Zitat von Lucky Luke 1998: Falscher Perfektionismus bringt nichts. Man muss sich ein neues Ziel setzen und die Rückschläge als Lehre ansehen. Ich bin nicht perfekt aber ich habe das Ziel ein besserer Mann zu werden und jeder Schritt den ich auf diesem Weg tue ist der Richtige. Nicht zu sagen: jetzt war ich rückfällig, jetzt kann ich auch gleich aufgeben, sondern: jetzt versuche ich es halt nochmal.
Genau die richtige Einstellung! Mir hilft dabei auch, mir in Erinnerung zu rufen, dass es ein langer Weg hierher war. Damit meine ich nicht, dass der ganze Weg
zurückgegangen werden muss. Nein - ich ändere lediglich meine
jetzige Ausrichtung. Ich bin inzwischen überzeugt, dass die
Ausrichtung entscheidender ist, als die zurückgelegte
Strecke.
Zitat von Lucky Luke 1998: Weil man immer ein Leid gegen ein anderes eintauscht. Das Leiden selbst lässt sich nicht verhindern.
Ganz genau! Doch wenn man mit dem Eintauschen aufhört, bekommt man mehr Einblick in das
Wesen des Leides. Erstmalig das Leid wirklich anzunehmen, bringt soviel Erleichterung. Das Hetzen, das Davonlaufen, das Suchen, das verzweifelte Flüchten in (vermeintliche) Sinnesgenüsse wird weniger. Und irgendwann merkt man, dass die Flucht völlig unnötig war - sie hat uns nur furchtbar gestresst.
Zitat von Lucky Luke 1998: Das andere Werkstück ist aus meiner Sicht, der andere Mensch, der man werden kann. Man kann also entweder seine Triebe und Gelüste für ein kurzes Glück befriedigen oder man kann stolz auf den Menschen sein, der man geworden ist.
Ja, so ähnlich hab ich das gemeint. Fakt ist doch, dass sich nix aber auch gar nix ändert, wenn man immer denselben Sch.. wiederholt. Das ist doch ein erbärmbliches Dahinvegetieren - dem Hinterherlaufen der Karotte an der Schnur vergleichbar, deren Haltstock man selber auf dem Rücken gebunden hat: egal wie schnell wir rennen, wir erwischen sie (den echten Frieden) nie! Wenn wir stattdessen mal
abrupt stehen blieben, wird die Karotte kurz noch ein Stück weiter weg schwingen und dann, direkt, im Mund landen .
Mir ging es eigentlich nie um Stolz (auf mich), sondern um
Zufriedenheit. Also endlich meine Dränge, Süchte und Triebe abzumildern und den ein oder anderen auch mal
endgültig ablegen zu können. Denn letztlich ist es das: was wir uns zulegen, können wir auch wieder ablegen. Es
liegt letzten Endes immer an uns.
Zitat von Lucky Luke 1998: Für mich heißt das zum Beispiel: ich kann mir jetzt schnell einen Por** ansehen und mich nachher schlecht fühlen oder ich kann meine Wohnung wischen und später stolz auf mich sein. (Ist vielleicht nur eine Kleinigkeit aber das Leben besteht aus Kleinigkeiten)
Korrekt - die Kleinigkeiten
sind das Leben nur der Geist baut daraus eine Story, ein Ich, ein Leben...und damit fängt der Schlamassel an. Du wirst lachen - die Wohnung aufzuräumen kann extrem befriedend sein. Diese Hinwendung an das Tun selber lässt einen sich lebendig fühlen. Und irgendwo hab ich mal gelesen, dass man sich danach immer kurz hinsetzen soll um das, was man geschaffen hat, zu genießen. Das fand ich nett und auch tatsächlich sehr beglückend, wenn man es wirklich mal macht.
Zitat von Lucky Luke 1998: Unheilsam ist nur der Tod. Wie du selbst auch schon gesagt hast.
Da muss ich grübeln, wo ich sowas mal geäußert hätte. Ich denke, hier liegt ein Missverständnis vor?!
Zitat von moo: Es ist m. E. nicht nur wichtig, zu fragen, was hinter der Sucht bzw. dem übermäßigen Trieb steht sondern auch, ob das, was da (hoffentlich) ersichtlich wird, überhaupt a) konkret formuliert wurde (und wird) und b) ob es überhaupt angemessen war. Sehr kleine Wahrnehmungsfehler können mitunter enorme Auswirkungen haben. Zum Glück sind sie reversibel bzw. klärbar.
Zitat von Lucky Luke 1998: Diesen Absatz verstehe ich nicht ganz.
OK, sorry - obwohl ich zu viel Text neige, komprimiere ich oft zu sehr meine Botschaften...
Etwas ausführlicher: in jeder Suchttherapie wird anhand der Durchleuchtung des sogenannten Suchtdreiecks nach dem oder den Ursachen für die Suchtentwicklung gesucht. Nicht immer ist das Elternhaus oder überhaupt das soziale Gefüge dafür verantwortlich. Ich persönlich bin der Meinung, dass man gewisse Züge dazu irgendwie mitbringt. Man mag das erblich oder karmisch nennen, egal.
Ich wollte damit andeuten, dass man die Ursachen nicht allzu vorschnell
definieren sollte, denn ich habe gelernt, dass man u. U. sehr lange braucht, um die wahren Ursachen wirklich
erkennen zu
können.
Und andererseits fand ich heraus, dass ich einige Ursachen schon lange (unterbewusst) auf dem Schirm hatte und
diese als Entschuldigung oder Berechtigung nutzte, um meinen Süchten und Trieben weiter zu folgen. Es ist verworren, manchmal und ich kenne eigentlich keinen zufrieden Nüchternen, der diese Einsicht auf die Schnelle gewonnen hat.
Zitat von Lucky Luke 1998: Ich danke dir für die Möglichkeit hier meine Gedanken zu äußern. Jeder Schritt ist ein Stück des Weges, auch wenn er noch so klein sein mag.
Sehr gerne. Denn ich weiß, wie extrem wertvoll das Reden, das Formulieren ist. Auch und gerade das
Schreiben kann für ganz viele Charaktertypen sogar der ultimative Schlüssel sein.
Zitat von Lucky Luke 1998: Ich habe das Ziel ein guter, ehrlicher Mann und später vielleicht Ehemann und Vater zu werden.
Wer das Ziel (die Ausrichtung) hat, ein guter, ehrlicher Mensch zu werden,
ist es doch bereits! Wir können jeden Tag heilsam und jeden Tag unheilsam handeln. Was entscheidend ist, ist die Ausrichtung - der Rest fließt dann schon in die richtige Richtung (wie der Fluss zum Meer hin neigt).
Zitat von Lucky Luke 1998: Du hast wahrscheinlich schon viel mehr Lebenserfahrung und Disziplin als ich und ich hoffe das ein oder andere von dir lernen zu können.
Ich habe in meiner SH-Gruppe am allermeisten von einem straffälligen Jun kie und Trinker gelernt. Als ich ihn kennenlernte, war er 26, ich 49. Er kam nur zu der Gruppe (Caritas, Suchtambulanz), weil ihm das vom Strafvollzug auferlegt wurde. Seine Ausgangssituation schien ziemlich katastrophal und wenn ich heute drüber nachdenke, müsste man eigentlich ein Buch über seine Wandlung schreiben. Es sind zuviele Details aber ich habe ihm am letzten gemeinsamen Gruppentag ganz offiziell gedankt, dass
er mir das entscheidende Vorbild war, was die Fähigkeit angeht, durch Reden und sich Öffnen den kompletten Menschen positiv zu verändern. Anfang lachte er etwas verschämt, nickte dann aber ziemlich ernst, weil er
wusste, was er geschafft hatte.
Eigentlich hatte er gar nicht so viel
gemacht außer einmal pro Woche Gruppe und einmal pro Woche Einzelgespräch mit seinem Suchttherapeuten. Er hat lediglich viel
nicht (mehr) gemacht und daraus ergaben sich plötzlich ganz neue Möglichkeiten, die er vorher nicht mal ansatzweise auf dem Schirm hatte. Ich durfte tatsächlich lebendiger Zeuge sein, wie ein junger Mensch
sich das Leben nahm, im absolut positiven Sinne . Denn
vorher hatte er es (vermeintlich)
verloren.
In diesem Sinne - nehmen wir es uns heute endlich,
unser Leben.