine Zeit zum trauern genommen, hatte keine Zeit das einfach alles mal sacken zu lassen. Dann kamen Schlafstörungen und innere Unruhe so ca ein halbes Jahr später, ich hab lange gebraucht um zu verstehen was es heißt zu trauern, nicht zu verdrängen, ich musste mir das erarbeiten, auch wenn sich das vieleicht komisch anhört......Jeder geht ja anders mit einem solchen Thema um, nach etwas über einem Jahr hab ich die Sache dann in den Griff bekommen, und da danke ich echt jedem der an meiner Seite stand und mich untersützt hat!

Zitat von MissSo:
Ich glaube ich war noch nie so betrunkenn wie jetzt und es tat noch nie so weh jetzt.


Die Erfahrung hab ich auch gemacht, das hat so viele Emotionen freigesetzt, die Leider eher negativ als positiv waren.
Mir hat damals sehr geholfen zu verstehen das man seinen Kummer nicht alleine tragen muss, hab viel mit Freunden und der Familie drüber gesprochen.
Ich denke heute gerne an die Erinnerungen mit meiner Mutter zurück, ich weiß das meine Mutter nicht wollen würde das es mir schlecht geht, ich trage die positiven Erinnerungen in meinem Herzen und schaue nach vorne.
Und ich bin mir sehr sicher dass du das auch schaffen wirst

A


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