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Hallo zusammen,

ich hatte früher mit meinen Eltern immer ein sehr gutes Verhältnis, haben oft telefoniert und uns mindestens einmal pro Woche getroffen. Zu dem Zeitpunkt habe ich aber noch studiert, hatte also viel mehr Freizeit als jetzt.

Mittlerweile bin ich 31 Jahre alt, arbeite als Zahnärztin und habe vor 1,5 Jahren die Möglichkeit von meinem Arbeitgeber bekommen, dass ich promovieren kann, also mache jetzt noch meinen Doktortitel. Die Promotion läuft nebenberuflich, gehe also weiterhin normal in Vollzeit arbeiten. Die Freizeit bleibt dabei natürlich weitestgehend auf der Strecke. Meine Freunde haben dafür Verständnis, unterstützten mich so gut es geht und niemand ist mir böse, wenn ich mich mal wochenlang nicht melde.

Komplett anders reagieren leider meine Eltern. Gerade in den Planungsphasen der Promotion habe ich keine Zeit um mit ihnen zu telefonieren oder zu verabreden. Sobald ich dann sage, dass ich jetzt wieder eine stressige Phase habe und dafür meine Ruhe brauche, entsteht jedes Mal ein riesiges Drama. Insbesondere wenn ich auch mehrfach hintereinander ein Telefonat oder Treffen ablehne, weil ich einfach beschäftigt bin.

Meine Eltern werfen mir dann vor, dass das alles nur Ausreden sind und ich meine Familie bewusst nicht sehen möchte. Mir werden ellenlange WhatsApp Nachrichten geschrieben, dass man für seine Familie immer Zeit haben kann. Aber dafür müsse ich eben meine Prioritäten anpassen. Und was meine Eltern mir denn getan hätten, dass ich sie nicht mehr sehen möchte. Letzte Woche habe ich beispielsweise auch wieder gesagt, dass ich keine Zeit zum Telefonieren habe. Eine Stunde später hatte ich von meiner Mutter 15 Anrufe in Abwesenheit, weil sie sich ja wegen meinem Verhalten sorgen machen würde und es so nicht weitergehen kann.

Ich habe natürlich schon etliche Male erklärt, dass ich nichts gegen meine Familie habe und sie auch weiterhin gerne sehen würde - aber mir in manchen Phasen einfach die Zeit fehlt.
Das interessiert aber niemanden. Stattdessen bekomme ich Ratschläge, dass ich einfach eine paar Seiten weniger in meiner Doktorarbeit schreiben solle - würde ja bestimmt auch zum Bestehen reichen und parallel hätte ich mehr Zeit für die Familie. Oder, dass ich halt mal nicht an der Besprechung mit meinem Professor teilnehmen soll. Er wird mich ja wohl nicht gleich von der Uni werfen. Sowas ist natürlich keinerlei Unterstützung für mich.

Mich belastet die ganze Thematik psychisch immer mehr. Ich werde jedes Mal dadurch komplett abgelenkt und verliere den Fokus auf Arbeit + Uni. Außerdem fördert das ja auch nicht das Verhältnis zu meinen Eltern. Mittlerweile überlege ich mir schon, ob ich zukünftig überhaupt noch großartig Zeit mit ihnen verbringen möchte - auch außerhalb stressiger Phasen.

Habt ihr da irgendwelche Ratschläge? Ich habe ja schon etliche Male meinen Standpunkt und meine Situation erklärt, aber das findet ja keinerlei Verständnis. Daher weiß ich nicht, wie ich auf solche Situationen noch reagieren soll.

05.10.2022 07:56 • 06.10.2022 x 2 #1


8 Antworten ↓


Hi,

Puh. Das ist echt belastend. Und du hast ja schon versucht es ihnen zu erklären. Aber sie verstehen es nicht.

Die Ratschläge mit: mach doch Mal so. Oder dann gehst du da Mal eben nicht hin. Finde ich schwachsinnig. Eigentlich sollten sie sich doch für dich freuen. Stolz auf dich sein, oder?

Wünscht du dir das auch manchmal? Das sie keine Kritik äußern, sondern einfach Mal sagen: Hey, wir finden das toll, was du da machst.
Ich befürchte das du da nicht mehr so viele Möglichkeiten hast.

Ich verstehe zwar auch deine Eltern. Sie vermissen dich. Allerdings ist es ja nicht so, dass du ständig mit irgendjemandem unterwegs bist. Und dadurch keine Zeit für sie hast. Dann wäre der Satz angebracht, dass man für die Familie wohl immer Zeit haben sollte. Aber so ist es ja nicht.

Eine Idee wäre vielleicht, dass du, wenn sie telefonieren wollen, dass du kurz eine Sprachnachricht schickst. Wie es dir geht. Was neues ansteht. Und dann fragst wie es ihnen geht.

Ich denke dadurch werden sie ihren Standpunkt und ihre Argumente nicht ändern. Aber vielleicht wäre das ein Kompromiss. Dann bist du nicht für längere Zeit an dem Telefon gebunden und kannst so in der Zeit nichts anderes tun. Und sie hören Mal deine Stimme.

Falls du das nicht schonmal ausprobiert hast.

Ansonsten würde ich dir noch ans Herz legen, auch Mal eine Pause zu machen. Mal am Wochenende. Oder so. Auch, wenn es nur für ne Stunde ist. Dann Mal raus zu gehen. Und so die Zeit mit der Familie zuverbringen. Vielleicht machen sie sich ja auch sorgen. Wenn du so viel am machen und tun bist. Ne kurze Auszeit würde da vermutlich Mal gut tun. Oder einfach Mal zusammen kochen. Oder zusammen essen. Das du dann auch noch an was anderes denken kannst außer an die Arbeit und co.

Kann aber auch verstehen, wenn du so viel zu tun hast. Ist ja auch viel. Das noch parallel neben dem Job zu machen.
Oder vielleicht haben sie keine Vorstellung davon wie viel du da machen musst. Haben keine Vorstellung welche Leistungen da von einem erwartet werden. Vielleicht fehlt ihnen deswegen das Verständnis.

A


Fehlendes Verständnis der Familie

x 3


@Dental1991 erstmal herzlichen Glückwunsch zu dieser Chance und deiner Leistung. Ich wünsche dir, dass du all das erreichen wirst, was du dir wünschst.
Nun zu deiner Frage: zu einem ganz kleinen Teil kann ich deine Eltern verstehen. Sie fühlen sich aus deinem Leben aktuell verstoßen. Natürlich kannst du dich nicht zweiteilen und musst die Prioritäten auf deine Doktorarbeit setzen, da das eine einmalige Chance und wahrscheinlich dein Traum ist. Da kann man dann auch nicht ein paar Seiten weniger schreiben. Versuch die Reaktion deiner Familie nicht übel zu nehmen, sondern sieh es so, dass sie dich einfach lieben und gerne um dich haben wollen.
Du sagst selber, dass du teilweise so abgelenkt bist durch deine Gedanken, die durch die Vorwürfe entstehen. Gibt es denn nicht die Möglichkeit einen Kompromiss mit deinen Eltern zu finden? Hast du wirklich nicht alle 4-5 Tage für 15 Minuten Zeit mal mit ihnen zu telefonieren, euch gegenseitig ein Update vom Leben zu geben? Deine Eltern sind dann vielleicht beruhigt, dein Gewissen ist beruhigter und ihr geht einen Schritt aufeinander zu. Ich meine es nicht böse, aber man hat seine Eltern leider nicht für immer und deine scheinen dich echt zu lieben. Ich hoffe, ihr findet einen Weg, der für euch alle passt.
Alles Gute dir

Hallo Dental1991,

ist es eine Option, einen Brief zu schreiben, in dem du einfach mal deine Gedanken und Gefühle niederschreibst und deinen Eltern schickst? Du könntest dort klarmachen, wie belastend es ist und das du bis auf weiteres den Kontakt einstellst bzw. ruhigstellst und zwar bis DU dich meldest und nicht sie. Dann solltest du sie auch auf deinem Telefon über WhatsAPP blockieren oder einfach stummschalten und Lesebestätigung aus.

Ich verstehe auch, dass deine Familie dich gerne sehen möchte, aber du musst auch an dich denken und wenn du Abstand brauchst, dann fordere ihn auch ein. Vielleicht macht ihr einfach ein Treffen vorher aus oder du bietest an, von dir aus dich an einem bestimmten Tag zu melden oder einmal im Monat (oder wie auch immer du das handhaben möchtest).

Danke für eure lieben Worte.

Ich erwarte von meinen Eltern nicht mal, dass sie sagen, dass sie stolz auf mich sind. Aber mir fehlt einfach die Unterstützung. Es wäre schön, wenn sie sagen würden, dass ich mich für die nächsten paar Wochen in Ruhe auf meine Uni konzentrieren soll und der Doktortitel nun mal Priorität hat. So wie ich es von meinen Freunden gewohnt bin.

Aber mir kommt es so vor, als würden sie meine Situation gar nicht verstehen wollen.

Und natürlich kann ich mir irgendwie am Wochenende mal 2 - 3 Stunden Zeit freischaufeln, wenn ich unter der Woche mein Pensum erhöhe. Aber das sind mit meinen Eltern dann auch keine entspannten Treffen, sondern ich kann mir nur irgendwelche Ratschläge und Vorwürfe anhören. So etwas brauche ich in meiner eigentlichen Entspannungszeit auch nicht.
Und dabei sehe ich noch eine Gefahr. Wenn ich nach den etlichen Nachrichten und Anrufen vorbeikomme, merken meine Eltern auch, dass ich bei dem ganzen emotionalen Druck irgendwann nachgebe. Somit wird der emotionale Druck in Zukunft auch immer weiter erhöht, bis ich vorbeikomme oder anrufe.

Daher würde ich lieber von mir aus auf meine Eltern zukommen und sage, dass ich beispielsweise dann und dann Zeit habe. Aber das ist ja unter den aktuellen Umständen unvorstellbar.

Ein Brief schreiben wäre vielleicht auch nochmal eine Option, aber ich sehe da wenig Hoffnung. Ich habe alles ja auch etliche Male persönlich erklärt. Und die Promotion läuft ja mittlerweile seit 1,5 Jahren. In der Zeit habe ich so oft schon das Gespräch gesucht.

@Dental1991 kann ich gut verstehen. Ich bin selber aktuell sehr abgenervt von Menschen, die nicht akzeptieren, dass man einfach mal Zeit für sich braucht. Gut, bei dir sind das jetzt Wochen/Monate. Deshalb dachte ich, dass zwischendurch ein Anruf evtl schon helfen würde. Aber eigentlich sollte man deine Wünsche akzeptieren und respektieren. Vorallem wenn du sagst, dass sie den Druck dann noch mehr erhöhen würden. Du bist ein erwachsener Mensch. Vielleicht helfen dann wirklich nur ganz klare Worte, nach dem Motto : entweder ihr gebt mir jetzt die Zeit, die ich brauche, oder ich werde mich vorerst wirklich gar nicht mehr bei euch melden, um mich nicht komplett ablenken zu lassen. Dieses Verhalten stößt dich ja eigentlich nur noch mehr von ihnen weg, was ich absolut verstehe.

Willkommen Dentistin ,

Zitat von Dental1991:
Wenn ich nach den etlichen Nachrichten und Anrufen vorbeikomme, merken meine Eltern auch, dass ich bei dem ganzen emotionalen Druck irgendwann nachgebe. Somit wird der emotionale Druck in Zukunft auch immer weiter erhöht, bis ich vorbeikomme oder anrufe.

Gut erkannt!

Zitat von Dental1991:
Ich habe natürlich schon etliche Male erklärt, dass ich nichts gegen meine Familie habe und sie auch weiterhin gerne sehen würde - aber mir in manchen Phasen einfach die Zeit fehlt.

Ich würde ihnen eher erklären, dass sich Deine Neigung, sie gerne zu sehen, deutlich abkühlen würde, wenn sich ihr Verhalten nicht ändert.

Zitat von Dental1991:
Meine Eltern werfen mir dann vor, dass das alles nur Ausreden sind und ich meine Familie bewusst nicht sehen möchte. Mir werden ellenlange WhatsApp Nachrichten geschrieben, dass man für seine Familie immer Zeit haben kann.

Kann, aber nicht muss...

Zitat von Dental1991:
Meine Eltern werfen mir dann vor, dass das alles nur Ausreden sind und ich meine Familie bewusst nicht sehen möchte.

Vielleicht Bildungsneid?

Zitat von Dental1991:
Meine Freunde haben dafür Verständnis, unterstützten mich so gut es geht und niemand ist mir böse, wenn ich mich mal wochenlang nicht melde. Komplett anders reagieren leider meine Eltern.

Weil die Freunde wohl noch mehr im Leben haben, als Dich...

Ich kenne Deine Situation aus meinem früheren Leben - zwar nicht ganz so krass, aber doch auch ziemlich unterschwellig. Mein Spruch war dann immer: Ich tue das für mich, nicht gegen Euch. Dann war Ruhe...

Wir hier im Forum müssen mehr oder weniger alle lernen, dass wir den Fokus auf uns selbst richten und erkennen, was für uns wichtig ist und andere Menschen, deren Meinungen erst an 2. Stelle kommen. Heisst, es geht darum, dass, egal was andere denken oder sagen, wir wissen sollten, was Priorität hat. Und dann auch bereit sein, die Konsequenzen aus unserem Handeln zu tragen.

Ich denke aber, dass es mehr um gegenseitige Wertschätzung geht. Du fühlst sie nicht, da deren Druck dich triggert: Töchterchen hat zu gehorchen, obwohl die Tochter zwischenzeitlich ihren Doktor macht. Sind echt Welten, die hier aufeinandertreffen.

Ich persönlich suche bei solch schwierigen familiären Problemen nach meiner eigenen Befindlichkeit. Weiss ich die, überlege ich meine Handlung und Vorgehensweise.
Dann suche ich das Gespräch und anschließend treffe ich meine Entscheidung.

@Dental1991

Okay. Das ist doof. Dann würde ich das auch nicht machen, wenn dann nur Vorwürfe kommen. Und klar, dann denken sie du gibst irgendwann nach. Und wenden diese Methode erst Recht an. Dann würde ich tatsächlich zu der Methode greifen, die hier irgendjemand schon geschrieben hat. Eine klare Ansage machen. Das sie dir entweder Zeit geben und warten bis du dich meldest. Oder du meldest dich erstmal gar nicht mehr. Es kann passieren, dass sie dann bockig sind. Und dich blockieren. Oder dir alle Wege versperren damit du dich melden kannst. Und vielleicht ist das dann auch seelischer Stress für dich. Weil du dich dann schuldig fühlst. Oder aber auch nicht. Keine Ahnung.. Jeder ist ja anders. Die einen stehen darüber und denken sich: was soll's. Ich hab oft genug das Gespräch gesucht und erklärt was Phase ist. Und die anderen suchen Fehler bei sich selbst. Und denken: ich bin schuld das es gerade so ist. Je nach dem zu welchen Typ du gehörst ist es entweder eine gute Idee eine doofe Idee.




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