Die Vorwürfe sind oft nur ein Symptom unserer Hilflosigkeit. Es ist menschlich, zu schimpfen, wenn man nicht mehr weiter weiß. Oft kommt in schwierigen Situationen eine Charakterseite zum Vorschein, die lange geschlummert hat.
Notfallsanitäter könnten da viel erzählen, was sie in den Häusern und Wohnungen der Betroffenen mit den Angehörigen so erleben. Sie dringen in einen Mikrokosmos ein, der gerade dabei ist, sich zu öffnen...und oft ist für die Familie dann nichts mehr wie vorher.
Diese schwierigen Situationen sind oft Wendepunkte. Wahrheiten drängen ans Licht, Masken fallen - und da kommt es halt auch mitunter zu unschönen Äußerungen. Wenn sich, wie im Fall Deines Vaters, kein Ausblick mehr bietet und man offen zugibt, gehen zu wollen, empfinden das die nahen Angehörigen oft als Vorwurf, als Undankbarkeit, als Beleidigung, Unfairness.
Ich denke, oft wäre es besser, den Menschen zu lassen. Also nicht, ihn sich selbst zu überlassen, sondern lediglich da zu sein und ihm nicht zu widersprechen. In gewisser Weise sterben wir dann ein Stück weit mit ihm mit (natürlich ohne wirklich zu sterben). Miteinander hilflos sein, kann eine große Hilfe sein.
17.04.2024 06:36 •
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