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Liebe Mitglieder,

nachdem ich mir praktisch die letzten 5 Jahre den Kopf zerbreche und irgendwie nicht mehr klarkomme und keine Lösung finde, nun die Schilderung des Problems bzw. der Sachlage hier in der Hoffnung, dass mir die oder der ein oder andere einen Rat hat, ich bin am Verzweifeln... aber hier mal ein kleiner Abriss:

2010 - Das Jahr der Veränderung
Mein Vater ist Jahrgang '55, zum damaligen Zeitpunkt hat er gerade seinen 55sten gefeiert, war angestellt als Lehrer an einer Privatschule, verheiratet mit meiner Mutter, eigentlich relativ gesund (Diabetiker) und geistig top drauf, hat aber leider schon damals sehr viel geraucht und an manchen Abenden auch zuviel getrunken. Zwar ohne merkliche Schäden aber man wusste nie so richtig ob und was sich da im Inneren abspielt, weil er Ärzte immer gemieden hat (nach dem Motto Selbstgenesung!). Im besagten Jahr kam dann der große Knall Hirnschlag. Nachdem er verwirrt und sprachlos aus dem Keller in die Wohnung kam sofort geschalten, Notärzte angerufen und ab ins Krankenhaus. Die Diagnose war eindeutig und zum damaligen Zeitpunkt dachten wir Okay, Pflegefall!. Da seine Arbeit damals auf Honorarbasis lief war automatisch auch klar, dass wir uns vom Eigenheim trennen, da keine Rücklagen vorhanden waren und mein Vater kein Gehalt mehr bezogen hat, 2 Monate später wurde die Zwangsversteigerung eingeleitet und meine Mutter hat sich getrennt (wobei das nichts mit der Erkrankung zu tun hatte). Die Genesung von meinem Dad lief erfolgreich, wenn auch nicht zu 100%, aber das kann man nach einem Schlaganfall der Härte nicht erwarten.

Die folgenden 5 Jahre
Nach seiner Reha hatte er geistig wieder eine relativ gute Fitness, körperlich hat er abgenommen und im großen und ganzen musste man froh sein, dass alles so gut gegangen ist, hätte schlimmer kommen können. Motorische Einschränkungen gab es keine, aber sprachliche Kleinigkeiten waren immer wieder spürbar, je nach Tagesform. Leider hat sich mein Vater nicht wirklich an die Vorgaben von Ärzten gehalten, mit Ausnahme vom Rauchen wurde wieder getrunken, zu zuckerig gegessen und im Laufe der kommenden Jahre, in denen er dann auch alleine gewohnt hat, hat sich der Zustand Woche für Woche verschlechtert. Er hat selten Arztbesuche wahrgenommen, hat sich nicht an einen Essensplan gehalten, keine Aktivitäten unternommen und sich sehr gehen lassen. Ich habe in dieser Zeit - so gut das möglich war - immer veruscht, meinen Vater zu mir zum Essen einzuladen um wenigstens etwas Einfluss zu haben, habe auch versucht, regelmäßig bei ihm zu Hause nach dem rechten zu sehen, aber im Endeffekt ist das etwas, was ich alleine nie schultern konnte. Das Angebot einer Putzfrau oder der Sozialstation hat er immer ausgeschlagen, ich denke, dass das eine Sache der Ehrenkäsigkeit war und er sich sowieso nie was von anderen sagen hat lassen, so ist er immer gewesen und auch heute noch.

Der aktuelle Stand
Ich habe vor anderthalb Wochen bemerkt, dass die Aussprache, die Zusammenhänge und die Wortwahl beim Sprechen und Verstehen extrem schlecht wurden, meine Oma hat mir dann erzählt, dass mein Vater wohl vor zwei Wochen bei ihr geparkt hat und gesagt hat er kann nicht weiterfahren er sieht nichts mehr. Wäre natürlich gut gewesen für mich das zu wissen, denn der Verdacht liegt nahe, dass es sich um einen weiteren Schlaganfall gehandelt hat - aber Zeit verstrichen. Nun war ich heute mit ihm beim Arzt, Überweisung auf Montag ins Krankenhaus zum Gehirn-CT und zum ausführlichen Blutcheck, weil auch der Langzeit-Zuckerwert alles andere als rosig ist. Innerhalb der 3 Tage im Krankenhaus wird dann geschaut wie der aktuelle Stand der Dinge ist und wie es weitergeht.

Probleme, mit denen ich Kämpfe
Dinge, die mir im Moment im Kopf rumgehen, sind zahlreich, ich bin ein Einzelkind, meine Mutter ist völlig überfordert mit der Situation und seine Geschwister sind der Meinung, es sei nicht ihr Problem - im Endeffekt hängts an mir, nicht dass das ein Problem ist, er ist ja mein Vater, aber ich weiß einfach nicht wo ich anfangen soll. Zum einen wäre es wichtig, dass jemand bei ihm regelmäßig zuhause nach dem Rechten sieht, d.h. vllt. eine Haushaltskraft, die einmal in der Woche durchwischt und zum anderen eine Sozialstation wo kontrolliert, dass er seine Medikamente richtig einnimmt und seine Spritzen für die Diabetis auch nimmt (ich kann das nicht, geht schon allein beruflich nicht). Das Problem hierbei ist, dass er sich aber total gegen sowas sträubt und das nicht will. Zum anderen ist meiner Meinung auch das Problem dass er alleine wohnt und kaum Beschäftigung hat, die sein Gehirn und seinen Körper trainieren. Mittlerweile hat er Probleme, sich über eine halbe Stunde zu konzentrieren und kommt dahergelaufen wie ein 80-jähriger mit Arthrose. Das sind Sachen, die meiner Meinung nach nicht irreperabel geschädigt sind, die man trainieren kann aber - wie?! Wie kann ich meinen Vater wieder ins Leben einbinden?

Fragen über Fragen
Ich bin sehr gespannt, was ihr für Ideen habt und hoffe auf Hilfe in irgendeiner Form, derzeit bin ich damit echt am Boden...

Besten Dank,
viele Grüße

19.03.2015 19:33 • 30.06.2015 #1


5 Antworten ↓


Oh je! Da lief mir beim Lesen eine Gänsehaut runter.

Gut, erstmal die Fakten:
Hat dein Vater eine Pflegestufe? Wenn nicht, sofort beantragen! Von dem Geld kann eine Haushaltshilfe und ggf. ein Pflegedienst bezahlt werden. Erkundige dich mal bei Caritas, Diakonie und Krankenkasse, welche Möglichkeiten du hast.
Wenn er partout nicht will, kannst du nicht viel ändern. Ich vermute aus deinen Erzählungen eine Demenzerkrankung. Lass ihn mal eine Uhr mit Ziffernblatt malen. Wenn er das nicht hinbekommt, ist das ein Indiz. Demenzkranke zicken gerne.
Gibt es eine Vorsorgevollmacht? Patientenverfügung?

Jetzt das emotionale. Ich habe 25 Jahre meine Mutter bis zu ihrem Tod gepflegt. Und ich bin auch Einzelkind. Wie auch immer - Familie, Beruf und Eltern habe ich immer irgendwie unter einen Hut bekommen. Ich muss dazu sagen, dass mein Ex-Mann mich immer unterstützt hat. Es ist kein Zuckerschlecken und du wirst dich nicht rauswinden können. Aber Hilfe gibt es genug. Du musst nur wissen, wie und wo.

Ich bin heute alleinerziehend und kümmere mich um meinen fast blinden Vater. Er ist ein Eigenbrötler und wittert überall einen Hinterhalt. Mit Humor, Liebe und Geduld geht das alles und ich möchte trotz des ganzen Stresses keinen Moment missen. Denn nach dem Tod meiner Mutter habe ich gemerkt, dass es schnell gegen kann und man die Zeit genießen soll. Und das tue ich heute und ich verzichte gerne. Denn mein Vater gibt mir auch viel. Geschichten von früher und er ist halt immer noch Papa.

Nichtsdestotrotz brauchst du jetzt viel Kraft. Und die wünsche ich dir. Meld dich gerne, wenn was ist. Ich hoffe, ich konnte dir Mut machen, alles ruhiger zu sehen. Im Krankenhaus ist er erstmal gut aufgehoben und du kannst dann in Ruhe einiges regeln. Warte die Ergebnisse ab und handle dann. Sich Gedanken um ungelegte Eier zu machen, ist sinnlos. Es reisst dich runter und wenn du nervös bist, ist es dein Papa auch.

Kopf hoch! Und wie gesagt, melde dich!
LG, Anschana

A


Erkrankung des Vaters - was kann ich jetzt tun?

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Gibt es vielleicht eine Möglichkeit, dass er eine gesetzliche Betreuung bekommt? Dann hättest Du noch jemand anderes im Boot und hättest nicht die alleinige Verantwortung.
Wenn er sich nicht mehr gut allein versorgen kann / sich selber schadet, hast Du vielleicht gute Chancen.

Hallo zusammen, vielen Dank für eure Antworten und entschuldigt bitte meine späte Rückmeldung, durch den ganzen Stress und zusätzliche Beschäftigung im Geschäft musste ich erstmal einiges sortieren. Nun zu euren Antworten:

Eine gesetzliche Betreuung
hat er keine, das Problem ist vorallem auch dass er ja sowas garnicht will. Dadurch dass er immer noch selber zu 100% entscheiden kann, könnte ich ihm das nicht einmal aufzwingen. Zwar bin ich der Meinung, dass er anhand seiner wohnlichen Situation (im Müll und Schimmel) und seiner Zuckerwerte (momentan im Schnitt zwischen 300 und 400 was mehr als schädlich ist) nicht in der Lage ist, sich selber zu versorgen aber das sieht er persönlich natürlich ganz anders. Was kann ich da tun?

Eine Pflegestufe hat mein Vater nicht,
auch aus dem Grund weil er das nicht will und sich wehement wehrt sich helfen zu lassen. Für ihn ist es nicht vorstellbar, dass er sich nach einer anderen Person richten muss und dass es jemand gibt, der sich um ihn kümmert. Dass er am Tag Zeiten einhalten muss, an denen jemand zu ihm kommt, sich um die Zuckerwerte kümmert, ihm vielleicht das Essen bringt, Dinge mit denen einem eine Sozialstation unheimlich weiterhelfen könnte. Und genau das ist das Hauptproblem an der ganzen Sache.

Mein Vater ist nicht entmündigt, kann selber tun, machen und entscheiden, wie er will und er wehrt sich gegen sämtliche Hilfen, ist aber selber nicht in der Lage, das selbst zu regeln (wie man mehr als deutlich sieht)

Zitat:
s ist kein Zuckerschlecken und du wirst dich nicht rauswinden können. Aber Hilfe gibt es genug. Du musst nur wissen, wie und wo.

Vielleicht seh ich im Moment den Wald vor lauter Bäumen nicht, aber an Hilfe mangelt es mir im Moment im familiären Umfeld meiner Meinung nach schon.

Kurz etwas zum aktuellen Stand
Im Krankenhaus wurde er zwar sauber eingestellt, was seine Diabetis angeht, das hat aber nichtmal eine Woche zuhause gehalten und wir haben jetzt noch einen schlechteren Zustand als davor. Letztes Wochenende lagen die Zuckerwerte bei 600, ich wollte mit ihm sofort zum Arzt und er hat abgeblockt. Mit der Androhung des Notarztes hat er gesagt er fährt dann einfach weg... das war eine völlig absurde Situation...

Meiner Meinung nach bräuchte er einfach eine Kontrolle, die einmal am Tag kommt und nach der Diabetis schaut und noch besser einen Sozialdienst, der ihm täglich das Essen bringt, das er auch essen darf.

Bin im Moment mit meinem Latein am Ende und weiß absolut nicht an wen ich mich wenden kann und was ich für meinen Vater tun kann. Vielen Dank fürs Lesen euch alllen...

Hi,

ganz vertrackte Situation, zumal es sich um den eigenen Vater handelt.

Auf der einen Seite ganz klar: wenn er nicht will und sonst bei klarem Verstand, dann ist das sein gutes Recht. Ob man sich da unterlassener Hikfeleistung schuldig macht, wenn man dich nicht mehr kümmert?

Auf der anderen Seite: Schlimme Zustände in der Wohnung, gesundheitliche Beeinträchtigung, etc.

Hast du schon einmal zu einem Pflegedienst Kontakt aufgenommen? Wir haben hier im Ort einen richtig Guten, der auch rechtlich einiges regelt. Bin da sehr zufrieden mit meinem Papa.

Was sagen denn die Ärzte generell zu der Verfassung? Evtl. Demenz? Betreutes Wohnen möglich? Was sagt die Krankenkasse? Ich glaube, du kannst ohne ihn die Pflege beantragen und dann kommt ja der MDK zur Begutachtung...

Im ganz krassen Notfall kann wohl das Ordnungsamt einschreiten und ihn sogar einweisen/entmündigen...? Bin mir nicht sicher. Das ist aber auch ein Schritt, den man sich sparen möchte.

Ach, das ist in deinem Fall ja richtig krass. Bin ich froh, dass mein Papa da so kooperativ ist.

Ich wünsch dir viel Kraft und gute Lösungen für alle Beteiligten
Anschana

Schwierige Situation. Mein eigener Vater ist 77 und zum Glück momentan gesundheitlich einigermaßen stabil. Aber manche Sachen kriegt er auch nicht mehr so richtig hin. Das ist dann immer eine Gratwanderung zwischen Bevormundung und zu wenig kümmern. Im letzten Sommer hatten wir auch mal die Situation, dass er eigentlich Hilfe gebraucht hätte, während wir ein paar Tage im Urlaub waren. Das hat er natürlich kategorisch abgelehnt und ich bin mit wirklich schlechtem Gefühl weggefahren. Zum Glück ist alles gut gegangen. Aber da war auch die Hemmschwelle zu groß, dass eine fremde Person ins Haus kommt.

Aber bei deinem Vater ist es ja ganz offenbar so, dass er sein Leben riskiert. Die Zuckerwerte sind viel zu hoch, das kann doch auf Dauer nicht gut gehen nehme ich an. Kannst du ihm nicht wenigstens Essen auf Rädern näher bringen? Vielleicht mal probeweise für eine Woche bestellen, möglicherweise findet er es ja am Ende ganz gut, wenn er täglich frisch gekochtes Essen bekommt. Wir haben bei uns ein Seniorenheim, die bringen auch Essen nach Hause und das soll wohl wirklich sehr lecker und abwechslungsreich sein.

Bei meinem Vater ist es so, dass es ihm leichter fällt, Hilfe von mir oder meinem Mann anzunehmen, als von einer fremden Person. Und das war schon schlimm genug für ihn. Hast du eine Möglichkeit, vielleicht selbst täglich nach ihm zu schauen, Zucker zu messen und ihm die Medikamente für den Tag zu richten?

Die Situation ist doch momentan offenbar so, dass er nicht in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen. Er bringt sich in Lebensgefahr durch den nicht eingestellten Diabetes und lebt in Schimmel und Müll. Du könntest also durchaus beim Amtsgericht die Betreuung anregen, dann würde das von Amts wegen geprüft werden. Eine Betreuung kann ja auf verschiedene Bereiche begrenzt werden, das heißt ja nicht dass er komplett entmündigt wird. Wenn er das noch kann, kann er z. B. weiterhin seine finanziellen Angelegenheiten selbst regeln. Es geht doch darum, ihn zu schützen, auch wenn er das vermutlich anderes sehen wird. Wenn ich in deiner Situation wäre, würde ich ihn vor die Wahl stellen: entweder Essen auf Rädern, eine Putzfrau die regelmäßig kommt und stabile Zuckerwerte oder du musst dich an die zuständigen Ämter wenden.

Anschanas Gedanken mit der Demenz hatte ich auch schon. Das Leben im Müll deutet ja schon ein bisschen in die Richtung. Informiere dich doch mal über die ersten Anzeichen, ob das auf deinen Vater passt.

Ich wünsche dir, dass du die richtigen Entscheidungen triffst. Ich weiß wie schwierig das ist und du bist ja scheinbar auch ganz alleine damit.




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