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Vor über 10 Jahren eröffnete ich hier mein erstes Kapitel und da ich das Gefühl habe nicht mehr weiterzukommen, verloren zu sein, verloren zu haben, möchte ich das Zweite schreiben.

Generell schreibe ich gerne, wenn es aber dann um mich persönlich geht, weniger, es fühlt sich merkwürdig an, ist aber fast meine einzige Möglichkeit mich mitzuteilen.
Vielleicht auch weil man nach Außen stets versucht sich nichts anmerken zu lassen, nicht mutig genug ist um Hilfe zu bitten. Ohnehin ist das bei mir im sozialen Bereich etwas schwieriger, wodurch ich in Krisen dann niemanden habe. Ein Thema welches ich jetzt nach und nach dringend optimieren möchte, denn erst wenn die Not am Größten ist. ihr kennt das ja.

Damals hatte ich größte Probleme mit meinen Ängsten, dazu gab es hier einen etwas umfangreicheren Thread, dieses Problem konnte ich bewältigen. Lediglich der soziale Bereich blieb etwas über, wobei ich hier auch Fortschritte gemacht habe.

Vor einigen Jahren bekam meine Partnerin und ich unser erstes Kind. Wir waren damals bereits knapp 10 Jahre zusammen und standen fest im Leben. Es war der perfekte Zeitpunkt. Sehr viel länger hätten wir uns nicht mehr Zeit nehmen können, da ich der Meinung bin, dass man mit seinem Kind möglichst lange alles mitmachen können sollte und ab einem bestimmten Alter muss man sich dann schon fragen: "Macht das überhaupt noch Sinn?

Zu Beginn war meine Partnerin weniger davon überzeugt das Kind auszutragen. Bei mir war der Kinderwunsch sehr viel größer wie bei ihr, daher überzeugte und überredete ich sie. Jetzt im Nachhinein betrachtet, war das weniger ideal, aber in diesem Moment war es richtig.
Da unser Leben nicht nur aus Arbeit bestand bzw. bestehen sollte haben wir uns gegen Vollzeitarbeit entschieden. Da wir beide relativ erfolgreich waren, ließ sich das auch einfach finanzieren. Entsprechend war es jetzt auch bei der Erziehung des Kindes einfacher, da wir beide sehr viel davon hatten. Grob hatten wir das Kind 50:50, zumal so auch die Arbeitszeiten geregelt waren.
Nach und nach wurde meine Partnerin immer unzufriedener, durch eigenen Stress bemerkte ich das aber leider nicht. Unser Alltag bestand nur mehr aus Kind und Arbeit, vielleicht auch da wir keine familiäre Unterstützung hatten. Für mich persönlich war das zwar ebenfalls sehr stressig, aber es war "okay.
Für meine Partnerin war es wohl leider zu viel, sodass sie immer mehr in sich kehrte und kaum mehr mit mir sprach. Also wir haben schon miteinander gesprochen, aber nicht mehr über uns selbst, über Gefühle, über die Zukunft, über das Leben etc. es ging um den Alltag, wer kocht was, wer macht was mit dem Kind, was ist zum Einkaufen usw.
Wie gesagt bemerkte ich das leider nicht wirklich und ja ich vernachlässigte die Partnerschaft. Gab mir vermutlich zu wenig Mühe, gab zu wenig Aufmerksamkeit, da im Alltagsstress etwas gefangen.
Auf der anderen Seite kam auch nie ein großartiges Widerwort darüber, sodass es mir bewusster hätte werden können, erst jetzt im Nachhinein wenn man sich so eine Gedanken darüber macht stelle ich fest; verdammt, war und bin ich wirklich so egoistisch?

So verging Jahr für Jahr und irgendwann kam es für mich total plötzlich aus ihr heraus. Das Thema Scheidung war auf dem Tisch und zog mir den Boden unter den Füßen, da ich das nie so sah.
Nach einigen Gesprächen war das gröbste vorüber und wir fanden wieder zueinander. Ich versuchte an mir zu arbeiten, bemühte mich verstärkt, machte regelmäßig kleine Geschenke, Ausflüge, Essen gehen usw., suchte sehr oft das Gespräch, so ging das die letzten ~ 2 Jahre. Aber ich merkte auch, dass von ihr kaum mehr etwas kam, sie immer unzufriedener wurde und trotzdem gab ich nicht auf, hoffte, es reichte aber nicht.

Sie fuhr im Mai diesen Jahres ~600km mit unserer Tochter in ihre alte Heimat, um ein wenig Abstand zu gewinnen. Vor einigen Wochen meinte sie, dass sie nicht mehr kommen wird.
Rein rechtlich habe ich mich schon informiert, meine Möglichkeiten sind sehr begrenzt, ich werde meine Tochter, meine Familie definitiv über diese Distanz verlieren.

Für mich ist irgendwie alles zusammengebrochen. Vieles was ich in den letzten Jahren aufgebaut habe, alle Pläne welche ich hatte, welche zumeist mit der Familie zusammenhingen sind futsch. Ich wollte immer eine Familie, Kinder standen zwar nicht immer auf meinem Plan, als meine Partnerin aber schwanger wurde änderte sich das und würde ich nicht mehr missen wollen - dieser Wunsch ist jetzt realistisch betrachtet aber schon alleine finanziell nicht mehr möglich.
Die Geschehnisse nagten und nagen auch sehr an meinem Selbstwert. Wenn ich nicht mal mehr eine Frau zufrieden stellen kann, welche ich schon so lange kenne und wo ich mir wirklich Mühe gab, dann bin ich für eine Beziehung wohl gänzlich ungeeignet.

Ich bin jetzt schon seit Monaten alleine, also so wirklich. Dank meiner sozialen Probleme, was damals mit Familie für mich erstmal nicht das wichtigste Problem war, wobei ein ständiger Begleiter den ich zu verbessern versuchte, wird das jetzt immer mehr zum größten Problem.
Da ich selbst auch sehr niedergeschlagen bin, kann ich hier aktuell nichts wirklich optimieren. Ich versuche irgendwie über den Tag zu kommen, sodass ich zumindest grundlegend funktioniere und auch im Büro "funktioniere. Das schaffe ich aktuell nur durch, zumindest glaube ich es aktuell nur so zu schaffen, indem ich mich ablenke. Hauptsächlich befinde ich mich dabei vor einem Monitor. Egal ob Arbeit, Videospiele, Filme usw. ich schiebe alles auf die Seite zumindest so gut es geht.

Oft wenn ich dann zuhause bin, in einer rießigen Wohnung ganz alleine, zum Teil so still, dass man nur das ticken einer Uhr hört, oder ich mal wieder im Garten etwas grille, alleine, wird mir bewusst wie schädlich das doch ist und ich dringend ausbrechen muss. Wie? - keine Ahnung, zumal es aktuell auch mein mentaler Zustand nicht zulässt auszubrechen. Das wird definitiv einer meiner ersten Optimierungspunkte, wenn es mir mental wieder etwas besser geht. Dazu, ich war schon des längeren nicht mehr im Forum, stieß ich hier über einen Thread, sehr einsamer Mann, ganz alleine, hat zusätzlich noch Krebs, das nimmt mit, das macht Angst, das möchte ich vermeiden.

Aber aktuell schaffe ich es noch nicht mal die Sachen meiner Tochter zu verräumen, in ihrem Zimmer liegt noch alles so herum wie sie es verlassen hat und es macht mich sehr traurig - daher habe ich das Zimmer abgesperrt, vielleicht da ich es so gedanklich besser wegsperren konnte, es wurde einfach zu viel.
Es kommen aber immer wieder Gedanken hoch, was hast du mit dem und dem mit ihr gespielt, hier hat sie das gezeichnet, dort hast du das mit ihr gebastelt und dort war sie schaukeln usw.
Dahingehend ist es noch schwer einen Kontakt aufzubauen. Ich telefoniere zwar mit ihr, oder wir machen einen Videochat, aber danach geht es mir immer sehr schlecht, da ich irgendwo immer etwas vorspielen muss bzw. weiß das ich keine große Rolle mehr für sie sein werde.
Ich kann und will ihr nicht sagen wie es mir wirklich geht, das hat wie ich finde nichts in Kinderohren verloren, zumindest wenn es nicht unbedingt sein muss und das muss es jetzt nicht.
Auch schwer zu ertragen sind ihre Geschichten, ihre Abenteuer die sie tagtäglich erlebt - auf der einen Seite sehe ich das es ihr gut geht, auf der anderen das ich nicht mehr Teil davon bin, ihr Leben nicht mehr live miterleben darf und mich mit ein paar Fotos und ab und an Geschichten dazu begnügen muss. Es fühlt sich total unwirklich an und belastet, da ich noch nicht weiß wie ich damit umgehen kann.

Ein weiteres Problem ist hier der hinterlassene Scherbenhaufen. Bisher weiß es noch niemand was vorgefallen ist, ließ sich zumindest aufgrund der Sommerferien noch ganz gut verstecken, zumal ich bis zuletzt gehofft habe das sie wieder kommen.
Nachbarschaft, Kindergarten, Büro usw. wurden bei Nachfragen bis jetzt genotlügt, da ich das Thema nicht im Spiel haben wollte, es lieber verdrängte, lieber hoffte. Viel Zeit habe ich wegen dem Ende der Ferien nicht mehr, aber auch absolut keine Energie mit jemandem darüber zu sprechen, zumal ich auch keinen guten Kontakt hätte wo ich mal anfangen könnte.
Ich habe keine Ahnung wie ich das lösen soll, vielleicht auch die Angst vor den Kindergartenmamis, oder im Büro dabei emotional zusammenzubrechen. Auch Gedanken wie das möglicherweise aufgenommen wird und ich dadurch erst Recht gemieden werde kommen immer wieder einmal. Ich wohne außerhalb der Stadt und naja Gerüchte usw. gab es hier nicht nur einmal.

Dieser emotionale Stress löst auch immer häufiger körperliche Beschwerden aus; Gehirnnebel, Sodbrennen, Magenprobleme und Appetitlosigkeit begleiten mich häufig. Am schlimmsten sind aber die Schlafstörungen, ich bekomme täglich wenn überhaupt nur mehr ~ 4-5 Stunden Schlaf.
Meine Gedanken sind oft bei meiner Tochter und was ich alles nicht mehr erleben darf, wie meine Zukunft aussehen soll, das ich eigentlich nur mehr alleine bin. Ich habe oft Albträume, wache des öfteren alle ~ 30 min auf, ärgere mich darüber das ich nicht einschlafen kann, dass ich es nicht hinbekommen habe.

Ich habe aktuell keine Ahnung was ich will, was ich machen soll, wie alles weitergehen soll, ich fühle mich total verloren. Ich wusste eigentlich immer wo es hingeht, fand immer Lösungen und Wege auch damals mit meinen Ängsten, aber so orientierungslos und alleine wie jetzt fühlte ich mich noch nie.

29.08.2021 20:17 • 05.12.2021 x 3 #1


16 Antworten ↓


Erstmal herzlich willkommen bei uns. Oder willkommen zurück wenn du schon mal da warst.
Ich hoffe du wirst dich wohlfühlen.

Hast du schon mal drüber nachgedacht, auf längere Sicht in die Nähe deiner Tochter zu ziehen?

A


Kapitel 2 - Dieser Abschnitt meines Lebens heißt Verloren

x 3


Halloele,

Du scheinst Dir viele Vorwuerfe zu machen, die unangemessen sind. Ich kann nicht erkennen, dass Du auch nur irgendetwas falsch gemacht hast.

Es liebt einer immer mehr, wahrscheinlich bist Du das gewesen, denn Deine Frau hat ja nichtmal einen Gedanken daran verwendet, wie ihr beide die Tochter gemeinsam erziehen koennt, auch wenn ihr getrennt seid. Ich finde das ganz unfaehr dem Kind (und Dir natuerlich) gegenueber, es liest sich so, dass sie erstmal in ihrer alten Heimat wieder Kraft tanken wollte und dann beschloss, einfach nicht wiederzukommen. Nicht gerade ladylike!

Ich wuerde da mal beim Anwalt nachfragen, kann doch nicht angehen, dass einer einfach quer durch die Republik zieht und der andere hat das Nachsehen? Was ist mit gemeinsamen Sorgerecht?

Du solltest dafuer kaempfen, dass Du sie regelmaessig in Person siehst, sonst entgleitet sie Dir ...

Ich wuerde Dir auch dringend empfehlen, in psychologische Betreuung zu gehen, Du musst das alles aufarbeiten und das ist nicht ohne. Ausserdem kannst Du Dich dann bei jemandem auskotzen, der Dir zuhoert und Dir durch diese schlimme Zeit hilft.
4-5 Stunden pro Nacht Schlaf: ich tippe auf leichte Depressionen.

Du musst Dir das alles von der Seele reden, glaub mir, Du wirst Dich besser fuehlen.

Hallo kriz,

das ist echt heftig, tut mir wirklich leid, was da abgelaufen ist!

Beim Lesen bin ich richtig sauer auf Deine Partnerin geworden, ich finde, so ein Verhalten geht gar nicht!
Es kann ja sein, dass sie unglücklich war und dass in Eurer Beziehung nicht alles ideal lief, aber die Nummer mit Deiner Tochter kann sie nicht bringen, so empfinde ich das. Es zeugt für mich von einem unglaublichen Egoismus. Das Kind hat zwei Eltern, und Du hast Dich ja nun wirklich eingebracht und Deine Vaterrolle sehr ernst genommen, und Du hast Rechte. Die kann sie doch nicht einfach mit Füßen treten!

Zitat von portugal:
Ich wuerde da mal beim Anwalt nachfragen, kann doch nicht angehen, dass einer einfach quer durch die Republik zieht und der andere hat das Nachsehen? Was ist mit gemeinsamen Sorgerecht?


Genau das habe ich mich auch gefragt, es kann doch nicht sein, dass so etwas rechtens ist. Wie ist das Sorgerecht denn geregelt? Sie kann doch nicht einfach mit Eurem Kind abhauen und nicht wiederkommen, mal davon abgesehen, dass es moralisch unterste Schublade ist, fällt es mir schwer zu glauben, dass sie damit juristisch durchkommen kann.
Ich glaube, ich würde an Deiner Stelle echt alles daran setzen, dass das rückgängig gemacht wird.
Denn ich sehe da auch die Gefahr, dass sich Deine Tochter sonst schnell entfremden wird.

Gibt es nicht so etwas wie Selbsthilfegruppen oder Vereine für Väter, die in einer solchen Situation sind?

So schwer es ist, sich aufzuraffen (ich vermute wie @portugal auch Depressionen):
Mach' Dir bewusst, dass Deine Partnerin sich hier ins Unrecht gesetzt hat, nicht Du. Du hast Dir Mühe gegeben, sie hat einfach alles hingeschmissen. Du hast Dich immer um Dein Kind gekümmert, und Du hast auch versucht, Deine Beziehung zu Deiner Partnerin wieder zu verbessern, nachdem Du gemerkt hast, wie es ihr geht.
Sie ist einfach abgehauen, hat Deine Tochter unter Vorspiegelung falscher Tatsachen durch die halbe Republik geschleppt. Du hättest doch dieser Reise von ihr niemals zugestimmt, wenn Du gewusst hättest, dass sie diese benutzt, um Dein Kind zu relokalisieren. Und ganz im Ernst: Nicht nur Du hast ein Recht auf Deine Tochter, Deine Tochter hat auch ein Recht auf Dich! Sie begreift doch gar nicht, was da passiert, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihren Papa nicht mehr in ihrem Leben haben will. Sie versteht nur nicht, was Deine Partnerin da tut.

Hol' Dir Hilfe, wo immer es nur geht. Versteck' Dich nicht, nur weil Du glaubst, Fehler gemacht zu haben, Du bist in dieser Situation derjenige, dem Unrecht widerfahren ist, es gibt keinen Grund, sich zu verstecken. Hab' keine Angst davor, den Menschen in Deinem persönlichen Umfeld die Wahrheit zu sagen, Du hast keine Schuld an der Situation! Hol' Dir Hilfe und Unterstützung!
Kämpfe für Deine Tochter, lass' Deine Ex damit nicht durchkommen. Hol' Dir psychologische Hilfe und Beratung, und mach' Dich juristisch stark für Deine Tochter! Kämpfe für sie und Deine Beziehung zu ihr!
Mach' Dir klar, dass sie auch Dich braucht und Dich vermisst, glaub' nicht, dass das Bedürfnis nach Kontakt einseitig ist, nur weil sie gerade abenteuerliche Ferien erlebt! Sie will Dich in ihrem Leben genauso wie Du sie!
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Du keine Rechte hast, und selbst wenn es juristisch nicht klappt (was ich nicht glaube): Irgendwann wird Deine Tochter älter sein und verstehen, was ihre Mutter da abgezogen hat. Und sie wird wissen wollen, ob Du für sie gekämpft hast. Glaub' mir: Ich habe in verschiedensten Gruppentherapien viele Menschen kennengelernt, denen als Kind irgendwie ein Elternteil weggenommen wurde (ich benutze mal einen Sammelbegriff), und das war der Hauptpunkt, der für alle wichtig war: zu wissen, dass man um sie gekämpft hat. Das war das Wichtigste.
Du machst es also nicht nur für Dich, Du machst es auch für sie.
Selbst wenn Du gerade die Kraft nicht aufbringen kannst, für Dich selber zu kämpfen: die Kraft für den Kampf um und für Deine Tochter wird kommen, da bin ich mir sicher.
Du musst nur daran glauben, dass Du es auch für sie tust und das Gefühl abstreifen, dass dieser Kampf egoistisch von Dir wäre, nur weil die Kleine gerade eine gute Zeit hat und es ihr dort gerade gutgeht. Sie weiß einfach nur nicht, dass man ihr gerade den Papa wegnimmt.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft!

LG Silver

Salve kriz und willkommen zurück!

Zurück, nach einem gefühlt halben Leben, wie? Der Bestürzung über die Art des Abgangs Deiner ehemaligen Partnerin schließe ich mich an, obwohl sich die Geschichte aus ihrer Sicht u. U. anders anhört.

Einerseits finde ich es bemerkenswert, dass in Deinem Bericht irgendwie gar kein Fingerzeig auf ihr (aktuelles) Verhalten zu finden ist sondern lediglich Bedauern über Deine (gefühlte!) Unfähigkeit, eine dysfunktionale Beziehung wieder zu kitten. Andererseits verstehe ich Deine etwaige (!) Energiekrise, die einen nun anstehenden Justizgang erschwert. Das was Du kürzlich erlebt hast, kann man durchaus als traumatische Erfahrung bezeichnen, gerade weil es Dich so allumfassend betrifft.

Die Bemühung um Eure Tochter ist ein Part, der Dich u. a. bei der Stange halten kann aber ich meine auch, dass psychologische Hilfe dringendst vonnöten wäre. Allein schon deshalb, um die Last ein wenig von Deinen Schultern zu nehmen!

Aus dem bisher Gesagten leite ich ab, dass die Familie für Dich ein gerüttelt Maß Langzeittherapie war - zumindest solange, bis es zu kriseln begann. Liege ich da richtig? Wenn dem so ist, dann musst Du anerkennen, dass Familie diese Funktion zwar innerhalb vieler Lebensgemeinschaften einnimmt, aber nur selten wirklich therapeutisch wirkt. Da ich selbst u. a. Suchttherapieerfahrung habe, stelle ich grundsätzliche jegliche Ablenkung auf den Prüfstand der sogenannten Suchtverlagerung. Natürlich unterstelle ich Dir kein süchtiges Verhalten, doch sehr oft bedeutet in der Tat das Selbstverständnis in der Rolle Familienvater, -mutter etc. eine Methode, um mit dem Leben fertig zu werden. Und das ist durchaus sprichwörtlich zu nehmen: Fertig werden im Sinne von rumbringen, überstehen, meistern... und nicht: leben.

Mit Leben meine ich nicht nur Geniessen, Urlaub machen, das Kind erziehen und Planen für die Zukunft sondern vor allem: Lernen.

Du selbst beschreibst Euer gemeinsames Dasein über längere Strecken hinweg als eher laue Zweckgemeinschaft. War es im Grunde nicht ähnlich wie:

Zitat von kriz:
Ich versuche irgendwie über den Tag zu kommen, sodass ich zumindest grundlegend funktioniere und auch im Büro funktioniere. Das schaffe ich aktuell nur durch, zumindest glaube ich es aktuell nur so zu schaffen, indem ich mich ablenke. Hauptsächlich befinde ich mich dabei vor einem Monitor. Egal ob Arbeit, Videospiele, Filme usw. ich schiebe alles auf die Seite zumindest so gut es geht.
(Fettdruck von mir)

Verstehe das bitte überhaupt nicht als Kritik, sondern lediglich als Hin-weis. Und zwar auf Dein Leben hin, auf die Beschäftigung mit Dir und das, was Du vielleicht als Deine Probleme bezeichnest.

Glaube mir, ich hatte auch schon z. T. furchtbare Krisen und die Aussicht war gefühlt gleich Null. Doch Therapie kann wirklich den Schalter in Richtung mehr Lebenssinn umlegen. Egal wie alt wir sind - jeder hat die Chance, das bisher Erlebte als Lernstoff zu nutzen. Es ist wie auf Fortbildung... Aber auf dem Lehrplan stehst - Du

Dass Du gerne schreibst, sehe ich als Riesenpotenzial. Bin selber ein Schreiber, mehr noch als ein Sprecher. Doch der direkte Kontakt zu einem Therapeuten und idealerweise zu einer Selbsthilfegruppe erscheint mir grundsätzlich ein relativ effizienter und vor allem lebendiger Weg aus jeglicher Krise. Schließe Dich bitte nicht ein - bleib in Kontakt mit der Natur (so abwegig das vielleicht klingt) und öffne Dich Deiner Umwelt. Auch, indem Du mit Kollegen und Nachbarn darüber sprichst, wenn es an der Zeit ist.

Schön, dass Du da bist!

@kriz Liest Du hier noch mit?!

fDanke an alle

Zitat von Luna70:
Hast du schon mal drüber nachgedacht, auf längere Sicht in die Nähe deiner Tochter zu ziehen?

Der Gedanke kam mir, aber es ist schwer. Ich fühle mich dort nicht wohl, ich mag dieses Bundesland, die Umgebung nicht sonderlich. Auch wenn ich hier wo ich jetzt bin niemanden vermissen würde, sofort alles abbrechen könnte, so fühle ich mich hier doch wohl. Vielleicht auch weil ich große Änderungen nicht so gerne mag und ein Umzug in eine fremde Stadt, eine neue Umgebung zählt für mich dazu. Zur Zeit ist das keine Option, vielleicht wenn ich wieder den Boden unter den Füßen spüre nochmals überlegenswert.

Zitat von portugal:
Ich wuerde da mal beim Anwalt nachfragen, kann doch nicht angehen, dass einer einfach quer durch die Republik zieht und der andere hat das Nachsehen? Was ist mit gemeinsamen Sorgerecht?

Ich komme aus Österreich, da spielt die Entfernung innerhalb des Landes tatsächlich keine Rolle. Wusste ich vorher auch nicht, war bereits bei einem Anwalt, meine Möglichkeiten als Mann sind äußert begrenzt. Zumal es hier keine offensichtlichen Gründe gibt wieso das Kind nicht bei der Frau sein sollte. Ich müsste als Mann nachweisen, dass es dem Kind bei meiner Partnerin schlecht geht, was ich aber nicht kann. Theoretisch könnte ich viel Geld investieren und darum kämpfen, das Risiko dabei mental und auch finanziell total abzustürzen ist sehr hoch, die Chance lt. meinem Anwalt äußerst gering.
Das wollte ich nicht wahr haben und ging zu einem zweiten, der sagte im Grunde genau das selbe und machte mir auch direkt eine Kostenübersicht - naja schon alleine diese Grundkosten haben es in sich, ganz zu schweigen von der emotionalen Belastung da einige Gutachten benötigt werden, das Kind dadurch ebenfalls direkt im Konflikt landet und sich das zeitlich sehr lange ziehen kann.
Leider habe ich keinen geheimen Geldspeicher, zumal hier meine Partnerin durch den familiären Hintergrund große Geschütze auffahren könnte, wodurch ich am Ende womöglich noch viel mehr verliere und trotzdem ohne Kind dastehen würde und mir dann durch diesen Rechtsstreit auch jeglicher weiterer Kontakt verwährt bleiben könnte, da man im Rechtsstreit die untersten Schubladen öffnen müsste.

Zitat von portugal:
Ich wuerde Dir auch dringend empfehlen, in psychologische Betreuung zu gehen, Du musst das alles aufarbeiten und das ist nicht ohne. Ausserdem kannst Du Dich dann bei jemandem auskotzen, der Dir zuhoert und Dir durch diese schlimme Zeit hilft.

Grundsätzlich gebe ich dir Recht, aber durch meine Vorerfahrung schaffe ich es noch ohne. Wenn ich ähnliche Möglichkeiten wie in Deutschland hätte, dann sofort. Hier bei uns muss ich aber die psych. Betreuung selbst bezahlen und das ist sehr teuer. Solange ich das Gefühl habe es mental im Griff zu haben (ich glaube hier ein feines Gespür zu haben) versuche ich es ohne. Sehr hilfreich wäre jetzt einen über Jahre aufgebauten guten Freund zu haben der da ist, aber ja.

Zitat von silverleaf:
Gibt es nicht so etwas wie Selbsthilfegruppen oder Vereine für Väter, die in einer solchen Situation sind?

Ich habe mich zwischenzeitlich an eine Beratungsstelle für Männer gewendet und bekam dort einen Termin.

Zitat von silverleaf:
Du hättest doch dieser Reise von ihr niemals zugestimmt, wenn Du gewusst hättest, dass sie diese benutzt, um Dein Kind zu relokalisieren.
Sie begreift doch gar nicht, was da passiert, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihren Papa nicht mehr in ihrem Leben haben will

Ich glaube sie wusste das selbst nicht. Vielleicht kam das in meinem ursprünglichen Text falsch rüber, aber sie ist nicht diese Art von böser Mensch, sonst wären wir nie solange zusammen gewesen. Wir haben auch jetzt noch eine normale Gesprächsbasis.

Unsere Tochter weiß es noch nicht so wirklich, unser Plan ist es ihr das auch nicht hart zu sagen. Bisher ist sie noch in den Sommerferien und weiß das sie dann in einen neuen Kindergarten geht, weil die Mama dort einen neuen Job hat. Der Papa kommt sie dann ab und an besuchen und sie kann jederzeit anrufen etc.
Das wurde ganz gut aufgenommen, zumal sie dort ja auch viele Freunde hat und das nun sowieso wichtiger wie der Papa ist. Natürlich fragt sie mal nach wann ich denn komme, oder wann sie kommt. Ich sage ihr dann einfach wie es ist, es ist so weit, ich muss ja arbeiten, aber wir können ja morgen wieder telefonieren usw. ich überspiele das sozusagen. Ich weiß nicht ob das gut ist, aber ich empfinde es aktuell als die beste Lösung, ich werde mich darüber aber nochmals beraten lassen.

Zitat von moo:
Aus dem bisher Gesagten leite ich ab, dass die Familie für Dich ein gerüttelt Maß Langzeittherapie war - zumindest solange, bis es zu kriseln begann. Liege ich da richtig?

Du selbst beschreibst Euer gemeinsames Dasein über längere Strecken hinweg als eher laue Zweckgemeinschaft. War es im Grunde nicht ähnlich wie:

Das kann ich dir gar nicht beantworten, es ist wohl irgendwo in der Mitte.

laue Zweckgemeinschaft: da hast du Recht, zumindest die letzten 2 Jahre. Ich schob es irgendwo auf die Seite das von ihr nichts mehr kam, auch als sie in das zweite Schlafzimmer zog verdrängte ich das und versuchte trotz stetiger Ablehnung immer wieder neue Dinge um sie für die Familie, für mich zu begeistern. Covid war dahingehend nicht gerade förderlich, auch weil sie beruflich darunter sehr gelitten hat und so ein weiterer schwerer Stein auf der ohnehin schon bröckelnde Fassade gelandet ist.

Zitat von moo:
Schließe Dich bitte nicht ein - bleib in Kontakt mit der Natur (so abwegig das vielleicht klingt) und öffne Dich Deiner Umwelt. Auch, indem Du mit Kollegen und Nachbarn darüber sprichst, wenn es an der Zeit ist.

Hier hast du vollkommen Recht, dass werde ich versuchen, dass muss ich versuchen zu optimieren. Es ist nur so, wenn du lange keine engeren Kontakte hattest wie das bei mir der Fall ist, kannst du nicht einfach mit so einem Thema kommen. Ich muss erst mal gucken wie ich das mache, aktuell verkrieche ich mich noch und lass die Zeit ein wenig Vorarbeit leisten. Zumindest habe ich demnächst einen Termin bei einer Beratungsstelle, mal gucken was da so raus kommt.

Der heutige Tag war weniger gut, mich zerreißt es gerade. War heute bei der Beratung, aber wirklich viel kam nicht heraus. Meine Messlatte war aber wohl auch viel zu hoch bzw. keine Ahnung was ich wollte.. auf jeden Fall bekam ich die Info, dass es besser ist eine harte Trennung mit dem Kind zu machen und nicht so weich wie wir das angedacht hatten.

Es wäre wohl für das Kind besser wenn die Karten offen auf dem Tisch liegen und es weiß woran es wirklich ist und zufälligerweise kam dieser Ball heute retour.
Als ich Abends mit meiner Kleinen telefonierte, hörte ich im Hintergrund, dass sie allein sein wollte und die Mama aus dem Zimmer geschickt hat und plötzlich begann sie zu flüstern und meinte: Papa weißt du was, wenn Mama hier einen guten Job findet, dann werde ich für immer hier bleiben. Ich bekam spontan kein Wort heraus und meinte nur, was sie jetzt darüber denkt, worauf sie erwiderte, dass sie mich total vermisst und wann ich komme.

Das nächste realistische Zeitfenster wäre erst in 2 Monaten, mal gucken ob wir da früher etwas hinbekommen. Im Büro wurde ich auch wieder gefragt wann meine Mädels wieder kommen, habs wieder nicht rausgebracht und gelogen.

Mindestens 2 Nachbarn wissen es bereits, da von denen die Kinder mit meiner Tochter gut befreundet waren. Sie haben meine Partnerin kontaktiert wann sie wieder kommt. Da der Kindergartentermin immer näher rückt hat sie dieses mal gemeint, dass wir uns getrennt haben und sie nicht mehr kommt.
Ich bin dafür überhaupt nicht bereit, aber wann ist man das schon? und ja, man kann es auch nicht mehr länger hinauszögern.

So langsam muss ich das mit dem Büro in den Griff bekommen, ich tendiere in die Richtung das ich es 1x sage und den Wunsch äußere nicht darauf angesprochen zu werden, sonst bekomme ich gar nichts mehr hin. Die anderen Mamis sollte ich auch langsam kontaktieren, auch wenn ich das nicht möchte. Aber überhaupt nichts zu sagen, sodass sie es dann im Kindergarten selbst sehen ist auch irgendwo sehr unhöflich, zumal das zum Teil beste Freundinnen waren.

Du machst Dir viel zu viel Gedanken, was die anderen sagen koennten. Wieso Du so handelst, versteh ich ueberhaupt nicht. Das passiert heutzutage doch staendig und ist nichts, wofuer man sich schaemen muss.

Was meinten die bei der Beratng denn mit harte Trennung?

Zitat von kriz:
So langsam muss ich das mit dem Büro in den Griff bekommen, ich tendiere in die Richtung das ich es 1x sage und den Wunsch äußere nicht darauf angesprochen zu werden, sonst bekomme ich gar nichts mehr hin. Die anderen Mamis sollte ich auch langsam kontaktieren, auch wenn ich das nicht möchte.

Servus kriz, danke für die Rückmeldung!

Ja, das ist eine gute Idee. Ein früherer Arbeitskollege hat es auch so gehandhabt und absolut alle haben es respektiert. Er hatte es allerdings (m. E. richtigerweise) so formuliert, dass er vorerst mal nicht weiter drauf angesprochen werden will. Bereits nach wenigen Wochen ging er relativ souverän und auch von sich aus offen damit um.

Es scheint einem wie ein kleines Coming Out - aber Du wirst sehen, es geht Dir nach dem Outing bedeutend besser. Geheimnistuerei verbraucht - unnötigerweise - sehr viel Energie.

Deine Tochter soll nun erstmal wissen, dass sie immer zumindest verbalen Zugriff auf Dich hat.
Das ist schon mal ein wichtiges Pfund. Der Rest wird sich weisen. Alles Schritt für Schritt. Ihr Eltern seid zumindest nicht völlig zerstritten - das ist extrem viel wert für alle Beteiligten. Das gilt auch für die Beratungsstelle. Das braucht ein paar Stunden, bis man an die relevanten Themen wirklich rankommt - ganz normal.

Ich finde es wirklich gut und nicht selbstverständlich, dass Du sogleich Nägel mit Köpfen machst.

Zitat von portugal:
Du machst Dir viel zu viel Gedanken, was die anderen sagen koennten. Wieso Du so handelst, versteh ich ueberhaupt nicht. Das passiert heutzutage doch staendig und ist nichts, wofuer man sich schaemen muss. Was meinten die bei der Beratng denn mit harte Trennung?


Ich wohne nicht in der Stadt, sondern außerhalb, hier sind keine 300 Einwohner. Jeder kennt jeden, hier ist es weniger anonym und ich habe vor hier weiterhin zu leben. Scheidungen gab es seit unsere im Kindergarten ist keine, zumindest innerhalb vom Kindergarten nicht. Ich schäme mich nicht, sondern ich möchte das Thema noch nicht in meinem Umfeld haben, da ich mich noch nicht bereit dafür fühle, aber die Zeit läuft mir davon.

Für mich hat es auch irgendwo etwas mit Wertschätzung zu tun, die anderen Eltern zu informieren zumindest jene mit welchen mein Kind oft Kontakt hatte. Der Kindergarten beginnt in wenigen Tagen und die Eltern sollten zumindest eine Möglichkeit haben es den eigenen Kindern zu sagen. Bei uns sind nur ~10 Kinder im Kindergarten, dass du eine Vorstellung der Größe und der Bindung zueinander hast. Ich würde es nicht gut heißen, wenn die Eltern bzw. dann auch die Kinder unvorbereitet feststellen das eine Freundin bzw. die beste Freundin plötzlich fehlt.

Im Büro ist es auch nicht so einfach, ich bin dort seit über 10 Jahren, meine Frau ging dort ein und aus und hatte mit einer Kollegin durch ein Hobby auch privaten Kontakt. Niemand weiß es, ganz im Gegenteil ich sagte bisher noch das alles gut ist.


Harte Trennung:
Karten offen auf den Tisch legen, es nicht weich spülen so wie wir das jetzt gemacht haben

Ich hoffe hier irgendwann einmal mit Scham, aus einem besseren Leben zurückblicken zu können.

Ich habe es damals jeden der es irgendwie wissen sollte erzählt. Die meisten boten gleich ihre Hilfe an, aber ich war noch nicht so weit. Ich habe das Thema weiter verdrängt, bis ich irgendwann an einen Punkt kam wo es gar nicht mehr ging. Dieses ständige allein sein, der stetige Konflikt mit meinen Gedanken wurde zu viel, ich habe nach Hilfe gesucht.

4 Therapeuten habe ich kontaktiert, alle haben abgesagt, da sie voll waren - meine Kraft und Energie jetzt noch weiter zu suchen war am Ende. Irgendwann nachdem es wieder einigermaßen ging, guckte ich einige alte Nachrichten mit Hilfsfloskeln durch. Ich bin da weniger gut darin zu entziffern, ob es jemand wirklich ernst meint, oder man diverse Dinge einfach nur aus Höflichkeit sagt und es eigentlich doch nicht so meint.
Ich haderte lange mit mir, ob ich diesen Schritt gehen sollte, da es mir sehr unangenehm ist darüber mit Bekannten zu sprechen.

Ich kontaktiere nach einigen Tagen des Gedanken wälzens jemanden und bekam dann, ähnlich der vorangegangenen Floskel, Ausreden wieso das nicht gehen würde ;( - ich verstand das irgendwie nicht und danach ging es mir noch schlechter und verlor dann endgültig jeglichen Mut noch jemanden zu kontaktieren, da ich keine weitere Ablehnung mehr ertragen konnte.

In dieser Phase befinde ich mich jetzt seit irgendwann im Oktober, fühle mich schlecht, habe niemanden* zum Reden und kaum mehr Energie. Das bisschen Energie was ich noch habe fließt aktuell in meine Arbeit und dort funktioniere ich auch schon des längeren nicht mehr wirklich gut, was glaube ich auch schon aufgefallen ist.
Ich müsste aber aktuell das Gegenteil erbringen, mehr Leistung im Job, sodass ich mein Kind gut finanzieren kann und selbst nicht auf Sparflamme leben muss.

*niemanden
Irgendwie versuchte ich in den letzten Wochen vermehrt anonyme digitale Kontakte in diversen Gruppen und Chats zu finden. Zum Teil klappt das, aber ich komme mir dabei wie ein kriechender Hund vor, der alles nehmen würde um ein wenig mit jemanden reden zu können und sei es meinetwegen wenn es um die Probleme des anderen geht. So tief bin ich mittlerweile, total erbärmlich eigentlich derart am Boden kriechend, aber ich habe aktuell keine Energie mehr aufzustehen.

Hinzu kam hier bei uns in Österreich auch noch das politische Kasperltheater in der Covidkrise, ein Thema das mich zusätzlich belastet und halt alle anderen Gedanken, wie geht es weiter, was soll ich machen - ich bin soo leer und müde.

Grüß Dich Kriz,

schön, dass Du Dich trotzdem wieder meldest. Musste erstmal wieder alles überfliegen, damit ich auf dem Laufenden bin...

Zitat von kriz:
Ich habe es damals jeden der es irgendwie wissen sollte erzählt. Die meisten boten gleich ihre Hilfe an, aber ich war noch nicht so weit.

Ja, genau das ist schon ein gewisser Fehler, den wir leider zu oft machen: Hilfe nicht sofort anzunehmen. Nach einigen Wochen und Monaten ist bei vielen dann der Zug abgefahren und sie, die eigentlich wirklich helfen wollten, finden keinen Zugang mehr zu der Situation. Das ist für Dich wirklich hart aber ich finde, auch irgendwie verständlich, meinst Du nicht?

Menschen, die lange auf einen warten, bis man endlich bereit ist, sich mitzuteilen, gibt es leider nicht (mehr?) viele. In der Tat greifen dann manche in ihrer Verzweiflung zu einem bezahlten Freund - dem Therapeuten und das ist sicher nicht das Schlechteste. Allerdings siehst Du anhand der vier Absagen auch, dass Du - wir alle hier - nicht die große Ausnahme sind.

Wir neigen dazu, uns als Problemfall wahrzunehmen. Deine Einleitung spiegelt das wider:

Zitat von kriz:
Ich hoffe hier irgendwann einmal mit Scham, aus einem besseren Leben zurückblicken zu können.


Sollten wir uns hier alle schämen?

Zitat von kriz:
ich komme mir dabei wie ein kriechender Hund vor, der alles nehmen würde um ein wenig mit jemanden reden zu können und sei es meinetwegen wenn es um die Probleme des anderen geht. So tief bin ich mittlerweile, total erbärmlich eigentlich derart am Boden kriechend


Obwohl ich Dich verstehe, muss ich arg widersprechen, mein Freund! Das, was hier (endlich!) an die Oberfläche drängt, ist lediglich verletzter Stolz. Ich kenne das von mir selbst sehr gut. Doch das, was wir in den (vermeintlich) guten Zeiten glaubten, zu sein, war ebenso eine Illusion wie die erbärmliche Kreatur, der wir uns nun (ebenfalls vermeintlich) annähern.

Wenn Du ganz ehrlich zu Dir bist, schätzt Du Dich immer noch als zu gut dafür ein, mit Anderen über deren Probleme zu sprechen. Das ist nichts wofür Du Dich nun wieder zu schämen brauchst - aber erkenne es bitte! Erkenne das Leid, das aus Dünkel und Bewertung entsteht.

Du bist nun an einem Punkt, wo Du eigentlich den ganzen Dünkelkram über Bord werfen kannst, ja - musst. Ich nannte das bei mir damals mit dem Rücken zur Wand stehen. Depression vermag potentiell, viele Barrieren zu durchbrechen - sofern man das erkennt und zulässt. Ansonsten geht es weiter bergab und endet nie.

Das bedeutet für Dich akut, dass Du erstmal echte Freundschaft mit DIR schließen musst. Erst danach wirst Du eine andere Einstellung zu den Anderen haben, die Dir dann übrigens gar nicht mehr so unähnlich sind. Du wirst als quasi neuer Mensch dem Leben und den Menschen gegenüber stehen.

Bei mir war das genau so und deshalb bin ich meiner Depression und der vorangegangen Krise zutiefst dankbar. Ansonsten hätte ich mein Alltagsschauspiel bis zum Ende durchgezogen... Aber irgendwas in mir, hat dann wohl doch die Kurve gekriegt, und mich an die Wand genagelt.

Bleib doch einfach mal hier und bastele an diesem Thread weiter - wie an einem Tagebuch. Das kann sehr herausfordernd, anstrengend, ernüchternd ABER auch beglückend, lehrreich und erfreulich sein. Es begleitet sozusagen Deinen Alltag in einer aufrichtigen, ehrlichen Weise. Du musst hier niemand sein, nichts optimieren und nichts leisten. Und genau das ist Deine wahre, authentische Leistung. Und irgendwann färbt dies auf Deinen realen Alltag ab, ohne dass Du es vielleicht groß mitbekommst.

Ich persönlich bin kein großer Motivator mehr. Ich schaue jedoch genau hin und lade gerne dazu ein. Mal tatsächlich zu verstehen, dass alles meistens sehr in Ordnung ist, kann allerdings durchaus motivierend sein.

Zitat von moo:
Grüß Dich Kriz,

schön, dass Du Dich trotzdem wieder meldest. Musste erstmal wieder alles überfliegen, damit ich auf dem Laufenden bin...

Danke für deine Zeit und deine Worte. Mit dem nicht sofort annehmen hast du vielleicht Recht. Aber ich wollte nicht als Elend wahr genommen werden, vor allem gegenüber Menschen welche ich nicht so gut kenne, zumal mir auch total das Vertrauen fehlt mich wirklich zu öffnen.

Zitat von moo:

Sollten wir uns hier alle schämen?

Ich weiß es nicht, ich tat es und tue es. Was auch daran liegt was die Gesellschaft über solche Probleme denkt und lieber nichts davon hören möchte.


Zitat von moo:
Bleib doch einfach mal hier und bastele an diesem Thread weiter

Das hätte ich so und so gemacht, schon alleine aus Respekt gegenüber jenen die das hier ein wenig verfolgen, ist doch doof wenn die Geschichte plötzlich aufhört und ja, mir hilft es. Mein alter Thread hier geht über 12 Jahre und aktualisiere ich auch immer wieder mal.

Irgendwie ist mir danach etwas zu schreiben, irgendwo versuche ich es aber gerade zu sehr. Ich bin gespannt wo das jetzt hinführen wird

Meine gefühlte Leere macht mir zu schaffen, der Gedanke nicht liebenswert zu sein, auch nichts mehr sinnvolles beitragen zu können fühlt sich nicht gut an und begleitet mich. Die Sehnsucht nach jemandem der da ist, ein Partner wird stärker . Ich habe vor einiger Zeit online jemanden kennen gelernt, es stellte sich heraus das wir uns früher bereits begegnet sind, schon alleine das boom. Meine Sehnsucht, meine Gedanken, meine Situation in Kombination mit diesen Gesprächen

Wir haben Winter, es schneit. Ich gucke raus, einige Kinder spielen, bauen einen Schneemann, manche fahren mit dem Schlitten den Hang herunter. Ich werde traurig, da ich auch mit meinem Kind raus möchte. Sie liebte den Schnee und das Schlitten fahren. Ich baute gerne kleine Schneehöhlen wo sie sich dann mit ihren Freundinnen verstecken konnte; und jetzt sitze ich hier alleine mit diesen Gedanken und gucke alte Fotos durch, was die Situation total verbessert, total angenehm und ertragbarer macht . Eine Komödie wenn man mag, mit mir als schlechten Witz.


Was machst du Weihnachten - was soll ich darauf antworten?, dem Fragenden seine Gedanken, seine Freude daran mit meinem Leid kaputt machen?, daher mache ich das worin ich trainiert bin, ich gehe auf Distanz, lüge, passe mich an, um nicht als Elend wahr genommen zu werden. Innerlich aber ist der Weihnachtsgedanke sehr belastend, es wird das erste in meinem Leben sein, welches ich alleine verbringe und mein Gehirn ist sehr geschickt darin dieses weiter zu spinnen. Bin ich nächstes Jahr wieder alleine?, bin ich an meinem Geburtstag alleine, wieso bin ich alleine, bin ich tatsächlich so merkwürdig?


Ich mache im Moment einen großen Fehler, ich suche die Lösung online. Ich lenke mich ab, suche nach Gesellschaft, suche nach einem Gespräch, fühle mich anschließend aber oft noch schlechter wie vorher. Online ist es für mich einfach, ich kenne diese Welt, ich bin geübt darin mich dort zu bewegen, aber ich merke das es mir nicht gut tut und ich darauf verzichten sollte, auch wenn ich Menschen damit verletzten würde.

Dieser Zwiespalt, auf der einen Seite alleine, auf der anderen Seite das Bedürfnis es nicht sein zu wollen und nur online die Antwort auf Einsamkeit finden zu können, zumal ich offline keine Kraft dazu hätte.

Ich bin nach wie vor orientierungslos, zwar konnte ich eine ganz gute Tagesroutine etablieren, aber ich sehe das nur als eine Art Schutzfunktion um zu funktionieren. So möchte ich auf Dauer nicht weitermachen wollen, aber es hilft mir im Moment nicht in ein Loch zu fallen, einer Gefahr die mir sehr bewusst ist und wo ich sehr vorsichtig sein werde.

Zitat von kriz:
Ich weiß es nicht, ich tat es und tue es. Was auch daran liegt was die Gesellschaft über solche Probleme denkt und lieber nichts davon hören möchte.

Das ist Dein Denken. Jeder hat Probleme, jeder hat etwas in seinem Leben, was bewältigt werden muss.

Dass Du mit keiner sprechen kannst, ist nicht gut.

Gibt es bei Euch Tageskliniken?

Spreche doch mal mit Deinem Arzt, Du musst viel aufarbeiten.

Zitat von kriz:
Was machst du Weihnachten - was soll ich darauf antworten?, dem Fragenden seine Gedanken, seine Freude daran mit meinem Leid kaputt machen?, daher mache ich das worin ich trainiert bin, ich gehe auf Distanz, lüge, passe mich an, um nicht als Elend wahr genommen zu werden.

Streckenweise war ich früher auch so. Habe den anderen irgendeinen Firlefanz erzählt, damit sie nicht mit ungewohnten Aussagen konfrontiert werden. Würde ich heute nicht mehr machen. Auf Distanz gehe ich allerdings inzwischen (nicht nur wegen Corona) sowieso zu vielen Menschen, aber eher aus einem Ruhebedürfnis heraus, nicht aus Ablehnung o.ä.

Du, ein offenes Gespräch darf auch mal ein vermeintlich schwieriges Thema mit beinhalten. Wenn Du auf die o. g. Frage mal mutigerweise mit der Wahrheit antwortest, könnte das vielleicht ein ernsthaftes und gerade deshalb ein gutes Gespräch werden, das seinen Namen verdient.

@kriz, Du bist verletzt worden und Du kommst nun schon eine ganze Weile privat nicht damit zurecht. Du leidest, und das auch noch heimlich. Wie @portugal schreibt, empfehle ich Dir auch eine stationäre Therapie. Die wird u. U. schneller zustande kommen als ein Termin bei einem Psychotherapeuten (s. o.).

Wenn nun Dein Argument kommt, dass Du das Deiner Arbeitsstelle nicht antun kannst, dann frage Dich mal, was denn die vielen Patienten in diesen vielen Kliniken wohl da so machen. Glaube mir, egal ob stationär oder Tagesklinik, Du musst Dir Hilfe von Profis suchen. Die Kliniken haben den m. E. immensen Vorteil, dass eben Gruppentherapie ein fester Bestandteil ist. Gerade in Deinem Fall ist das unbedingt nötig. Du musst einfach lernen, Dich anderen in einer konstruktiven Art zu öffnen.

Das kann für Dich einen Quantensprung hin zu einer neuen Partnerschaft und - noch wichtiger - einem etwas netteren Umgang mit Dir selber bedeuten.

A


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