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Hallo,

leider ist die Beziehung zwischen mir und meinem Vater stark zerrüttet (mittlerweile kurz vor dem Kontaktabbruch). Wir haben seit ich als Kind denken kann immer massive Konflikte, selbst zu den kleinsten Themen. Mittlerweile bin ich über 30 Jahre alt und es ist leider nicht besser geworden, auch wenn wir uns natürlich seltener sehen. Wir lieben uns sicher beide, aber sind im Alltagsumgang mittlerweile fast schon verfeindet. Die Situation kostet mich wahnsinnig viel Kraft. Auch wenn wir uns nicht sehen, belastet mich die Erinnerung bzw. die Wut auf seine Handlungen, seinen Umgang und seine Art.

Ich versuche daher aktuell, die Charaktereigenschaften meines Vaters einzuordnen und würde hier eure Unterstützung benötigen. Ist es Narzissmus meines Vaters, gegen den ich mich seit 30 Jahren zu wehr setze? Egozentrik? Oder ist er doch ganz normal und es liegt an mir?

Generelles zu meinem Vater:
- Intelligenter Mensch, studiert mit Doktor-Titel
- Seit 20 Jahren Frührentner auf Grund Erkrankung
- Vor Erkrankung ehrgeizig und wohl auch materiell eingestellt. Seit Frührente Materialismus sehr abgeneigt
- Sehr naturverbunden

Positives zu meinem Vater:
- Grosser Freundeskreis
- Humorvoll, wohl auch charmant
- Hat mit mir als Kind viel unternommen, in die Natur gegangen, in Urlaube gefahren etc.
- Hat mich immer finanziell und mit seinen Fähigkeiten unterstützt
- Hat die Familie trotz seiner Erkrankung gut durchgebracht
- Bin überzeugt davon, dass er mich liebt und seine Hand für mich abhaken würde

Negatives zu meinem Vater:
- Hat immer sehr spezielle Ansichten und Sondermeinungen. Mainstream ist ein Schimpfwort für ihn
- Dennoch sehr von seiner eigenen Einschätzung überzeugt. Trotz fehlender Erfahrung in Themen recherchiert er nicht oder holt Expertenrat ein - sondern vertraut völlig seinem Bauchgefühl. (U.a. sind dadurch viele sachliche Fehler entstanden, die zu Konflikten zwischen uns geführt haben)
- Ignoriert innerhalb der Familie andere Meinungen. Ich komme zu ihm gar nicht erst durch, egal wie sinnvoll meine Ansichten sind. Er zeigt mir schon durch seine Körperhaltung, dass er mir erst gar nicht zuhören möchte
- Hat in meiner Kindheit/Jugend Konflikte immer maximal eskalieren lassen. Je stärker ich etwas wollte, desto stärker hat er es abgelehnt / dagegen gekämpft (sofern er anderer Ansicht war). Nachgeben oder Milde kenne ich nicht von ihm
- Ich glaube man kann behaupten, dass er mir aus Prinzip immer Kontra gibt, egal was ich sage
- Nicht kritikfähig. Kann aus Fehlern keine Konsequenzen ziehen oder offen und ehrlich über die Fehler sprechen
- Hat innerhalb der Familie weitere Konflikte. Hat zu engster Verwandtschaft teils seit Jahrzehnten keinen Kontakt mehr. Mit meiner Mutter ist er auch geschieden. Dafür wie gesagt grosser Freundeskreis
- Emotionaler Stein. Kann auch nicht über sein Inneres sprechen

Dies alles führt dazu, dass ich zwar einen Vater habe, der mich sicherlich liebt und der auf der sachlichen Ebene immer viel für mich getan hat, aber zu dem ich mittlerweile eine Art Verbitterung/Frustration aufgebaut habe.

Daher meine Frage als ersten Schritt: Wie kann man meinen Vater als Typ Mensch aus Sicht der Psychologie einordnen?

Danke!

24.02.2023 15:28 • 24.02.2023 x 2 #1


1 Antwort ↓

Dein Vater scheint innerlich sehr unsicher zu sein und hat sich „verschanzt“. Am besten gestehst du es ihm zu und versuchst gar nicht mehr, es zu ändern. Ich habe einen ähnlichen Vater, aber noch viel schlimmer, denn da ist überhaupt keine Liebe, er ist zu 100 Prozent menschlich/psychisch „kaputt“ und extrem negativ und verletzend. Ich weiß nicht, ob es Dir helfen kann: entscheide Dich dazu, ihn so zu lassen wie er ist und ihm seinen „Schutz“ zuzugestehen. Kommuniziere nur noch ganz unverfängliche Themen und stelle die Liebe in den Vordergrund. Lobe seine Kraft, alles durchgestanden und Eure Familie durchgebracht zu haben. Das ist eine unglaubliche Leistung und verdient, ausgesprochen und anerkannt zu werden. Er muss es mit eigenen Ohren hören. Je mehr Du Deinen Vater, so wie er jetzt nun einmal ist (unerträglich), lässt und ihm Anerkennung zeigst, desto ruhiger wird diese Beziehung ganz von selbst werden. Erinnere Dich mit ihm an Schönes aus der Vergangenheit, bejahe seine positiven Äußerungen und schweige bei den negativen, einfach schweigen. Ich habe meinem Vater vor vielen Jahren verziehen, es war sehr schwer für mich und dauerte auch viele Jahre. Auf seine Tiraden reagiere ich seitdem nicht mehr und rede manchmal mit ihm wie mit einem kleinen Kind, höre verständnisvoll zu und lobe, wenn er etwas gut gemacht hat. Die Auswirkung auf unsere Kommunikation war erstaunlich positiv.
Deine eigene Verbitterung über Deinen Vater löst Du Durch Verzeihen auf, es ist nicht einfach, aber es ist der einzige Weg. Wenn Du ihm verzeihst, heißt das nicht, dass Du sein Verhalten billigst. Es heißt, dass Du nicht mehr darauf reagieren musst, Du befreist Dich von dem negativen Muster.
Liebe Grüße




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