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Hallo Zusammen,

ich suche schon lange nach einem Forum, in das meine Geschichte passt. Ich weiß, sicher werden viele mit sehr kritischen Kommentaren antworten, aber darauf lasse ich mich jetzt ein. Ich muss es einfach wieder aufschreiben.

Wo fange ich an? Vor ca. 5 Jahren wurde bei mir nach jahrelanger Verdrängung (meinerseits, als ich erwachsen war und meiner Eltern in den Jahren meiner Jugend du bist nicht krank, du hast nur kein Selbstbewusstsein) die Diagnose Depression, später Borderline-Persönlichkeitsstörung festgestellt. Ich bekam meine ersten Medikamente Escitalopram und Tavor (wenn's schlimm wird).

Damit lief es eigentlich recht gut. Meine plötzlichen Wutausbrüche (immer dann, wenn ich, meineransicht nach, zu schlimm kritisiert wurde) und die oft wochenlangen Phasen von Traurigkeit und Minderwertigkeit schienen besiegt. Ich hatte das Gefühl endlich echte Freunde gefunden zu haben, engagierte mich beruflich und sozial (trotz meiner beiden kleinen Kinder, damals 4 und 6) und fing an das Leben auch draußen zu genießen. Mit und ohne meinen Partner. Ich hatte mich die Jahre vorher nur um die Kinder gekümmert, beides sehr anspruchsvolle Kleinkinder, aber ich lieb(t)e sie über alles und somit fand ich mich damit ab, eben meinen Beruf und mein eigenes Leben eine zeitlang in den Hintergrund zu rücken. Zumal ich sowieso keinen großen Freundeskreis besaß.

Ich muss dazu sagen, mein damaliger Mann (wir sind seit meinem schlimmsten Ausbruch, einer Nacht in der ich völlig dissoziiert bin) getrennt, oft sehr kritisch und sehr pedantisch war. Vielleicht kann jemand ohne entsprechende Krankheit mit solchen Dauernörgeleien (die Spülmaschine ist nicht richtig eingeräumt, die Kinder benehmen sich nicht so, wie ich es will, wenn ich nach Hause komme, wann ist die Wäsche fertig?) eher umgehen als ich. Mich machte das nervös, fahrig, ängstlich. Ich war schon immer eine Stunde bevor er nach Hause kam regelrecht panisch, dass alles in Ordung sein müsse, die Kinder brav spielend, bloß keine Unordnung. Im Nachhinein hat sich in Gesprächen herausgestellt, dass er es nie so krass empfunden hätte, die Nörgeleien immer eher scherzhaft gewesen seien.

Jedenfalls, ich habe brav geschluckt und mich Ende 2015 eigentlich draußen richtig wohl gefühlt, das Gefühl genossen, endlich auch wieder ohne Kinder aktiv zu sein. Sie waren ja gut aufgehoben bei ihrem Vater oder der Oma (ich war auch nicht jeden Tag auf Party, nein, ich habe viel ehrenamtlich gemacht, Elternbeiräte, Gemeinderat etc. ) und es war schön.

Leider kam es dann so, wie es kommen musste, ich verliebte mich. Ja, natürlich, in einen verheirateten Mann. Ja, wir hatten eine Affäre, ja alles flog auf. Ja, seine Frau kam dahinter. Ja, danach ging die Hölle richtig los. Von da an war ich völlig allein. Habe an allen Ecken und Enden versucht, alles wieder gut zu machen. Sicherlich, ich war selber und alleine Schuld an allem. Dieser Verantwortung entziehe ich mich nicht. Auch nicht mit Bezug auf meine Krankheit.

Es folgten Hass-Tiraden der Exrau (zu Recht), die Trennung von meinem Mann nach unzähligen Therapiestunden beim Paartherapeuten, mein Freundeskreis (der sich damals entscheiden musste Team anderer Mann und Frau oder Team ich) entschied sich für das andere Team. Das heißt, ich bin seit dem immer mehr in die soziale Isolation gerutscht. Ich wohne auf dem Land und hier ist alles noch sehr eng verflochten, wenn man einmal raus ist, ist man raus.

Oh, äußerlich läuft alles gut, den Kindern geht es gut und ich habe Haushalt, Job und Schule gut im Griff. Ich habe auch begriffen, dass es alles meine Schuld war und ich die Scherben alleine aufsammeln muss. Das wiederum habe ich in unzähligen tiefenpsychologischen und verhaltenstherapeutischen Sitzungen erarbeitet (erarbeiten müssen, kein schönes Gefühl, wenn man einsehen muss, dass man alles falsch gemacht hat und für andere nur eine Last war).

Jedenfalls lebe ich jetzt seit letztes Jahr im August alleine mit meinen Kindern, meine immer mehr pflegebedürftigen Eltern im Haus, arbeite halbtags (der Kontakt mit den Kollegen funktioniert, auch wenn das Gefühl des Nicht-dazu-gehörens immer latent dabei ist) und verbringe den Rest in meiner Wohnung, im Haus. Selten gehe ich joggen, aber nur da, wo mich niemand sieht.

Der letzte Besuch war vor einem Jahr da. Doch, Kinder kommen zu meinen Kindern, zu mir kommt niemand mehr. Ja, auch zu recht. Ich weiß auch, dass es das beste ist für mich und für die anderen alleine zu sein. Aber ich komme immer schlechter damit zu Recht. Ich habe langsam das Gefühl, das Reden zu verlernen, ich fürchte einem Gespräch könnte ich schon garnicht mehr folgen.

So, das war lang, danke an diejenigen, die bis zu Ende gelesen haben.

GLG
Fanny

27.02.2020 12:19 • 28.02.2020 #1


9 Antworten ↓


Zitat von Fanny1912:
Vielleicht kann jemand ohne entsprechende Krankheit mit solchen Dauernörgeleien (die Spülmaschine ist nicht richtig eingeräumt, die Kinder benehmen sich nicht so, wie ich es will, wenn ich nach Hause komme, wann ist die Wäsche fertig?) eher umgehen als ich.

Ich würde nicht sagen, dass eine gesunde Frau mit einem pedantischen Dauernörgler besser zurecht kommt als du, ich würde sagen diese Frau würde viel eher die Reißleine ziehen und mehr auf sich selbst achten.

Wobei man hier auch sehr vorsichtig sein muss. Denn man hat mit einer Persönlichkeitsstörung eine andere Wahrnehmung als ein Mensch ohne psychischer Erkrankung. Vielleicht war manches was du als persönlichen Angriff gewertet hast von ihm tatsächlich anders gemeint und ihr habt aneinander vorbei kommuniziert.

Ich gebe dir auch in der Hinsicht Recht, dass du die Verantwortung für die Entwicklung der Affäre trägst ABER: ich spreche mich hier im Forum immer ganz klar gegen fremdgehen aus und ich habe dafür auch ganz ganz wenig Verständnis nur sind solche Fälle wie du sie beschreibst die Ausnahmen wo ich nicht mit der Keule losgehe. Borderline ist keine Ausrede für das Verhalten aber eine Erklärung. Man redet hier von keinem Husten sondern von einer Persönlichkeitsstörung mit der du lebenslänglich zurecht kommen musst und die wirkt sich natürlich im Alltag in irgendeiner Weise aus. Dazu gehört ein sprunghaftes, ambivalentes Verhalten, manche sind aggressiv, manche depressiv. Was aber sicher alle als Kernproblem gemeinsam haben ist ein instabiles Bindungsverhalten.
Von daher ist es in deinem Fall sicher nicht des Rätsels Lösung dich selbst zu teeren federn sondern, was du schon machst bzw. gemacht hast, diese Angelegenheit therapeutisch anzugehen. Ich gehe allerdings mit deiner Meinung nicht konform, dass es das Beste ist alleine zu sein.
Es ist mal ein guter Fluchtweg, du kannst abschalten und zur Ruhe kommen aber auf Dauer ist das selbstschädigend weil du den Umgang und die Konfrontation mit anderen verlernst und damit eine Abwärtsspirale losgeht. Hier solltest du für dich einen Ausgleich finden. Vllt. gibt es bei euch eine Art Kunst- oder Bastelgruppen. Das muss nicht in dem Dorf sein wo du wohnst. Vllt. ein Turnverein, Mannschaftssport. Vllt. machst du mal einen Kurs an der Volkshochschule.

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Sozial isoliert und selber Schuld

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Herzlich willkommen bei uns im Forum.

Gut, du hast einen Fehler gemacht und Menschen damit verletzt, aber das heißt ja nicht, dass du für den Rest deines Lebens als Einsiedlerin leben musst. Du bist doch ein engagierter Mensch, warum nimmst du nicht deine ehrenamtliche Arbeit wieder auf, dann eben etwas weiter entfernt wo man deine Vorgeschichte nicht kennt? Es kommt mir so vor, als würdest du dir selbst das Recht auf soziale Kontakte absprechen, das sehe ich aber nicht so. Jeder hat das Recht auf eine zweite Chance.

Kommt ein Umzug in Frage? Oder möchtest du das wegen den Kindern und deinen Eltern eher nicht?

Naja, zu so einer Sache gehören immer noch 2. wie ist denn Deine Affäre aus der Nummer rausgekommen? Lebt er jetzt genauso wie Du ?

Zitat von FeuerWasser:
Von daher ist es in deinem Fall sicher nicht des Rätsels Lösung dich selbst zu teeren federn sondern, was du schon machst bzw. gemacht hast, diese Angelegenheit therapeutisch anzugehen. Ich gehe allerdings mit deiner Meinung nicht konform, dass es das Beste ist alleine zu sein. Es ist mal ein guter Fluchtweg, du kannst abschalten und zur Ruhe kommen aber auf Dauer ist das selbstschädigend weil du den Umgang und die Konfrontation mit anderen verlernst und damit eine Abwärtsspirale losgeht. Hier solltest du für dich einen Ausgleich finden. Vllt. gibt es bei euch eine Art Kunst- oder Bastelgruppen. Das muss nicht in dem Dorf sein wo du wohnst. Vllt. ein Turnverein, Mannschaftssport. Vllt. machst du mal einen Kurs an der Volkshochschule.


Lieben Dank für Deine ausführliche Antwort... ja, ich weiß selber, dass dieses Einsiedlertum auf Dauer keine Lösung ist, zumal ich ja von mir weiß, dass ich auch gerne unter Menschen war. Vielleicht ist das wirklich nur eine - weitere- Phase in der Vergangenheitsbewältigung? Ich hoffe schwer, ich kann wieder draußen sein, ohne das Gefühl sowieso irgendwie fehl am Platz zu sein! Muss ich wohl üben...

Lieben Gruß!

Zitat von Luna70:
Herzlich willkommen bei uns im Forum. [...] Kommt ein Umzug in Frage? Oder möchtest du das wegen den Kindern und deinen Eltern eher nicht?


Hallo zurück!

Leider kommt im Moment ein Umzug in der Tat nicht in Frage... zu viele Verpflichtungen noch, auch mit den Eltern. Aber ich spüre, ich muss irgendwann dringend hier weg, zu viel Altes, zu viel Verfahrenes... ich habe irgendwo mal gelesen, man kann nicht gesund werden an dem Ort, an dem man krank geworden ist... vielleicht ist da was Wahres dran?

Zitat von Lillibeth:
Naja, zu so einer Sache gehören immer noch 2. wie ist denn Deine Affäre aus der Nummer rausgekommen? Lebt er jetzt genauso wie Du ?


Ja , schön, dass Du (Ihr) das sagt... Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Männer wohl leichter aus Affären rauskommen, als Frauen; beim Mann sagt man vielleicht eher: Boah, der traut sich was! im Sinne von: was ein toller Hecht... Bei der Frau wohl eher: Elende Schl****! Jedenfalls war das so bei mir. Wenn ich mir den Dorftratsch von damals so durch den Kopf gehen lasse... Seltsam, wie vor 200 Jahren...nur mit smartphone

Wie er rausgekommen ist? Oh, steht besser da denn je, die Photos von sich und seiner Frau in neuem Eheglück häufen sich im Netz, auf WhatsApp und wo auch immer... Ein Traumpaar.

Das klingt jetzt vielleicht sarkastisch, aber ich gönne ihnen schon ihr Glück, bin vielleicht auch ein bisschen neidisch, wenn ich sehe, wie gut die beiden das hinkriegen... Allerdings sehe ich auch, dass mich das endlich (immerhin sind's fast 4 Jahre jetzt!) nicht mehr berühren darf... Da muss ich aber wohl noch üben, üben, üben...

Hast du denn mal versucht, wieder vorsichtig an dem soziale Leben in deinem Ort teilzunehmen? Vielleicht sind nicht alle so engstirnig und nachtragend.

@Fanny1912

Herzlich willkommen im Forum.

Ich möchte in meiner Antwort gar nicht ins Detail gehen, sondern viel mehr Dir allgemeine Gedanken dazu schreiben. Ggf. kannst Du damit was anfangen.

Schuld finde ich als Begriff von Dir stets angewendet nicht richtig. Da es ja mit Sühne und Verzeihen stark in Verbindung steht. Außerdem auf Dich selbst dann schwer anwendbar (ich habe mir Schuld angetan?).

Ich denke Du tust, zumindest mittelfristig Dich leichter wenn Du ihn kategorisch ersetzt durch den Begriff FAIR.
Gut, warst Du zu bestimmten Personen vor 4 Jahren fair? Aus Deiner Sicht nicht. War er fair damals? Sind die unbeteiligten Dorfbewohner jetzt fair?

Und mit dem Begriff kannst Du im Hinblick auf Dich dann auch arbeiten. Bist Du aktuell zu Dir fair? Wenn nein, (jetzt erst ins Detail denkend) wie könnte ich zukünftig fairer zu mir sein.

HIer würden dann die Überlegungen kommen zu, wie praktisch soziale Kontakte finden, etc..

Schnitt

Nach meiner eigenen Erfahrung (unabhängig von diesem Thema) bedarf es oft Zwischenschritte um besser umsetzen zu können, was ich grundsätzlich möchte und wie ich dies erreichen kann bzw. klarer zu sehen.


Zitat:
ich habe irgendwo mal gelesen, man kann nicht gesund werden an dem Ort, an dem man krank geworden ist... vielleicht ist da was Wahres dran?


Aus meinen Erfahrungen heraus ist da sehr viel dran. Bei mir auf die Kindheit und Jugend bezogen. Himmel, wenn ich heute dort noch mein Leben fristen würde.

Herzlich Willkommen @fanny1912,

es ist bereits vieles wichtiges und gutes gesagt worden.

Bei einer BPS ist es der Weg sich immer wieder in angepasster Dosierung sich den Dingen zu stellen/sich zu konfrontieren, wo man sich verbessern kann und/oder wo man einen Therapiestand sonst nicht halten kann. Ansonsten können Fähigkeiten und Funktionalitäten mit der Zeit schwächer werden oder verloren gehen.

Borderliner haben oft das Gefühl andere mit ihrem Verhalten zu schädigen. Das Gefühl toxisch zu sein kann sich aufbauen.
Es mag sein, dass man andere verletzt oder vor den Kopf stößt, aber es ist auch oft so das man das annimmt, obwohl es gar nicht der Wahrheit entspricht. Hier das Mittelmaß zu finden zwischen ich bin an allem Schuld und alle anderen haben Schuld ist die Herausforderung die es gilt tagtäglich, mehr oder weniger bewusst zu meistern.
Dich wegen Fehlern zu geißeln ist unzuträglich.

Auch wenn Menschen auf dem Dorf Smartpnohes haben, die Mistgabeln und Fackeln haben sie trotzdem. Halt virutell als Emoji auf dem Handy. Kenne das, bin auf dem Land aufgewachsen.

Was ich aber für absolut Elementar halte ist das Du wirklich auf deinen Ressourcenhaushalt achten solltest. Dein Pool war vorher groß und ist durch die Ereignisse kleiner geworden. Daher kann ich dir nur anraten verloren gegangene Ressourcen wiederzubeleben oder durch andere zu ersetzen. Ein gesunder Ressourcenhaushalt ist absolut wichtig bei BL.
Mit diesen Ressourcen erhältst Du auch deine Funktionalität, dein Gleichgewicht, dein Stresslevel usw..

Leider ist das als Aussenstehender leichter gesagt, als wie man das selbst umsetzt. Dessen bin ich mir bewusst.

Ich hoffe sehr das alles gut überwinden kannst und deine Welt wieder größer und bunter wird.

Gruß
Cube

A


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