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Hallo, Ich weiß nicht so recht zu welchem Thema mein Beitrag hier gehört. Ich schreibe weil ich ein paar Tipps haben wollte.
Ich bin 28 und habe 4 Jahre lang ein Auslandsstudium in Holland betrieben, dass mir eigentlich schon nach einem Jahr nicht mehr zugesagt hat. Ich habe es, in Ermangelung von Alternativen und vielleicht auch aufgrund von Bequemlichkeit mir zu überlegen was ich sonst machen könnte fortgesetzt und abgeschlossen. Habe nun seit ein paar Jahren zwar meinen Schein in der Tasche, bin aber leider jetzt mehr als unzufrieden mit allem und fühle mich eigentlich total inkompetent und unqualifiziert.
Es ist jetzt halt so wie es ist. Ich würde euch darum bitten, von Vorwürfen, destruktiver Kritik oder Schuldzuweisungen abzusehen, das hab ich erstens nicht nötig und zweitens bringt es mir auch nichts. Ich weiß eh selber, dass ich einige Entscheidungen versäumt habe, ich hätte es besser wissen können, hatte es aber auch aufgrund von schweren Depressionen und Angststörungen zu der Zeit alles andere als leicht und die Sorge dass ich, sollte ich das Studium abbrechen gar nichts mehr hinbekommen werde und dann für den Rest meines Lebens bei meinen Eltern versauern muss oder noch schlimmer im sozialen Abseits lande und dann aufgrund von Berufsunfähigkeit auf Sozialhilfe angewiesen bin.
Notgedrungen habe ich also fertig studiert, mir aber nicht so richtig Gedanken darüber gemacht, was ich mit dem Abschluss eigentlich anfangen will. Ein Jahr lang habe ich jetzt als Musiklehrer an diversen Musikschulen mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet. Das hat mich relativ schnell überfordert, so dass ich das Vertragsverhältnis wieder kündigen musste.
Jetzt Bin ich seit einem Jahr quasi Arbeitslos und finanziere mich ausschließlich über die Erbschaft meines Großvaters, die aber so langsam auch zur Neige geht.
Ich kann so nicht weitermachen, aber meine beruflichen Perspektiven sehen nicht gerade rosig aus.
Ich habe außer den Musikschuljobs eigentlich so gut wie keine Berufserfahrung, sehe aber auch im Bereich Musik, auch aufgrund von psychischen Problemen und sozialen Schwierigkeiten keine Zukunft mehr für mich. Bin da emotional einfach zu sensibel.
Da ich nur einen Realschulabschluss vorweisen kann, werde ich wohl eine Ausbildung machen müssen.
Ich bin Musiker und Künstler, daher wäre wahrscheinlich irgendein kreativer Beruf die richtige Wahl für mich?
Ich habe früher sehr gern geschrieben. Vielleicht Publizist. Ich könnte mir auch eine Kochausbildung vorstellen, weiß aber nicht ob ich dafür belastbar genug bin und mit dem Stress zurechtkommen kann, wahrscheinlich auch keine gute Idee.
Habt ihr vielleicht Vorschläge was ich machen könnte? Ausbildung?
Wie stehen meine Chancen mit fast 30? Ich hab leider viel falsch gemacht. Hierfür gab es jedoch auch Gründe, auf die ich jetzt aber nicht näher eingehen werde.
Ich könnte mit einem Bachelorabschluss eventuell auch noch einmal ein Studium aufnehmen oder? Ein Abschluss an einer Universität wird ja meines Wissens nach ebenfalls als Hochschulreife anerkannt. Germanistik würde mir vorschweben oder Soziologie womit ich dann später als Journalist arbeiten könnte. Oder erstmal nur ein Job auf 450 Euro Basis um Berufserfahrung zu sammeln? Hmm. Weiss auch nicht.
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20.01.2023 11:37 • 24.01.2023 #1


12 Antworten ↓


Man ist nie zu alt, was neues zu probieren und 30 ist nun wirklich noch jung, ich habe mit 35 noch mal angefangen zu studieren und ich kenne Leute, die mit 50 noch eine Ausbildung gemacht haben. Ich kenne mich im musikalischen Bereich nicht aus, aber als Publizist ist es schwer, Fuß zu fassen. Vielleicht wäre eine Ausbildung in einer Bibliothek was für dich oder ein Volontariat bei einer Zeitung.
Von der Kochausbildung würde ich jemandem, der nicht so belastbar ist, dringend abraten, denn das ist ein Knochenjob mit absolut familienfeindlichen Arbeitszeiten. Ich kenne 2 Köche, die ihren Beruf an den Nagel gehängt haben, weil sie keine Zeit mehr für ihre Familien und Freunde hatten, denn meistens arbeitet man abends und am Wochenende.
Es gibt ja auch Berufsberatungen bei der Agentur für Arbeit, aber da muss man einen kompetenten Mitarbeiter erwischen, habe selbst und auch in meinem Umfeld eher negative Erfahrungen gemacht.
Vielleicht kannst du ja auch mal verschiedene Praktika ausprobieren und schauen, was dir liegen könnte. Aber lass den Kopf nicht hängen, zu alt bist du keinesfalls.

A


Keine berufliche Perspektive mit fast 30?

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Dir geht es schlecht und fühlst dich abgehängt. Läuft es im Bereich Partnerschaft gut? Oder strahlt das eine Lebensthema auf das andere aus? Ungewöhnlich wäre es nicht, denn alle Lebensthemen hängen miteinander zusammen. Oft bauen Männer Stolz und Ansehen über den Beruf auf. Je nach Umfeld wird diese Leistung auch erwartet. Fehlt diese, wird man beschämt. Nicht selten von der eigenen Familie. Ist das bei dir so?

Und dann ist da noch dein Alter. Ja, mit 30 ist man nicht alt. Aber auch nicht mehr blutjung. Und obwohl unsere Gesellschaft bunter an Lebensläufen ist, gibt es da dennoch eine Erwartungshaltung. Du bist noch nicht im Leben angekommen, du bist noch nicht im Betriebsmodus der Alltagsmühlen. Und das führt vor allem zu eines: Unsicherheit.

Du schreibst, dass du nicht besonders belastbar ist. Du leidest an Depressionen, Angststörung und Selbstwert dürfte ebenfalls im Keller sein. Auf mehr möchtest du nicht eingehen, aber genau hier könnte die Lösung liegen. Mich erinnern deine Schilderungen ein wenig an Menschen, die an einer KPTBS leiden. Auch da treten affektive (emotionale) Störungen auf. Man ist nicht in der Lage eine innere Sicherheit herzustellen, fühlt sich in sozialen Situationen angespannt und neigt im Privatleben zur Isolation. Begleitet wird das oft von Depression und Angst. Vielleicht magst du dich darüber schlaumachen?

Manchmal überdecken psychische Störungen unsere Alltagsfähigkeit. Sollte das bei dir der Fall sein, empfehle ich dir eine gute Psychotherapie und begleitend das Ausarbeiten einer neuen Perspektive zusammen mit dem Therapeuten. Da kann man dir kaum im Forum helfen, da brauchst du jemand vor Ort. Im Falle von psychischen Erkrankungen kann ich die Beratung bei der Arbeitsagentur, nach meiner Erfahrung, nicht empfehlen.

Wie auch immer, solltest du bei deiner neuen Wahl im Berufsleben besser vorbereitet sein. Von Koch über Publizist ... es scheint du hast noch keine klare Vorstellung über deine berufliche Zukunft. Kennst du dich überhaupt? Bist du in deinem aktuellen Zustand entscheidungsfähig? Du solltest mehr sondieren und vor allem weitere Lebensziele fassen: Familie, Finanzierung, Hobbies, Werte...Und bitte kümmere dich um deine psychische Gesundheit::)

Zitat von Alfredino:
Dir geht es schlecht und fühlst dich abgehängt. Läuft es im Bereich Partnerschaft gut? Oder strahlt das eine Lebensthema auf das andere aus? Ungewöhnlich wäre es nicht, denn alle Lebensthemen hängen miteinander zusammen. Oft bauen Männer Stolz und Ansehen über den Beruf auf. Je nach Umfeld wird diese Leistung ...

Hey Afredino: Natürlich fühl ich mich abgehängt vom Leben, aber was will ich machen? Wenn du denkst, dass ich mich mit Themen wie Depression, Angstörungen und Nervosität nicht schon Intensiv befasst habe, dann muss ich dich Entäuschen. Habe auch schon etliche Therapien hinter mir, jedoch nicht stationär, was ich in nächster eventuell auch angehen werde. Ich bin eigenltich schon mit dem ganzen psychischen schei. durch. Letztes Jahr stand ich kurz vor einem Selbstmordversuch. Ich habe auch schon etliche male versucht mich mit meinen Problemen und Unzulänglichkeiten an Selbsthilfeforen zu wenden, aber dort wurden dann, statt mir zu helfen und konstruktive Ratschläge zu geben meistens nur Grundsatzdiskussionen über soziale Missstände geführt. Das hilft mir doch in meiner Situation auch nicht mehr weiter. Ich stecke mittlerweile seit fast 3 Jahren in einer Lebenskrise und krieg auch nichts mehr im Leben auf die Reihe. Du willst wissen wie es in der Partnerschaft läuft? Ich habe noch nie wirklich eine Beziehung geführt und kann das jetzt ohne richtigen Job und Perspektive auch erstmal vergessen. Das hast du schon richtig erkannt, ich habe überhaupt keine Vorstellung mehr davon was ich eigentlich genau machen will. Fühle mich eigentlich wie das letzte Stück Dreck mittlerweile. Das kommt auch der Kindheit/ etlerliche Erziehung ich hab die Themen schon alle durch, da kann mir niemand mehr helfen.

Zitat von Alfredino:
Dir geht es schlecht und fühlst dich abgehängt. Läuft es im Bereich Partnerschaft gut? Oder strahlt das eine Lebensthema auf das andere aus? Ungewöhnlich wäre es nicht, denn alle Lebensthemen hängen miteinander zusammen. Oft bauen Männer Stolz und Ansehen über den Beruf auf. Je nach Umfeld wird diese Leistung ...

Familie interessiert mich übrigens auch nicht mehr. Ich bin mir darüber im klaren, dass ich in meiner jetzigen Situation und in meiner psychisch labilen Verfassung gar nichts mehr vom Leben erwarten muss. Ich bin nur froh wenn es mir irgendwie gelingt meinen Lebensunterhalt einigermaßen zu finanzieren, damit ich wenigstens in ein paar Jahren nicht auf der Straße leben muss. Ja, ist ziemlich beschissen alles im Moment!

Hallo, ich kann deinen Post nachvollziehen, weil ich auch erst mit 30 wirklich ins Berufsleben gestartet bin. Mein Ansatz für dich wäre: Sei stolz auf dich, entwickele Stolz.

Du hast z. B. geschrieben, dass du dein Studium in den Niederlanden abgeschlossen hast. Und dann schreibst du dazu, dass dir das aber ein bisschen unzulänglich vorkommt. Dass du Zweifel hast, ob es das richtige Fach war und ob du viel gelernt hast.

Mir scheint, du übersiehst: Du hast es immerhin abgeschlossen! Und auch noch im Ausland! Vermutlich kannst du sehr gut Niederländisch. Oder?

Nun könnte man wieder anfangen: Aus irgendeinem Grund fiel dir das leicht, dieser Weg nach Holland. Und es ist unserem Land ja relativ ähnlich. Dennoch muss das dort erst mal wuppen!

Es ist immer alles von zwei Seiten zu betrachten. Verharre nicht darin, dich nur von der negativen Seite zu sehen. Steige ein in die Vorstellung, dich selbst wertzuschätzen.

1. Schritt: Schreibe noch heute eine möglichst lange Liste von Dingen auf, die du an dir magst. Auf die du stolz bist. Die du an dir auf keinen Fall ändern möchtest.
Und das können sehr kleine Sachen sein. Aber auch ruhig große. Ich habe bei dir relativ wenige Kommafehler entdeckt; du kannst bestimmt einigermaßen schreiben. Du gehst garantiert wertschätzend mit netten Menschen um. Du hast einen Intellekt, der sich sehen lassen kann. Du bist selbstkritisch; auch das ist eine positive Eigenschaft, die es dir ermöglicht, noch besser zu werden.

2. Ich habe einen Chef, der fähig ist, das Gute in seinen Mitarbeitern zu fördern. Finde ich total klasse! Der sagt nicht: Wer hat denn hier schon wieder was verbockt? Wer ist schuld daran? Wen kann ich in die Pfanne hauen? Das macht der nie. Stattdessen fragt er: Okay, das lief schief; woran lag es inhaltlich; wie können wir verhindern, dass das noch mal passiert? Wie können wir besser werden?
Er fordert die Mitarbeiter dazu auf, offen zu sprechen, konstruktiv zu sein und die eigenen Stärken zu stärken, statt groß bei den Schwächen zu schauen. Natürlich muss man auch seine Schwächen angehen. Aber es gibt viel mehr Kraft und Energie, wenn man das, was man kann, noch ausbaut!
Ich bin nicht völlig grün mit meinem Chef, doch diese Haltung mag ich an ihm. Sie möge auf mich abfärben! Suche auch du dir diese Haltung zunutze zu machen.
Was interessiert dich die Vergangenheit, die kannst du nicht mehr ändern. Schaue nach vorne! Du kannst das JETZT und deine Zukunft beeinflussen! Schaue auf deine Stärken und baue sie aus!
(Falls ich zu sehr nach Motivationstrainer klinge, bitte ruhig meckern ... !)

3. Auch das hilft nebenbei: Ein Sport, um Aggressionen abzubauen. Um Stress rauszulaufen. Um dich und deine Energie positiv zu spüren.

4. Schaue dir ein paar Tage später deine Liste an. Die oben genannte. Mach das! Ernsthaft! Ergänze sie, führe sie weiter aus. Entwickele daraus ein Brainstorming für die Dinge, die dich interessieren, für die Richtung, in die du gehen willst. Vielleicht ist das noch nicht sehr konkret. Vielleicht hast du aber zwischendurch auch ein paar konkrete Einfälle, umso besser. Doch es ist hier noch nicht entscheidend, wie plastisch dir dein Plan schon vorschwebt. Sondern dass du dich und deine Neigungen und deine positiven Punkte ein bisschen mehr im Blick hast.

5. Gönne dir Hilfe! Von der Berufsberatung bis zum Austausch mit Älteren, vom Gespräch mit anderen Studenten, mit Verwandten oder mit Beinahe-Fremden: ALLES an Meinungen und Ideen kann dir einen Schlüssel liefern für die Tür, die du öffnen möchtest.
Es ist deine Tür. Deine Reflexion, dein Konsens, deine Vernunft. Du bist mit dem Herzen dabei. Oder vielleicht ist es doch eher eine rationale Präferenz, mit der du deinen Werdegang aussuchst. BEIDES kann richtig sein.

Ich habe übrigens nach ersten nicht sehr erfolgreichen Schritten im Berufsleben - vieles rumprobiert, nichts passte so richtig - eine Weiterbildung gemacht, von der ich erst dachte: Uh, trockene Materie, vermutlich nicht meins. Ich war damals arbeitslos und dachte, oha, wenn das nicht klappt, welchen Plan B oder C habe ich? Dann gefiel es mir aber doch recht gut. Ich bin jetzt seit fast 20 Jahren in dem Beruf. Bin nicht sonderlich stolz darauf, weil es so ein toller Job nun auch wieder nicht ist. Aber er entspricht mir in vielem und macht durchaus manchmal Spaß.

Ich habe zum Beispiel einen gewissen Hang zur Pedanterie. Siehst du auch an dieser Antwort, die ich - sorry - viel zu lang ausführe. Mir gefällt so was. Einen Gedanken durchdeklinieren. Jeden Punkt akribisch betrachten. Oder wenigstens halbwegs in Form gießen. Wenn ich eine Excel-Liste erstelle, muss die erste Sahne sein, eher höre ich nicht auf. Das ist so meine Art. Andere Menschen sind anders, aber ich bin so, und es ist ein Stückweit okay.

Daher entschuldige ich mich für diesen langen Vortrag. - - - Du merkst die Dualität, oder? Ich kann stolz darauf sein, 5 km in 25 Minuten zu laufen. Oder mich dafür kritisieren, dass ich es nicht in 20 Minuten schaffe. Andere wären froh, wenn sie die Strecke überhaupt schaffen. Wieder andere belächeln meine 25 Minuten. Aber ehrlich gesagt ist doch nur wichtig, woher du kommst, wohin du willst, und ob du beim Laufen ein gutes Gefühl hast. Die Leistung kommt von alleine.

Ich glaube dir das sofort. Intellektuell bist du vielleicht sogar besser informiert als so manch ein Arzt oder Psychotherapeut. Aber es geht auch gar nicht um „Verstehen“. Ich vermute du hast das gleiche Probleme, wie viele andere hier auch: Probleme bei der emotionalen Regulation. Du wurdest vielleicht nie richtig geliebt, vielleicht sogar vernachlässigt oder hattest ein instrumentelles Verhältnis zu deinen Eltern. Möglicherweise waren deine Eltern selbst dysreguliert / psychisch krank und haben dir emotionale / körperliche Gewalt angetan. Was auch immer dir angetan wurde, in dir ist nun ein Loch, dass du füllen möchtest. Und da möchte ich dir zu aller erst folgendes sagen: Die ganze sch. die du durch machst, ist nicht deine Schuld. Ehrlich! Das ist so! Wir leben in einer vollkommen kranken Gesellschaft, die sich so sehr auf das Individuum versteift, dass sie dabei außer Acht lässt, dass wir alle von Voraussetzungen leben, die wir selbst gar nicht schaffen können: Von der Bindung, Spiegelung und Wohlwollen anderer Menschen, vor allem den Eltern in der Kindheit.

Es laufen hundertausende von Menschen in Deutschland herum, die kaputterzogen, kaputtgemobbt und kaputtgearbeitet sind. Die einfach nur geliebt und anerkannt werden wollen – die einfach nur leben wollen. Und zwar das Leben leben wollen, was für normale (?) Menschen selbstverständlich ist. Aber nichts ist selbstverständlich im Leben. Und so bist du einer davon, der für das angeklagt und verurteilt wird von eben jene normalen Menschen, die selbst gratis und ohne Mühe die Voraussetzungen für ein gelingendes Leben von anderen geschenkt bekommen haben.

Und du, als nun dem guten Leben beraubten Menschen, musst nun durch ein Morast an halbkompetenten psychologischen Angeboten, an halbgaren Berufsberatungen, an im Zweifel arroganten Ärztegesprächen und geldgeilen Coaches wandern, nur um dir anzuhören, was dir eh schon jeder sagt und wahrscheinlich seit der Kindheit wohlbekannt ist: „Stell dich nicht so an, du bist das Problem!“ Doch das ist eben die Lüge. Denn zwischen deinem kaputten Leben heute und einem glücklichen Leben morgen, liegen nichts weniger als ein paar Umarmungen, Küsse. liebe Worte, Streicheleinheiten und menschlicher Wärme. Nur das, und wirklich nur das, macht dich gesund. Heilt dein Herz und macht dich nervlich stark. Denn nur so kann dein kaputtmissbrauchtes Nervensystem heilen, regulieren und stark sein.

Und jetzt kommen wir zum Problem: All das gibt es nicht in der Gesellschaft unmittelbar. Es gibt nur Anforderungen an dich, aber die kennst du wahrscheinlich schon genügend aus der Kindheit. Und so drehst du dich im Kreis und versuchst weiter deinen Verstand zu füttern und dich an halbgaren Angeboten und gutgemeinten Ratschlägen abzuarbeiten. Willkommen in der KPTBS-Hölle, wo sich Kindheitstraumata wie ein böser Fluch immer wieder erneut manifestieren. Und Nicht-Betroffene können diesen Mechanismus ums verrecken nicht verstehen. Inklusive Psychotherapeuten, außer man hat einen exzellenten erwischt, aber von denen gibt es nach meiner Erfahrung nicht viele.Du bist nicht schlechter als alle anderen, deine Eltern haben einfach ein schei* Job gemacht und jetzt musst du die Schei*e auslöffeln... darum lasst dich von den scheinbar klugen Menschen die alles richtig gemacht haben kein Blödsinn, die wissen doch gar auf welchem Fundament die stehen.

Ich will dir jetzt nicht die Verantwortung absprechen, jedoch mit dem Post dir meine Empathie zeigen. Es gibt es Weg daraus, aber der ist sehr, sehr, sehr viel steiniger, als so manch ein sanfter Blog-Eintrag, Foren-Beitrag oder Youtube-Video dir weiß machen möchte. Aber klar, du kannst das schaffen.

Zitat von Alfredino:
Ich glaube dir das sofort. Intellektuell bist du vielleicht sogar besser informiert als so manch ein Arzt oder Psychotherapeut. Aber es geht auch gar nicht um „Verstehen“. Ich vermute du hast das gleiche Probleme, wie viele andere hier auch: Probleme bei der emotionalen Regulation. Du wurdest vielleicht nie ...

Ja du hast schon Recht, Danke. Hab gerade gegoogelt was mit KPTBS gemeint ist. Das Ist tatsächlich ein Begriff der mir bisher noch nicht untergekommen ist. Zumal bei der Störung als Auslöser nicht nur ein einziges traumatisches Ereignis im Vordergrund steht, was ja bei mir nicht der Fall ist, sondern viele einzelne Erfahrungen zusammenkommen, die dann das Störungsbild hervorrufen.
Es gibt einiges in meiner Vergangenheit auch im Bezug auf meine Eltern (emotionale Instrumentalisierung/Missbrauch) das ich nicht verarbeitet habe. Die Frage ist, wie soll mir das weiterhelfen? Kann man das behandeln oder wegbekommen? Hast du selbst Erfahrungen damit gemacht oder warst davon betroffen?

Zitat von MEWO:
Die Frage ist, wie soll mir das weiterhelfen?

Lese ein paar mehr Bücher dazu oder schaue YouTube-Beiträge zu diesem Thema. Ich will hier jetzt keine Werbung für bestimmte Kanäle oder Autoren machen, darum schicke ich dir eine private Nachricht mit meinen Empfehlungen. Dir kann das insoweit helfen, dass aus Einzelproblemen (Probleme Partnerschatt/Sexualität/Männlichkeit, Dro./Fress- und P., und was es alles noch so gibt) und Einzeldiagnosen (Depression, Ängste, Dissoziation / Erstarrt sein) und Lebensproblemen (Arbeitslosigkeit) eine integrale Sicht auf dein Leben entsteht und es dir, wie Schuppen von Augen fällt, was dein eigentliches Problem ist. Du weißt dann ziemlich genau wo der Weg hingeht, auch wenn er beschwerlich ist. Erst dann lösen sich alle anderen Probleme mit auf. Davor verheddert man sich nur und man bleibt in seinem Morast. Folgen sind kumulierte Erfolglosigkeit, zunehmende Isolation und damit ein Nervensystem das immer weiter unregulierter ist und somit immer weniger den Leistungsansprüchen unser Gesellschaft gewachsen ist. Und ganz erhlich: Wie sollst du dann eine berufliche Perspektive aufbauen? Das kann nicht funktionieren.

Zitat von MEWO:
Kann man das behandeln oder wegbekommen?


Wenn du dich mit dem Thema wirklich beschäftigst, wirst du diese Frage nicht stellen. Die Frage ist: Kannst du ein glückliches und gelingendes Leben leben? Die Antwort: Na, klar! Aber du musst wissen, was deine nächsten Schritte sind. Vielleicht weißt du das gar nicht, darum irrlichterst du durch Foren, Arztpraxen, Psychotherapie-Sessions und vor allem: durch dein Gespinst aus Lügen, Verleugnungen, Scham und Schuld. Um das zu beenden, brauchst du gezielte Informationen, was mit dir und deinem Körper (!) los ist.

Zitat von MEWO:
Hast du selbst Erfahrungen damit gemacht oder warst davon betroffen?


Na, klar, darum schreibe ich dir. Ich kann die kPTBS schon aus jedem einzelnen deiner Sätze rausriechen. Ich bin zwar neu angemeldet, aber ich tingle schon ewig durch die Foren. Psychic.de kenne ich seit ich 20 bin. In der Zeit habe ich:

- meinen Beruf gewechselt (hatte vorher eine Ausbildung)
- mein Abi nachgeholt (mit Bestnoten)
- studiert (mit Stipendium)
- einmal mein Leben an die Wand gefahren
- 3x Psychiatrische Praxen aufgesucht und wurde behandelt (von Johanneskraut bis Venlafaxin)
- eine tiefenpsychologisch-fundierte Therapie gemacht
- meine ersten Beziehungen
- wieder am Aufbauen meines Lebens

usw. usw. Wie oft wurde ich für meine Selbstreflexion gelobt. Aber all das hat nichts gebracht. Denn es geht im Kern nicht um Reden oder Reflektieren, sondern um den Körper und das Sicherheitsgefühl. Und dem darunterliegenden Trauma und den Kompensationsmechanismen. Das ist das Wurzel für meine Probleme: Depression, Angst, Schüchternheit, Fress- und P., unfähig Bindungen zu halten und daher Hang zur Isolation, ständiges Grübeln, selbst mein Hang für Kunst und Philosophie ist nichts anderes als ein Ausdruck echte emotionalen Bindungen aus den Weg gehen zu wollen und von meinen Verhältnis zu meiner Männlichkeit will ich gar nicht reden. Ich war bzw. bin ein kaputterzogenes Produkt dieser Gesellschaft, ein Mann der mit nichts geerdet ist und in seiner emotionalen Verwahrlosung zugrunde geht - trotz oder gerade wegen seiner toller Selbstreflexion.

Aber es gibt ein Weg daraus. Glaub mir. Ich hatte jahrelang keinen Plan - und mit mir viele Forenteilnehmer von Psychic, viele Psychiater, Psychotherapeuten usw.

Zitat von MEWO:
Ich bin mir darüber im klaren, dass ich in meiner jetzigen Situation und in meiner psychisch labilen Verfassung gar nichts mehr vom Leben erwarten muss. Ich bin nur froh wenn es mir irgendwie gelingt meinen Lebensunterhalt einigermaßen zu finanzieren, damit ich ...


Lieber MEWO,
das ist falsch, mit Verlaub. Du machst Dich nur klein, kleiner, am kleinsten. Wahrscheinlich, weil Du geliebt werden willst. Und damit liegst du ja auch richtig. Du willst ein Sicherheitsgefühl haben. Das hat man dir aus irgendwelchen Gründen bisher nicht vermittelt und du trittst jetzt selbst noch kräftig nach – gegen dich selbst. Entschuldige, aber das ist dumm. Es gibt Menschen, die haben nur Hauptschule und gar nichts gelernt, und trotzdem sind sie tapfer und liebenswert und machen sich auf den Weg, auch ohne Ziel. Nichts spricht gegen dich, außer du selber. Dass du das Studium abgeschlossen hast, ist eine echte Leistung! Nicht jede/r schafft das. Du machst dich klein, kleiner, am kleinsten. Wozu? Das solltest du umkehren und damit beginnen, deine Erfolge nicht mehr zu zertreten sondern sie als deine Erfolge anzuerkennen. Das bist du ihnen (den Erfolgen) und dir schuldig. Ich traf erst gestern einen Bekannten, der ist Künstler, hat ebenfalls als Lehrer gearbeitet, hangelte sich später von Stipendium zu Stipendium. Er wusste oft nicht, wie die Miete bezahlen. Nun fand er ab ersten Februar eine Stelle in einer Kultureinrichtung als „Mädchen für alles“, super. Du hast gute Karten. Auch dir steht eine Welt offen und du musst nicht unbedingt „erfolgreich“, „toll“, „reich oder sonst etwas sein. Welches Instrument spielst du?
LG

Es ist gut, dass du einen Abschluss hast. Das ist das, was in der Berufswelt zählt. Hinzu kommt, dass derzeit ein Fachkräftemangel herrscht. Man hat gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Insgesamt finde ich deine Situation gar nicht mal schlecht. Ein abgeschlossenes Studium ist ohnehin gesellschaftlich gut angesehen. Und mit 28 Jahren wenig Berufserfahrung zu haben, ist auch kein Beinbruch. Ich würde fast sogar behaupten normal.

Daher würde ich dir raten auf die Suche zu gehen. Was gefällt dir? Immerhin hast du schon ein paar Ideen, versuche sie doch anzugehen. Gerade wenn du finanziell durch das Erbe (noch) keinen allzu großen finanziellen Druck hast. Auch gegen einen Minijob spricht nichts. Das gibt eine gewisse Freiheit. Wenn du etwas ausprobierst und merkst, dass es nicht zu dir passt, dann kannst du weiterziehen. Oft ist man ja aus finanziellen Gründen gebunden. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit des Ausprobierens. Mir persönlich hatten Praktika immer sehr viel gebracht.

Weiterhin finde ich, dass es nie zu spät ist. Ich habe mit 28 nochmal ein Studium angefangen. Ich hatte damals sehr gezweifelt, gerade weil mein Lebenslauf ziemlich lang ist und das vielleicht keinen guten Eindruck bei potentiellen Arbeitgebern machen könnte. Ich habe Vieles ausprobiert und musste lange suchen. Mein Ziel damals war es, dass mir meine Arbeit Spaß macht. Selbst heute zweifle ich noch, bin aber trotzdem sehr froh, diesen Schritt gegangen zu sein. Ich weiß nicht, ob ich jemals den einen Job finden werde. Mit der Suche aufhören werde ich wahrscheinlich nicht ....

Mich plagt oft das schlechte Gewissen, nicht meine Richtung zu kennen. Da sage ich mir immer, dass ich vielleicht noch fündig werde.

Hey, hier auch eine abgebrochene Künstlerin.
Ich wollte immer Musik machen und musste dann wegen eines Schicksalsschlags in der Familie das ganze abbrechen. Plan B wurde zu Plan A und es war eine tolle, bereichernde Zeit, obwohl es eine ganz andere Branche war. Noch dazu habe ich da meinen Mann kennengelernt und heute sind wir Eltern. Manchmal ist es also ganz gut so, wenn das Leben nicht wie geplant läuft und man Umwege geht. Manches fügt sich auch einfach. Ich bin eher pessimistisch, aber im Nachhinein betrachtet, war alles gut so, selbst was schief gelaufen ist.
Ich hab übrigens auch erst mit Ende 20 neue Wege eingeschlagen und ein Studium begonnen. Auch dafür ist es nie zu spät.

Du hast schon einiges erreicht! Das musst du nicht kleinreden.

Zu deiner Berufswahl würde ich sagen, überlege dir, was du wirklich dauerhaft machen willst und kannst. Bis dahin kannst du ja schauen, erstmal eine Überbrückung zu schaffen. Vielleicht gefällt es dir dann dort doch ganz gut.

Nichts mehr zu erwarten klingt schon ein wenig traurig. Da könnte noch so viel Großartiges auf dich zukommen. Mein Mann hätte es sich auch nicht träumen lassen, noch Vater zu werden und einen neuen Job zu machen. Beides ist passiert. Warum sollte es bei dir nicht möglich sein?

Zitat von MEWO:
Ein Jahr lang habe ich jetzt als Musiklehrer an diversen Musikschulen mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet. Das hat mich relativ schnell überfordert,


Einerseits schade.........zweifellos wird deine psychische Verfassung zu der Überforderung geführt haben.....
andererseits können durchaus ja auch äußere Bedingungen die Unzufriedenheit verstärken. Ich habe selber mal auf Hobbybasis unterrichtet (privat und in der OGS). Da vermischen sich angenehme mit unangenehmen Erinnerungen. Letztlich überwog die Enttäuschung über das (fehlende) Übungsverhalten der Kinder, weshalb ich die Brocken hinschmiss.

Der angenehme Teil des Rückblickes bezieht sich auf die Kontakte an sich (auch zu beteiligten Erwachsenen) und....ganz wichtig: auf eine Aufgabe, mit der ich mich identifizieren konnte.

Diese Erfahrung wünsche ich auch dir! Dabei ist es völlig unerheblich, in welchem zeitlichen Umfang du zu welchen Tätigkeiten gelangst und ob diese ausreichen für den Lebensunterhalt oder Sozialleistungen bezogen werden müssen. Aufgrund deiner Erkrankung, die dir vorrangig im Wege steht, gibt es überhaupt keinen Anhalt für Schuld/Schamgefühle. Wichtig ist nur, dass du in dieser Situation professionelle Hilfe in Anspruch nimmst.

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