Meine Therapie wurde vor kurzem von der Therapeutin beendet. Es gibt eine lange Vorgeschichte, in der sich andeutet, dass es menschlich nicht gepasst hat:
Seit zwei Monaten lief jede Therapiesitzung darauf hinaus, ob ich die Therapie weiter machen will oder warum ich immer bei ihr wütend werde. Oft ging es um nicht therapierelevante Themen wie zum Beispiel die Corona-Krise, wo man gut wandern gehen kann oder ewige Termindiskussion. Ich wurde oft ungeduldig, wenn sie eine Verständnisfrage stellte oder sehr lange über irgendwas Nebensächliches fabulierte. Und dann noch diese Anmerkung: "Worin Sie in jedem Fall gut sind, ist, sich schlecht zu machen." Sie findet es "anstrengend", mit mir zu arbeiten, aber sie hasse mich nicht. Wenn ich ihr Tonaufnahmen vorspiele, auf denen meine manipulative Mutter schimpft, reagiert sie übersensibel und greift sich ans Herz, sodass ich mich kaum traue, es weiterlaufen zu lassen.
Die Therapeutin glaubte nicht an mich. Als ich auf Jobsuche war, sagte sie: "Wenn Sie den Job behalten möchten, sollten Sie nicht ausrasten" (weil ich befürchtete, dass genau das passiert). Sie sagte das so, als ginge sie selbstverständlich davon aus, dass ich ausrasten werde und mich gar nicht anders verhalten kann! Musste sie die Wahrheit so knallhart aussprechen? Wenn ich mich dann gegen ihre Vorwürfe verteidigte, wurde ich natürlich wütend, und das fast in jeder Sitzung. Sie schaffte es immer, genau meine wunden Punkte anzusprechen: Zum Beispiel, dass ich klinge wie meine Mutter.
Sie sagte sogar, sie könne mich nicht verstehen, weil sie eine andere, positivere Weltsicht habe. Es hat wohl von Anfang an keine gemeinsame Grundlage gegeben. In letzter Zeit überlegte ich, in die Klinik zu gehen. Wenn jene aber bei der Therapeutin anrufen sollte, wolle diese genau überlegen, was sie denen sagt, weil sie wegen meiner häufigen Wutausbrüche nicht glaubt, dass ich mich dort in die therapeutische Gemeinschaft einfügen kann! Die Klinik würde wohl sehr detailliert nachfragen, und sie könne über mich keinen positiven Bescheid ausstellen. Sie wolle mir das zwar nicht verbauen, aber was anderes als ihre Wahrheit kann sie ihnen nicht sagen.
Und vor zwei Wochen hat sie schließlich das Ende der Therapie angekündigt. Nach der nächsten Sitzung kam ich nicht wieder. Ich habe zugestimmt, da ich selbst das schon lange überlegt hatte. Aber so wirklich einvernehmlich war es nicht, denn ich hatte immer noch Hoffnung für mich. Ich dachte, irgendwann könnte es besser mit mir werden. Aber sie hat mich aufgegeben. Und das Schlimmste: Sie hat mich für nicht mehr therapiefähig erklärt! Das hat sie wirklich so gesagt, weil alles, was sie sage, "vom Löffel gehauen" wird, weil ich "ungeduldig" sei mit mir und anderen und weil ich ihr nicht vertraue. Vielleicht könne ein anderer Therapeut mehr mit mir erreichen.
Meine Symptome haben sich dadurch verschlimmert. Ständig grüble ich und mache mir wegen jeder Kleinigkeit schlimme Sorgen. Vielleicht ist tiefenpsychologische Therapie einfach nicht das Richtige bei Borderline? Beim Ethikverein für Psychotherapie wurde mir gesagt, es war nicht in Ordnung von ihr, einfach so abzubrechen, ohne mich über Alternativen aufzuklären. Und das Wort therapiefähig gebe es gar nicht.
Ich traue mich nicht, eine neue Therapie zu beginnen. Wenn ich doch eh therapieunfähig bin, warum sollte ich noch Hoffnung haben, dass sich was ändern kann?
19.08.2021 19:17 •
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