Hallo,
wo soll ich anfangen?
Die Angst um meinen Vater hat mich mein ganzes Leben lang begleitet, nicht erst, seit er krank wurde, sondern ab da in meiner Kindheit, als mir klar wurde, dass es den Tod gibt und er eines Tages sterben würde...
Damals war ich etwa 7 Jahre alt und ab da innerlich diesbezüglich traumatisiert, denn mein Vater war mein Heiligtum, der beste Mensch der Welt für mich, ich habe ihn wirklich über alles geliebt...
Einmal in der Zeit als Kind, nachdem mir das klar wurde, hatte ich nachts einen Realtraum, in dem er tot war - ich habe im Schlaf so geheult, dass mein gesamtes Kopfkissen wirklich klitschnass war, als ich aufwachte, das weiß ich noch wie damals...
Oft konnte ich aus Angst um ihn gar nicht einschlafen, schlich mich nachts mehrmals ins Schlafzimmer meiner Eltern, um zu überprüfen, ob sie noch atmeten, und das tat ich an manchen Tagen sogar als Erwachsene noch, wenn die Panik mich wieder mal überkam...
Wieso ich dir das erzähle? Damit du siehst, dass ich sehr gut verstehe, wie diese Angst sich anfühlt...
Für mich war die Angst um ihn wirklich die krasseste von allen, die Angst, die mich mein ganzes Leben lang quälte, zumal es eine war, gegen die es keine vernünftigen Argumente gab, da es ja nunmal eine Tatsache ist, dass er eines Tages sterben würde - ich hoffte immer, dass ich vor ihm sterben würde, aber er meinte, das wäre eigentlich egoistisch und vor allem nicht richtig, denn Eltern sollten nicht ihre Kinder überleben müssen und es ist nunmal der Lauf der Dinge, es ist so, wie es sein muss (das war kein wirklicher Trost für mich, aber ich wollte ihm nicht antun, mich beerdigen zu müssen, das hielt mich oft davon ab, mir was anzutun, wenn ich mal wieder an dem Punkt war...)
Naja, das alles hilft dir gerade sicherlich nicht viel, ist mir klar, und ich fürchte, gegen diese Angst gibt es einfach keine echte Hilfe, denn sie ist leider nicht irrational, bedauerlicherweise
Klingt banal und sinnlos irgendwie, aber der einzige Weg ist tatsächlich, sie irgendwie einfach auszuhalten, gerade jetzt, wo er wirklich krank ist und dich braucht!
Als mein Vater letztes Jahr an Krebs erkrankte und schnell klar war, dass es keine Rettung geben wird und er in kurzer Zeit wirklich sterben würde, geschah etwas merkwürdiges in mir... Trotzdessen dies der Moment war, vor dem ich 30 Jahre lang panische Angst hatte, fand ich plötzlich eine innere Stärke, die es mir erlaubte, ihm die letzten Wochen so beizustehen, dass ich nicht permanent bei ihm heulte, sondern ihm das Gefühl geben konnte, dass es ok ist und ich klar kommen werde, das war wichtig für ihn, da er ja meine Angst kannte...
Sein Tod ist jetzt etwas über ein Jahr her, naja und irgendwie lebe ich noch - auch wenn ich es oft gar nicht verstehe...
Was ich damit sagen möchte?
Ich hoffe sehr, dass dein Vater den Krebs besiegen kann, aber so oder so wird er dich brauchen, und du kannst versuchen, aus Liebe zu ihm die Angst - wenigstens vorübergehend - einzuschließen, auch wenn das momentan unvorstellbar erscheint, aber die Kraft dazu kannst du aus deiner Liebe zu ihm schöpfen, und damit tust du das Beste für ihn, was du kannst...
LG
10.09.2018 03:29 •
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